Italien: Auf dem Weg zur 70. Nachkriegsregierung


Wie immer, fragt man an dieser Stelle schon ziemlich krisenmüde: Gibt es noch einen Ausweg? Sicher, wenn die Italiener bei der anstehenden Parlamentswahl die Geisterbahn endlich mal auf den Schrottplatz schieben würden. Das ist ihre Entscheidung und Verantwortung.
 
 

Aber:
Das Reformpaket hat Potenzial, war längst überfällig und ergreift eine historische politische Chance. Sein Ergebnis kann erst dann bewertet werden, wenn die geplanten Reformen, die durch die Gesetze an die Regierung delegiert werden, abgeschlossen sind. Eigentlich war der Plan, dies vor den Wahlen Anfang 2023 noch abzuschließen. Das unerwartete Auseinanderbrechen der Mehrheit hinter Premierminister Draghi im Juli 2022 lässt es wenig wahrscheinlich erscheinen, die Reform vor den vorgezogenen Neuwahlen am 25. September 2022 abzuschließen. So wie es aussieht, wird die vollständige Umsetzung der Reform in der Hand der nächsten Regierung liegen, in einem politischen Klima, in dem eine Rückkehr zu Polarisierung und politischer Konfrontation zu befürchten ist.
 

Umfragen deuten darauf hin, dass das Mitte-Rechts-Lager die für den 25. September angekündigten Parlamentswahlen in Italien gewinnen könnte. Oder sollte man besser Rechts-Mitte-Lager sagen, so wie es Giovanni Orsina, Politologe und Professor an der römischen Universität Luiss, unlängst ausdrückte? "Es wäre die am weitesten rechts außen stehende Regierung der Nachkriegszeit", sagte der Professor bei einem Treffen mit der Auslandspresse.

und


Der Wahlkampf wird kurz und ist bereits sehr giftig, wie jetzt auch die mutmassliche Rolle Moskaus zeigt. Bis zu 40 Prozent der Wählerschaft ist noch unentschlossen. Es kann in den knapp acht Wochen noch sehr viel passieren. Voraussagen sind fast unmöglich.
 

Artikel von Dominik Straub am 2.8.2022

und

 

Di Maio gründete seinerseits inzwischen eine eigene Partei mit dem Namen Impegno civico (Bürgerlicher Einsatz). Dabei nahm er rund 60 Fünf-Sterne-Parlamentarier gleich mit. Di Maio stürzt sich mit dem Zentrumspolitiker Bruno Tabacci, Gründer der kleinen Zentrumspartei Centro Democratico, in den Wahlkampf. Diese Vereinbarung erlaubt Di Maio, bei der Parlamentswahl anzutreten, ohne dass er die 60.000 Unterschriften sammeln muss, die von neuen Parteien verlangt werden. Di Maio strebt nun ein Bündnis mit der PD an.
 
Zitat aus dem verlinkten Artikel:

Matteo Renzi, der Italia Viva 2019 als Abspaltung von den Sozialdemokraten gegründet hatte, warf Letta vor, ihn aus „persönlichem Groll“ von den Verhandlungen zu einem Wahlbündnis ausgeschlossen zu haben. Renzi hatte Anfang 2014 den damaligen Ministerpräsidenten Letta gestürzt, um dessen Nachfolge als Regierungschef anzutreten, obschon beide Politiker damals der sozialdemokratischen Partei angehörten.
Wobei ich Lettas "persönlichen Groll" gut verstehen kann. Vgl. weiter oben:
Allerdings ausgerechnet Enrico Letta? ... diese tragische Figur, seinerzeit durch die eigene Partei nach weniger als 10 Monaten aus dem Amt gekegelt; vgl. Kabinett Letta – Wikipedia.
... nämlich durch Renzi mit seinen brutalen Machtgelüsten.
Darum ist m.E. sein jetziger Vorwurf an Letta schon ziemlich unverfroren.

Aber das wird ihn wohl nicht kratzen; und auch sonst kaum jemanden in Italien. Sondern sie werden sich ganz einfach wie üblich wechselseitig zerfleischen, denke ich.
 
Die italienische Regierung verabschiedet heute ein neues Hilfspaket im Wert von rund 14 Milliarden Euro, um Unternehmen und Familien vor steigenden Energie- und Verbraucherpreisen zu schützen. Die Verabschiedung des Pakets gilt als eine der letzten Maßnahmen des scheidenden Premierministers Mario Draghi vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 25. September.
 
Am 25. September wird gewählt, am 13. Oktober werden die beiden Kammern des Parlaments zum ersten Mal zusammentreten, um Präsidenten und Präsidium zu wählen, und dann kommt es darauf an, wie rasch eine neue Regierung gebildet werden kann, die erstens an einem Strang zieht und zweitens gewillt ist, die gegenüber der EU eingegangenen Verpflichtungen durch entsprechende Maßnahmen und Gesetzesinitiativen zu erfüllen.
 

Bolaffi: Ich kann verstehen, dass Europa sehr besorgt ist, weil 100 Jahre nach Mussolinis Machtergreifung eine Postfaschistin Regierungschefin werden könnte. Doch ich glaube, dass es Mechanismen gibt, die die Auswirkungen einer solchen Krise eindämmen würden. Präsident Mattarella etwa, der proeuropäisch eingestellt ist und dessen Mandat länger andauern wird als das der kommenden Regierung.

Momentan ohne Bezahlschranke.
 
Salvini will mehr werden als nur Innenminister
Na, wenn das mal nicht einer jener überzogenen Wünsche ist, wie wir sie aus dem Märchen kennen: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje inne See, myne Fru de Ilsebill will nich so, as ik wol will."

Wobei hier (in einer etwas erweiterten Auslegung ;)) "Ilsebill" Giorgia heißt.
Und am Ende könnte nicht etwa sie, sondern lediglich Salvini selbst so dastehen wie in dieser Illustration. Eine abgerissene, armselige Erscheinung auf bzw. neben einem nicht hochseetauglichen Seelenverkäufer. Passt doch irgendwie zu seiner Flüchtlingspolitik, oder?
 
Weiteres Zitat aus dem verlinkten Artikel:
"Wenn es der Sache dient, übernehme ich die Rolle des Frontrunners", sagte Letta laut Nachrichtenagentur Ansa.
Natürlich: Man sollte nichts unversucht lassen, um eine Regierung unter Führung der rechtsextremen Giorgia Meloni zu verhindern.

Allerdings ausgerechnet Enrico Letta? ... diese tragische Figur, seinerzeit durch die eigene Partei nach weniger als 10 Monaten aus dem Amt gekegelt; vgl. Kabinett Letta – Wikipedia.
Und siehe, prompt zeigt sich heute ein weiteres Anzeichen der Brüchigkeit von Lettas Bündnis: Reibereien bei Mitte-Links-Allianz.
Die letzten Deals von Sozialdemokratenchef Enrico Letta sorgten dann am Sonntag sogar dafür, dass ein Partner schon wieder hinwarf. Der Azione-Chef und frühere Minister Carlo Calenda, der erst am Dienstag eine Zusammenarbeit mit Letta vereinbart hatte, sagte in einem TV-Interview zum Rückzug: "Ich fühle mich nicht mehr wohl. Es ist würdelos, so Politik zu machen."
 

„Dies war die schmerzhafteste Entscheidung meines Lebens“, sagte Azione-Chef Carlo Calenda im Interview mit dem Fernsehsender RAI3. Der Rückzug der Partei könnte weitere Kreise ziehen: Auch die mit der Azione verbündete Zentrumspartei Piu Europa (+Europa) von Italiens Ex-Außenministerin Emma Bonino erwägt den Austritt aus dem Mitte-links-Bündnis, dem sie vergangene Woche beigetreten war.
 
Sieben Wochen vor der Parlamentswahl in Italien wird weiterhin an Wahlallianzen geschmiedet. So wird über die Gründung eines Zentrumsbündnisses verhandelt. Federführend dabei ist der Ex-Premier und Chef der Kleinpartei Italia Viva, Matteo Renzi. Er hofft auf ein Bündnis mit der kleinen Zentrumspartei Azione um Ex-Industrieminister Carlo Calenda als Alternative zur populistischen Rechten und zum Linkslager.
 
In den Rechts-Parteien hat nicht nur Salvini hochfliegende Pläne: Silvio Berlusconi: "Mi candido al Senato".
Er kann's offenbar nicht lassen :rolleyes: ... nach dem Verlust seines Senatssitzes vor fast 10 Jahren; vgl. Verurteilung und Mandatsverlust 2013.

Am 19. Oktober 2013 setzte ein Mailänder Berufungsgericht die Dauer des in Folge des Steuerbetruges im „Fall Mediaset“ verhängten Verbotes öffentlicher Ämter (Nebenstrafe des Urteils), wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, mit zwei Jahren fest. (...). Am 27. November 2013 stimmte das Plenum des Senats über diesen Antrag ab und entzog Berlusconi sein Senatsmandat.
 

Sechs Wochen vor der Parlamentswahl in Italien wird weiterhin an Wahlallianzen geschmiedet. So wurde heute in Rom die Gründung eines Zentrumsbündnisses angekündigt. Federführend dabei ist der Ex-Premier und Vorsitzende der Kleinpartei Italia Viva, Matteo Renzi, der ein Wahlbündnis mit der kleinen Zentrumspartei Azione von Ex-Industrieminister Carlo Calenda besiegelte. (...) Der „dritte Pol“, der sich zwischen dem Mitte-Rechts- und dem Mitte-Links-Block positionieren will, liegt derzeit bei etwa vier Prozent der Wählerstimmen, aber Calenda ist optimistisch, der rechtskonservativen Forza Italia (FI) von Ex-Premier Silvio Berlusconi Stimmen abnehmen zu können, die eine ähnliche Wählerschaft hat. Italia Viva könnte es laut Umfragen auf drei Prozent der Stimmen schaffen, Azione auf zwei Prozent.
 
Zurück
Oben