Italien: Auf der Suche nach einem neuen Staatsoberhaupt - Sergio Mattarella gewählt

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Nach Napolitano wird es unübersichtlich - | WAZ.de

Von Paul Kreiner am 15.1.2015

Binnen zwei Wochen muss die italienische „Bundesversammlung“ zur Wahl eines Staatsoberhaupts zusammentreten. Weil niemand glaubt, dass in den ersten drei Abstimmungen ein Kandidat die erforderliche Mehrheit erreicht, werden den gut tausend Wahlfrauen und -männern also zunächst nur Pappkameraden präsentiert. Im vierten Wahlgang reicht die absolute Mehrheit, und gleich in jener Runde – so verspricht Regierungschef Matteo Renzi, werde „sein“ Kandidat breite Unterstützung finden. Wer immer das sein wird. Möglich, dass Renzi sich täuscht. Die Mehrheiten im Parlament sind wackelig.
 
Wenn der knapp 90-Jährige ein Vermächtnis hinterlässt, dann das Vorbild seiner Integrität sowie seine steten Aufrufe an Politiker und Parteien zu Anstand, Uneigennützigkeit, Einheit und Zusammenarbeit im Interesse eines dauerkriselnden Landes. Genutzt hat es nichts.
Den zweiten Satz würde ich nicht so unbedingt unterschreiben wollen ... den ersten hingegen schon. :thumbup:
 
Renzi traf am Vormittag die Vorsitzenden einiger Gruppierungen, am Dienstagabend ist ein Treffen mit dem Vorsitzenden der konservativen Forza Italia, Silvio Berlusconi, geplant.
Italien sucht einen Nachfolger für den vor zwei Wochen zurückgetretenen Giorgio Napolitano, der seit 2006 im Amt war und aus Altersgründen – er wird im Juni 90 – abgetreten ist.
Renzi erklärte, seine Partei werde nur eine Person als Kandidaten vorschlagen. Namen nannte der Premier noch keinen. Bei den ersten drei Wahlgängen, bei denen eine Zweidrittelmehrheit für die Wahl des Staatsoberhaupts notwendig ist, sollen die Parlamentarier von Renzis Partei einen leeren Stimmzettel abgeben.
Erst nach der vierten Abstimmung am Samstag soll für den gemeinsamen Kandidaten gestimmt werden, denn ab dieser Runde genügt die absolute Stimmenmehrheit für die Kür des neuen Präsidenten, sagte Renzi.
 

Nein, Italien sucht keinen Superstar. Im Gegenteil, gesucht wird ein Präsident, der - auch wenn er möglicherweise keinen zum Jubeln bringt - niemandem so richtig missfällt. Eher grau und unauffällig soll er sein, einer, der halblinks wie halbrechts wählbar ist. Deshalb wird der neue Staatschef auch nicht wirklich gewählt, sondern ausgemauschelt.




Gebraucht wird einer wie Sergio Mattarella, 73 Jahre alt. Er ist seit 31 Jahren im Parlament, Christdemokrat, aber auch Minister unter einem linksdemokratischen und einem sozialistischen Regierungschef, wendig also. Ihn hat Italiens Regierungschef Matteo Renzivor ein paar Tagen probehalber ins Spiel gebracht, aber selbst den will Silvio Berlusconi nicht. Und ohne Stimmen aus dem Lager des früheren Ministerpräsidenten kriegt Renzi keinen Kandidaten durch.


Der Hintergrund ist klar und dennoch kompliziert: Zwei Drittel der 1009 Wahlmänner - das sind 630 Abgeordnete, 321 Senatoren und 58 Delegierte der Regionen - müssen dem Kandidaten ihre Stimme geben, damit der als gewählt gilt. So viele, glaubt Renzi, kriegt er trotz Unterstützung aus vielen Ecken nicht zusammen. Deshalb wartet er auf den vierten Wahlgang. Bei diesem und allen folgenden Voten reicht die einfache Mehrheit zur Kür eines Präsidenten. Dann, am Samstag vermutlich, sollen seine Truppen seinen Kandidaten wählen. Ob das dann noch der von heute sein wird, ist freilich nicht sicher.
 
Eineinhalb Tage dauert die Prozedur bereits. Dreimal müssen 1000 Abgeordnete wählen, dreimal 1000 Stimmzettel muss Parlamentspräsidentin Laura Boldrini vorlesen, jeden einzeln. Dabei wissen alle, dass nichts herauskommen wird, nichts herauskommen darf in diesen ersten drei Runden zur Wahl des neuen italienischen Staatspräsidenten. Diesen Samstag soll der Nachfolger Giorgio Napolitanos gekürt werden, im vierten Wahlgang. Gekrönt fühlen wird und darf sich dann aber ein anderer: Regierungschef Matteo Renzi. Sofern alles so läuft, wie er es eingefädelt hat.
Renzi hat in einem ebenso taktischen wie personellen Coup wieder einmal alle überrumpelt.
 
Der 4. Wahlgang hat begonnen. Hier live zu verfolgen: Camera.it - XVII Legislatura - Home page

Präsidentenwahl in Italien geht weiter: 4. Wahlgang beginnt | Frankfurter Neue Presse

Hochspannung in Rom: Schafft es Italiens Ministerpräsident Renzi, seinen Kandidaten bei der Präsidentenwahl durchzubringen?

Sollte Mattarella gewählt werden, wäre er der zwölfte Präsident Italiens. Erwartet wird, dass er am Montag oder Dienstag den Amtseid ablegt und eine Rede vor dem Parlament hält. Fällt er entgegen allen Erwartungen durch, wäre das für Renzi eine riesige Schlappe und könnte eine Regierungskrise auslösen.

Zusatz: Sergio Mattarella vor der Wahl: Italiens fast schon sicherer Präsident | tagesschau.de

Drei Mal haben die Wahlfrauen und -männer schon abgestimmt. Gestern Abend hatte Mattarella nur ganze vier Stimmen bekommen, aber heute, da die einfache Mehrheit reicht, braucht er 505. Und es sieht so aus, als ob er deutlich mehr bekäme.

Fotostrecke zum 2. und 3. Wahlgang: Quirinale, seconda e terza votazione: il fotoracconto - Repubblica.it
 
Es galt als unwahrscheinlich, dass die Entscheidung in einem früheren Wahlgang fallen würde, und so gaben mehr als die Hälfte der 1.009Wahlmänner- und frauen in den ersten drei Wahlgängen leere Stimmzettel ab. Der Wahlversammlung gehören Abgeordnete, Senatoren und Vertreter der Regionen an, darunter auch Napoletano.
Bis zuletzt hatte einzig die "5-Sterne-Bewegung" um Komiker Beppe Grillo auf Opposition gesetzt und verkündet, nicht für Mattarella stimmen zu wollen. Ebenso stellten sich einige Getreuen von Silvio Berlusconis Forza Italia gegen Renzis Favoriten, den der italienische Premier im Alleingang bestimmt und den Cavaliere dabei übergangen hatte.
Renzi baut auf die Unterstützung der PD und einiger kleinerer Parteien, aber auch sein Koalitionspartner Nuovo Centrodestra um Innenminister Angelino Alfano kündigte in letzter Sekunde an, für Mattarella stimmen zu wollen.



 
Der neue Präsident ist mit nunmehr 665 Stimmen gewählt.

Zusatz: Wegen der Mafia wurde er Politiker - und Berlusconi ist ihm spinnefeind - Ausland - Aargauer Zeitung

Staatspräsidentenwahlen sind in Italien immer unberechenbar, und die drei ersten Wahlgänge vom Donnerstag und Freitag waren von Taktik geprägt. Aber ab Samstag, wenn für die Wahl nur noch die absolute und nicht mehr eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, werden die Abgeordneten und Senatoren in Rom Farbe bekennen müssen.
Es scheint gut möglich, dass der Samstag erneut ein Tag wird, der das Leben des Sergio Mattarella auf den Kopf stellen wird – 35 Jahre nach der Ermordung seines Bruders durch die Mafia-Killer.

Der entscheidende Augenblick um 12:59 Uhr: Ore 12.59, Mattarella a quota 505: l'ovazione della Camera - Repubblica Tv - la Repubblica.it
 
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Wünschen wir ihm eine glückliche Hand und gute Verbündete - im Interesse von Italien und Europa.

Diesen Wünschen schliesse ich mich gerne an. :nod:

Hier noch ein Artikel mit Fotostrecke, welche der Freude, die man gestern in Palermo verspürte, Ausdruck verleiht:

Mattarella al Quirinale, la sorella del giudice Falcone si commuove: "Che emozione" - Repubblica.it

Un concerto dell'orchestra sinfonica siciliana per festeggiare l'elezione di Sergio Mattarella si svolgerà sabato al teatro Politeama. Lo ha deciso il consiglio di amministrazione della Fondazione orchestra sinfonica che inviterà il neo capo dello Stato a presenziare all'evento. Nel corso del concerto, sottolineano gli organizzatori, verrà eseguito anche l'inno nazionale.
Am kommenden Samstag findet in Palermo ein Konzert zu Ehren des neuen Staatspräsidenten statt.

Mattarella, festa a Palermo e brindisi dal suo barbiere - 1 di 1 - Palermo - Repubblica.it

Heute morgen hat Sergio Mattarella, wie immer, die Messe in SS. XII Apostoli besucht und ist danach zu Fuss zu seiner Wohnung zurückgekehrt.

Mattarella: la passeggiata silenziosa del presidente - Repubblica.it

Sergio Mattarella, neo presidente della Repubblica, dopo la messa nella chiesa di Santi Apostoli è tornato a piedi - per rispettare il blocco del traffico - nel vicino palazzo della Consulta dove alloggia.
Zusatz: L'abbraccio di Roma a Mattarella: "Nostro presidente gentiluomo" - Repubblica.it

Artikel mit Fotogalerie
 
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Auf dem Quirinal laufen die Vorbereitungen zur Vereidigung Sergio Mattarellas am Dienstag Morgen:

Video: La Flaminia arriva al Quirinale e le Frecce Tricolori sorvolano il Colle - Repubblica Tv - la Repubblica.it

Fotogalerie: Quirinale, Lancia Flaminia e Frecce tricolori per Mattarella - Repubblica.it

Das Auto mit dem der Präsident zum Altar des Vaterlandes fahren wird kommt an und die Frecce Tricolori üben den Überflug.

Zusatz: Strade chiuse e transenne, Roma si prepara al giuramento di Mattarella - 1 di 1 - Roma - Repubblica.it
 
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Sergio Mattarella: Italiens neuer Präsident fordert Wachstumsinitiative - International - Politik - Handelsblatt

Italiens neuer Staatspräsident Sergio Mattarella hat zu mehr Reformen und gleichzeitig mehr Wachstum aufgerufen. „Es ist unerlässlich, dass die Finanzkonsolidierung von einer wirksamen Initiative für Wachstum vor allem auf europäischer Ebene begleitet wird“, sagte der 73-Jährige am Dienstag bei seiner Vereidigung in Rom. Die italienische Regierung habe diese Strategie während der EU-Ratspräsidentschaft verfolgt. Italien müsse ein „Horizont der Hoffnung“ gegeben werden.
 
Sehr sympathisch - finde ich :nod:.

Ja, ich bin ganz Deiner Meinung. :nod:

Zusatz: Nachrichten aus der Weltkirche und der Kirche in Österreich
Italiens neuer Präsident Mattarella: Präsident, Katholik, Laizist
Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko

Mehr als 40 Mal wurde Italiens neuer Staatspräsident Sergio Mattarella in seiner ersten Rede von Applaus unterbrochen. Nach der Vereidigung vor dem Parlament in Rom beschwor das neue Staatsoberhaupt die Einheit der Nation, die in schwieriger Situation Hoffnung brauche. Als "absolute Priorität" bezeichnete er den Kampf gegen Korruption und Mafia. Die alte und neue Mafia sei ein "Krebs, der die Hoffnung zerstört". Um sie zu besiegen seien "viele ehrenhafte Personen nötig", sagte der frühere Verfassungsrichter, dessen Bruder Piersanti Mattarella 1980 von der Mafia auf Sizilien ermordet worden war.
Ruhig, bedächtig, ohne große Emotionen hat Italiens zwölfter Staatspräsident vor dem Parlament den Eid auf die Verfassung geleistet und eine erste Grundsatzrede gehalten. Der Präsident sei wie ein Schiedsrichter, stellte er klar. Er müsse unparteiisch sein und "die Spieler müssen ihm durch korrektes Verhalten helfen".
Italiens neuer Staatspräsident ist vereidigt, Länderberichte, Publikationen, Konrad-Adenauer-Stiftung

Die wichtigste Garantie der Verfassung sei jedoch ihre Anwendung, so Mattarella. Als erstes verweist er darauf, den Jugendlichen das „Recht auf Bildung“ in einer „modernen und sicheren Schule“ zu ermöglichen und dieses Recht auch für die Zukunft zu sichern. In Italien sind circa vier von zehn Schulen baufällig. Endlose Sparmaßnahmen bringen immer wieder Gebäude in die Schlagzeilen, in denen Schülern die Decke buchstäblich auf den Kopf fällt und die aus Sicherheitsgründen vorübergehend geschlossen werden müssen. Hier sieht Sergio Mattarella offensichtlich Handlungsbedarf. Außerdem unterstrich der neue Staatspräsident das Recht auf Arbeit. Vor wenigen Tagen hatte das Statistikinstitut ISTAT die neuesten Zahlen veröffentlicht: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt demnach bei 42% - ein Prozentpunkt weniger als im November.

 
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