Meine 2. Romreise 17.9.-bis 10.10.2009

Jochen

Optio
Romreise vom 17.09. bis 10.10. 2009


Wir starteten am 17.9., einem Donnerstag, morgens um 8.30 Uhr und gingen davon aus, spätestens um 19.00 Uhr unser Quartier auf dem Lande, in der Nähe von Passo Corese, 40 km vor Rom, zu erreichen. Aber noch vor München hatten wir durch zwei mittelschwere Staus fast eineinhalb Stunden verloren, und dann passierte mir etwas ganz Dummes: Ich wählte die falsche Autobahn und bemerkte dies erst nach 65 km. Peinlich! Da es nun schon Mittag war, verließen wir die Autobahn und picknickten: Kartoffelsalat und Tafelspitzsülze, beides selbstgemacht und äußerst lecker. Ich gebe ja zu, dass Kartoffelsalat und Sülze eine ungewöhnliche Kombination darstellen – aber uns schmeckt das nun einmal. Jaspers dagegen, für den wir eine Büchse Fleischhundenahrung bereithielten, verweigerte die Nahrungsaufnahme. Er war sichtlich unbefriedigt.

Wir überlegten, ob wir weiter nach Italien oder nach Hause fahren sollten. Ich ließ Brigitte entscheiden. Sie war für Bella Italia! Aus Schaden klug geworden, legten wir die Italien-CD in das Navigerät und ließen uns führen.

Wer die Strecke kennt, weiß, dass das Autobahnstück zwischen Modena bis weit nach Florenz stark befahren, kurvig und tunnelig, kurz, äußerst unangenehm ist. Ich war froh, als dies endlich hinter uns lag und schloss mich dann einigen italienischen Rasern an, die mit 150 km/h - und manchmal mehr - die linke Spur belegten. Als wir endlich die A1 an der Ausfahrt Roma Nord verließen, verpassten wir die Ausfahrt nach Passo Corese und landeten stattdessen auf dem Rastplatz/Tankstelle. Es fiel mir verdammt schwer, nicht einfach die 200 m rückwärts zur Ausfahrt zu fahren. Aber die Vernunft siegte trotz der späten Stunde: Das Navi führte uns zur nächsten Ausfahrt und von dort nach Passo Corese. Aber nun galt die Beschreibung unserer Vermieterin nicht mehr und das Navi blieb sprachlos: In der Pampa kannte es sich halt auch nicht aus. Da half nur noch das Mobiltelefon, welch segensreiche Einrichtung. Es war schließlich 23.30 Uhr – statt 19.00 Uhr – als wir das große blaue Tor mit den Lettern CASA FELICE passierten.

Ich gebe es zu, dass wir genervt waren. Als ich dann die steile Rampe, die zu unserem Appartement führte, und unser Appartement sah, stand mein Entschluss fest: hier bleibe ich nicht: Coûte que coûte. Aber nun zeigte sich mal wieder, wie gut Brigitte und ich sich ergänzen: Lass uns das Morgen früh entscheiden – jetzt schlafen wir erst einmal. Jaspers verkrümelte sich in eine Ecke und ließ sich überhaupt nicht mehr stören. Wir verkrochen uns unter unsere mitgebrachten Bettdecken, lauschten in die Nacht, Stille, unterbrochen von fernem Hundegekläff. Ich hatte das Gefühl, immer noch zu fahren, und entschwand schließlich als kleiner Häwelmann in die Weiten der italienischen Spätsommernacht.

18. bis 21. 9.

Am nächsten Morgen machten wir während des Frühstücks Bestandsaufnahme und stellten fest, dass eigentlich alles so war wie erwartet – bis auf dass unser 1-Raum-60m²-Appartement trotz der 4 Fenster und der Terrassentür recht duster wirkte, dass das Bett so niedrig war, dass ich es nur mit Brigittes kraftvollem Einsatz würde verlassen können, dass die Rampe, die zum Appartement führte, so steil war, dass ich nicht wagen würde, sie ohne Brigittes Unterstützung zu nutzen und dass das Mobiliar, die Tapeten und das kleine Bad einen nicht gerade sehr gepflegten Eindruck machten. Wir entschieden uns zu bleiben. Die fast 100 m² große Terrasse, die so angelegt und eingezäunt war, dass wir Jaspers dort tagsüber allein lassen könnten, der 2 ha große Garten, in dem Jaspers frei herum strolchen kann, der herrliche Ausblick von der
Terrasse, die himmlische Ruhe, die bemühte Vermieterin wogen die Nachteile auf. Wir arrangierten uns.

In der Zeit vom 18. bis 21. 9. fuhren wir nicht nach Rom, sondern blieben hier auf dem Lande, machten Einkäufe, kochten, richteten einen Internetanschluss ein und lasen viel.

Dienstag, 22.9.2009

Um 10.00 Uhr brachen wir auf nach Rom. Wir benötigten eine gute Stunde bis wir den Wagen in der Nähe der Villa Borghese parken konnten. Nachdem wir unserem hoch verehrten Goethe unsere Referenz erwiesen hatten, schlenderten wir durch den wunderschönen Park, tranken einen Cappuccino und besuchten dann das Museo Carlo Bilotti. Carlo Bilotti war ein sehr reicher Industrieller (Kosmetikindustrie) und Kunstsammler und -mäzen. Er war mit vielen Künstlern befreundet, so u. a. mit de Chirico, Warhol. Das nach ihm benannte Museum wurde nach seinem Tod im Jahre 2006 in der Orangerie untergebracht.

Wir waren die einzigen Besucher. Es gab etwa 15 Bilder von Giorgio de Chirico (1888 bis 1978, einem Vorläufer des Surrealismus), sehr beeindruckend und sehenswert. Außerdem gab es hier auch Aktionskunst – wie ich das sehr verkürzt nennen möchte. Wir fanden sehr viel Spaß daran, z.B. an einer Fotografie von Jean-Paul Belmondo, bei der ein Teil seines Kopfes durch einen Spiegel ersetzt worden war. Wer sich richtig davor stellte, fand sich im Kopf von Belmondo wieder. Eine interessante Collage eines Mannes, fast in Lebensgröße – eine Abbildung von Bilotti? Eine Pyramide aus offenen Quadern auf Glas gestellt – von oben sah sie blau, von unten rot aus, da sie auf einem leicht konkav gebogenen Spiegel steht. Ein schwarzer Spiegel - Vanitas - , in dem wir uns zuerst nur selber sehen konnten bis im Hintergrund ein Totenschädel aufscheinte. Ästhetische Genüsse. Es lohnt, dieses weniger bekannte Museum aufzusuchen – nicht nur wegen de Chiricos.

Danach ging es zur Galleria Borghese. Ich war bereits anlässlich unserer ersten Romreise dort gewesen und fand die Galleria sehr beeindruckend – Brigitte hatte diesen Besuch damals nicht mitgemacht. Pustekuchen – es klappte nicht. Wir hätten Karten vorbestellen müssen. Das stand ja auch in jedem Führer. Wir erhielten Karten für den nächsten Tag und wanderten durch den wundervollen Park zur Galleria nazionale d’arte moderna in der Viale delle Belle Arti.

Der gesonderte Rollstuhlfahrereingang war gut ausgewiesen – dessen ungeachtet begleitete uns ein Mitarbeiter des Museums und erklärte uns so ganz nebenbei, wo was zu finden sei.

Unter dem Titel „Palma Bucarelli – el museo come avanguardia“ gab es eine Sonderausstellung, die zeigen sollte, dass Palma Bucarelli (1910 bis 1998) als Direktorin des Museums (1946 bis 1975) die Bildersammlung der Galerie vorausschauend auch durch Käufe damals unbekannter, heute berühmter Künstler erweiterte. Sie war nicht nur eine gescheite, sondern auch eine bildhübsche Frau wie zahlreiche Fotos von ihr bezeugen.

Danach besuchten wir den Ostflügel im Obergeschoss des GNAM mit Werken aus dem 20. Jahrhundert. Auch hier Werke von de Chirico. Besonders beeindruckte mich ein großes Gemälde von Klimt mit drei Personen. Rechts vor dem Klimt-Gemälde steht eine Statue von Mestrovich (?), eine alte Frau mit dickem Bauch (darf ich das so profan ausdrücken?), die als Vorlage für die rechteste Figur im Klimt-Gemälde gedient haben könnte. Sehr eindrucksvoll waren auch Gemälde von Balla und Boldini, von beiden Künstlern hatte ich vorher noch nie gehört und nichts gesehen. Es ist sicherlich ungerecht, dass ich viele andere Künstler unerwähnt lasse.


Mittwoch, 23.9.2009

Unser Ziel war die Aurelia Residence San Pietro, Via Aurelia 145, eine vielbefahrene Straße ohne Bürgersteig direkt am Vatikan. Dort gibt es zwei behindertengerechte Appartements, die wir uns ansehen wollten (www.aureliaresidence.it). Es handelt sich um 2 wundervolle Wohnungen (Vivaldi und Puccini), total rollstuhlfahrergerecht, großzügig geschnitten, gut möbliert und mit je einer schönen Terrasse ausgestattet; allerdings mit zwei Nachteilen: Hinter dem Haus befindet sich eine Nahverkehrszugverbindung, die gut hörbar ist, und größere Hunde werden nicht akzeptiert.

Unseren Termin in der Galleria Borghese hatten wir auf diese Art versäumt. Peccato! Stattdessen schlenderten wir noch über den Markt San Giovanni Lateran, wo allerdings schon die Verkaufsstände abgeräumt wurden, nahmen das Kaufhaus Coin in Augenschein (auch wegen der Toiletten im obersten Stockwerk) und besuchten schließlich die Basilika San Giovanni in Laterano, die im 4. Jahrhundert unter Konstantin erbaut, später durch Erdbeben und Brand zerstört und wieder neu errichtet wurde. Bis ins 14. Jahrhundert war sie Amtssitz der Päpste. Diese Basilika ist beeindruckend nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihre wundervollen Mosaik- und Intarsienarbeiten (Cosmaten?), Decken-, Wandgemälde und Figuren. Dort steht auch der höchste Obelisk Roms (31 m), der im 4. Jahrhundert aus Theben nach Rom transportiert wurde – ich kann mir gar nicht vorstellen, wie dieser Transport damals bewerkstelligt werden konnte!

Diese Basilika ist für Rollstuhlfahrer weitgehend zugänglich.

Schade, dass mit der Tradition „für jemanden eine Kerze anzünden“ gebrochen wurde. Heute lässt sich nur noch ein (Elektro-)Lichtlein in Form eines flackernden Glühbirnchens anzünden, indem in einen Automaten eine 1 Euro Münze gesteckt wird. Brigitte versuchte vergebens für ihre erst kürzlich verstorbene Mutter, ein Glühbirnchen zum Flackern zu bringen. Der Automat schluckte und schluckte, verweigerte aber im Übrigen seine Dienste.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo und Moin, Moin Jochen!



VIELEN DANK

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für den Anfang Deines Berichtes

Handelt es sich dabei vielleicht sogar um einen "Fast-Live-Bericht" ( -bis 10.10.2009 ) :?:

Auf jeden Fall bin ich gespannt wie es weitergeht ...


Gruß - Asterixinchen :)
 
... ja, denn spannend genug war ja der Auftakt schon! ;)

Auf weitere Erlebnisse freut sich

Angela
 
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