Ein bisschen Rom und Stippvisiten in Latium

Aufgrund einer Nachfrage möchte ich doch noch ein bisschen mehr erzählen, wie es mit der VR-Brille bei den Caracalla-Thermen so vor sich geht.

Eigentlich ist es keine richtige Brille, sondern eine Halterung, in die vorne ein Smartphone eingelegt wird. Man nimmt die "Brille" ab, um zu steuern. Auf (dem Smartphone) der Brilleninnenseite wird der Plan der Caracalla-Thermen schematisch angezeigt mit den jeweiligen Sehpunkten (view-points). Die gehen von 1 bis 10 und sind auch an der entsprechenden Stelle auf dem Gelände gekennzeichnet. Den entsprechenden Plan haben wir bei Übergabe der Brille auch auf Papier erhalten. Wenn man dann z. B. am Punkt 2 angekommen ist, nimmt man die "Brille", drückt auf dem Plan auf "2", setzt die Brille auf und sieht dann im Prinzip einen Film mit Ton. Allerdings ist es eben kein Film, weil man immer das sieht, wo man sich hindreht. Also drehe ich mich nach hinten, sehe ich auch die fiktive Wand hinten von früher u.s.w. . Wir schauten immer so lange, wie uns dabei etwas erzählt wurde. Dann nahmen wir die Brille wieder ab und versuchten uns das Bild in Gedanken in die Ruinen "zurückzuholen". Man kann den Text zwischendurch anhalten oder auch wiederholen.

Da ich nun gehört habe, dass der Durchgang mit Brille auf 1 Stunde begrenzt ist, würde ich eher zuerst einmal durch das Gelände gehen, mir auch anschauen, wo die Ziffern 1-10 sind (wir sind nämlich auch mal falsch gegangen) und nach dem ersten Eindruck würde ich mir die Brille abholen. Auch nachdem man die Brille wieder zurückgegeben hat, kann man noch weiter auf dem Gelände flanieren. Die Zeitbegrenzung gilt nur für die Brille (wenigstens war das bei uns so im April 2018 so).
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf den Spuren der Etrusker waren wir (außer in der Villa Giulia) in Veij, in Tarquinia und in Cerveteri. In Veij haben wir nicht so viel Etruskisches gesehen, aber einen schönen halben Tag in entspannter Landschaft mit freundlichen Menschen verbracht, in Tarquinia gab’s Kunst satt, aber die Atmosphäre entsprach doch eher einem Touri-Besichtigungsort, in Cerveteri war weniger Kunst aber viel Atmosphäre und der Eindruck, als ob die Etrusker gleich „um die Ecke“ kommen. Zuerst nach Veij!
Wir fuhren mit dem Auto Richtung Veij. Aus dem Internet hatte ich mir eine Adresse herausgesucht und in das Navi eingegeben. Aber wo wir dann ankamen, fanden wir keine Ausgrabungen. Wir fuhren noch ziemlich lange übers Land hin und her, bis wir uns dann dazu entschlossen, als letzten Versuch nach Isola Farnese zu fahren. Der Stadtteil Roms liegt recht abgeschieden, aber dort im Ort fanden wir tatsächlich ein Hinweisschild, dem wir folgten. Nach einer etwas abenteuerlichen Fahrt - wir dachten immer, gleich geht’s nicht weiter - kamen wir auf einen recht großen, leeren Parkplatz mit einem Hinweisschild auf das Restaurant Antico Mulino a Veji. Also waren wir nun wohl richtig. Wir stiegen aus, gingen über die Brück und kamen in eine recht schöne (Wald)Gegend mit offensichtlichen Grabeingängen. Allerdings waren diese Gräber - mindestens offizielle - nicht zu besichtigen. Wir gingen weiter hinauf auf eine schöne, ländliche „Hoch“Ebene. Dort fanden wir dann die Ausgrabungen der Stadt, die allerdings nicht besichtigt werden konnten.

Veji (etruskisch Veia, lateinisch Veii, heute Veio) liegt beim römischen Stadtteil Isolo Farnesr, ca. 35 km nord-westl. des Pz. del Popolo. Die Etrusker waren politisch in Stadtstaaten organisiert. Zwölf von ihnen schlossen sich um 600 v. Chr. zum Zwölfstädtebund zusammen. Die Stadt Veji, die in der Blütezeit der etruskischen Kultur mehrere tausend Einwohner hatte, gehörte zu diesen Bund. 396 v. Chr. zerstörten die Römer die Stadt und beendeten damit einen bereits zehn Jahre währenden Krieg. Zur Zeit des Kaisers Augustus gründete man Veii als municipium neu, im 5. Jahrhundert wurde die Stadt dann aber endgültig verlassen.

Die Stadt selbst, deren Ruinen zum Teil auf das 6. Jahrhundert v. Chr. zurückgehen, liegt auf einem Plateau, das von einer teilweise sogar noch gut erhaltenen Mauer aus Tuffstein aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. umgeben ist.
Außerhalb der Reste der Stadt wurden Tumuli gefunden, große Nekropolen, ausgemalte etruskische Gräber, die in den Fels geschnitten sind, darunter als berühmteste die Tomba delle Anatre (Grab der Enten) aus der Zeit zwischen 680 bis 670 v. Chr.

Lt. Reiseführer sollte es auf einem anderen Weg zur Nekropole gehen. Wir kehrten zum Parkplatz zurück und nahmen den Weg am Beginn des Parkplatzes (dort stand übrigens auch ein Schild, dass uns in Veio willkommen hieß - hatten wir bei der Anfahrt übersehen). Es war eine wirklich schöne, ruhige Landschaft, die uns da erwartete. Nach ca. 10 Minuten kamen wir wieder auf einen Platz, auf dem zwei Rangerinnen standen. Wir fragten nach der Tomba delle Anatre. Sie wiesen auf den Eingang hin, machten aber deutlich, dass nur an einem Sonntag im Monat das Grab der Öffentlichkeit zugänglich sei. Also kehrten wir um, aber eine der Damen holte uns ein und erklärte uns, dass bald eine Schulklasse käme, für die sie aufschließen würde. Wir könnten uns gern anschließen. Allerdings könnte es noch einige Zeit dauern. Das war uns dann zu ungewiss und daher gingen wir zurück. Aber als die Schüler uns dann entgegen kamen, drehten wir um und schlossen uns doch an. Hinter dem Eingang ging es noch etwas über Stock und Stein. Als wir dann am Grab ankamen, ließen uns die Rangerinnen zuerst ins Grab und leuchteten uns sogar noch mit ihren Handys. So sahen wir das erste Mal ein Etruskergrab vor Ort. Es war schon beeindruckend. Mit den ca. 25 unruhigen Schülern „im Nacken“ schauten wir aber dann mehr als dass wir fotografierten. Aber die Enten haben wir aufgenommen!

Zu den Zeugnissen aus dem etruskischen Veij gehört die Statue des Apollo von Veji in der Villa Giulia, der Kopf eines Hermrs und eine Göttin mit einem Knaben.

zurück zum INHALTSVERZEICHNIS
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie schön, dass es noch ein bisschen weitergeht, liebe otium!
Da wir im September auch zum ersten Mal in der Villa Giulia waren, finde ich deine Besuche vor Ort jetzt ganz besonders spannend und interessant und freue mich schon auf die Fortsetzung.
 
Schön, wenn Du für Dich Verbindungen finden kannst! Wir waren in der Villa Giulia nachdem wir in Veij und bevor wir an den anderen Orten waren. Irgendwie waren uns da die Artifakte aus Veij ganz besonders wichtig und nah. Das war einfach besonders schön. Wahrscheinlich wäre das mit denen aus Tarquinia und in Cerveteri ähnlich gewesen, wenn wir zuerst an allen drei Orten und dann in der Villa Giulia gewesen wären. Aber nach Rom ist ja immer auch vor Rom! ;)
 
Na, da kann ich ja gar nicht anders, als mich in den nächsten Tagen an die beiden Kapitel ranzumachen! ;) Schön, dass mein Bericht darüber Interesse findet!

Vorweg: ich vermute, dass Du in meinem Bericht Cerveteri fast unverändert vorfinden wirst, aber die Nekropole von Tarquinia ist m. E. heftig "umgebaut" und für die Besichtigung toll erschlossen. Da haben wir auch unheimlich viel fotografiert und ich bin noch am (Aus)Sortieren.
 
Die heutige Stadt Tarquinia (knapp 17 Tsd. Einwohner) liegt 90 km nordwestlich der Pizza del Popolo und ca. 10 km westlich der einstige etruskischen Stadt Tarchuna.
Die Gründung Tarchunas reicht in das 9. Jhd. vor Chr. zurück. Tarchuna war der reichste und bedeutendste Ort der Etrusker. Basis des Wohlstandes ab dem 8. Jhd. war vor allem die Gewinnung von Erzen aus den nahe gelegenen Tolfa-Bergen und deren Export. Dies führte zu intensiven Handelsbeziehungen bis nach Griechenland und in den Vorderen Orient. So war die Stadt auch eines der wichtigsten Mitglieder des um 600 v. Chr. gebildeten Zwölfstädtebundes.

Ab 359 v. Chr. entwickelten sich jedoch zwischen Rom und Tarchuna Grenzstreitigkeiten, die sich zu einem Krieg ausweiteten. Wohl wurden die Römer 358 besiegt, aber bereits 353 wendete sich das Blatt. 351 musste Tarchuna Rom um Frieden bitten und erhielt einen 40-jährigen Friedensvertrag, 308 v.Chr. nahmen die Römer die Stadt endgültig ein. In der Zeit der Völkerwanderung verfiel die Stadt. Im 8. Jhd. wurde sie durch die Sarazener zerstört.

Tarchquinii - so nannte sich die Stadt zur römischen Zeit - wurde danach nicht wieder aufgebaut, die Einwohner gründeten auf einem nahe gelegene, besser zu verteidigenden Hügel Corneto. Im Mittelalter entwickelte sich Corneto durch den florierenden Seehandel wieder zu einer wohlhabenden Stadt und wurde 1144 eine unabhängigen Stadtrepublik. Mitte des 14. Jhd. wurde sie jedoch in den Kirchenstaat eingegliedert, blieb ab dann eine unbedeutendes Landstadt und gehörte seit 1870 zum neuen Königreich Italien.

1872 wurde die Stadt in Erinnerung an die Antike in Corneto Tarquinia umbenannt und seit 1922 heißt sie nur noch Tarquinia.
So ist die heutige Altstadt von Tarquinia die mittelalterliche Stadt Corneto.

Mittelpunkt der Altstadt ist die weitläufige Piazza Nazionale mit dem Palazzo Comunale (13.-17. Jhd.). Hier war im Mittelalter auch der Sitz der Regierung des Stadtstaates Corneto. Schaut man nach Westen, kann man bereits von hier aus das Meer sehen.

Durch die mittelalterlichen Gassen kommt man zur Kirche von San Martino (11. Jhd.), zur profanisierte Chiesa San Pancrazio (12./13. Jhd., gezackter Turmaufsatz) und zum Dom S. Margherita (17. Jhd.). Schlendert man durch die Gassen trifft man auf viele Geschlechtertürme und Palazzi, so z.B. den Palazzo dei Priori, der aus vier verbundenen Geschlechtertürmen besteht oder den Palazzo Sacchetti (15. Jhd.), der - wie manch anderer in Latium - schon seit Jahren verfällt.

Am „unteren Ende“ der Altstadt, an der Pz. Cavour steht der Palazzo Vitelleschi (15. Jhd.), in dem heute das Archäologische Museum untergebracht ist. Auf der Terrasse am Platz sieht man auf die Ebene unter der Altstadt mit den Lido-Vorstädten.


weiter zu den Etruskischen Gräbern

zurück zum INHALTSVERZEICHNIS
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Umgebung von Tarquinia soll es Tausende von Etruskergräbern geben, davon besitzen etwa 150 Reste von Wandmalereien.

Besonders gut erschlossen ist die Monterozzi-Nekropole am östlichen Stadtrand. Man kann jeweils in die Grabstätten hinuntersteigen und steht dann vor einer Glasscheibe. Wenn man dann den Lichtschalter drückt, kann man sehr gut das Innere der Grabkammern sehen, allerdings die Räume selbst nicht betreten.

Diese Regelung erscheint mir sehr sinnvoll, da so die Wandmalereien geschützt sind, wir aber sie trotzdem - so weit von der Stelle aus möglich - betrachten können. Im Folgenden sollen einfach die Bilder für sich sprechen.










zurück zum INHALTSVERZEICHNIS
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Fotos von Tarquinia wecken schöne Erinnerungen. Zu den Gräbern habe ich es vor ein paar Jahren nicht mehr geschafft. Nur den Innenhof des archäologischen Museums konnte ich betrachten.

Du hast die Stadt mit ihrem mittelalterlichen Kern und dem tollen Ausblick bis hin zum Meer sehr schön beschrieben. Ich hab mir in Tarquinia ein Kleidchen gekauft das ich zumindest im Garten noch trage. Solche Andenken habe ich gerne.
 
Liebe otium,
vielen Dank für die Mühe, die du dir mit deinem Bericht machst, hoffentlich nicht nur, um solche neugierigen Geister wie mich zufrieden zu stellen. Man bekommt sowohl von der Stadt Tarquinia als auch natürlich von den Gräbern und der schönen Umgebung einen ganz tollen Eindruck. Das muss ein ganz fantastisches Erlebnis gewesen sein.
 
Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!
hoffentlich nicht nur, um solche neugierigen Geister wie mich zufrieden zu stellen.
Na klar! ;) Allerdings mache ich auch zur Zeit für uns ein Fotobuch über den Urlaub - also viel Doppelverwertung! :cool:

Ich merke jetzt bei der Aufarbeitung wieder, wie viele eindrucksvolle Erlebnisse wir hatten. Weil ich dann aber immer dies und das dabei lese, dauert alles doch reichlich lange!
 
Cerveteri (etr. Kysri, röm. Caere) ist eine etruskische Gründung und seit der Zeit der Villanovakultur (frühe eiszeitliche Kultur ab dem 10./9. Jhd. v. Chr.) besiedelt. Ceveteri liegt am Tyrrhenischen Meer und war eine der bedeutendsten Städte der Etrusker. Sie war Mitglied im Zwölfstädtebund und führte intensiv Handel und Kulturaustausch mit Griechenland. Blütezeit der Stadt war das 7. und 6. Jhd. v. Chr.. Damals hatte die Stadt über 80.000 Einwohner. Sie wurde insbesondere durch den Export von Eisenerz reich. Im frühen 5. Jhd. v. Chr. verlor die Stadt sowohl in wirtschaftlicher als auch kultureller Hinsicht an Bedeutung. Mitte des 4. Jhd. v. Chr. wurde Caere von den Römern unterworfen. Wie Tarquinia wurde auch Caere von den Sarazenen überfallen und verlegten danach ihre Stadt auf einen besser zu verteidigenden Hügel. Dies ist das ca. 9 km von Ceveteri entfernte Ceri. Erst im 16./17. Jhd. wurde das Gebiet des heutigen Cerveteri wieder besiedelt.


In der näheren Umgebung Cerveteris erstreckt sich eine ausgedehnte etruskische Totenstadt. Bereits zuRömerzeit wurden die Gräber ihrer Kunstschätze beraubt. Im 19. Jhd. holten dann Archäologen die letzten noch vor Ort zu findenden Stücke in die großen Museen Europas. Vorhanden sind aber noch die Hügelgräber und zwar sehr viele, sehr eng beieinander gebaut. Seit 2004 gehören die Nekropolen zum Weltkulturerbe. Die Hauptnekropole La Banditaccia liegt etwa zwei Kilometer nördlich des heutigen Zentrums und wird durch eine wunderschöne Allee erreicht. Hier ist es sehr ruhig und entspannt.

200600 Ceveteri.jpg
Der Eingang zu einem etruskischen Hügelgrab besteht meist aus übereinander geschichteten und stufenweise nach innen versetzten Steinblöcken, die in einer Deckenplatte enden. Ein solches Tumulus-Grab wurde in der Anfangszeit noch aus dem stehenden Tuffstein eines kleinen Hügels herausgeschlagen, anschließend mit Erde bedeckt und bepflanzt. Später wurden solche Gräber extra aus Stein errichtet.





Grabfund aus Ceveteri, heute in Villa Giulia
882 Rom Villa Giulia Cerveteri Kopie.jpg
zurück zum INHALTSVERZEICHNIS
 
Zuletzt bearbeitet:
Das scheint ja noch nicht touristisch überlaufen zu sein. Es kommen ganz alte Erinnerungen hoch, als ich mit unseren Kindern noch in den Grabhöhlen herum kroch. Danke für Bilder und Erläuterungen.
 
Ja, es war mindestens als wir an einem Werktag im April dort waren, recht ruhig, entspannt und auch durchaus atmosphärisch wundervoll! @Ludovico ROB nur zur Info; ich habe ein Foto verkleinert und noch ein Foto zugefügt, nachdem Du den Bericht schon gelesen hattest.
 
Gerne habe ich Deinen Bericht zu Tarquinia und Cerveteri gelesen, liebe otium, und mich, wie schon "befürchtet" ;), natürlich auch an früher erinnert. Cerveteris Totenstadt scheint noch immer, wie auch schon vor Jahrzehnten, ein bisschen verwunschen zu sein
und bei Tarquinia sehe ich eine kleine Ähnlichkeit zu Deinem heutigen Blick auf die schöne Gegend ;).
Allerdings war der Blick auf das Städtchen seinerzeit noch recht "urig". Von den Tombe habe ich gar kein Photo, vielleicht durfte man damals nicht - mit Blitz - fotografieren.
 
Liebe Otium, ich komme erst jetzt dazu deine Berichte richtig anzuschauen, da ich Berichte mit vielen Bildern nicht so gerne auf dem Handy lese.

Ich finde eure Ausflüge sehr schön, zumal es Gegenden sind, die vom Tourismus eher unbeachtet scheinen. Ich freue mich auf mehr.
 
Zurück
Oben