Via Papalis: Auf dem Weg der Päpste vom Lateran zum Vatikan

Ja, auch Altbekanntes sollte man immer wieder neu erleben. Danke Ute

sagt Ludovico
 

Das macht doch den Reiz für uns Rom-Oldies aus -

die Mischung aus Altbekanntem und Neuem!

:idea: :nod: :D 8) :proud:​
 
Der Glockenturm gehört zum

Oratorio dei Filippini


Entstehungsgeschichte
Neben ihrer neuen Kirche - Chiesa Nuova - wollten die Oratorianer ein Gebäude in dem sie sowohl ihren Arbeiten nachgehen als auch wohnen konnten. Geplant waren ein Gebetsraum (Oratorium), Refektorium und auch eine neue Bibliothek, da der Orden es für seine Aufgabe hielt, allen Bevölkerungsschichten Kunst und Kultur näherzubringen.

Im Jahr 1622 wurde Neri heiliggesprochen, die Achtung für den Orden stieg nochmals an und sie bekamen für das neue Gebäude das Gelände abermals vom Past geschenkt.
Ebenfalls 1622 trat Virgilio Spada in die Kongregation ein und wurde bald der Ansprechpartner für die Bauarbeiten.

Im darauffolgenden Jahr begann zunächst Paolo Maruscelli mit den Arbeiten. Aber die Pläne für die Gestaltung des Innenhofs, in den die Fenster der Kirche ebenfalls hinausgingen, gefiel den Oratorianern nicht, da sie zu unterschiedlich sein sollten. Also schrieben sie 1637 einen neuen Architektenwettbewerb aus, den Borromini gewann.
Sein Plan bestach durch brilliante Lösung des Problems sowie anscheinend ungewöhnlicher Präzision der Zeichnungen.

Nun bekam Maruscelli den Auftrag, seinen Konkurrenten mitarbeiten zu lassen und falls ihm dies nicht behage könne er ja gehen.
Daher sind die Lage der Räumlichkeiten von Maruscelli,
die Eleganz des Gebäudes von Borromini.
Bereits 3 Jahre später wäre das Oratorium zwar fertig gewesen,
aber die Ordensbrüder wollten eine Menge Änderungen haben.

Borromini mußte die Änderungen gegen seinen Willen durchführen, im Gegenzug verwehrte er den verärgerten Brüdern die Einsicht in sein Abrechnungsbuch für die Arbeiten am Glockenturm.
Die laufenden Spannungen führten dazu, das auch Borromini im Jahr 1652 im Streit ging.
Sein Nachfolger wurde Camillo Arcucci.

Fassade
Borromini plante eine optischen Täuschung ( Ingannare la vista dei passageri!). Die Fassade sollte hinter der Kirchenfront zurückstehend wirken,um deren Bedeutung nicht zu beeinträchtigen . Er erreichte dies durch das Wechselspiel zwischen konkaven und konvexen Flächen. Die Front sollte den Eindruck einen Menschen machen, der die Besucher mit offenen Armen empfängt. Die Fassade wird von einem ebenfalls geschwungenen Ziergiebel abgeschlossen.


Bibliothek
Die Biblioteca Vallicelliana wurde 1580/81 als erste öffentliche Bibliothek gegründet.
Die Anfänge des Bestandes waren die Bücher Neris und das Vermächtnis des Portugiesen Achille Stazio. Sie ist eine der wichtigsten Bibliotheken Italiens. Hier lagern 500 handgeschriebene Bücher aus dem 15. Jahrhundert sowie etwa 40.000 Bände zur Kirchengeschichte


Gegenwart
Da der Gebäudekomplex 1873 weitgehend verstaatlicht wurde,
nutzt der Orden nur noch einen kleinen Teil.
Der ehemalige Gebetsraum, die Sala Borromini, dient heute Konzerten und Ausstellungen.
Auch das italienische Instut für Mittelalterforschung ist in dem Gebäude beheimatet.

Filippo Neri


Neri war ein echter Volksheiliger. Geboren am 21. Juli 1515 in Florenz wurde er zunächst stark beeinflußt von den Dominikanern von San Marco, die unter Savonarola die Geschichte der Stadt stark beeinflußt hatten.
Eigentlich hätte Neri das Geschäft seines kinderlosen Onkels übernehmen sollen, aber er entschied sich für ein Leben im Namen des Glaubens und der Nächstenliebe. Er wurde einer der wichtigsten Männer der Gegenreformation.
Goethe widmet ihm in seiner Italienischen Reise am 26. Mai 1787 ein ganzes Kapitel. Im Jahr 1548 gründete Neri eine Bruderschaft, die sich um arme Pilger kümmerte. Erst 1551 wurde er auf Druck seines Beichtvaters zum Priester geweiht. 1564 übernahm er die Seelsorge an der Kirche San Giovanni dei Fiorentini.
Diese Kirche wird mein nächstes Ziel, denn dort ist das Grab Borrominis.
1575 schließlich gründet er die Konkregation der Oratorianer, die auch Namensgeber für die musikalische Form des Oratoriums waren.
Neri ließ auch die Tradition des Besuches aller 7 Pilgerkirchen an einem Tage wieder aufleben.
Er starb am 26. Mai 1595 und wurde bereits 1611 selig, sowie 1622 heilig gesprochen. Er ist der Lieblingsheilige der Römer und gilt wegen seines Humors als der "lachende Heilige".
Die Oratorianer sind bis heute noch weltweit aktiv, so auch in Deutschland.
Oratorium des hl. Philipp Neri







 
Kurz nach Borrominis Glockenturm steht der

Palazzo Taverna Orsini


Dieser Palast wurde auf dem Monte Giordano errichtet, einem der Müllhügel Roms. Zunächst war hier die Festung der Adelsfamilie der Orsini,
Dante bezeichnet ihn in seiner Göttlichen Kömodie als Mons Ursininorum.
Auf diesem Hügelchen erbaute im 15. Jahrhundert Kardinal Giordano Orsini einen pächtigen Palast, der v.a. wegen des Freskenzykluses der Uomini Famosi berühmt war.
Leider gingen die Fresken mit fast 400 Personen, die eine Weltchronik darstellten, verloren.
Vielleicht war Nikolaus von Kues der Sekretär des Kardinals.
Im 19. Jahrhundert erwarb die Mailänder Familie Taverna den Palazzo,
der nun auch ihren Namen trägt.


In der Spätrenaissace geriet der Zusammenhang des Wortes "Giordano" mit der Familie Orsini in vergessenheit und es wurde der Fluß Jordan als Namensgeber angenommen.
Dies führte zu einem speziellen Ritual während des Possesso der Päpste:​

Die jüdischen Ältesten erwarteten den Papst hier mit verhülltem Haupt und reichten ihm eine Abschrift des Pentateuch mit den Worten:" Eure Heiligkeit, wir Juden ersuchen Euch, im Namen unserer Gemeinde, uns zuzusichern, dass die Gesetze, die Gott der Allmächtige auf dem Berge Sinai dem Moses gegeben hat, von der christlichen Kirche bestätigt und gebilligt werden mögen". Die Antwort des Papstes lautete: "Wir bestätigen die Gesetze, jedoch verdammen wir Euren Glauben, da Er, von dem ihr sagt, dass er kommen wird, Jesus, unser Herr, schon gekommen ist, wie unsere Kirche es lehrt und predigt". Zum Abschluß des Zeremoniells bekamen die Juden ein Geldgeschenk überreicht.

 
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Inzwischen tun mir zwar die Füße weh,
aber hier traue ich mich nicht auszuruhen


Ein Begleiter wartet auf mich



Neue Engelchen entstehen


San Giovanni dei Fiorentini lockt in der Ferne


Dieses Gebäude kenne ich nicht :blush:


Weiter in alten Gässchen


Die Zecca (päpstliche Münzprägestelle)


Die Engelsburg naht


Typisch römische Wiederverwertung


Am Tiber

 
Dieses Gebäude kenne ich nicht :blush:


Es handelt sich um den Palazzo Spada Bennicelli, auch Palazzo del Banco di Santo Spirito genannt an der Piazza dell' Orologio 7.

Siehe:

palazzi di roma

Piazza dell'Orologio

Vielen Dank für die Infos an die Königin der Recherche! :thumbup:​

Vor dem Umbau hätte mir das Gebäude besser gefallen:
palazzi di roma

Nun weiß ich auch wieder, weshalb ich das Gebäude fotografiert habe. :idea:
Das ist nun der Sitz einer Sprachschule, die ich gerne mal besuchen möchte.
Italienisch lernen in Rom: unsere Italienisch Sprachschule in Rom
 

Engelsbrücke
Der Tiber unter mir führt Hochwaser





So sieht der Tiber normalerweise aus





Die Engelsbrücke hatte schon im Mittelalter eine wichtige Funktion, leider nicht nur zur Überquerung des Tibers, sondern auch als Hinrichtungsort.
1668 erhielt Bernini von Papst Clemens IX den Auftrag für das Geländer und die 10 Engelsfiguren.
Bernini selbst fertigte nur die Engel mit der Dornenkrone und dem INRI- Schriftzug. Die Originale stehen in der Kirche S. Andrea della Fratte.





 
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Auf der anderen Tiber-Seite erwartet mich das ehemalige Hospiz

Santo Spirito in Sassia


Das Hospitz wurde bereits in den Jahren 727/728 von König Ine von Sussex ( => Sassia) gestiftet.
Durch den Normannenüberfall und den Umzug der Päpste nach Avignon erlitt das Hospiz mehrere Niederschläge.
Hauptverantwortlich für das neue Erstarken war der Rovere Papst Sixtus IV.
Daher ist Sixtus IV. auch vielfach auf den Fresken im Inneren dargestellt, auch beim Possesso.





Der Komplex ist heute beliebt für diverse Veranstaltungen, wie Modenschauen oder Ausstellungen.

 
Hallo dentaria,

viel Spaß auf Deiner kommenden Romreise und viele interessante Eindrücke, die Du hier so gut beschreibst!
Zu Santo Spirito in Sassia fällt mir noch ein, dass es dort eine der ersten Spindeln gibt - das ganze Mittelalter über - in welche Kinder gelegt werden konnten, die abgelehnt oder unehelich geboren wurden. Das Hospital nahm dann diese Kinder im Waiserhaus auf. Heute nennen wir ja soetwas "Babyklappe". Die Kinder hatten jedenfalls so eine Chance, ihr Leben zu führen.

Gruß von
mystagogus

Ich glaube sogar, dass die Klappe dort immer noch existiert.
 
Ute,
ich folge Dir immer noch durch Rom und lerne ständig dazu.

Es freut mich sehr, dass Du immer noch mitläufst. ;)
Ich freue mich schon auf den Bericht Deiner nächsten Reise, die ja übermorgen startet.

LG Ludovico

Da mein Flieger am Mittwoch erst am Nachmittag startet, habe ich noch etwas Zeit, diesen Bericht zu beenden - es ist ja auch nicht mehr weit bis zum Vatikan. :~

Meine kommende Reise befaßt sich mit der Renaissance in Rom und Neapel, besonders mit Michelangelo und Raffael. :nod:
Je mehr ich lese, desto mehr will ich sehen -
da werden auch die 7 Tage knapp! :D

Hallo dentaria,

viel Spaß auf Deiner kommenden Romreise und viele interessante Eindrücke, die Du hier so gut beschreibst!

Vielen Dank, diesmal scheint es auch das Wetter in meiner "Geburtstagswoche" besser mit mir zu meinen als 2010!​
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzungen​


Zu Santo Spirito in Sassia fällt mir noch ein, dass es dort eine der ersten Spindeln gibt - das ganze Mittelalter über - in welche Kinder gelegt werden konnten, die abgelehnt oder unehelich geboren wurden. Das Hospital nahm dann diese Kinder im Waiserhaus auf. Heute nennen wir ja soetwas "Babyklappe". Die Kinder hatten jedenfalls so eine Chance, ihr Leben zu führen.

Ich glaube sogar, dass die Klappe dort immer noch existiert.


Ich meinte auch, dass ich schon einmal hier in der Galerie ein Bild davon gesehen hatte -> und siehe da -> ich habe bei humocs eine Abblidung gefunden

humocs schrieb:


Sehr interessant finde ich persönlich auch die dort angebrachte Marmorplatte


mit dem Hochwasserstand von 1598
 
Hallo dentaria,

viel Spaß auf Deiner kommenden Romreise und viele interessante Eindrücke, die Du hier so gut beschreibst!

Vielen Dank, diesmal scheint es auch das Wetter in meiner "Geburtstagswoche" besser mit mir zu meinen als 2010!​


DAUMEN DRÜCK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:​

Vielen Dank! :thumbup:

Bisher sieht es gut aus! :nod:


Mai 2010 Assisi​
 
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Der Weg zum Vatikan führt mich nun vorbei an der

Engelsburg


Dieses ehemalige Grabmal des Kaisers Hadrian war die beliebte Schutzburg der Päpste, wenn ihnen Gefahr drohte.
Ich werde der Engelsburg in einer Woche wieder einen ausführlicheren Besuch abstatten.

Dorthin kamen sie über den geschützten

Passetto


Dies war die einzige Möglichkeit der Päpste, ungesehen in sicheres Terrain zu gelangen.

Am Weg liegt auch der

Palazzo Rovere


Dieser Palast wurde von Domenico della Rovere erbaut, zu dessen Familie auch die Päpste Sixtus IV. und Julius II. gehörten .
Beide wunderbar dargestellt von Melozzo da Forli.​


Der Baustil entspricht demjenigen des Palazzo Venezia.


Heute ist in diesem Palazzo das Hotel Columbus untergebracht, in dem ich im Juli 1999 auch schon übernachtet habe.
Wunderschöner Innenhof und im Speisesaal Fresken von Pinturicchio.

Am Ende der Via della Conciliazione empfägt mich der Petersplatz mit einem Weihnachtsbaum, der gerade geschmückt wird.

 
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Petersplatz

Bernini gestaltete den Platz von 1656-1667 im Auftrag Alexanders VII. Chigi.
Die quergelagerte Ellipse mißt 340x240m. Die Kolonaden bestehen aus 284 Säulen und werden von 140 je 3,20m hohen Heiligen gekrönt.

Bernini hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen:
-Die Kassen waren leer, die Kirche stand kurz vor dem Staatsbankrott
-Das Gelände war unregelmäßig bebaut, d.h. viele Gebäude mußten gekauft und abgerissen werden
-Die Fassade des Petersdoms ist im Verhältnis zu ihrer Höhe zu breit.
-Der Obelisk steht nicht in der Mittelachse der Fassade


Obelisk
Der Obelisk ist ein ägyptisches Original aus Alexandria- bemerkenswerterweise ohne Hieroglyphen. Caligula ließ ihn einst in der Spina seines Circuses aufstellen. An die damalige Stelle erinnert eine Marmorplatte im Boden.
1586 ließ Sixtus V. ihn an seine jetzige Stelle setzen. Die Aktion war sehr aufwendig. Es wurden in 4 Monaten 900 Arbeiter, 140 Pferde und 44 Winden benötigt.
Im Mittelalter kursierten viele Gerüchte um den Obeliken:

-Er solle in der antiken Goldkugel die Asche von Julius Caesar enthalten



-Der Obelisk sei in Jerusalem von König Salomon geschaffen worden
-Mit Hilfe des Dichters Vergil sei der Obelisk in einer Nacht nach Rom gebracht worden


Wirkung

Eigentlich sollte noch ein 3. Arm am unteren Ende zur Begrenzung gebaut werden. Bernini wollte, daß die Pilger durch die engen Gassen des Borgo kommen, dann durch die verengten Eingänge den Platz betreten und unvermittelt mit der Größe und Weite des Platzes konfrontiert werden.
Für den 3. Arm fehlte das Geld und unter Mussolini wurde die breite Via della Conciliazione angelegt.

Scala regia


Zwischen 1663-1666 errichtete Bernini den Zugang zur Sala regia. Mittels Scheinperspektive verlängerte er die Treppe optisch.
An der Portone di Bronzo kann man einen Blick darauf werfen.


 
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