Benvenuti a Roma- postcovid

Der Palazzo Barberini

Der Cappuccino hatte Nihils Lebensgeister wieder in einen ausgeglichenen Gemütszustand versetzt. Nun wurde es Zeit für das Museum Barberini.


Nur zur Info: der Palazzo Barberini und der Palazzo Corsini gehören zusammen und die Eintrittskarte gilt für beide Museen. Der Palazzo Corsini ist aber wegen Restaurierungsarbeiten zur Zeit geschlossen.

Nach der Temperaturkontrolle und Händedesinfektion holten wir die vorbestellten Karten ab. Der Eintritt ist aber auch so möglich. Wir hatten nur den normalen Museumseintritt gebucht, nicht die zur Zeit laufende Ausstellung Tempo Barocco. Auch ohne diese, ist das Museum erschöpfend!;)

Es war ein herrlicher Rundgang durch die barocke Palastanlage eines der reichsten und einflussreichten Herrscherhäuser Roms. Die Barberinins stammten ursprünglich aus der Toskana und waren eher Lokaladel. Der ursprüngliche Name des Geschlechts hiess Tarfani= Pferdebremse. So kann man nicht die Karriereleiter hochklettern. und deshalb wurde neudeutsch " rebranding" betrieben. Die Pferdebremse wurde aufgeadelt zur Biene und die Tarfanis benannten sich um nach ihrem Stammsitz Barberino Val d´ Elsa.
Nachdem dann Maffeo Barberini als Papst Urban VIII. das höchste Kirchenamt eingenommen hatte, wurde die Familie mit Titels, Ämtern und Pfründen ausgestattet, die es seinen Neffen erlaubte, diesen grossartigen Palazzo zu errichten.

Die Bienen als Hinweis auf die rege Bautätigkeit Urbans des VIII finden sich überall in Rom. Der Antike tat das nicht gut, den die wurde " abgeholzt" wie ein Wald. So ungeniert bediente sich Urban VIII an den römischen Hinterlassenschaften, dass am Pasqino( einer der sprechenden Statuen) der Spruch klebte:

Quod non fecerunt barbari, fecerunt Barberini

Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini​

Bescheidenheit war ihnen nicht gegeben, was auch die Machtdemonstration auf dem Deckengemälde im Festsaal zeigt: die göttliche Vorsehung schwebt über unseren Häuptern


Päpste werden anscheinend gewählt, damit Gott eingreifen kann, um seine Pläne zu verwirklichen, und daher die päpstliche Unterschrift: Divina Providentia Pontifex Maximus ("Oberster Papst der göttlichen Vorsehung"). Angeblich wurde dem damaligen Kardinal Barberini ein "himmlisches Zeichen" zuteil, das seine Wahl vorhersagte – ein Bienenschwarm (das Familienwappen) liess sich an der Wand seiner Konklavzelle nieder. Die göttliche Vorsehung sitztauf dem Deckengemälde auf der Wolken (mit der Zeit und dem Schicksal unter ihr), jede Menge Begleitpersonal wie z.B. Minerva als Göttin der Weisheit soll die Tugenden der Barberinis symbolisieren.

Der Palast ist eines der ersten grossen barocken Bauwerke und wurde von so berühmten Architekten wie Carlo Maderno, Gian Lorenzo Bernini und Francesco Borromin gestaltet.
Jedem sein eigenes Treppenhaus:


Ein anderer Künstler stellt Besitzansprüche an sein Modell:


Wir durchstreiften die wunderbaren Gemäldesammlungen von byzantinischer Kunst über Romanik und Gotik bis hin zu den berühmten Namen wie Raffaelo und Caravaggio.

Diese marmorne Schönheit machte so viel Furore , dass der Künstler in seinem Atelier von Bewunderern überrannt wurde. Es handelt sich um die Statue der Vestalin Tuccia ( La Velata) von Antonio Corradini( 1688- 1752).


Der Legende nach wurde sie beschuldigt ihren Keuschheitseid gebrochen zu haben. Und darauf stand der grausame Tod durch "lebendig begraben werden". Tuccia konnte ihre Unschuld beweisen, indem es ihr gelang, mit einem Sieb Wasser aus dem Tiber zu schöpfen ohne dass ein Tropfen verloren ging. Der Schleier, der sie einhüllt, ist zugleich Zeichen ihrer Keuschheit, gleichzeitig auf auch Verführung und Sinnlichkeit.

Dem Künstler gelang ein Meisterwerk der Illusion. Die gab es auch an anderen Stellen im Palazzo:

Andere Damen kamen weniger keusch daher:

Diese entledigt sich ihres Peinigers auf blutige Weise und schaut mit Abscheu und Ekel auf das " Schlachtfest".

Bei vielen Bildern taucht Federvieh auf, teilweise als Symbol für die bevorstehende Passion Christi, teilweise als Illusionsmalerei an der nicht vorhanden Brüstung oder als Flügel-Feder-Studie:

Das gerupfte Zwerghuhn, oder soll es gar ein Singvogel gewesen sein, ist dagegen ein dürftiges Mahl, und wäre bei Barberinis nie auf den Tisch gekommen..

Der folgende Papst gehörte garnicht zur Barberinifamilie. Clemens der X., war Angehöriger der römischen Adelsfamilie Altieri und wurde mit über 80 Jahren erst zum Papst gewählt. Seine Büste zählt zu den letzten Arbeiten Berninis.
Besonders beeindruckend in dieser ganzen Pracht und Herrlichkeit, fand ich aber das unscheinbare Bild der Vanitas....

Dann war es aber auch genug....Nihil hatte in ihrer Eitelkeit neue Schuhe angezogen und ihre Füsse forderten " Freiheit":

Die bekamen sie später im Hotelzimmer, welches ja gottseidank um die Ecke vom Barberini - Palazzo lag. Aber erst einmal drehten noch wir eine Runde durch den schönen Garten im hinteren Bereich des Palazzo.
Später wechselt Nihil das Schuhwerk und begibt sich auf neue unbekannte Pfade....










 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Nihil,
schön ist's im Palazzo Barberini, eine hübsche Dame nach der anderen. Die Plateuschuhe sind beeindruckend. Die Damen mussten sicher nicht so weit damit laufen wie du heute. Geht es deinen Füßen wieder besser? Den großen Garten hätte ich hinter dem Palazzo nicht vermutet. So wie es aussieht, muss man eine längere Treppe erklimmen. Ist es nur das Stück, das man auf dem Bild "Gartenauffahrt" sieht? Gibt es Sitzmöglichkeiten im Garten?
 
Sehr schöne und interessante Betrachtungsweisen aus dem Palazzo Barberini!
"Deine Schuhe" sind wirklich phänomenal! Also, ich hätte nicht einen Schritt damit laufen können ;)!

Schade, leider war bei meinen Besichtigungen die Gartenanlage nicht zugänglich.
 
Danke für die wunderbare Runde durch den Palazzo Barberini und ganz besonders für die Bilder der Vestalin, deren Geschichte mich ja immer wieder fasziniert.

Neues Schuwerk ist in Rom meist hinderlich. Je Eingetretener sie sind, desto besser für römische Gewaltmärsche.
 
Hallo liebe Römer,

Die Plateauschuhe hatte sich Nihil nur "geliehen". Bei ca. 30 cm Höhe hätte sie Schwindelanfälle bekommen. und hätte einen eigenen Bediensteten gebraucht, um sich in einer vertikalen Position zu halten....
Der Garten hat mich auch völlig überrascht und war mein 1. Besuch dort. Ich war auf der Suche nach dem Ausgang, als meine Schwester mir mitteilte, sie warte auf mich im Garten. Eigentlich schreitet man ja die Borrominitreppe bis ins Erdgeschoss, um dann diese Garten"auffahrt" ins Grün zu nehmen. Abgesehen , dass sich diese Auffahrt gut gehen lässt( sie war bestimmt auch für Pferde und Damen in Plateauschuhen geeignet), bin ich sozusagen im 1. Stockwerk des Palazzo , aber auf Gartenebene in den Garten herausgetreten. Es gibt viele Sitzmöglichkeiten in Form von Bänken, aber ein paar Paare sassen auch auf dem Rasen. Weiter hinten ist eine erhöhte Ebene mit Balustrade über einer kaum noch erkennbaren Grotte. Von dort hat man eine hübsche Übersicht über den Garten und die Rückseite des Palastes.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nachmittag des 1. Tages : Ab ins Grün des Aventins:

Nachdem die CIRS dann endlich gekauft war ( Lotteriekiosk im Untergeschoss von Termini rechter Hand), und Nihils Füsse dank einer kleinen Pause im Hotel wieder benutzbar waren, wechselte Nihil ihr Schuhwerk von mondän auf sportlich.;)

Neues Schuwerk ist in Rom meist hinderlich. Je Eingetretener sie sind, desto besser für römische Gewaltmärsche.
Das stimmt natürlich, aber manchmal will Nihil halt auch elegant wie eine Römerin daherstöckeln. :cool:

Nun denn, wir bestiegen unsere Stadtlimosine Nr. 83 und sausten bis zur Piazza Venezia. Ab dort ging es zu Fuss über die Fori Imperiale, dem Colosseo und am Konstantinbogen vorbei in Richtung Circus Maximus. Der Konstantinbogen ist an zwei Seiten zwecks Restauration unter Plastikplanen verborgen, aber freundlicherweise bleiben die anderen Seiten frei und man kann doch noch ein schönes Foto von diesem Triumphbogen machen.

Übrigens waren kaum Besucher im Forum Romanum auszumachen, keine Warteschlangen schlängelten sich am Colosseum.
Wir spazierten die Via di S. Gregorio hinauf und liessen unser Blicke schweifen. Der bevorzugte Eingang manch eines hier aktiven Foristi , nämlich an eben dieser Strasse gelegen, war fest verschlossen wegen der gefährdenden und gefährlichen Instabilität des sich dahinter befindenden Palatins. Die sichbaren Substruktionen bildeten den Rahmen für das üppige Grün und die Blütenkerzen des Akanthus.
Heute wollten wir es bei Blicken auf die römischen Hinterlassenschaften belassen und nur flanieren. Wir näherten uns " unserer alten Heimat", wo wir die letzten Jahre immer eine tolle Ferienwohnung gemietet hatten. San Saba!


Den kleinen Aventin kannten wir gut, und vorallem die hiesige Pizzeria. Dort wurde eine bunte Mischung an Pizzastückchen gekauft und dann unter schattigen Bäumen auf der Piazza Bernini verspeist.

So gestärkt und um viele Einsichten in das dörfliche Leben mitten in der Stadt reicher; nebenan wurden Klappstühle und Tische aufgestellt (Den Hang der Römer zu eigenen Sitzen in Form von Klappstühlen konnten wir noch öfter beobachten.), der Computer rausgeholt, um wie ein ambulantes Gemeindezentrum die Anliegen der Bewohner zu bearbeiten; machten wir uns auf zum grossen Aventin.
Zum ersten Mal wollten wir in den Roseto Comunale, dieser war offen, bunt und recht voll. Die Römer hatten Kind, Kegel und Nonna dorthin gebracht. Es war Samstag, und auch am Sonntag war dieser Garten sehr gut besucht.

Rosen tun, was sie immer in dieser Jahreszeit tun: sie blühen. Ein buntes Feuerwerk an Formen und Farben, hinterlegt mit den schönsten Perspektiven der Welt.

Es war allerdings auch sehr heiss und alle schattigen Plätze belegt. Zum ersten Mal wusste Nihil das römische Wasser besonders zu schätzen, welches so freigiebig aus den vielen Nasoni sprudelt

....im Gegensatz zu den vielen Brunnen, wo das Wasser abgestellt war, oder oft nur wie ein klägliches Rinnsal tröpfelte. Bei ihm zum Beispiel:


Nun aber noch die Höhen des grossen Aventins gestürmt:


Es gab recht viele Besucher z.B. auf dem Ausguck im Orangengarten. Hier war vorallem die römische Jugend versammelt , nachdem sie mit ihren Vespas den Hügel hinaufgeknattert war und nun nach langer Zeit mal wieder das Gruppenleben geniessen wollte. Alte sassen auf Bänken und Klappstühlen, kleine Kinder spielten im Staub und auch das unvermeidliche Brautpaar zockelte hinter dem Fotographen her auf der Suche nach schönen Hochzeitsfoto-Konstellationen.

Wir schauten nach dem Rechten in Santa Sabina:

Noch mit viel Blumenschmuck der Hochzeiter geschmückt, aber nun so leer, wie ich S. Sabina noch nicht mal im Winter wahrgenommen habe. Und zum ersten Mal habe ich auch die wunderbaren uralten Holztüren geöffnet gesehen. Freier Durchblick bis zum Altar!

Wir verliessen den Hügel nicht durch diesen Gang:

aber durch eine meiner Lieblingsgassen: den Clivo di Rocca Savella. Oft schon abgebildet, zeige ich nur den Blick zurück:

So bunt bestückt mit Mohn und wilden Löwenmäulchen ging man regelrecht durch ein Gemälde....:)

Allerdings auch mit scharfen Ecken und Kanten:
Wir flanierten die Via Petroselli entlang, wunderten uns über die fehlende Schlange bei der Bocca di Verita im Narthex der Santa Maria in Cosmedin. Auch gegenüber war kaum ein Mensch bei den römischen Tempeln von Hercules Victor und von Portunus auszumachen. Der schöne Brunnen in der Grünanlage war leider trocken.

Die Ausgrabungen von S. Omobono waren grün und rot, denn der Mohn sorgte für herrlich leuchtende Ausrufezeichen:)



Nun bogen wir beim Teatro di Marcello ein und kamen bei der Porta Octavia wieder auf das Strassenniveau.

Ein Teil der eben erst renovierten Porta Octavia ist schon wieder verhüllt, was aber vielleicht im Rahmen der Renovation des Nachbargebäudes zu sehen ist. Der nicht verhangene Teil des Hauses ist attraktiver:


Das findet die Nachbarschaft auch und sitzt auf bestem Beobachtungsposten: man beachte die Klappstühle!!! :cool:


Wir zogen durch die schattigen Gassen und fanden ebenfalls einen netten Ausguck direkt auf den Tartarughebrunnen, allerdings auf richtigen Untersetzern.


Ein kleiner Aperitiv in Form von sommerlichen Alkoholika sei uns gegönnt. Meine Schwester und ich beglückwünschten uns zu dieser verrückten Idee, Rom postcovid zu besuchen und tranken Rom und den Römern zu:

Unter dem Glockengeläut von Santa Maria di Campitelli


ging es an begrünten Fassaden und Relikten aus Römerzeiten


wieder in Richtung Capitolio mit den erhebenen Perspektiven in die Höhen:

 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Nihil,
danke für die Fortsetzung deines Berichts und die schönen Bilder. Den Aperitvo habt ihr euch wohl verdient. Wie geht es den Füßen nach dem langen Marsch?
 
Ein herrlicher Spaziergang, den ich gerne mit gegangen bin. Es ist immer schön den bekannten Wegen zu folgen, weil einem jeder Stein vertraut ist.

Die Pizza-Stücke sehen köstlich aus. So langsam vermisse ich auch meine römischen Pizzen und der Aperol schmeckt mir dort auch am besten.
 
Oh ist das schön, liebe Nihil. :)
Ich freue mich mit dir, dass du den Startschuß für eine hoffentlich anhaltende Rom-Besuchszeit geben konntest.

Besonders gefreut hat mich, dass die Forchetta d'Oro offenbar überlebt hat und Omar immer noch denselben Service bieten kann.
Im August letzten Jahres hat er erzählt, dass viele Lokale in der Umgebung schließen mussten.
 
Besonders gefreut hat mich, dass die Forchetta d'Oro offenbar überlebt hat und Omar immer noch denselben Service bieten kann.
Im August letzten Jahres hat er erzählt, dass viele Lokale in der Umgebung schließen mussten.
Das ging mir auch so!
Seit ich zum ersten Mal im Forchetta d´Oro war, gehe ich sehr gerne dorthin - herrliche Kirchen quasi um die Ecke und sehr gut erreichbar, daneben meist nur von Einheimischen besucht (außer natürlich die gut informierten Foristi ;)).
Wir waren ja auch beim Kurzbesuch letzten August dort und haben uns da schon gefreut, alles wie immer zu erleben.

Liebe Nihil,

Deine römischen Spaziergänge gefallen mir sehr gut, so umfangreich und abwechslungsreich könnte das auch bei unserer Romreise aussehen, die hoffentlich auch bald wieder einmal stattfinden wird.

Lustigerweise waren wir ja so ziemlich genau zur gleichen Zeit in Venedig, als Ihr in Rom wart, und Dein Bericht hat mir Lust gemacht, auch von unseren Erlebnissen zu erzählen. Mal sehen, ob ich es zeitlich schaffe.
 
Lieber Bixio, liebe Angela

Danke für das Mitlesen und eure Reaktionen. Ja, ich war auch ganz entzückt die goldene Gabel offen zu finden. An dem Freitagabend, wir waren ziemlich früh dran mit dem Abendessen, ergatterten wir einen Tisch am offenen Fenster mit bestem Blick in die Gasse. Kaum sassen wir, füllte sich die Trattoria im Nu. Ein paar versprengte Touristen und sonst Italienische Grossfamilien. Teilweise mit grossem Hallo aufgrund der Wiedersehensfreude. Die Menge und Qualität der servierten Gänge war wie früher ernorm, der Preis wie immer sensationell niedrig. Ich weiss nicht , wie man davon leben kann. Natürlich liessen wir ein angemessenes Trinkgeld auf dem Tisch. Und wiederholten später unser Abschiedsessen dort. ;)
Die Wände der Kneipe sind nun überzogen von " Hinterlassenschaften" der Kundschaft aus aller Welt. Bei meinem ersten Besuch dort, sah man noch mehr weisse Wände.

Deine römischen Spaziergänge gefallen mir sehr gut, so umfangreich und abwechslungsreich könnte das auch bei unserer Romreise aussehen, die hoffentlich auch bald wieder einmal stattfinden wird.

Lustigerweise waren wir ja so ziemlich genau zur gleichen Zeit in Venedig, als Ihr in Rom wart, und Dein Bericht hat mir Lust gemacht, auch von unseren Erlebnissen zu erzählen. Mal sehen, ob ich es zeitlich schaffe.

Ohh Angela, da würde ich mich aber sehr freuen, deine Erlebnisse zu lesen und zu geniessen.! Es ist beim Lesen der Reiseberichte immer so, dass man darin eintaucht und quasi mitläuft. Ein bisschen, als wäre man selber dort.
 
Radeltour auf der Via Appia Antica

Dieser Auflug in die Campagna mitten in der Stadt stand ganz unter einem Motto:

Ich kenne die Via Appia zwar grün und mit bestenfalls den ersten Frühlingsblühern, aber nicht in dem Farbrausch, in den wir eintauchten.

Aber zunächst weckte uns ein Rauschen am frühen Morgen....ein ausdauernder Landregen ging über Rom hernieder. Was für ein Pech! Wir hatten die Wettervorhersage zugrunde gelegt, dass der Sonntag sonnig sein würde und der Montag dafür feucht. Aber Germaninnen lassen sich von so was nicht schrecken , also die Regenjacken herausgeholt, und mit unserem 83er in Richtung Ostiense gefahren. Ungefrühstückt funktionierte unser Atac-Hirn nur ungenügend, aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen verliessen wir den 83er in der Via Nicola Zabaglia an der Südmauer des Cimitero acattolico und bogen in die Viale del Campo Boario ein, immer entlang der Aurelianischen Mauer. Der Regen regnete durchdringend..., aber der Natur tat es gut:


Und trotz des verhangenen Himmels, sah man sie: die wunderbare Pyramide des Cestius, ein überdimensioniertes, aber orginelles Grabmal:

Meine Schwester ist sehr genügsam, fast schon asketisch, was die frühen Morgenstunden betrifft und in der Lage, ohne Kalorienfundament zu arbeiten, zu besichtigen, herumzurennen. Nihil keineswegs...
An der Piazzale Ostiense angekommen, kippte Nihils Laune ins Trübe , genau wie das Wetter. Meine Schwester rettete die dysphorische Stimmung, indem sie einwilligte, ein Frühstück im Stehen an der Bahnhofsbar der Stazione Roma- Ostia Lido einzunehmen.


So badete Nihils seelisches Gleichgewicht wieder in einem ausgewogenen Koffeinspiegel und wir brachen auf, den Bus 118 vom Circus Maximus in Richtung Via Appia Antiqua zu nehmen. Viele Cafes an der Viale Aventino hatten noch geschlossen.


Auch etliche Parks und Grünflächen waren fest versperrt und auch noch unrasiert, wie wir mehrfach feststellen konnten. z.B.: der Parco della Resistenza dell´ 8 Settembre. Vielleicht war es einfach noch zu früh für einen Sonntagmorgen oder für die Jahreszeit. Aber nicht zu früh für den Wetterumschwung!!!! Zögerlich kam die Sonne hinter den Wolken hervor, es wurde warm und leicht schwül. Unsere Regenjacken suchten Zuflucht in den Rucksäcken. Der 118er Bus kam flott daher und so standen wir in Null komma nix an dem bewährten Fahrradverleih beim Eingangstor zum Areal der Calixtus Katakombe.

Viel war nicht los....

Wir strampelten in Richtung Brundisium (Brindisi)

Schliesslich kamen wir zur Quintilier Villa, ein riesiges Areal, wo wir schon 2018 ein Picknick veranstaltet hatten. Genau das hatten wir wieder im Sinn. Leider stand davor ein äusserst komplizierter Ticket-Kauf. Denn postcovid ging dort alles in den Weiten der Campagna elektronisch....immerhin, bester Internet-Empfang auch beim 32. Grabmal linker Hand:cool:. Auch die Abbuchung erfolgte elektronisch mit Kreditkarte, was aber leider nicht erfolgte, war die Zusendung des Tickets mit dem QR-Code. Der nette Aufseher verfolgte unsere Anstrengungen, der Technik Herr zu werden, und liess uns passieren, mit der Warnung, aber bitte nicht in den Ruinen zu verunfallen, denn scheinbar hat man ohne Eintrittskarte dann keine Versicherung. Wir hatten nicht vor auf den Ruinen herumzukraxeln...

Insgesamt waren vielleicht 8 Leute im Parco, man sah sich nicht, zumal auch die Wiesen ungemäht waren und nur die Wege passierbar blieben.
Aber was Nihil völlig in den Bann schlug, war die wilde Blumenpracht in, auf, um die Ruinen...

Sie sah rot.....und nur rot.

Nihil schwelgte in diesem Farbbad und konnte nicht aufhören, Fotos zu machen:

Unser Picknick fand auf der grossen gemähten Wiese statt, wo wir uns im Schatten eines Baumes niederliessen. Und das war auch schon nötig, denn die Temperaturen stiegen, eine leichte angenehme Brise wehte und die Sonne guckte immer wieder und länger durch die Wolken hindurch.
Wir entschieden uns nicht nach Brindisi weiterzufahren, sondern stattdessen linker Hand der Quintilier Villa einen Feldweg herunter zu kurven. Vorbei an einem ziemlich verwahrlosten Bauernhof, einem Etepetete -Roma Country Club landeten wir an der stark befahrenen Strasse Via Appia Pignatelli. Wir folgten den Anweisungen, die uns einer der Aufseher der Quintillier Villa gegeben hatte, fuhren rechts weiter, um plötzlich vor einem verkehrstechnischen Monstrum zu stehen: die Via Appia Nuova. Eine vierspurige Verkehrsschneise, gesichert mit Leitplanken rechts, links und in der Mitte. Unmöglich diesen Asphalt-Lindwurm zu überkreuzen ohne die Hilfe einer Fussgängerampel. Und diese gibt es, gottseidank. Man muss nur gegen die Einbahnstrasse der Ausfahrt hoch ( ca. 50 Meter) :eek:und dann kann man dort kurzfristig seine Jupiter Stator- Rolle in Form einer Drückampel spielen: die Feinde zum Stehen bringen....

Wir und die Fahrräder kamen unbehelligt hinüber auf die andere Strassenseite. Dort in der grünen , ruhigen Wohnstrasse Viale Appio Claudio steht ein Nasone, aus dem wir unsere Wasserflaschen bevorraten konnten, um dann zum Parco delli Acquedotti weiter zu radeln. Es war mittlerweile wirklich heiss... Wir fuhren nicht wirklich in den Park hinein, sondern begnügten uns nur mit den Aquädukt vor unserer Nase. Ein andermal werden wir auch diese grüne Ecke von Rom entdecken...

Wir nahmen denselben Weg zurück... eine auf Elektrobikes geführte kleine Touristengruppe( ich meine, es sein Amerikaner gewesen) begegnete uns. Eine gar sonderlich gewandete Blondine( der Art: Badeanzug gekreuzt mit Joggingoutfit ) zeigte viel Haut, und diese war feurig rot wie Mohn.
Wir strampelten gen Via Appia Antica, konnten gar nicht scheuen Sittichen beim Picknick zuschauen:

eine riesigen Ziegen- und Schafherde kreuzte unseren Weg ( Pecorella als schwarzes Schaf war nicht dabei;)) und die nahm Nihil den einzigen Schattenplatz unter einem Baum weg.


Müde und glücklich über unseren gelungenen, farbenfrohen Sonntagsausflug kamen wir " Zu Hause" an, wo sich meine Schwester gleich auf die bequeme Lagerstätte des Hotelbettes warf:


Nihil, nicht faul, zog noch einmal um den Block und spazierte über die Via degli Artisti, vorbei an der Kirche S. Isidoro, an vielen feinen Hotels und Restaurants zur Porta Princiana , um dann durch Villa Borghese bis zum Pincio zu gehen. Auf dem Galoppatoio im Park fand gerade ein mehrtägiges Reittunier statt und das roch man.... Leider kam Nihil zu spät für den Sonnenuntergang....mittlerweile leuchtete sie aber selber wie eine untergehende Sonne. Und zum erstenmal war Nihil froh , ihren Mundschutz im geröteten Gesicht zu haben, um das Glühen ein wenig abzudecken....:cool:

 
Zuletzt bearbeitet:
Was für ein schöner Tag. Rom im Mohnrausch ist noch fotogener als es sowieso schon ist. Gerade auf der Via Appia Antica wirkt das ganze noch romantischer.

Ich glaube ich hätte auch nicht aufhören können zu fotografieren.


eine riesigen Ziegen- und Schafherde kreuzte unseren Weg ( Pecorella als schwarzes Schaf war nicht dabei;)) und die nahm Nihil den einzigen Schattenplatz unter einem Baum weg.

Ich werde mit der Verwandtschaft ein erstes Wörtchen reden, so einfach das Schattenplätzchen zu besetzen geht gar nicht :D
 
Liebe Nihil, das war ein großer Spaß, mit dir und deiner Schwester die Via Appia entlang zu radeln (und nicht nur das). Toll, mit wie viel Humor du Eure Erkundungen schilderst! Und die Fotos sind - wie immer - Spitze!
 
Liebe Nihil,
ich bin erst heute dazugekommen, deinen schönen und sehr interessanten Bericht zu lesen. Es ist so schön mal wieder einen aktuellen Bericht hier zu lesen. Ich freue mich auf die Fortsetzungen und weitere schöne Fotos!
 
Liebe Nihil, das war ein großer Spaß, mit dir und deiner Schwester die Via Appia entlang zu radeln (und nicht nur das). Toll, mit wie viel Humor du Eure Erkundungen schilderst! Und die Fotos sind - wie immer - Spitze!
Ja, das war wirklich wunderschön, Deinen vielen Mohnblüten über die Via Appia zu folgen!
Ich freue mich auf weitere Abenteuer. ;)
 
Liebe Nihil,
in Gedanken bin ich mit euch nochmal die Via Appia entlang geradelt. Das war wunderschön, auch wenns den Popo durchgerüttelt hat, danke fürs Mitnehmen!
 
Meine lieben RömerInnen

Herzlichen Dank für euer Mitlesen und Kommentare.
Genau wie es ColleMarina schreibt, es ist als Spass gedacht!!! Nach einem Jahr der Entsagung haben wir uns ein bisschen Leichtigkeit verdient!
Ihr werde also weniger tiefschürfendes Wikipedia-Wissen finden, als vielmehr ein Bummeln, Flanieren , Spazieren und Geniessen in römischem Ambiente. Also Hirnschmerzen vermittele ich nicht, aber Popo-Schmerzen ( und Fuss-Schmerz) kann es dann und wann schon geben.
 
Zurück
Oben