Romreise 2: Endlich in St. Peter!

Paganus

Aedilis
Stammrömer
Römerinnen! Römer!
2. Romreise vom 2.2.2009 bis zum 6.2.2009


[hotel]65[/hotel]Kaum zu Hause angekommen, ließ mir der eingefangene Virus keine Ruhe. Sofort suchte ich im Internet nach neuen „Fluchtmöglichkeiten“ Richtung Süden. Wie sagt das Sprichwort? Richtig: Wer suchet, der findet! In unserem Fall ergab sich eine Möglichkeit vom 2. bis zum 6. Februar 2009, nur wenige Wochen nach unserem „Erstversuch“, Flug mit FlyNiki, Unterkunft: Hotel d’Este. Beides preiswert und zufriedenstellend.


1.Tag: Spaziergang zum Kolosseum, vom Kapitol zum jüd. Viertel
2.Tag: Vat. Museen
3.Tag: Generalaudienz, endlich St. Peter, Lateranbasilika
4.Tag: S.Paolo fuori le mura, Engelsburg
5.Tag: Santa Prassede, Abreise


1. Tag: Wir kommen am frühen Nachmittag im Hotel an und beziehen unser Zimmer. Glück gehabt, wir bekommen einen Raum im obersten Stockwerk und können daher von einem kleinen Balkon aus die Basilika Santa Maria Maggiore sehen und bewundern.


Sofort geht es zu Fuß los Richtung Kolosseum, wir umrunden es und treffen vor dem Konstantinsbogen auf eine chinesische „Doppelhochzeit“. Das Wetter ist nicht gerade berauschend, aber akzeptabel. Die Bräute sehen hübsch aus in ihren weißen Kleidern, die Bräutigamme strahlen vor Stolz. Die Hochzeitsgesellschaft ist entsprechend feierlich gekleidet, eine riesige weiße Stretch-Limousine sammelt alle ein. Nur wir bleiben außen vor, wandern Richtung „Schreibmaschine“ (die ich seltsamerweise in der einsetzenden Dunkelheit gar nicht hässlich finde, im Gegenteil, beleuchtet und vor dem Nachthimmel macht sie sich richtig gut!), sagen Mark Aurel „Grüß Gott“ und lassen uns durch das jüdische Viertel Richtung Area sacra treiben. Jetzt ist es richtig finster geworden. Wir suchen und finden in der Nähe unseres Hotels eine nette Pizzeria, um unsere Grundbedürfnisse abzudecken. Müde fallen wir in unsere Betten.

2. Tag: Nach einem ausgiebigen Frühstück im Frühstückspavillon des Hotels (man kann dort futtern, so viel man will, bei guter Auswahl, es ist allerdings ein wenig kühl im Raum, da es sich um eine Art Gartenpavillon handelt) zieht es uns zu den Vatikanischen Museen. Die Karten haben wir vorbestellt, sodass wir gar nicht anstehen müssen, was aber an diesem Tag auch gar nicht lange gedauert hätte, es waren erstaunlich wenig Museumswillige anwesend.

Es regnet leicht, später wird es richtig schütten, was aber macht uns das aus, die wir inmitten der herrlichsten Kunstschätze auf- und abflanieren!




Dreimal machen wir die übliche Runde, dreimal wollen wir in der „Sixtina“ sein, schließlich, gegen Museumsschluss sitzen wir tatsächlich beinahe alleine auf einer der Bänke und sind selig: Michelangelo pur! Ohne ständiges Geschrei und ohne ständigen Kampf um das Fotografieren! Richtig ruhig ist es jetzt geworden, die Reisegruppen vom Vormittag sind woanders zugange, wir bleiben vor dem „Gericht“ sitzen und schauen, schauen, schauen. Diese Bewegung! Das Auf und Ab der Leiber! Die Farben! Christus schleudert mit verächtlicher Geste die Verdammten weit von sich, Maria ist hilflos, so scheint es, auch die Heiligen erbeben: Solch einen Ausbruch göttlichen Zornes hätten sie nicht erwartet! Wo bleiben Vergebung und göttliche Liebe? Wer kann vor diesem Gericht bestehen? Am meisten schmerzt der Anflug von Ekel im Gesicht des „Menschensohns“.

Gemildert wird das an sich schreckliche Geschehen durch die großartige Kunst des Meisters. Wir können uns gar nicht sattsehen. Selbst die Deckenbilder verblassen angesichts dieser künstlerischen „Ungeheuerlichkeit“, beispiellos in den Dimensionen, im Inhalt, in der Ausführung. Wie war es möglich, mit und inmitten dieser ausufernden, gewaltigen Bildwelten zu leben, an ihnen zu arbeiten, ja: überhaupt zu atmen?

Wie kann angesichts dieses zornerfüllten Richters ein neuer Papst gewählt werden? Wer hat den Mut dazu? Wer erträgt die schwere Bürde dieser Verantwortung? Wie kann vor diesem „Gericht“ noch verhandelt, abgesprochen, taktiert werden? Zuletzt ist es ja recht schnell gegangen: Habemus Papam! Und auch die Bild-Zeitung und ganz Germanien (das freie und das römische) mit ihr war „Papst“ (ich möchte mir gar nicht vorstellen, was die pannonisch-norische "Krone" bei der Wahl "unseres" Kardinals und Erzbischofs von Vindobona getitelt hätte!!!).

Wie auch immer: Wir verlassen schließlich nachdenklich diese Kammer der emotionalen Gegensätze. Hin- und hergerissen zwischen Furor und Euphorie, zwischen Schaudern und Entzücken. Beim Verlassen noch einmal ein Blick an die Decke: Tröstlich, wie Gott Vater dem Adam das Leben, die Seele, die Existenz eingibt, zärtlich und sorgsam nähert er sich, die Finger von Schöpfer und Geschöpf berühren sich noch nicht (vielleicht bald? jetzt!). Die den Gotteskindern ursprünglich geschenkte Leichtigkeit des Seins, hier ist sie zu finden. Um gesund aufzuwachsen, sagt man, braucht ein Kind mütterliche und väterliche Liebe, hier in der „Sixtina“ ist wohl beides zu finden. Die mütterliche Liebe des väterlichen Gottes (der Leben schaffende Hauch, hebr.: ruach, weiblich) entlässt uns in unser weiteres „Romabenteuer“…

Dieses führt uns zur „Portone bronzo“, meine teure Gefährtin hat noch am Vortag vom Flughafenpostamt aus ein Fax ins päpstliche Büro gesendet, zwei gelbe Eintrittskarten zur Generalaudienz warten dort jetzt auf uns. Ich werde nicht eingelassen, nur einer von uns darf in die Kammern des päpstlichen Verwaltungsapparates vordringen, so warte ich eben. Jedesmal, wenn ein Besucher vorspricht, läuft das immer gleiche Zeremoniell ab. Hellebarden werden gehoben und gesenkt, der Träger strafft seinen Körper, die Hellebardenschäfte schlagen auf dem Boden auf, laut hallend mit einem kurzen, festen Stoß nach unten. Eine militärische Ehrenbezeichnung beim Treten durch das große Tor.

Am Abend geht es ins EST EST EST (in stillem Gedenken an Johannes Fugger: Es ist hier! Es ist hier! Es ist hier, wo es den guten Wein gibt!), das bei diesem Urlaub unser Stammlokal wird (ein Freund hatte es wärmstens empfohlen, ich weiß aber, dass es in diesem Forum nicht immer gut wegkommt). Die Pizzas dort sind zwar gewöhnungsbedürftig, entsprechen nicht dem, was wir Touristen uns unter einer Pizza vorstellen, wie ich sehe, sind aber die anwesenden Italiener durchaus zufrieden damit. Wer die Pizzas so nicht mag (sie sind eher kleiner und dicker als die „pannonischen“ Gegenstücke), findet jede Menge anderer Köstlichkeiten. Auch mit dem Wein sind wir zufrieden. Folgende Vorgangsweise wird sich schließlich als für uns bestens geeignet herausstellen: Eine „focaccia“ wird bestellt, dazu gesellen sich jede Menge individuell ausgewählter Speisen (antipasti, primi …). Alles lassen wir gleichzeitig kommen, sodass kaum Platz am Tisch bleibt, und schlemmen. So lässt es sich im EST EST EST gut leben …

3.Tag: Audienztag! Wir kommen gerade rechtzeitig zur Audienzhalle, können im hinteren Drittel halbwegs gute Plätze finden. Schließlich wird die Halle fast voll. Benedikt kommt nicht durch den Mittelgang angefahren oder angegangen (was alle erwartet hatten), sondern betritt unter tosendem Applaus und Gesang von links durch eine Seitentür das Podium.



Eine Predigt über Paulus wird es werden (was zu erwarten war). Dann werden alle anwesenden Gruppen vorgestellt. Jede Gruppe singt und wedelt mit allen möglichen Utensilien vor der Nase des Pontifex hin und her. Sieh her! Da sind wir! Deine getreuen Kinder! Benedikt bleibt eher neutral, fordert nicht zur Hingabe heraus. Würde oder wollte er das tun, bräche hier ein emotionaler Hingabesturm sondergleichen los: Alle sind bereit zur „Übergabe“, wollen sich selbst und alle anderen, ihre Kirche feiern, feiern, feiern, allein: Heute ist es dem Papst nicht danach. Ein Pater noster noch, der Segen, dann ist Schluss. Wir werden das Gefühl nicht los, dass hier und heute eine spirituelle Chance vertan worden ist. Die Menschen wären zu mehr bereit gewesen. Benedikt setzt eben auf Verstand und Intellekt, nicht auf Emotion. So ist er eben.

Das Wetter ist nunmehr besser geworden, sodass wir die Peterskuppel besteigen. Uff! Oben angekommen, verströmen unsere Seelen sich in das umliegende Rom. Lässt sich dem noch etwas hinzufügen?


Dann endlich das Innere des Domes. Wer unseren ersten Bericht gelesen hat, weiß um unsere Sehnsüchte. Jetzt sind wir da! Und es sind nicht einmal viele Mitbesucher anwesend (zu Ostern wird es dann ganz anders sein!). Wir stehen staunend, eher noch erschlagen als berührt. Diese Machtentfaltung! Dieser Prunk! Wir berühren schnell noch den abgegriffenen rechten Fuß des ersten Papstes, stehen dankbar vor Michelangelos "Pietà", dann setzen wir uns zum Beten hin. Erst einmal ankommen. In mir. In uns. Dankbar sein.

Wir verlassen das Gotteshaus (oder ist es das Haus der Päpste?) und fahren zum Lateran. Wir wollen uns die Scala santa zum Sancta sanctorum emporbeten. In Tibet und Ladakh setzen wir uns zu den Mönchen, in Indien gehen wir in die Tempel, hier in Rom nehmen wir das volle katholische Programm. Man muss den Geist Gottes suchen, wo er sich finden lässt. Eine hübsche, gut gekleidete junge Frau hält mich in meinem Vorwärtsdrang auf. Sie betet inbrünstig. Wie lange kann ein Weg über so ein paar Stufen wohl noch werden? Meine Knie tun ernsthaft (ja: ernsthaft!) weh. Der Gefährtin meiner guten und schlechten Tage geht es auch nicht anders, wenn ich so nach rechts blicke (wir rutschen und beten Seite an Seite). Schließlich sind wir oben. Ein Blick noch ins „Allerheiligste“, dann geht es rüber zum Baptisterium und anschließend in die Lateranbasilika. Das Apsismosaik ist strahlend schön. Petrus und Paulus nehmen ihre Plätze an vorderster Front ein (wie überall in Rom). Beim Verlassen des Heiligtums werden wir von einem gigantischen Schauspiel an Licht, Schatten, Wolken, Sonnenstrahlen überrascht. Eine Nonne geht vorüber. Morgen werden wir wieder fahren müssen. Sie wird bleiben.

4. Tag: Endlich scheint die Sonne (zunächst) ungetrübt in unser Hotelfenster. Wir fahren zum circo massimo, gehen dann zum Konstantinsbogen, weiter zum Kolosseum. Heute wärmt die Sonne so richtig schön auf! Wir besteigen bei Prachtwetter die Metro, um bei S. Paolo fuori le mura bei starkem Regen auszusteigen! Rom im Februar! Ein schneller Sprint in die Basilika, und wir sind beinahe alleine am Grab des Apostels. Wieder ein herrliches Apsis-Mosaik. Diese Kirche schließen wir beide sofort in Herz. Sie wird zu einer unserer Lieblingskirchen in Rom werden, auch wenn andere älter, künstlerisch wertvoller sein mögen, in Liebesdingen gibt es keine Objektivität!

Am Nachmittag entern wir noch die Engelsburg. Interessant, wie frivol manche der Wandmalereien sind! Aber auch das lieben wir an Rom: Sinn und Sinnlichkeit zu gleichen Teilen, auch oder auch gerade wenn die Sinnlichkeit in diesem Fall in den päpstlichen Zimmern zutage tritt.


Den päpstlichen Fluchtweg nehmen wir ebenfalls in Augenschein. Hinauf in das letzte Stockwerk! Tosca ruft! Der Ausblick auf den Tiber und die dahinter liegende Stadt ist grandios. Rechtzeitig stellt sich wieder blauer Himmel ein, sodass der Erzengel Michael den richtigen Bildhintergrund findet.


Ein Foto noch auf der Engelsbrücke, dann geht es ins EST EST EST, denn morgen schon (und das recht früh!) fliegen wir wieder Richtung Heimat.


5.Tag: Nach dem Frühstück besuchen wir noch Santa Prassede mit den unvergleichlichen Mosaiken, dann: Ciao, Roma! Wir ziehen unsere Trolleys Richtung Termini und verschwinden für diesmal endgültig im Bauch der Stadt …





Fotos:

- Blick von den Vat. Museen zum Petersdom
- Blick von der Peterskuppel
- Blick von der Engelsburg
- Militärisches aus der Engelsburg (2x)
- Erzengel Michael
- Engel im Hof der Engelsburg
- Sinnliches aus der Engelsburg
- Himmel über Rom
- Mosaik Santa Prassede (3x)


 
Zuletzt bearbeitet:
Ein klasse Bericht !!!! Hach jo... einmal Rom und man muß einfach wieder hin !!!!

Die Ruhe und die Sicht über Rom ganz oben auf der Kuppel vom Petrusdom hat mir auch besonders gut gefallen!!!!!

Beim Papst waren wir noch nicht, und Audienz haben wir keine gebucht.... nach dem Motto : man muss sich ja immer noch etwas aufheben !!!;);)

tanti saluti

Marlies
 
Moin - Moin Paganus!


VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

auch für den 2. Bericht - ich habe ihn gerne gelesen und freue mich schon sehr auf die Fortsetzung ...



Gruß - Asterixinchen :)
 
Dieser Bericht war genau DAS, was mein romdürstendes Herz jetzt brauchte! ... Nun werde ich mich in die Schlafstätte betten, mit einem angenehmen Kribbeln der Vorfreude im Bauch, um morgen in aller Frische die Koffer zu packen. Vielen Dank.
 
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