Ausstellung: van Eyck in Gent (1.2.-30.4.2020)

Mein Exemplar des Katalogs liegt noch in der Buchhandlung, da er nicht termingerecht erschienen ist. Also kommt das Studium erst nach dem Ausstellungsbesuch als Nachbereitung.

Übrigens haben wir die Genehmigung für die Umweltzone inzwischen eingeholt, weil wir doch mit dem Auto fahren. Das war ganz problemlos und gilt auch für Antwerpen.
 
Wir sind gestern reich an Eindrücken aus Gent wieder heimgekehrt. Die Wahl des frühen Zeitpunkts für den Besuch der Ausstellung war goldrichtig. Zum einen war die Stadt noch nicht überfüllt von Touristen und es gab auch in der St. Bavo Kathedrale keine lange Schlange vor dem Genter Altar soweit die einzelnen Tafeln nicht in der Ausstellung waren. Zum anderen war es auch in der Ausstellung erträglich. Dazu trug sicher auch die Tatsache bei, dass das Museum über großzügige Räumlichkeiten verfügt und diese angemessen genutzt hat. Als ausgesprochen wohltuend empfand ich das Fotoverbot, das die Leihgeber verlangt hatten. Auch dies hatte sicher einen nicht unerheblichen Anteil am entspannten Besuch und am Bildgenuss. Von den knipsenden Museumsbesuchern fühle ich mich häufig genervt und man findet in den im Internet vorhandenen Datenbanken viele bessere Bilder als die, die man als Amateur anfertigt. Außerdem gibt es einen Katalog mit ausgezeichneten Abbildungen. Nur an einer Stelle hätte ich gerne eine Detailaufnahme gemacht - um mich an den genauen Titel und den Aufbewahrungsort des Manuskripts wiederzufinden (ich hatte mal wieder keinen Stift dabei). In der Handschrift faszinierten mich die beiden Hündchen unten links auf der Seite im Zierrahmen: mit Krücken und der eine mit einem sorgfältig verbundenen Pfötchen. Tierfreunde gab es also schon im 15. Jh.! Ausgestellt war die Buchseite allerdings nicht deswegen, sondern wegen der Mariendarstellung.
Eben habe ich in der Pressemappe der Ausstellung diese Abbildung gefunden. Man kann das Detail auch vergrößern.

Wie der Homepage heute zu entnehmen war, sind alle Wochenenden im Februar und im März inzwischen vollständig ausgebucht.

Die Ausstellung lohnt den Besuch wirklich. Man taucht in die Welt van Eycks ein und wird wohl nie wieder die Gelegenheit haben, Tafeln des Genter Altars so aus der Nähe sehen zu können. Die Details sind atemberaubend.
Leider ist das frisch restaurierte Mittelbild mit dem Lamm Gottes wieder in den Glaskäfig zurückgekehrt. Schade, dass man diese Tafel nicht für noch drei Monate im Museum belassen hat, um den Besuchern auch hier die Nahansicht zu gewähren. Ob die Präsentation im künfitigen Besucherzentrum besser sein wird, bleibt für mich fraglich. Die erstaunliche Metamorphose des Lamms, das nun wieder so aussieht, wie can Eyck es gemalt hat, ist aus der Entfernung nur zu ahnen - selbst, wenn man direkt vor der Glassscheibe steht. Und auch die wiedergewonnene Farbigkeit kommt wegen des Grünstichs der Verglasung nicht richtig zur Geltung.
Ich hatte gehofft, in gent auch die Berliner Kirchenmadonna und das Ehepaar Arnolifini sehen zu können. Aber die Kunstwerke sind zu fragil und so sind die Museen eben sehr zurückhaltend, wenn es um den Verleih solcher Werke geht. Dennoch: hier wurde vielleicht doch eine Gelegenheit verpaßt.
Eingebettet werden die Werke van Eycks in Erläuterungen zum historischen Umfeld, der materiellen Kultur am burgundischen Hof, Arbeiten aus seiner Werkstatt und Werke von Zeitgenossen. Erhellend auch der Vergleich mit den Kollegen aus Italien! Gestreift wurde auch die Fernwirkung des Ausnahmekünstlers.
Mir bleibt nun noch das Vergnügen der Nachbereitung: den kiloschweren Katalog habe ich nun vor mir liegen und freue mich auf die Lektüre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für Deinen Bericht! Er erhöht die Vorfreude definitiv, wie auch der Katalog und andere Veröffentlichungen von früheren Ausstellungen.
Eine Frage hätte ich bezüglich des Altars:
Ich habe im Netz gelesen, dass immer über Mittag eine Stunde der Altar geschlossen wird und so die Rückseiten sichtbar sein sollen. Weißt Du zufällig, ob es möglich ist, den Besuch so zu planen, dass man beides sehen kann?
Noch anders gefragt: Ist die Verweildauer vor dem Altar beschränkt oder kann man bleiben, wie lange man möchte?
 
Das mit der Schließung steht im Katalog (S.257) und ist zumindest für die Zeit der Ausstellung ganz sicher nicht zutreffend.

Auch im Sommer 2017 konnte man alle Bildtafeln (damals teilweise die Kopien von Coxcie, denn die Originale waren in der Restaurierungswerkstatt im Museum, wo wir sie in Arbeit anschauen konnten) sehen: Man konnte um den Altar herumgehen (leider mit nur wenig Platz) - allerdings sind sie im geöffneten Zustand räumlich voneinander getrennt und vor allem die Verkündigung verliert ihre Wirkung. Im derzeitigen Glaskasten dürfte eine Manipulation der Altarflügel auch aus Platzgründen nur schwer möglich sein.

Vermutlich soll die geschlossene Ansicht der Originaltafeln später zumindest für eine Stunde am Tage wieder erlebbar gemacht werden.

Die Bilder von der Alltagsseite sind aber jetzt ohnehin im Museum präsentiert. Darum dreht sich ja die ganze Ausstellung! In der Kathedrale sind die im Museum ausgestellten Tafeln durch schwarz-weiß Kopien ersetzt. Da macht es wenig Sinn, den Altar zu schließen.
Vermutlich ist das ein Vorgriff auf die neue Präsentation im neuen Besucherzentrum, das im Chor der Kathedrale entstehen soll.

Übrigens ist wegen der Bauarbeiten derzeit die Krypta von St. Bavo mit dem Triptychon des Justus von Gent, der dann am Hofe der Montefeltro in Urbino sein Wirken fortsetzte, nicht zugänglich.

Die Verweildauer vor dem Altar ist unbegrenzt. Der Audioguide ist im Eintrittspreis (4 Euro) inbegriffen. Er ist im Vergleich zur Fassung von 2017 deutlich knapper und weniger informativ.

Das obere Register wartet übrigens, wie ich gelesen habe, noch auf die Restaurierung: hier ist anscheinend die Finanzierung nicht gesichert. Aber die Konservatoren erwarten weitere Überraschungen, weil der Pantokrator anscheinend stark übermalt ist.
 
Vielen Dank für Deine Erläuterungen!
In Eile
Angela
 
Interessant; da wünsche ich allen, die die Möglichkeit haben, diese fantastische Ausstellung zu sehen, viel Freude daran!

Das fand ich ja putzig:
In der Handschrift faszinierten mich die beiden Hündchen unten links auf der Seite im Zierrahmen: mit Krücken und der eine mit einem sorgfältig verbundenen Pfötchen. Tierfreunde gab es also schon im 15. Jh.! ...
Eben habe ich in der Pressemappe der Ausstellung diese Abbildung gefunden. Man kann das Detail auch vergrößern.
Hast Du den Hasen mit Brille rechts unten gesehen :D, ob er wohl einen Heiltrank oder wenigstens -tropfen (vielleicht für ein Augenleiden ;) ) aus den Wildröschen in das kleine Glas füllt ...

( :confused: Bei mir funktioniert der Link zum Bild nicht mehr. :( )
 
Wer sich vor (oder nach) dem Kunstgenuss stärken will:


Etwas teurer, aber es ist ja auch Urlaub. So leckere und lockere (heute sagt man - wie ich von Nummis gelernt habe - fluffige) Waffeln habe ich noch nirgendwo gegessen. Mit frischen Früchten und Sahne: ein Gedicht und das in schönem Ambiente.
 
Zusatz:
Buchempfehlung von Vatican News
... aus Nordeuropa? Einer von ihnen war Jan van Eyck. Dazu stellt das Museum der Schönen Künste in Gent eine große Ausstellung auf. Der offizielle Begleitband ist jetzt auf Deutsch erschienen.
Till-Holger Borchert, Jan Dumolyn, Maximiliaan Martens: Van Eyck. Eine optische Revolution. Erschienen im Belser Verlag 2020.
 
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In der Reihe mit Künstlermonographien bei Taschen kommt demnächst der Band über van Eyck heraus.
 
Ups, ja, das wird so sein. Taschen hat seiner Reihe ein neues Layout verpasst. Es war mir nicht aufgefallen, dass der Band über van Eyck eine Neuauflage ist, die aber auch auf Deutsch erscheinen wird.
 
Ich vermute, dass es nicht auf Englisch ist, s. Verlag: Taschen. Kann aber trotzdem das Buch von dentaria sein (gleicher Autor). Für 10 € wohl aber sehr günstig. Ich finde die Taschen-Bücher eigentlich immer gut (habe gerade eines über Palladio erstanden, die Tiefe reicht für mich Banausen). Den „van Eyck“ kaufe ich mir sicher auch.
 
Ich hatte nur das von tacitus verlinkte Buch angesehen. Das entsprechende in deutscher Sprache ist:

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Erscheinungsdatum: 27. Mai 2020
 
Zusatz:
Buchempfehlung von Vatican News
... aus Nordeuropa? Einer von ihnen war Jan van Eyck. Dazu stellt das Museum der Schönen Künste in Gent eine große Ausstellung auf. Der offizielle Begleitband ist jetzt auf Deutsch erschienen.
Till-Holger Borchert, Jan Dumolyn, Maximiliaan Martens: Van Eyck. Eine optische Revolution. Erschienen im Belser Verlag 2020.


Da der Begleitband zur Ausstellung etwas verspätet ausgeliefert wurde, nutze ich ihn nun zur Nachbereitung der Ausstellung. Freude macht mir vor allem die reiche Bebilderung, die die ausgestellten Werke ins Gedächtnis ruft. Auch in den Beiträgen findet sich grundsätzlich viel Interessantes und Wissenswertes.

Sehr ärgerlich dagegen sind teilweise die Übersetzungen. Besonders die deutschsprachige Fassung der Aufsätze 4 und 7 von Wolfdietrich Müller ist ausgesprochen schlecht und grenzt an Unverständlichkeit, ja es ergeben sich sachliche Fehler, die einem Fachmann sicher nicht unterlaufen wären. Das geht auch an die Adresse des Lektorats, das offenbar nicht gründlich genug war, um die gröbsten Schnitzer auszumerzen. Beim Lesen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier mit einem Übersetzungsprogramm gearbeitet wurde, ohne dass das Ergebnis auf sachliche Korrektheit, Verständlichkeit und Sprachrichtigkeit überprüft wurde. Schade! Zum Glück gilt das nicht für alle Beiträge, die in dem Sammelband veröffentlicht sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Angebot zum fast halbstündigen virtuellen Besuch der Ausstellung. Es führt Till-Holger Borchert und zwar in englischer Sprache:

 
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