Regierung verbannt große Schiffe aus Teilen der Lagune von Venedig

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Die Maßnahme gelte für Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 25.000 Bruttoregistertonnen oder einer Länge über 180 Metern beziehungsweise mehr als 35 Metern Höhe, teilte die Regierung am Dienstagabend in Rom mit. Ab dem 1. August sollen keine Kreuzfahrer mehr durch die Lagune fahren. Das Verbot gilt auch für Pötte, die gewisse Abgasnormen überschreiten.
Schiffe, die als nachhaltig gelten oder nicht unter die Kriterien für das Verbot fielen, dürften weiterhin die Lagune passieren, hieß es weiter. Es könne sich dabei etwa um Kreuzfahrtschiffe mit einer Größenordnung von rund 200 Passagieren handeln.
 
Venedig: Italien verbietet Kreuzfahrtschiffe in der Lagune

Artikel von Zeit online

Dies sei ein "notwendiger Schritt, um die Umwelt, die Landschaft sowie die künstlerische und kulturelle Integrität von Venedig zu schützen", sagte Giovannini. Ministerpräsident Mario Draghi sprach von einem "wichtigen Schritt zur Erhaltung der Lagune von Venedig".
Zudem solle das "konkrete Risiko" vermieden werden, dass die UN-Kulturbehörde Unesco Venedig auf die Liste des "gefährdeten Weltkulturerbes" nehme. Das teilte Kulturminister Dario Franceschini mit. Die Unesco hatte dies im vergangenen Monat in Anbetracht des Kreuzfahrtschiffverkehrs vorgeschlagen.
 

Die Kreuzfahrtschiffe sollen als Übergangslösung auf den Hafen in Marghera ausweichen, der am Festland liegt und nicht im historischen Zentrum Venedigs. In dem Industriehafen legen derzeit meist Frachter an. Infrastrukturminister Enrico Giovannini will unter anderem für die Anlegestellen dort 157 Millionen Euro ausgeben. Aktivisten von «No Grandi Navi» machten darauf aufmerksam, dass auch Marghera Teil der Lagune sei. Sie befürchten, aus der Übergangslösung könne eine dauerhafte werden.
Die Umweltschutzorganisation Legambiente begrüßte den Plan der Regierung, die Schiffe zunächst in den Hafen von Marghera zu verlegen. «Wir sind immer überzeugt gewesen, dass das in der Übergangsphase die beste Wahl wäre.» Die Situation für die Umwelt in der Lagune werde sich dadurch allerdings nicht wesentlich ändern, erklärte die Organisation. Für die Bürger erwartet Legambiente mehr Lebensqualität und für das historische Zentrum weniger Verschmutzung.
Unterdessen sucht der Hafen von Venedig mit einem Ideenwettbewerb eine Lösung für einen dauerhaften Anlegeplatz außerhalb der Lagune für die Zukunft. Eine Expertenkommission will dafür in den kommenden beiden Jahren Vorschläge entgegennehmen und sie auf ihre Machbarkeit prüfen. Bis zum 30. Juni 2023 soll das Gewinnerprojekt feststehen.
 
Weiteres Zitat aus dem verlinkten Artikel:
Der Beschluss sieht vor, dass Schiffe, die als nachhaltig gelten oder nicht unter die Kriterien für das Verbot fielen, weiterhin die Lagune passieren dürfen. Sie hat mehrere kleine Landstreifen und Inseln und ist weitgehend vom offenen Meer abgetrennt. Dort liegt auch die historische Altstadt Venedigs mit ihren Touristenattraktionen. Die Regierung in Rom sprach von einem wichtigen Schritt zum Schutz der Lagune. Kritiker bemängelten allerdings, große Schiffe könnten auf anderem Wege durchfahren und Schäden verursachen.
Es ist also zu hoffen, dass es möglichst bald ein generelles "Nein" gäbe.

Zumal m.E. Kreuzfahrten weltweit eine nicht akzeptable Form von Tourismus sind.
 
Bevor jetzt alle jubeln. Leider ist das nur die halbe Wahrheit: Die Schiffe fahren jetzt, wie die Frachter im Süden in die Lagune ein und legen am Frachhafen an. Man hat nur keine Bilder mehr von den riesen Kähnen direkt bei der Altstadt. Für die Natur ist das aber vollkommen egal, da die Schiffe genauso wie bisher durch die Lagune fahren, Boden und Wasser verwirbeln und damit das Ökosystem weiterhin schädigen. Man kann sogar sagen dass jetzt mehr Schaden angerichtet wird, da die Schiffe eine längere Strecke in der Lagune zurücklegen müssen.
Und somit werden weiterhin tausende von Kreuzfahrern weiterhin wie Heuschrecken in Venedig einfallen und kaum Geld da lassen.
 
Dazu ein Interview mit der streitbaren Petra Reski:
Venedig und die Riesenschiffe„Die Lobbyarbeit der Kreuzfahrtindustrie ist sehr erfolgreich“

 
Die Verwaltung der Stadt will die Touristen nicht vergraulen und die Jobs erhalten, die mit der Kreuzfahrtbranche zusammenhängen. Die UNESCO aber droht, Venedig auf die Rote Liste des bedrohten Weltkulturerbes zu setzen. Deshalb drängt sich ein Verdacht auf.
Die Entscheidung aus Rom, Kreuzfahrtschiffe zumindest aus dem direkten Panorama von Venedig zu verdrängen, könnte vor allem eine kosmetische Korrektur sein, um die UNESCO zu besänftigen. Denn ein klares Verbot von Kreuzfahrtschiffen in der Lagune von Venedig ist dieser Schritt der italienischen Regierung, anders als weithin berichtet, noch nicht.
 
Wie schon mehrfach kommuniziert. Venedig lebt vom Tourismus und zwar so ausschliesslich vom Tourismus.wie keine andere mir bekannte Stadt (vielleicht mit Ausnahme von Las Vegas) Und auch Kreuzfahrttouristen bringen Geld und jeder Euro sichert Arbeitsplätze. Ich halte es schon für einen Fortschritt, wenn es verhindert wird, dass diese Riesenpötte direkt vor dem Markusdom ankern. Aber ansonsten.... wir sollten uns klarmachen, dass Venedig viel eher mit Disneyland gleichzusetzen ist als mit einer "normalen" Stadt.. Ein wunderschönes und geschmackvolles Disneyland aber eben nicht mit normalen städtischen Maßstäben zu messen. Das mag bedauerlich sein und vielen von uns missfallen (mir auch), aber es ist nun mal so. Angefangen hat es bereits mit dem Untergang der "serenissima" als Staatswesen zu Zeiten Napoleons und seitdem setzt es sich immer weiter fort.. Und es dürfte unumkehrbar sein.
 
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Zustimmung. Sollte dann aber nicht die Konsequenz gezogen werden, für dieses wunderschöne Disneyland kostendeckende Eintrittspreise zu nehmen, um dann den Zugang je Tag auch limitieren zu können?
 
Das wäre wohl die richtige Idee.

Allerdings fürchte ich, dass es zumindest noch ziemlich lange dauern könnte, bis sich eine hinreichend große Mehrheit dafür fände, sie in die Praxis umzusetzen.
 
Zustimmung. Sollte dann aber nicht die Konsequenz gezogen werden, für dieses wunderschöne Disneyland kostendeckende Eintrittspreise zu nehmen, um dann den Zugang je Tag auch limitieren zu können?
Das wäre eine Möglichkeit, den Zustrom zu kontrollieren und ggf. zu limitieren.. Man könnte natürlich auch versuchen, die unzähligen Souvenirshops und überteuerten Restaurants zumindest teilweise durch etwas adäquates zu ersetzen. Kunsthandwerk oder gleich Künstler. Aber das dürfte in Anbetracht der Mieten in Venedig utopisch sein oder zumindest eine Sisyphusaufgabe.
 
Man hat Venedig längst seine Seele genommen und dies wird auch nur schwer bis gar nicht wieder heilbar sein.

Man hat es geschafft, dass diese wundervolle Stadt zu einem Disneyland verkommen ist, das von Millionen von Touristen heimgesucht und hemmungslos (oft nur für wenige Stunden) benutzt wird.

Man könnte natürlich auch versuchen, die unzähligen Souvenirshops
Die fast alle von Asiaten betrieben werden, aber das ist leider in ganz Italien mittlerweile so.

Ebenso wird Venedig aber auch von den Leuten ausgenutzt und benutzt die mit den Touristen ihre Geschäfte machen. Deren Interesse an einem reduzierten Tourismus dürfte demnach gering sein.

Ob man Venedig noch retten kann glaube ich nicht.

Es ist schön hier Berichte zu lesen wie die von @Angela , die ein wirkliches Interesse an dieser Stadt haben, denn diese Touristen gibt es zum Glück auch noch. Mögen sie es weiterhin behalten.
 
Tja, leider sehe ich das auch so. Nun ist es mal so, dass Venedig in Wahrheit seit 200 Jahren bereits immer mehr vom Tourismus abhängt. Zuerst reiche Bildungstouristen und mit zunehmendem Wohlstand verständlicherweise immer mehr Leute und spätestens in den 50ern hat die jetzige Entwicklung dann wirklich Fahrt aufgenommen.. Aber eins ist klar: Wirklich produziert wird in Venedig (sieht man von ein bisschen Landwirtschaft auf Sant´Erasmo, etwas Fischerei und etwas Luxusglas auf Murano ab)heute eigentlich nichts mehr. Und so eine in der Tat jahrhundertelange Entwicklung zu ändern....da ist wirklich Skepsis angebracht.
Ja, natürlich gibt es Mestre. Aber das ist eben nicht mehr Venedig. Aber lebendiger ist es.
 
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Man könnte natürlich auch versuchen, die unzähligen Souvenirshops und überteuerten Restaurants zumindest teilweise durch etwas Adäquates zu ersetzen. Kunsthandwerk oder gleich Künstler. Aber das dürfte in Anbetracht der Mieten in Venedig utopisch sein oder zumindest eine Sisyphusaufgabe.
Genau das ist auch in meinen Augen das Problem.

Wie natürlich gleichermaßen auch dies:
Wirklich produziert wird in Venedig (sieht man von ein bisschen Landwirtschaft auf Sant´Erasmo, etwas Fischerei und etwas Luxusglas auf Murano ab) heute eigentlich nichts mehr.
Ja ... und wo, bitte schön, sollte inmitten eines solchen rundherum kontraproduktiven Prozesses eine Gegeninitiative sich entwickeln können?
 

... von Marghera auf dem venezianischen Festland.

Nach Angaben des Portals handelt es sich bei dem 1,8 Millionen Euro teuren Terminal um ein Provisorium. Die Gäste der Kreuzfahrtriesen werden in einem 1000 Quadratmeter großen Zelt abgefertigt, in dem sich auch abgetrennte Bereiche für Beamtinnen und Beamte des Zolls und der Grenzkontrolle sowie für Angestellte der Verwaltung befinden. Allein in diesem Jahr soll das Terminal 32 Kreuzfahrtschiffe aufnehmen.
 
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