Die Werke Francesco Borrominis

Was für ein interessanter Bericht über einen mir völlig unbekannten Ort!

Vielen Dank für das Lob und ich freue mich sehr, Dir etwas Neues von Rom gezeigt zu haben. Vor allem die Kirche San Giovanni a Porta Latina, über die ich noch an anderer Stelle berichten werde, ist mit Sicherheit ein lohnendes Ziel für den BEVA und Dich. :nod:

Ich vergass übrigens zu schreiben, dass San Giovanni in Oleo frisch restauriert ist.
Siehe: Che sorpresa! Restaurato in poco tempo l'Oratorio di San Giovanni in Oleo. / In bici per Roma / Blog - Nuovo Paese Sera
Der Artikel wurde am 3. April 2012 geschrieben.

Schöne Bilder des Tempietto a Porta Latina in Vergangenheit und Gegenwart gibt es auch in dieser Photogalerie:
1905 2005 Tempietto a Porta Latina | Flickr - Photo Sharing!
 
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Was für ein interessanter Bericht über einen mir völlig unbekannten Ort!

Hier schließe ich mich Angela an: vielen Dank für das Aufzeigen solcher (nicht einmal so sehr) versteckten schönen Orte in Rom :nod:
Ich freue mich auf weitere, mir noch unbekannte römische Sehenswürdigkeiten - damit die Romitis immer schön am glimmen bleibt :~ ;).
Pasquetta
 
San Carlo alle Quattro Fontane


Diese Kirche und den angrenzenden kleinen Kreuzgang habe ich erst einmal besucht und zwar im Juni 2012. Erreicht man die barocke Brunnenanlage der Quattro Fontane auf dem Scheitel des Quirinal, ist man angekommen.



Als Einleitung ein paar Daten zur Baugeschichte des Komplexes von San Carlo alle Quattro Fontane:
Grundsteinlegung für den Konvent mit dem kleinen Klosterhof: 15. Juli 1634
Vollendung des Gebäudes: 1636
Bau der Kirche: 1638 bis 1641
Kirchenweihe: 14. Oktober 1646 durch Kardinal Ulderico di Carpegna
Bau der Kirchenfassade: 1664 bis 1667 (Todesjahr Borrominis). Von seinem Neffen Bernardo Borromini fertiggestellt.

San Carlino, wie die Römer ihre Kirche liebevoll nennen, ist dem 1610 heiliggesprochenen Mailänder Kardinal und Kirchenreformer Carlo Borromeo und der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht.

Zur komplizierten architektonischen Struktur der Kirche mit ihren abwechselnd konvex und konkav gebogenen Linien ist so viel geschrieben worden, dass ich darauf verzichten möchte. Bilder sagen bekanntlich oft mehr als Worte, daher dieses kleine Video:


Die "schwingenden" Wände erzeugen den Eindruck von Leichtigkeit. Dies wird noch von der durchgehend weißen Farbe des Innenraums unterstützt.

Farbig sind nur der Marmor der drei Altäre und die Gemälde über diesen. Auch Goldtöne sind relativ sparsam vertreten. Man findet sie u.a. an Tür - und Fenstergittern, in den Bilderrahmen und an den Flügeln verschiedener Engel:
Das Motiv in der Mitte ist eines der Weihekreuze von S. Carlino. Man findet diese auch an einzelnen der 16 weißen Säulen des Kirchenraums.
In der früheren Sakristei der Kirche habe ich in einer kleinen Nische dieses Symbol, bestehend aus drei Ringen mit einer Sonne in der Mitte, gesehen. Die drei Ringe stehen für die Dreifaltigkeit. Eine weitere Darstellung der Dreifaltigkeit in anderer Form befindet sich am höchsten Punkt der Kuppel. Es ist dies das Dreieck mit der Taube des Heiligen Geistes.

Die elliptische Kuppel ist der architektonische Höhepunkt der Anlage und eine sehr eigenwillige Kreation Borrominis. Geometrische Formen (Vierecke, Sechsecke, Kreuze), sind so angeordnet, dass fast der Gedanke an Bienenwaben aufkommt. Das Kreuz ist das Symbol des Trinitarierordens, in dessen Auftrag Borromini hier tätig war.

Die Kuppel setzt ohne Tambour unmittelbar über den Pendentifs auf. In den Ovalen der Stuckreliefs sind Episoden aus dem Leben der beiden Gründer des Trinitarierordens dargestellt. Es handelt sich um Werke von Giuseppe und Giulio Bernasconi. Das folgende Tondo zeigt eine Begegnung zwischen Felix von Valois und Johannes von Matha:

Zwischen den Pendentifs und der eigentlichen Kuppel erkennt man ein Lorbeerblattgesims und darüber eine Palmettenverzierung.

Rings um die Taube des Heiligen Geistes in der Laterne kann man folgende Inschrift lesen:

SANCTISS TRINITATI BEATOQ CARLO BORROMEO D AN SAL M DC XL +

Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit und dem hl. Karl Borromäus im Jahr des Heils 1640​

Sie erinnert an den Abschluss der ersten Bauphase der Kirche. Das Kreuz in der Inschrift ist, wie die Kreuze in der Kuppel und an vielen Stellen der Kirche, das Kreuz der Trinitarier. Es besteht aus einem roten Senkrechtbalken und einem blauen Querbalken.
Es gibt zwei Kapellen in San Carlino, eine rechts neben dem Eingang und eine links neben dem Hauptaltar. Das folgende Foto zeigt das von Borromini entworfene Gitter vor einer der beiden (ich glaube es ist jene rechts vom Eingang).
Borromini entschied sich für schöne Blumenmuster. Die Blumen sind auch in den Entwurfszeichnungen zu sehen. Hier ein Gitterentwurf von 1640-1641. Das Blumenmuster hat Borromini ganz bewusst gewählt. Die Blumen sind eine Hommage an die echten Blumen, die im nahen Garten des Palazzo Barberini kultiviert wuden. Diesen Garten pflegte der Jesuit Giovanni Baptista Ferrari (1584–1655 ) und sein 1632 herausgebrachtes Buch De Florum Cultura hat Borromini beeinflusst.

Der kleine Kreuzgang:​

Durch einen Bogen rechts des Hauptaltares gelangt man zunächst in einen Gang und weiter in den Kreuzgang. In seiner Mitte befindet sich ein kleiner achteckiger Ziehbrunnen. Das bekrönende schmiedeeiserne Element trägt das Kreuz der Trinitarier.

Dieser kleine Kreuzgang hat einen rechteckigen Grundriss aber dadurch, dass Borromini die Ecken der Portikus abgerundet hat, wirkt er wie ein Achteck. Zwei Säulenordnungen wurden verwendet: Im Erdgeschoss findet man 12 toskanische Säulen, im Obergeschoss ebenfalls 12 Säulen deren Kapitelle allerdings ein eigener Entwurf Borrominis sind.

Charakteristisch für Borromini ist auch die Balustrade im Obergeschoss. Die Elemente sind abwechselnd aufrecht stehend und nach unten gewandt.

Den schönen Stuckengel links habe ich in der heutigen Sakristei, dem früheren Refektorium des Konvents, fotografiert. Leider habe ich es versäumt dort mehr Bilder zu machen, obwohl ich sogar dazu eingeladen worden bin.

Zu guter Letzt stiegen wir über eine Wendeltreppe in die Krypta, ebenfalls von Borromini, hinunter:

Die Krypta vollzieht im Kleinen die Umrisse der Kirche exakt nach. Hier wollte Borromini beerdigt werden aber nach dem Selbstmord versagten die Mönche dem Verstorbenen diesen Wunsch. Wäre die Wendeltreppe im Erdgeschoss nicht für Besucher abgesperrt, könnte man in den Campanile von San Carlo hinaufsteigen.

Zum (vorläufigen) Abschluss dieses Berichts noch ein kleiner Leckerbissen in Form eines Videos vom 2.2.2013. Es erlaubt einen Blick in die 1634 von Borromini errichtete Bilbliothek des Konvernts der Trinitarier:


Dieser Beitrag wird nach einem erneuten Besuch von San Carlo alle Quattro Fontane ergänzt!
 
Fontana delle api in Vaticano
1625/26



Heute möchte ich eines der frühesten Werke Borrominis in Rom vortstellen und zwar die Fontana delle api, den Bienenbrunnen, in der Via del Pellegrino nahe der Kirche Sant'Anna dei Palafrenieri gleich hinter dem Sankt Anna-Tor.

Der Brunnen im Vatikan entstand in den Jahren 1625 bis 1626. Zwischen 1624 und 1630 arbeitete Borromini (1599 bis 1667) als Steinmetz und Bildhauer zuerst unter der Regie von Maderno, dann nach dessen Tod, ab 1629 unter Bernini im Petersdom.

Lange Zeit dachte man, der Entwurf für den Brunnen stamme von Bernini und Borromini sei “nur” der ausführende Steinmetz gewesen. Heute geht man davon aus, dass sowohl der Entwurf, wie auch die Ausführung, in Borrominis Händen lagen.

Der Brunnen wurde 2011 aufwendig restauriert. Mehr dazu in italienischer Sprache auf dieser Webseite. Hier stellt die Architektin Barbara Bellano den restaurierten Brunnen und seine Geschichte in einem Video vor.

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EDIT: Leider funktioniert obiger Link nicht mehr. Aber auch in einem Artikel des "All'ombra dell'Cupolone" Anno V Numero 4 bezeugt Barbara Bellano die Urheber schaft Borrominis. Siehe: anno-v-numero-4-stato-della-citta-del-vaticano Seite 10.

In particolare è stata restaurata la Fontana delle Api, posta all'ingresso di Sant'Anna, opera di Borromini (...)

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Der unter dem Barberini-Papst Urban VIII. geschaffene Brunnen war für den Belvedere-Hof bestimmt. 1933 wurde der Brunnen auf Geheiß von Papst Pius XI. (1922-1939) während einer Trinkwasserknappheit an den heutigen Standort verlegt, um für mehr Menschen nutzbar zu sein.

Eine Radierung von D. Parascchi aus dem Jahr 1637 zeigt den Fontana di Bel’vedere genannten Brunnen von 4 Personen umgeben. Leider findet sich die Darstellung nicht im Netz.

Der englische Autor, Architekt und Gartenbauer John Evelyn (1620 bis 1706) erwähnt den Brunnen im Cortile del Belvedere am 18.1.1645 in seinem Tagebuch. Siehe: Read the ebook The diary of John Evelyn, from 1641 to 1705-6, with memoir by John Evelyn Absatz 117

Am alten Standort soll eine Inschrift an den Brunnen erinnern.


Die fünf Bienen des Brunnens erinnern an das Wappen Papst Urbans VIII. (Maffeo Barberini) mit seinen allerdings nur drei Bienen. Urban VIII. wurde 1623 Papst. Ein weiteres Barberini-Emblem ist die Sonne.


Schliesslich sind in die mit Girlanden und Früchten dekorierte Tafel über dem Brunnen Zeilen eines Gedichts des Papstes (In apem fontis qui est in Vaticano), erschienen in Wien 1627, eingemeisselt:

QVID MIRARIS APEM QVAE MEL DE FLORIBVS HAVRIT

SI TIBI MELLITAM GVTTVRE FVNDIT AQVAM

Was bewunderst Du die Biene, die Honig von den Blüten saugt

wenn dieser Brunnen hier Dich durch die Kehle mit honigsüssem Wasser anfüllt​

Für diese Übersetzung bedanke ich mich herzlich bei einem lieben Freund.

Das klare Quellwasser vom Vatikan-Hügel wurde auch an der Tafel des Papstes aufgetragen.

Rechnungen aus den Archiven des Vatikan, die den Brunnen exakt beschreiben, belegen, dass einzig und allein Borromini (“mastro Fancesco Castelli”) für den Brunnen bezahlt wurde und geben seinen Lohn mit 110,50 scudi an. Für die 70 Buchstaben der Inschrift erhielt er zudem 2,10 scudi.

Unter der Inschrift, eine Maske, die erst wieder bei der Restaurierung unter Kalkschichten zum Vorschein kam.

Früher floss Wasser aus drei Hähnen an den Bienenköpfen, wie man auch heute noch erkennen kann. In unseren Tagen fliesst es nur noch aus einem zentralen Hahn vor dem Kopf der mittleren besonders grossen Biene in das kleine Brunnenbecken.


Die Bienen sind rund um eine Muschel am Fuss eines pflanzenbewachsenen Berges dargestellt, in dessen Flanken zwei Bäume wurzeln. Es handelt sich um Lorbeerbäume. Lorbeer war neben Biene und Sonne ein drittes Emblem der Barberini.


Mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln habe ich diese Brunnengeschichte so gut wie möglich erzählt. Es gibt allerdings ein Buch über die 100 Brunnen im Vatikan, das mir nicht zur Verfügung stand. Es heisst "Le cento fontane (99+1) del Vaticano" und ist mit Photos von Francesca Pompei illustriert. Siehe: vaticano photos. Diesem wären sicher noch weitere interessante Informationen zu entnehmen.
 
Eine hochinteressante Vorstellung, Simone, meinen herzlichen Dank! :thumbup:

In die Via del Pellegrino habe ich mich noch nie hineingewagt, auch nicht in die Kirche Sankt Anna. :blush:
 
Weil ich seinerzeit bei der Recherche an Ort und Stelle dabei sein durfte, freut mich dieser informative und interessante Beitrag natürlich besonders. :nod::nod:
 
In die Via del Pellegrino habe ich mich noch nie hineingewagt, auch nicht in die Kirche Sankt Anna.

Vielen Dank für die netten complimenti und in der Kirche war ich auch noch nicht. Ich habe aber eben deren Webseite besucht und festgestellt, dass auch Touristen zum Gebet willkommen sind und es keiner besonderen Erlaubnis bedarf sie zu besuchen. Dem oder den Schweizergardisten am Sankt Anna-Tor diesen Wunsch mitzuteilen sollte reichen.

Siehe: Pontificia Parrocchia Sant'Anna in Vaticano

E una parrocchia a portata di mano per fedeli e turisti che costeggiano le mura vaticane: la chiesa di Sant'Anna, infatti, è praticamente l'unico luogo pubblico di preghiera all'interno delle mura vaticane, entrando dall'ingresso della porta omonima, dove si può accedere senza bisogno di permessi.

Zu den Öffnungszeiten siehe: Pontificia Parrocchia Sant'Anna in Vaticano

Weil ich seinerzeit bei der Recherche an Ort und Stelle dabei sein durfte, freut mich dieser informative und interessante Beitrag natürlich besonders. :nod::nod:

Damals im Juni wusste ich noch nicht so viel über den Brunnen. Auch habe ich im Gegensatz zu Dir keine Photos von der nahen Kirche Sant' Anna gemacht.




... herzlichen Dank für die schöne und informative Fortsetzung. Ich muss gestehen, dass ich schon ein paar Mal an diesem Brunnen vorbeigegangen bin und ihm keine sonderliche Beachtung geschenkt habe. Das hätte ich nicht tun sollen ...​

Bitte sehr, es ist mir ein Vergnügen und eine Gelegenheit zu einem weiteren Besuch dort, bei dem Du den Brunnen sozusagen mit neuen Augen betrachten kannst ;) findet sich für Dich (und auch für mich :idea:) hoffentlich wieder.​

---------- Beitrag ergänzt um 18:24 ---------- Vorangegangener Beitrag um 17:54 ----------

Inzwischen hat humocs mich per PN auf eine weitere Spur zur Geschichte dieses Brunnens aufmerksam gemacht.​

Der deutsche Hauslehrer, Archäologe und Reiseschriftsteller Johann Georg Keyßler (1693 bis 1743) widmet ihm in seinem Werk "Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen" einige Zeilen:​

Der Brunnen di S. Domaso ist einer von denenjenigen, die in Rom das gesundeste Wasser führen. Ehemals war er außerhalb der Gebäude vom Vatican; Urban der achte aber ließ [588] ihn garhinein leiten, und mit marmornen Zierrathen, an welchen die Bienen seines Geschlecht. wapens nicht vergessen sind, versehen. Darauf zielen auch die dabey befindlichen Verse:

Quid miraris apem, quæ mel de floribus haurit,
Si tibi mellitam guttere fundit aquam?


Hinter der Bezeichnung S. Domaso darf man sicherlich einen Übertragungsfehler vermuten, gemeint sein müsste San Damaso. Diesen Namen für den Brunnen habe ich bei Keyßler zum ersten Mal gelesen.

Vielen Dank, humocs für diesen interessanten Hinweis! 8) :thumbup: So macht das richtig Spass. :nod:
 
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Liebe Leser des Borromini-Threads,

gestern habe ich, wie im San Giovanni a Porta-Latina-Thread bereits erwähnt ein interessantes Video mit italienischem Kommentar im Netz gefunden, auf das ich auch an dieser Stelle aufmerksam machen möchte.

Mille Passus 2.1c - San Giovanni in Oleo e San Giovanni a Porta Latina - YouTube

In der Serie "Mille passus (1000 passi) Itinerario Borrominiano" gibt es aktuell vier weitere Videos zu Borromini-Zielen, die ich noch nicht vorgestellt habe. Ich werde diese in kommenden Beiträgen verlinken und hoffe, dass der Autor dieser Videos seine Spaziergänge zu Werken Borrominis weiter fortsetzen wird.

Dieser Hinweis dient gleichzeitig als Überleitung zu meinem eigenen nächsten posting. Ich lade Euch ein mir in Kürze zum Baptisterium von San Giovanni in Laterano zu folgen. Dort wollen wir uns anschauen, welche Spuren Borromini an und in diesem Bauwerk hinterlassen hat.
 
Dieser Hinweis dient gleichzeitig als Überleitung zu meinem eigenen nächsten posting.
Hoffentlich stör' ich jetzt die Überleitung nicht allzu sehr ... :~

... wollte nur rasch fragen (sorry, hab' zum Selber-Nachschauen grad' keine Zeit):
Ich lade Euch ein mir in Kürze zum Baptisterium von San Giovanni in Laterano zu folgen. Dort wollen wir uns anschauen, welche Spuren Borromini an und in diesem Bauwerk hinterlassen hat.
Hattest du an der einschlägigen Stelle in unserem Bericht schon Hinweise auf Borromini eingebaut - oder anderenfalls: Könntest du diesen hier folgenden Borromini-Beitrag dann dort auch noch verlinken? Wäre durchaus sinnvoll, in meinen Knopfaugen. ;)
 
Baptisterium von San Giovanni in Laterano
1650 und 1657

1657 erhielt Francesco Borromini den Auftrag das Äussere des Baptisteriums von San Giovanni in Laterano (San Giovanni in Fonte) zu restaurieren.


Auftraggeber Papst Alexander VII. Fabio Chigi war 1655 gewählt worden. Die heraldischen Symbole seines Papstwappens, bilden das Motiv für den Fries, den Borromini unter dem Dach des Baptisteriums anbrachte.

Es sind dies eine Eiche, deren Zweige ein doppeltes Andreaskreuz bilden, sowie ein achtstrahliger Stern über sechs stilisierten Bergen, die Tiara und die gekreuzten Schlüssel.


Auch im Innern von San Giovanni in Laterano finden sich Motive des Wappens wieder, z.B. hier:


Bereits früher wurde in der Venantius-Kapelle des Baptisteriums eine Gedenktafel aus polychromem Marmor zu Ehren von Kardinal Francesco Adriano Ceva (1580 bis 1655) nach dem Entwurf Borrominis angebracht.


Der Kardinal war ein hochrangiger Förderer Borrominis. Seit dem Alter von knapp 20 Jahren stand Ceva in den Diensten Maffeo Barberinis. Nach seiner Wahl zum Papst verlieh Urban VIII. Barberini Ceva u.a. ein Kanonikat der Lateranbasilika. Cevas Interesse scheint hauptsächlich dem Baptisterium gegolten zu haben. Er war zuständig für die Instandhaltungs- und Dekorationsaufgaben und verwaltete die Mittel, aus denen diese zu finanzieren waren.

In seiner Tätigkeit als Kleriker am Lateran machte Ceva evt. die Bekanntschaft Borrominis als dieser 1646 mit der Restaurierung der Lateranbasilika begann, die zum Heiligen Jahr 1650 abgeschlossen war. Ihre enge Beziehung dauerte bis zum Tod des Kardinals am 12.10.1655.

Ein Jahr vor seinem Tod erteilte Kardinal Ceva Borromini den Auftrag eine neue Noviziatskirche für die Jesuiten zu errichten, ein Vorhaben, das sich mit dem Tod des Kardinals zerschlug.

Ceva selbst hat die Venantius-Kapelle als seine Grabstätte gewählt und Borromini den Auftrag zur Ausführung seines Epitaphs erteilt. :idea: Als Entstehungsdatum ist das Jahr MDCL (1650) angegeben. Der Kardinal starb allerdings erst 1655.

Eine Entwurfszeichnung (Albertina 370) dafür wird heute, wie der Grossteil von Borrominis Entwurfszeichnungen, in der Albertina in Wien aufbewahrt. (Siehe: ALBERTINA - Atlas Stosch).

Die dekorative Marmorumrandung besteht aus honig-farbenem Marmor. An den vier Ecken sind Rosen zu erkennen. Rechts und links sieht man Palmetten aus creme-farbenem Marmor mit einigen roten Sprenkeln.

Eine handschriftliche Notiz Borrominis auf der Zeichnung in Wien erklärt warum sich Borromini für Rosen und Palmetten entschieden hat. Die Rosen versinnbildlichen die Kürze des menschlichen Lebens, die Palmetten sollen als Hinweis auf die zahlreichen wohltätigen Werke Cevas verstanden werden.


Ein Engel umrahmt das aus goldenen und schwarzen Balken bestehende Wappen des Kardinals. Es sind dies die Farben der Stadt Ceva in der Provinz Cuneo in Piemont, der Heimat des Kardinals. Geboren wurde dieser in Mondovì. Darüber der aus rosso antico-Marmor gefertigte Kardinalshut mit seinen Quasten.

Zu den Wappen Cevas siehe auch hier. Das mittlere Wappen enthält die Darstellung von drei Bienen, ein Hinweis auf seine Tätigkeit in den Diensten des Barberini-Papstes? Auch die von Borromini gewählte Form des Wappens erinnert an den Leib einer Biene.


Das Werk Borrominis befindet sich an der linken Wand der Kapelle. Rechts und links der Altarwand hingegen erkennt man zwei Grabmäler:


Links dasjenige für Kardinal Francesco Adriano Ceva, rechts dasjenige für seinen gleichnamigen Neffen Francesco Adriano Ceva:


Dieser war ebenfalls Kanoniker an San Giovanni in Laterano und starb 1672.

Damit haben wir uns zwar vom Thema Borromini entfernt, aber da ich heute Morgen diese beiden Photos erhalten habe, konnte ich den Beitrag mit ihrer Hilfe abrunden. Dem Photographen Lumpenhund gilt mein bester Dank! :thumbup: :thumbup: Mehr Photos von ihm in einigen Tagen im Bericht Bündisch-katholische Rom-Fahrt.

Zum Abschluss noch der Link zu einem interessanten Video in italienischer Sprache über das Lateranbaptisterium und den kleinen aber feinen ;) Anteil Borrominis daran:

Mille Passus 2.1.b - Il Battistero Lateranense - YouTube
 
Dieser Hinweis dient gleichzeitig als Überleitung zu meinem eigenen nächsten posting.
Hoffentlich stör' ich jetzt die Überleitung nicht allzu sehr ... :~

Du hast in keinster Weise gestört, ganz im Gegenteil!

... wollte nur rasch fragen (sorry, hab' zum Selber-Nachschauen grad' keine Zeit):
Ich lade Euch ein mir in Kürze zum Baptisterium von San Giovanni in Laterano zu folgen. Dort wollen wir uns anschauen, welche Spuren Borromini an und in diesem Bauwerk hinterlassen hat.
Hattest du an der einschlägigen Stelle in unserem Bericht schon Hinweise auf Borromini eingebaut - oder anderenfalls: Könntest du diesen hier folgenden Borromini-Beitrag dann dort auch noch verlinken? Wäre durchaus sinnvoll, in meinen Knopfaugen. ;)

Ja, einen kleinen Hinweis auf Borrominis Tätigkeit für das Baptisterium hatte ich an dieser Stelle eingebaut: http://www.roma-antiqua.de/forum/posts/186649 aber damals wusste ich noch nicht so viel über das Epitaph und nichts über das Grabmal von Onkel und Neffe in der Kapelle.

Viele interessante Informationen über die beiden Männer und die Grabmäler für die beiden befinden sich in diesem PDF-Dokument: http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/3538/pdf/Ruggero_Diss_Band_2_Katalog.pdf vor allem auf den Seiten 376 und 383.

Morgen werde ich den Borromini-Beitrag natürlich gerne im Reisebericht verlinken denn sowohl meine als auch Lumpenhunds Bilder sind ja während dieser Reise entstanden.
 
Hattest du an der einschlägigen Stelle in unserem Bericht schon Hinweise auf Borromini eingebaut - oder anderenfalls: Könntest du diesen hier folgenden Borromini-Beitrag dann dort auch noch verlinken? Wäre durchaus sinnvoll, in meinen Knopfaugen. ;)
Ja, einen kleinen Hinweis auf Borrominis Tätigkeit für das Baptisterium hatte ich an dieser Stelle eingebaut: http://www.roma-antiqua.de/forum/posts/186649
Stimmt, jetzt fällt's mir auch wieder ein. :idea:



Morgen werde ich den Borromini-Beitrag natürlich gerne im Reisebericht verlinken, denn sowohl meine als auch Lumpenhunds Bilder sind ja während dieser Reise entstanden.
Ja, eine solche Verzahnung von locker-flockigem Reisebericht mit einem Thread voll konzentrierter Sach-Information ist sicherlich im Interesse unseres Forums und seiner Nutzer. ;) :thumbup:
 
Liebe Simone-Clio,
herzlichen Dank für Deine Fortsetzung! Das Baptisterium von San Giovanni in Laterano habe ich bisher nur so "nebenbei" besucht und bin daher für jede Information sehr dankbar :nod: Beim nächsten Mal werde ich aufmerksamer sein!

Herzlichen Gruß
Padre
 
Das Baptisterium von San Giovanni in Laterano habe ich bisher nur so "nebenbei" besucht und bin daher für jede Information sehr dankbar. :nod:

Guten Morge, Padre,

ich danke Dir für Dein Interesse. Viele interessante Informationen (allerdings in italienischer Sprache) bietet das folgende Video:

Mille Passus 2.1.b - Il Battistero Lateranense - YouTube

Ich habe leider gestern Abend vergessen es im Beitrag zu verlinken und werde dies noch nachholen.

Auch werde ich den Beitrag gleich noch mit Hinweisen auf das Verhältnis zwischen Borromini und Ceva ergänzen. Diese sind dem Buch von Sabine Burbaum "Die Rivalität zwischen Francesco Borromini und Gianlorenzo Bernini" Athena, 1999 zu entnehmen. Ich habe leider heute erst daran gedacht in diesem Buch nachzuschlagen.
 
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Auch von mir meinen besten Dank, Simone, für diesen wiederum sehr interessanten Beitrag. Ähnlich wie mit einigen anderen Orten, die Du hier vorgestellt hast, habe ich das Baptisterium von San Giovanni bisher gekonnt ignoriert. Kommt auf den Merkzettel. :)
 
Better late than never. ;)

Wohl wahr! ;) Die angereicherte Fassung des Beitrags ist jetzt zu lesen.

Auch von mir meinen besten Dank, Simone, für diesen wiederum sehr interessanten Beitrag.

Bitte sehr, es ist mir eine Freude.

Ähnlich wie mit einigen anderen Orten, die Du hier vorgestellt hast, habe ich das Baptisterium von San Giovanni bisher gekonnt ignoriert. Kommt auf den Merkzettel. :)

Du wirst es nicht bereuen und auch für mich gibt es dort noch jede Menge zu sehen. :nod:
 
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