Bericht: Anreise mal anders - Zu Fuß nach Rom

Lieber seb,


Räspääkt :nod:, vor Eurer Art der Anreise, ich bin wirklich beeindruckt.
Und ich fühlte mich erinnert an eine Urlaubsreise nach Griechenland (1982), als ich auch als Rucksackreisende unter freiem Himmel schlief und per Pedes, mit dem Bus und alten Tankern (auf deren Deck wir geschlafen haben) unterwegs war. Da sind doch schnell mal die eigenen Grenzen erreicht, aber gerade das macht es auch spannend.

Ich freue mich auf weitere Etappen (aber nur kein Streß, ich warte gerne :nod:)

....und danke für den spannenden Bericht und die schönen Fotos :nod:

Liebe Grüße
Lizabetta
 
Seb,
das ging ja schon mal prima los :thumbup::thumbup:
Ich bin sehr gespannt, wie Ihr weiter vorangekommen seid.

patta
 
25.7.08 Chiocchio - Greve in Chianti - Lucarelli

Nach unserer ersten Nacht im Freien wachen wir recht früh auf. Im Tal liegt San Polo in Nebel eingehüllt. Leider sind viele unserer Sachen (unter anderem mein Schlafsack) nass von Tau. Wir beschließen nach einem kurzen Frühstück (Wasser und Brot :D) dennoch direkt aufzubrechen.

Nach einem recht flachen aber dafür sehr langem Abstieg erreichen wir zunächst Chiocchio und nach gut einer weiteren Stunde Passo dei Pecorai.

Nicht ausrutschen

Nachdem wir von einer Anhöhe vor dem Ort schon schlimmes vermutet haben wird uns am Ortseingang recht schnell klar, dass wir hier nicht lange bleiben wollen. Der Ort liegt an einer Durchgangsstraße auf der alle 10-20 Sekunden ein LKW vorbeidonnert. Dennoch brauchen wir Wasser und haben so das Vergnügen den ganzen Ort abmarschieren zu müssen. Schließlich finden wir den Dorfbrunnen in der Nähe eines kleinen Kinderspielplatzes auf dem wir dann doch kurz Rast machen.

Als ich meine Schuhe ausziehe um meine Socken zu trocken passiert das unerwartete: obwohl ich fast keine Beschwerden beim laufen hatte kommt mir an beiden Füßen eine ansehnliche Ladung Blut und Wundflüssigkeit entgegen. Was war passiert? Nach kurzem Nachdenken kommt mir ein recht beunruhigender Gedanke:
Füße nicht eingecremt, viel geschwitzt, Fußklima zerstört.
Ganz großes Kino. Schnell wird die Notfallapotheke ausgepackt und die Fettcreme gesucht. Vergessen! Noch größerer Kino. Nachdem ich meine insgesamt 4 Blasen versorgt habe beschließen wir weiterzugehen. Erstaunlicherweise habe ich auch jetzt noch fast keine Schmerzen.

Direkt hinter dem Ort erwartet uns ein sehr langer schattenloser Anstieg über staubige, teils mit Geröll bedeckte Straßen.
Nach der Ankunft auf der Bergkuppe schickt uns unser Wanderführer „an einer Kreuzung nach rechts“. Dies beschert uns einen Umweg von 2 Stunden. Habe ich schon erwähnt, dass der Wanderführer unter aller Kanone ist? Immerhin treffen wir das erste Mal auf dem Weg andere Wanderer, zwar nur Tagesausflügler, aber immerhin. Dank ihrem Kartenmaterial haben wir wenigstens die Bestätigung, dass wir uns verlaufen haben und gehen mit Ihnen zurück. Der richtige Weg findet sich schließlich getarnt mit Büschen 200 Meter nach der angegebenen Kreuzung und ist eng, sehr steinig und steil.


Im Wanderführer als "Abzweig an einer Kreuzung" benannt

Im Tal ist nun Greve zu sehen. Wir erreichen den Ort und beschließen uns ein Zimmer zu nehmen. Schnell geht es zur Touristeninfo die jedoch schon zu hat (immerhin sind es ja auch schon 17 Uhr und offiziell ist ja auch nur bis 17:30 geöffnet). Relativ frustriert kaufen wir uns schnell pro Person eine Flasche Cola und verlassen den Ort fluchend in Richtung Lucarelli.

STEIL!

Leider ergibt sich auf dem Weg dorthin kein guter Schlafplatz, so dass wir uns in einer zwar ruhigen, aber abschüssigen Ecke zwischen 2 Waldstücke niederlassen.


Unser Schlafplatz kurz vor Lucarelli

Dies hat zur Folge, dass ich ständig mit meinem Schlafsack abrutschte und so wenig bis gar keinen Schlaf bekommen. Fabian hat hier mit seinem raueren Schlafsack mehr Glück. Immerhin wird mir so in der Nacht eine nette Geräuschkulisse von Wildschweinen und anderem Getier geliefert.

26.7.08 Lucarelli -Siena

Gegen 6 Uhr morgens wird dann auch Fabian wach und wir ziehen schnell los auf unsere letzte Etappe vor Siena. Da wir beide von der viel langen Etappe des Vortages gezeichnet sind und auch meine Füße immer mehr Schmerzsignale von sich geben verläuft diese Etappe recht eintönig, still und fast ohne Motivation. Tiefpunkt nennt man so etwas normalerweise. Als wir schließlich in Siena ankommen sind wir beide nur noch frustriert und müde. Zum Glück finden wir recht schnell das Kloster welches ich durch Recherche im Internet entdeckt hatte. Dort nehmen uns die sehr sehr netten Schwestern auf.

Im Kloster in Siena

Endlich können wir uns duschen, unsere Kleidung waschen und die Schlafsäcke trocken. Bei eingehender Untersuchung meiner Füße wird schnell klar, dass die angepeilten Etappen so nicht zu schaffen sind. Erstmal soll ein ungeplanter Ruhetag eingelegt werden. Am nächsten Morgen wollen wir weitersehen. Am späten Abend gesellen sich noch 2 spanische Pilger und eine Deutsche zu uns. Alle 3 laufen die „alte“ Via Francigena, also über Landstraßen. Dies sollte die einzige Begegnung mit anderen Pilgern auf der ganzen Reise bleiben.


To be continued
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo und Moin, Moin Seb!


VIELEN DANK

:thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:


für die Fortsetzung

ALLE ACHTUNG

:!: :!: :!:

... meine Bewunderung wird immer größer und ich leide mit Dir und Deinen Füßen noch im Nach herein mit - autsch!




Gruß - Asterixinchen :)
 
Aua, armer Seb! :?

Hoffentlich ging es Deinen armen Füßen ganz schnell besser! :nod: :thumbup: :thumbup:

Euer Wanderführer muss ja wirklich unter aller Kanone gewesen sein. :roll: Wenn man bedenkt, wie viele Umwege Ihr schon habt machen müssen.

Bin schon ganz gespannt, wie es weiter geht! :nod:

Liebe Grüße,
Susannah
 
Seb,

Wandern ist in Italien (mal von Südtirol abgesehen) nicht so angesagt und die Pflege der Wege / Wegweiser vermutlich nicht so ausgeprägt x(
Mit dem Auto wendet man einfach, aber zu Fuß? :x

Jedoch: Mittags in den blutenden Schuh hineinzuschauen ist schon leichtsinnig. Das macht man doch nur abends, wenn man Alkohol zum Desinfizieren hat ;)

Greve ist schön und lecker der Chianti, da habt Ihr gar nichts von mitbekommen, oder? Hoffentlich habt Ihr was von Siena gesehen.

Bis gespannt, wie es Euch in der Südtoskana ergangen ist ...
patta
 
Hallo Seb,
ich bin zwar kein großer Wandersmann, aber das erinnert mich gewaltig an französische Wanderwege - wir haben uns auch mal erbärmlich verlaufen ... und das auf einer viel kürzeren Strecke.

Dein Bericht ist wirklich außergewöhnlich und ich bin schon ganz gespannt, was ihr noch so alles erlebt.

Ansonsten: blutende Füße kenne ich nur aus Rom ;)

Viele Grüße
Claude
 

Als wir schließlich in Siena ankommen sind wir beide nur noch frustriert und müde. Zum Glück finden wir recht schnell das Kloster welches ich durch Recherche im Internet entdeckt hatte. Dort nehmen uns die sehr sehr netten Schwestern auf.


Hallo seb,

an dieser Stelle deines Berichtes konnte ich wieder aufatmen und dachte: Wie gut, dass es so "nette Schwestern" gibt :nod:

Vielen Dank für Deinen spannenden Bericht :thumbup:

Liebe Grüße
Lizabetta
 
Seb,
Jedoch: Mittags in den blutenden Schuh hineinzuschauen ist schon leichtsinnig. Das macht man doch nur abends, wenn man Alkohol zum Desinfizieren hat ;)

Greve ist schön und lecker der Chianti, da habt Ihr gar nichts von mitbekommen, oder? Hoffentlich habt Ihr was von Siena gesehen.

Ich wollte eigentlich nur die Socken trocknen :~
Von Greve haben wir nichts (bzw. nur die Hauptstraße und die geschlossene Touriinfo) und von Siena alles wichtige im vorbeigehen gesehen.

Susannah schrieb:
Es fehlt nur noch Frau Schnabbel! ;) :lol:

Ich darf vorwegnehmen: zum Glück noch nicht einmal ansatzweise vorhanden :lol:


Danke an alle für das nette Feedback. :nod:
 
Das ist ja schon fast ein Abenteuerroman. Manchmal haben Hindernisse ja auch sehr positive Seiten. Vielleicht konntet Ihr den Ruhetag doch noch zu einer Erkundung von Siena, meiner Lieblingsstadt in der Toskana, nutzen.
Ich hoffe für Euch, dass es weniger steinig und blutig weiter geht.

Gruß Ludovico ROB

P.S. übrigens habe ich auch den Beinamen "Trenker", was auch seinen Grund hat. Gottseidank hatte ich höchstens Wasser- und keine Blutblasen.
 
27.7.08 Siena - Archidosso - Roccalbegna

Unsere Zimmergenossen stehen (wie angekündigt) schon um 4:30 bzw. 5:00 Uhr auf. Da uns das eindeutig zu früh ist bleiben wir beide noch 2 Stunden liegen und haben um 7:00 Uhr dann auch den Speisesaal und das Badezimmer für uns alleine. Während des Frühstücks überlegen wir uns das weitere vorgehen. Eins steht fest: meine Füße sehen inzwischen aus wie nach 2-3 Stunden inquisitorischer Folter. Tagesetappen von 20 bis 30 Kilometern sind so nicht mehr möglich. Da wir einen recht straffen Zeitplan haben und auch keinen unserer Rom-Tage opfern wollen beschließen wir wohl oder übel einige Etappen zu überspringen und auch auf den Ruhetag zu verzichten. Der Wanderführer gibt leider keinen guten Einblick in das für deutsche Verhältnisse chaotische Bussystem, so dass wir nur ins blaue hineinfahren können. Die südlichste Verbindung die wir herausfinden konnten war ein Bus nach Archidosso. Dieser sollte sogar am heutigen Sonntag fahren, immerhin einmal am Tag.

Nach dem herzlichen Abschied von den Schwestern schleichen wir in Richtung Bahnhof Siena wo der Bus abfahren soll. Auf der gut zweistündigen Tour durchfährt man viele kleine Dörfer die wir noch nicht einmal auf unserer Landkarte finden. Nach etwa der Hälfte der Strecke sehen wir am Horizont dunkle Wolken heranziehen. Die Strafe fürs „Etappen schwänzen“?
Etwa 30 Minuten vor dem Ziel durchfahren wir ein extrem starkes Gewitter mit Platzregen und heftigem Wind. Der Bus quält sich mittlerweile immer stärkere Steigungen hinauf und überquert schließlich die Kuppe eines hohen Berges. Wie mit einem Schalter abgestellt hört der Regen auf. Zwar ist der Himmel noch grau, aber in südlicher Richtung wird es wieder heller. Unserer Laune ist dennoch nicht die Beste. Nachdem uns der nette Busfahrer im Ortskern abgesetzt hat fängt es dann doch noch leicht an zu nieseln, aber kein Vergleich zum Platzregen im benachbarten Tal.
Der nächste Etappenzielort wäre Roccalbegna was (laut Wanderführer) in knapp 4 Stunden zu erreichen wäre. Mutig / leichtsinnig wie wir sind beschließen wir es zu versuchen. Ich verbinde meine Füße mit Mullbinden, nehme einige Schmerztabletten und los geht es.

Der Weg ist hier landschaftlich sehr schön, aber auch sehr anstrengend und steil. Es geht durch Schafweiden und Kastanienwälder bergauf bis zu einem buddhistischen Kloster (Dzog-Chen).

Gebetsfahnen bei Dzog-Chen

Aussicht vom Kloster

Dort machen wir Rast und ich mache den Fehler meine Schuhe auszuziehen. Bis dorthin war ich relativ schmerzfrei, als jedoch der Druck der Schnürung von den Füßen genommen wir fließt neues Blut in die Wunden was ein „leicht“ unangenehmes Gefühl verursacht. Ab hier wird der Weg zur Qual, auch da die Landschaft sich stark verändert und wir über Asphaltstraßen bzw. Feldwege durch landwirtschaftliche Flächen laufen.

Schlechtes Wetter feat. schlechte Wege

Nach einem harten Aufstieg über eine Kuppe steigen wir nach Roccalbegna ab.

Sieht nicht steil aus, ist es aber ;)

Dort gönnen wir uns in einer Pizzeria eine mittelmäßige Pizza. Das „Örtchen“ der Pizzeria ist (wie der gesamte Ort) in den Felsen des Berges gehauen. Diese Tatsache macht die Suche nach einem Schlafplatz für uns schwierig. Die Beschreibung der nächsten Etappe weißt jedoch auf einen Friedhof etwa einen Kilometer außerhalb des Ortes hin. Wir beschließen dort unser Glück zu versuchen, füllen unsere Wasserflaschen auf und ziehen weiter. Am Friedhof lassen wir uns an der Außenseite der Friedhofsmauer nieder und richten unser Nachtlager ein und genießen den schönen Sonnenuntergang.

Unser Nachtlager an der Friedhofsmauer

Sonnenuntergang bei Roccalbegna

Kurz nach Anbruch der Dunkelheit höre ich Tiere im Feld vor uns und auf benachbarten Feldern Schüsse. Es kommt dann auch wie es kommen musste: „unser“ Feld kommt auch an die Reihe. Es beginnt mit einem rascheln hinter uns, plötzlich strahlt das Feld in hellem Licht und etwa 10 Meter von uns entfernt sieht man die Schemen der Jäger. Zum Glück liegt ein Gebüsch zwischen uns und ihnen. Nach 2 Minuten ist der Spuk dann auch wieder vorbei und die Herren Knallbüchsenhelden ziehen ohne Schiesserei von dannen. Als ich Fabian am nächsten Morgen auf die Jäger anspreche stellt sich heraus, dass er die ganze Aktion schlichtweg verschlafen hat.

To be continued
 
Es gab sogar mal einen, der lief zu Fuß nach Rom, und wollte uns erzählen wie das war :~:~;) :lol:, wie hieß der gleich noch :roll: ;)

Hallo seb,

das ging aber schnell oder war es Zufall :?:;):~

Beim Lesen Deiner sehr anschaulich beschriebenen Tour fühlt man quasi die schmerzenden Füße. Das war sicherlich eine Tortur :nod:

Aber....vielen Dank für die Fortsetzung Deines Berichts und die Bilder :thumbup:

Liebe Grüße
Lizabetta
 
Hallo und Moin, Moin Seb!


VIELEN DANK

:thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:


für die Fortsetzung des Berichtes


.... ich kann nur nochmals sagen: "Hut ab"




Freue mich schon sehr auf die Fortsetzung !!!



Gruß - Asterixinchen :)
 
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