Bericht: Drei Tage in Lübeck

Lieber Padre,
dein Bericht und deine Fotos machen mir zunehmend Appetit darauf, selbst auch einmal nach Lübeck zu fahren.
Das haben wir schon öfter überlegt, nur die Anreise war uns bisher immer zu weit. Aber wenn wir es mal kombinieren können mit einem oder zwei anderen Zielen, wird vielleicht doch noch etwas daraus.
Jedenfalls hast du mir schon jede Menge interessanter Eindrücke vermittelt - vielen Dank dafür!
Ich sach nur: In Hamburg und Lübeck und Bremen - YouTube
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Leider bin ich in den letzten zwei Wochen nicht dazu gekommen weiter zu schreiben. Nun sind alle Bilder hochgeladen und morgen werde ich den Bericht fortsetzen.

Das Annenkloster wollen wir auf jeden Fall auch besuchen und auch die Aegidienkirche sieht interessant aus.

Ihr werdet bestimmt viel Spaß im Annenkloster haben! Es dauert ja nicht mehr lange ...
 
Lieber Padre,
dein Bericht und deine Fotos machen mir zunehmend Appetit darauf, selbst auch einmal nach Lübeck zu fahren.
Das haben wir schon öfter überlegt, nur die Anreise war uns bisher immer zu weit. Aber wenn wir es mal kombinieren können mit einem oder zwei anderen Zielen, wird vielleicht doch noch etwas daraus.
Jedenfalls hast du mir schon jede Menge interessanter Eindrücke vermittelt - vielen Dank dafür!

Es freut mich, dass Dir mein Bericht gefällt und dass er deine Neugierde auf Lübeck verstärkt. Wie gesagt, ich habe auch eine längere Anlaufzeit benötigt, bis ich endlich da war. Und es hat sich gelohnt!
 
Sankt Marien
Nach zwei Stunden hatte sich das Gewitter verzogen. Nun sollte es endlich zu St. Marien gehen! In der Nähe des Eingangs saß der leibhaftige Teufel auf einen Stein und zog die Aufmerksamkeit der vorübergehenden Passanten magisch an sich.




Der Teufel wurde belächelt, an den Hörnern und am Schwanz gestreichelt und er diente zur allgemeinen Belustigung. Dass der Teufel vor der Marienkirche sitzt hat mit einer Sage zu tun, die ich hier nur ganz kurz wiedergeben möchte: Als die Kirche gebaut wurde dachte der Teufel, dass es sich bei dem Bau um ein zukünftiges Wirtshaus handeln würde und er witterte viele neue Kundschaft und baute fleißig mit. Irgendwann merkte er, dass kein Wirtshaus, sondern eine Kirche errichtet wurde. Die Lübecker überlisteten so den Teufel.

Erst als die Kirche fast fertig war, merkte der Teufel, dass die Lübecker ihn reingelegt hatten. Wütend nahm er einen riesigen Stein, um den Bau wieder zu zerstören. Da sagten sie ihm, sie wollten gleich nebenan wirklich ein großes Wirtshaus bauen, den Ratskeller. Der Teufel ließ den Stein fallen, so dass er dicht neben der Kirche zu liegen kam. Dort liegt er noch heute, und auf ihm sitzt ein Teufel aus Bronze, den der Bildhauer Rolf Goerler 1999 schuf.
Quelle

Nun betrat ich endlich die Mutterkirche der Backsteingotik und als ich zu dem Gewölbe des Mittelschiffs hochschaute, stockte mir der Atem, denn mit 38,5 m ist dieses Backsteingewölbe das höchsten der Welt.




Ich setzte mich in eine Bank hinein und ließ erst einmal den Raum auf mich wirken.




Zu meinem Glück fing nun auch noch die Orgel an zu spielen und ich blieb einfach nur sitzen und staunte und lauschte und nahm irgendwann die vielen Besucher gar nicht mehr wahr. Nach einer halben Stunde hörte der Organist auf zu spielen und ich entschloss mich einmal durch die Kirche zu gehen. Auch hier entdeckte ich eine Astronomische Uhr




und ganz unerwartet das Grab von Dietrich Buxtehude.




Diese beiden Glocken stürzten bei einem Bombenangriff 60 m in die Tiefe und bilden zusammen mit dem Nagelkreuz von Coventry ein Mahnmal für den Frieden.


Ich verließ die Marienkirche und machte mich zu meinem nächsten Spaziergang auf. Hier noch zwei Außenansichten:

 
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Gänge und Höfe

Gänge und Höfe
Hinter vielen Fassaden befinden sich Gänge und Höfe, die heute recht romantisch und verschlafen wirken. Als sie errichtet wurden, wohnten dort unter armseligen Verhältnissen Witwen, Tagelöhner und Seefahrer. Zunächst errichtete man einfache Holzhäuschen – Buden genannt, die später durch Steinbauten ersetzt wurden. Viele dieser Gänge und Höfe sind zugänglich und die Anwohner freuen sich auf Besucher – wenn man ihre Privatsphäre respektiert. Andere sind der Öffentlichkeit verschlossen und durch einige kann man zumindest einen kleinen Blick durchs Eisengitter werfen.
Auf diesem Spaziergang wollte ich mir einige dieser Höfe und Gänge ansehen. Nachdem ich mir zwei Höfe angesehen hatte, war mein Auge geschult und ich fand noch viele andere, die mein Reiseführer gar nicht erwähnte. Ich möchte hier einfach nur die Bilder sprechen lassen:







Diese Höfe sind wirklich schön und dort zu wohnen ist sicher etwas ganz besonderes, aber ganz bestimmt auch eine Herausforderung und nicht jedermanns Sache.
 
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Lieber Padre,
dein Bericht und deine Fotos machen mir zunehmend Appetit darauf, selbst auch einmal nach Lübeck zu fahren.
Das haben wir schon öfter überlegt, nur die Anreise war uns bisher immer zu weit. Aber wenn wir es mal kombinieren können mit einem oder zwei anderen Zielen, wird vielleicht doch noch etwas daraus.
Jedenfalls hast du mir schon jede Menge interessanter Eindrücke vermittelt - vielen Dank dafür!
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Ein netter Link - Danke schön!
In Bremen waren wir schon oft; aber Hamburg käme durchaus noch einmal in Betracht.
 
Traumhaft, sowohl die Marienkirche als auch die Höfe, die du erkundet hast.
Und das Mahnmal für den Frieden - die zwei zertrümmerten Glocken - ist mit Sicherheit eindrucksvoller als viele neu erschaffene.
Noch einmal "Danke" für deine Berichte!
 
Es freut mich sehr, dass dir meine Berichte gefallen - und wenn ich die Neugierde auf diese vielseitige Stadt wecke, dann um so mehr! Morgen kommt der nächste Teil, in dem es politisch wird.
 
Lieber Padre,

das Teufelchen und die Geschichte dazu gefallen mir besonders. 8)

Viele Grüße

Tizia
 
Sankt Katharinen, Willy-Brandt-Haus und Heiligen-Geist-Hospital
An diesem Nachmittag standen aber nicht nur Gänge und Höfe auf dem Programm. Ich streifte durch enge Straßen und war immer wieder von den wunderschönen Häusern begeistert. Hier eine kleine Auswahl.




In einem besonders schönen Haus befindet sich die Löwen-Apotheke. Es wurde 1230 erbaut, die Apotheke ist aber erst seit 1812 dort ansässig. 1899 stand das Gebäude kurz vor dem Abriss und konnte Dank einer Bürgerinitiative gerettet werden.




Ich erkundete die Hunde- und Glockengießerstraße und kam auch am Günter-Grass-Haus vorbei, dessen Besuch für den letzten Tag eingeplant war. Ein paar Schritte weiter und ich stand vor Sankt Katharinen – eine ehemalige Klosterkirche, die heute als Museumskirche genutzt wird und leider nur samstags geöffnet ist. Da ich an einem Mittwoch vor der Tür stand, blieb sie für mich verschlossen. Mein Reiseführer beschrieb die Kirche als reinste Kühlkammer, da dort permanent eine Luftfeuchtigkeit von 92 % und eine Temperatur von 6 Grad Celsius herrscht.





In der Kirche befindet sich ein Gemälde von Tintoretto, das die Auferweckung des Lazarus zeigt. Wie gesagt, dieser Schatz blieb mir verborgen und so schaute ich mir die Fassade der Kirche genauer an. In der unteren Nischenreihe stehen drei Figuren von Ernst Barlach.


Ursprünglich sollte Barlach die Figuren für alle neun Nischen gestalten, was ihm leider versagt blieb. Die letzten sechs Figuren wurden nach dem Krieg von Gerhard Marcks geschaffen.


Nun steuerte ich das Hauptziel dieses Nachmittags an. Gegenüber des Willy-Brandt-Hauses steht die Reformierte Kirche, deren Fassade sehr gut in ein Bühnenbild der Zauberflöte passen würde.


Das Willy-Brandt-Haus ist eine Außenstelle der Berliner Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung und wurde 2007 eröffnet. Günter Grass setzte sich sehr für die Errichtung dieser Gedenkstätte ein. Die Ausstellung ist multimedial gestaltet, was mir sehr gefiel und dazu führte, dass ich dort länger blieb, als ich es eingeplant hatte. Das politische Leben Brandts wird aus unterschiedlichen Blickwinkel beleuchtet, leider erfährt man wenig über die Schattenseiten des Menschen Brandt (Depressionen, diverse Affären und über seinen Rücktritt). In einem Raum war die Verleihungsurkunde des Friedensnobelpreises zu sehen, den Brandt 1971 erhalten hatte. Das dieser Preis auf so schlichter Weise verliehen wird hat mich zunächst etwas enttäuscht, aber auch mächtig imponiert.


Für einen Augenblick glaubte ich im alten „schwarzen“ Plenarsaal des Bonner Bundestages zu stehen.


Es handelt sich hierbei um keine Originalstücke und man sieht genauso viel, wie auf dem obigen Foto (vielleicht ist die Regierungsbank ein paar Zentimeter länger). Beim Betrachten der Schwanzfedern der „Fetten Henne“ fiel mir wieder eine Besichtigung des Bundestages ein, an der ich vor vielen, vielen Jahren in Bonn teilgenommen habe. Der Künstler Ludwig Gies, der den Bundesadler 1953 gestaltete hat absichtlich einige Unregelmäßigkeiten in sein Werk eingebaut, um den Abgeordneten vor Augen zu führen, dass auch sie fehlerhafte Menschen seien. Besonders schön kommt solch eine Unregelmäßigkeit in der unteren linken Schwanzfeder zum Ausdruck, die schief steht. In Lübeck hat man auf dieses kleine Detail peinlich genau geachtet! Leider sind im Bundesadler des Berliner Plenarsaales diese absichtlichen Fehler fast ausgemerzt worden.

Ich konnte auch einen Blick auf zwei Seiten der ersten Regierungserklärung Brandts werfen: „Wir wollen mehr Demokratie wagen ...“


Ich erfuhr etwas von der Entstehungsgeschichte der Rede, die Brandt vor der UN hielt und erfuhr dabei, dass im Bundeskanzleramt nur einer – nämlich der Kanzler – einen grünen Stift benutzen durfte. Ich verließ die Ausstellung und kam an einem bunten Willy vorbei.


Zum Abschluss dieses Spaziergangs besuchte ich das Heiligen-Geist-Hospital das 1286 gegründet wurde und die älteste Sozialeinrichtung der Welt ist. Von Außen wirkte das Gebäude mit seinen schlanken Türmchen nicht sonderlich ansprechend auf mich.


Als ich durch die Tür trat stand ich unverhofft in einer dreischiffigen Hallenkirche. Dieser Raum hat eine erhabene Ausstrahlung und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Hier fühlte ich mich mich wohl und geborgen. Heute wird ein Teil des Komplexes als Seniorenheim genutzt. Die Lübecker bleiben sich ihrer Tradition treu. Diese hanseatische Eigenschaft gefällt mir sehr.




Ich beließ es beim Eingangsbereich und verzichtete auf die Besichtigung weitere Räume. Dann stand ich wieder auf den Koberg, der nach dem Marktplatz die zweitgrößte Freifläche der Altstadt ist.


Von dort aus konnte ich den markanten Turm von St. Jakobi sehen. Dort sollte es am nächsten Tag weitergehen.
 
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Sankt Jakobi und Buddenbrookhaus
Mein letzter Tag in der Hansestadt begann mit der Besichtigung der Jakobikirche, die eine alte Seefahrer- und Fischerkirche ist. Der romanische Vorgängerbau fiel den Flammen des Stadtbrand von 1276 zum Opfer. Der jetzige Bau wurde 1334 geweiht. Am Vortag fiel mein Blick immer mal wieder auf dem Turm der Kirche – und irgendetwas kam mir komisch vor, aber ich konnte nicht ausmachen was es wohl sei. An diesem Morgen schaute ich bewusst auf die Turmuhr und stellte fest, das alle Zifferblätter nur einen Zeiger haben, der jeweils die volle Stunde anzeigt.


St. Jakobi blieb, ähnlich wie St. Aegdien, von den Bomben des Zweiten Weltkriegs verschont. Ich betrat eine helle, dreischiffige Hallenkirche in der ich mich sofort wohlfühlte. Ich setzte mich in einer Bank und ließ zunächst den Raum auf mich wirken. Sehr schön, dass hier nicht der Blick zum Altar durch einen Singechor versperrt ist. Der barocke Hochaltar und die Kanzel passen nicht ganz zur übrigen Einrichtung, aber hier störte mich dieser Bruch überhaupt nicht.


Hier ein Detail aus dem Hochaltar.


An den Pfeilern befinden sich Fresken, die die Apostel, Maria und einige Heilige zeigen. Die Bilder wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch Zufall wiederentdeckt.


Die prächtigen Leuchter im Mittelgang fand ich besonders spannend auch die imposante Orgel mit den Bildern von biblischen Gestalten und Heiligen.



Im südlichen Seitenschiff fand ich dieses Ensemble, das zu einer kleinen Rast einlud. Ich nahm diese Einladung an und setzte mich auf einen der Liegestühle und ließ meine Seele baumeln.


Nach dieser Stärkung machte ich mich auf den Weg zum Buddenbrookhaus.

Nun, Thomas Mann hat nie in diesem Haus gelebt. Seine Großeltern erwarben das Haus 1842, indem später eine Bibliothek untergebracht war. Im Krieg wurde es zerstört und beherbergte nach dem Wiederaufbau eine Bank. Seit dem Jahr 2000 ist es ein Literaturmuseum. Im Erdgeschoss wird die Geschichte der Manns kurzweilig und mit viel Bildmaterial erzählt. Der erste Stock dient für Wechselausstellungen und die zweite Etage ist fast ausschließlich den Buddenbrooks gewidmet. Zwei Räume sind zu einem begehbaren Roman gestaltet wurden: Zunächst bewaffnete ich mich mit einem Ausleihexemplar des Romans und betrat die feudalen Räume. An entsprechenden Möbelstücke war Seitenverweise angebracht und ich blätterte im Roman und las nach. Sich auf diese Weise den Buddenbrooks zu nähern, machte mit viel Spaß! Ich wunderte mich, dass einige Möbelstücke mit weißen Laken abgedeckt waren: Sie sollen den Auszug der Familie symbolisieren - und werden nur zur Weihnachtszeit abgehängt.



Man kann auch mehrere Verfilmungen miteinander vergleichen, was erstaunlich und sehr kurzweilig ist, wie der ganze Besuch des Hauses. Die letzten Stunden in Lübeck brachen an und so beschloss ich das Günter-Grass-Haus nicht zu besuchen und dafür noch ein wenig durch die Stadt zu streifen.

 
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Danke, lieber Padre, für diesen kurzweiligen und interessanten Bericht mit den schönen Bildern sagt Tizia
 
Liebe Tizia,
herzlichen Dank für Deine Rückmeldung.:nod::nod::nod: Ich hoffe, dass ich in der nächsten Woche den Bericht beenden kann.

Herzlichen Gruß
Padre
 
Gerade habe ich deinen Bericht ein zweites Mal gelesen; denn morgen in einer Woche ist es bei uns ja auch so weit.
Ich konnte mir noch ein paar Anregungen holen und bin durch deine Bilder so richtig schön eingestimmt auf Lübeck.
 
Lieber Padre,


ich meinte mich zu erinnern, dass von Dir ein Bericht über Lübeck hier geschrieben worden war, meine Erinnerung war richtig!


Eigentlich ist es schon peinlich, Lübeck ist runde 60 km von meinem Wohnort entfernt und ich war noch nie in dieser schönen Hansestadt. Die Bildungslücke wird nun geschlossen, in 3 Wochen verbringen wir ein langes Wochenende in Lübeck.


Herzlichen, wenn auch verspäteten, Dank für die Mitnahme auf Deinen Spaziergängen durch die Stadt, viele Anregungen habe ich für mich mitgenommen und wir folgen bestimmt Teilen Deiner Wege.


Liebe Grüße
Sunny
 
Liebe Sunny,
vielen Dank für Deine nette Rückmeldung - über die ich mich sehr gefreut habe! Schön, dass Du einige Anregungen finden konntest!

Bei mir war es ja auch der Erstbesuch dieser Stadt. Ich glaube, es wäre nur peinlich, wenn man diese wunderschöne Stadt niemals einen Besuch abstatten würde.

Eine schöne Osterwoche
Dein
Padre
 
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