Bericht: Ulmer Spatzen und - Spitzen

Ludovico ROB

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Von einigen Städtereisen mit meiner Oberhausener Truppe habe ich ja schon bericht. Dieses Jahr ging es Mitte Oktober ins schwäbische Ulm, der Stadt, in der ich 1971 die Grundausbildung absolvierte. Wie ich schon im Internet und einem Reiseführer herausgefunden habe, hat sich seitdem viel verändert.

Unsere Reisegefährten kamen per Bahn, während wir für die kurze Fahrt den PKW wählten. Den zeitlichen Vorsprung nutzten wir für eine Besichtigung des Klosters Wiblingen vor den Toren Ulms. Vor fast 1000 Jahren wurde hier ein Ableger des Benediktinerklosters St. Blasien gegründet. Im Rahmen der Säkularisierung wurde das Kloster nach über 700 Jahren geschlossen. Heute ist wohl der ganze Gebäudekomplex, aber ganz besonders die barocke Basilika St. Martin und die Klosterbibliothek interessant.

Betritt man die Kirche, so strahlen einem viel leuchtendes Gold auf reinem Weiß entgegen.


Baumeister dieser Kirche waren Johann Georg Specht und besonders Januarius Zick. Die Fresken an der Decke zeigen das letzte Abendmahl, die Kreuzerhöhung und ein jüngstes Gericht.

Beherrscht wird der Chorraum von dem riesigen Kruzifix, das ursprünglich für das Ulmer Münster vorgesehen war. Im Hintergrund ist das Hochaltarbild von Januarius Zick zu sehen.

Das Chorgestühl ist eine Augenweide. Die junge Dame auf dem rechten Foto verwöhnte bei unserem Besuch auch die Ohren mit ihrer Orgelmusik.


Die Marienklage auf diesem Seitenaltar schuf Dominikus Hermenegild Herberger.

Es lohnt durchaus auf einem eigenen Rundgang nur die Seitenaltäre zu betrachten. Mir hat es besonders der Josef mit dem Sohn auf dem Arm angetan, ein seltenes Motiv.

Es gibt auch einige Grabmale.


Tabernakel, Kanzel und Taufbecken, alles in hellem Weiß mit viel Goldverzierung.




Werfen wir noch einen Blick auf die bereits genannten Deckenfresken, bevor wir zur Bibliothek gehen.

Wir zahlen unser Eintrittsgeld, passieren zügig das kleine Museum, um mehr Zeit für den weithin bekannten, prächtigen Raum zu haben.

Es gibt nicht viele Besucher, die unser Studium stören. Es werden Sitzplätze angeboten, um in aller Ruhe die ganze Pracht der Rokoko Bibliothek zu studieren und die Erläuterungen des Audioguide anzuhören. Die Deckengemälde wurden 1744 von Franz Martin Kuen geschaffen.


Sie zeigen in neun Bildern antike und religiöse Themen.

Die Skulpturen im unteren Bereich verkörpern die Wissenschaften der damaligen Zeit und mönchische Tugenden.

Und die Bücher; wo sind die wertvollen Bücher geblieben? Viele sind über die Welt verteilt. Einige kann man noch in den hohen Regalen bewundern.

Auf dem Flur entdeckte ich noch dieses Regal mit kleinen bunten Fläschchen, die ein interessantes Muster zeichnen. Heute wird das Kloster hauptsächlich als Pflegeheim und für medizinische Ausbildung der Ulmer Universität genutzt. Wir nutzten die Möglichkeit in der Mensa zu essen.


Dann erkundeten wir bei einem Verdauungsspaziergang das ehemalige Klostergelände.

Wir umrundeten den Zentralbau, durchquerten den kleinen Park und bewunderten die gut erhaltenen Gebäude.


Noch ein Foto der Hauptfassade mit dem Kircheneingang, dann setzten wir uns ins Auto, um zum Hotel zu fahren, wo wir unsere Gefährten treffen wollten. Dazu im nächsten Kapitel.


 
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Ludovico, vielen Dank für den Bericht und die herrlichen Fotos aus unserer Hochzeitskirche.
Kurz ergänzend sei noch erwähnt, dass der Bibliothekssaal im hohen Rokokostil erbaut wurde, während das Kircheninnere in weiẞ und gold später datiert und schon deutliche klassizistische Stilelemente aufweist.
Bei uns nennt man das "Zopfstil" in Frankreich Louis XVI. Das ist unter den Kirchen der oberschwäbischen Barockstraße einzigartig.
Die Bücher aus der Klosterbibliothek sind übrigens nach der Säkularisation überwiegend in den Staatsbibliotheken in München und Stuttgart gelandet, denn Wiblingen war wie die ganze Umgebung zuerst bayerisch und wurde dann 1810 württembergisch.
Das Pflegeheim wurde dieses Jahr aufgelöst und durch Neubauten an anderer Stelle ersetzt, das Land wird die Gebäude künftig anders (vermutlich durch die Universität Ulm) nutzen.
Die fehlenden Türme bei der Basilika sind übrigens keinesfalls stilistische Absicht, dem Kloster ist einfach das Geld ausgegangen. Geplant waren die ortsüblichen "Zwiebeltürme", allerdings in monumentaler Größe
 
Das sind wirklich wieder mal tolle und sehr sehenswerte Photos! :thumbup:

Und was du schreibst in Bezug auf das Chorgestühl, das gilt m.E. auch für deine anderen Motive: "eine Augenweide".

Wie nett übrigens, dass sich für gordian mit diesem Ort so wichtige wunderschöne Erinnerungen verknüpfen. 8)
 
Nun ja, wir wohnen ja gerade mal 3 km entfernt von der Basilika. Ich sehe sie eigentlich (von außen) täglich
Und geheiratet haben wir da auch. Obwohl es nicht unsere Pfarrkirche ist.
 
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Wer für barocke Herrlichkeiten etwas übrig hat, der ist natürlich in Oberschwaben genau richtig. Neben Wiblingen sind da die Basilika von Weingarten, die grandiosen Klosterkirchen von Zwiefalten, Schussenried, Obermarchtal , Ochsenhausen, Bad Wurzach,Ottobeuren und,und,und .
Und der für mich absolute Höhepunkt, die großartige Kirche von Steinhausen, die für mich schönste Barockkirche überhaupt.
Ja, ja, die "suevia sacra", wie es einmal ein Papst genannt hat, das katholische Oberschwaben hat schon was zu bieten. (Seinerzeit durchaus als Kontrapunkt zum "unheiligen", weil protestantischen schwäbischen Unterland gemeint)
Meine Frau ist auch völlig begeistert von den Fotos.
 
G+G :D
danke euch beiden für die Rückmeldungen; natürlich ganz besonderer Dank an Gordian für die Insider-Ergänzungen. Schön, dass ich dir eine Freude machen konnte. Ich hoffe, dass es bald in Ulm weitergeht.
 
Erster Bummel

Wir hatten wieder ein Hotel etwas außerhalb der Stadt. Unsere Mitreisenden waren noch nicht eingetroffen und wir mussten noch etwas warten, bis wir unser Zimmer beziehen konnten. Als wir uns frisch gemacht und unsere Kleidung verstaut hatten, traf auch die Gruppe ein. Schon eine halbe Stunde später fuhren wir mit dem Bus in die Stadt zu einem ersten Bummel.

Wir stiegen schon vor dem Bahnhof aus, der zur Zeit eine riesige Baustelle ist. Schon nach wenigen Minuten sahen wir den höchsten Kirchturm der Welt vor uns. Ich musste schmunzeln, als die Erinnerung hochkam. Vor 46 Jahren war ich mit Stoppuhr den Turm hochgerannt. Mal sehen, ob ich den Weg bis zur Spitze überhaupt noch schaffe.

Die ganze Innenstadt ist inzwischen verkehrsberuhigt und machte einen sauberen Eindruck. Als Kontrapunkt zum altehrwürdigen Münster hat man das moderne, weiße Stadthaus errichtet.

Vor dem Stadthaus im Schatten des Münsterturmes nahmen wir für den Begrüßungstrunk Platz. Zwischendurch inspizierte ich die West- und Südseite der gotischen Basilika. Die Ulmer-Spitzen, wie ich sie spontan taufte, waren an den drei Tagen unser Orientierungspunkt. Von den Figuren ist der leidende Christus, der Schmerzensmann die bekannteste.

Ich übernahm es mit einer Freundin für das Abendessen im Ratskeller zu reservieren. Natürlich nutzte ich die Gelegenheit für einen ersten Schuss auf die Rathausfassade und den schmucken Fischkastenbrunnen davor.

Vorbei an der neuen Synagoge (aus der entsprechenden Perspektive bekommt auch ein Rechteckbau eine Spitze) über den Platz am Schwörhaus mit der Christophorusfigur

ging es hinunter zum romantischen Fischerviertel. Das schiefe Haus, heute ein Hotel, ist hier das Schmuckstück.


Wir spazierten in der strahlenden Nachmittagssonne auf den Resten der Stadtmauer an der Donau entlang, und blickten auf das württembergische Ulm und das bayrische Neuulm gegenüber. Unten aus der Donauwiese stiegen vor 46 Jahren die süßlichen Düfte der Blumenkinder der 68 Generation empor.

An der Dreifaltigkeitskirche bogen wir nach Nordwesten ab, um langsam zum Ratskeller zu gelangen.


Einige von uns ruhten sich bei einem Bierchen aus. Ich nahm natürlich die Gelegenheit wahr um das Rathaus herum zu fotografieren.





Ich entdeckte den wohl größten der Ulmer Spatzen, die zu schwer sind um zu fliegen. Auch auf dem Marktplatz steht das prächtige gotische Rathaus der modernen Pyramide gegenüber, die die Stadtbibliothek beherbergt.


In der Nähe des Rathauses steht die moderne Kunsthalle Weishaupt, die über eine gläserne Brücke mit dem Ulmer Museum verbunden ist. Dazu etwas am dritten Tag.

Wir ließen uns das Abendessen schmecken.

Wir spürten den langen Tag und machten uns relativ früh über den Münsterplatz

auf den Weg zum Bahnhof. Von dort brachte uns der Bus schnurstracks zum Hotel. Nach einem Absacker ging es dann ins Bett. Am nächsten Tag wollten wir ja frisch und munter die Stadt intensiver erkunden.

 
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Dieses Nebeneinander von historischen und hochmodernen Gebäuden gibt es erst seit etwa 20 Jahren so, als man angefangen hat, die Folgen der unmittelbaren Nachkriegsbausünden zu beseitigen (Die Ulmer Innenstadt wurde 1944 durch Bombenangriffe zu 75 % zerstört und bei den Nachkriegsbauten ging es eben darum schnell den Wiederaufbau voranzutreiben)
Das Münster ging übrigens im Gegensatz zum Kölner Dom praktisch unbeschädigt aus den Bombennächten hervor, obwohl rundum fast alles "platt" war. Warum das so war, darüber streiten sich die Gelehrten bis heute, mit Verschonung durch die alliierten Bomber hatte es jedenfalls nichts zu tun, wohl eher mit dem Phänomen des "Münsterwinds". Um das Münster herum weht nämlich selbst bei sonstiger Windstille immer ein durchaus straffer Wind, das hat etwas mit der Lage zwischen Donau und Albvorbergen zu tun und irgendwie kulminiert das am Münster.
Das Münster ist übrigens ein Symbol für leichten reichsstädtischen Größenwahn, es fasst nämlich maximal bis zu 30.000 Besucher, obwohl die Stadt zum Erbauungszeitpunkt gerade mal 10-12.000 Einwohner hatte..
 
Ich hoffe, dass es bald in Ulm weitergeht.
... was ja dann nur rd. 2 Stunden später bereits geschah. :eek: :D

Ein neuer Schwung sehr sehenswerter Bilder. :thumbup:




Ich entdeckte den wohl größten der Ulmer Spatzen, die zu schwer sind um zu fliegen.​

In der Tat: Das Fliegen kriegt dieser schräge Vogel ;) nicht auf die Kette.
Dafür jedoch ist er offenbar sehr musikalisch. :]
 
Tag 2; Stadtführung

Für den zweiten Tag hatte ich im voraus eine Stadtführung gebucht. Über indirekte Beziehung wurde mir von einer Ulmerin eine bestimmte Dame wärmstens empfohlen. In einem Telefonat verschob ich auf Wunsch der Führerin unsere Tour um eine Stunde nach hinten. So hatten wir nach dem Frühstück noch genügend Zeit zur freien Verfügung. Mit meiner BEVA inspizierten wir im wesentlichen noch einmal die schönsten Plätze des Vortages, natürlich ganz besonders das Münster. Die Fotos des gesamten Tages ordne ich unabhängig von der Entstehungszeit der Führung zu. Aufmerksame Leser werden dies leicht bemerken.


Wir trafen unsere Führerin vor dem Stadthaus am Münsterplatz, in dem sich auch die Touristeninformation befindet. Schon nach den ersten Sätzen merkten wir, dass sie ihre Stadt liebt, was eine lebhafte Führung erwarten ließ. Das bestätigte sich schnell.

Erwartungsgemäß begannen wir mit dem bemerkenswertesten Bauwerk der Stadt, dem Ulmer Münster, dessen mächtige Türme fast von jedem Platz der Stadt aus zu sehen sind. Der schlanke und dennoch mächtige Westturm (Mitte) ragt mehr als 161 Meter gen Himmel und ist damit der höchste Kirchturm der Welt. Die oberste Aussichtsplattform liegt nur 15 Meter unter der Spitze. Ob ich die 768 Stufen bis dorthin schaffen werde?

Nach der Grundsteinlegung 1377 dauerte es über 500 Jahre, bis dieses Gotteshaus in der heutigen Form stand. Die filigranen Türme und das entsprechende Beiwerk für das heute sehr harmonische Aussehen entstanden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Für eine kurze Übersicht verlinke ich zu einem Video.

Es lohnt auf jeden Fall das prächtige Bauwerk einmal zu umrunden und die Größe auf sich wirken zu lassen. Nicht nur die Türme, auch die Skulpturen und Reliefs an den Pforten bieten auf der Süd- und Westseite eine Menge Sehenswertes.

Die kleine Valentinskapelle haben wir nicht besucht.


Auf das Original des Schmerzensmannes im Kircheninneren war ich gespannt.

Im Lauf der langen Bauzeit hat sich die Gestalt der Kirche stark geändert. Aus der geplanten Hallenkirche wurde schließlich eine fünfschiffige Kirche für 20 000 Menschen; deutlich mehr, als Ulm bei Baubeginn Einwohner hatte. Manche Änderungen waren statisch bedingt. Die Last der mächtigen Türme musste ja kräftemäßig beherrscht werden. Die vielen schlanken Pfeiler und Verzierungen lassen die Massen dennoch elegant aussehen. Da sich Ulm während der Reformation entschloss lutherisch zu werden, gingen im Rahmen eines gemäßigten Bildersturmes doch kostbare Schätze unwiederbringlich verloren.

Durchschreitet man das himmelhohe Mittelschiff unter dem schmucken Kreuzgewölbe,

so kann man vorne im Chor den schönen Altar von Martin Schaffner bewundern. In einer meiner älteren Quellen wird er Schrein des Hutz-Altares genannt.

Einige Skulpturen zieren doch noch die Pfeiler.

Vorne rechts finde ich auch mein Original des Schmerzensmannes, der hier vor den Umweltgiften Schutz gefunden hat.

Das kostbare Chorgestühl stellte der Rat der Stadt währen des Bildersturmes unter seinen Schutz.


Übrigens wird hier nicht Jesus, sondern der Dichter Terenz mit Lorbeerkranz dargestellt.

So können auch wir heute noch dieses Kunstwerk des Ulmer Schreinermeisters Jörg Syrlin d.Ä. bewundern. Gezeigt werden griechische und römische Künstler, Gelehrte und Sibyllen.


Hier noch einige weitere Eindrücke aus dem Ulmer Münster zur stillen Betrachtung. Auf dem linken Foto sieht man Heinrich Parler die schwere Last an, die er mit der Annahme des Bauauftrages zu schultern hat.

Auch Ulm wurde im letzten Weltkrieg stark zerstört. So sind die meisten bunten Fenster Nachkriegswerke. Sehr harmonisch finde ich den Orgelrahmen vor dem Westfenster, das in verschiedenen Blautönen strahlt.

Wir schreiten unter dem großen Engel mit erhobenem Schwert hindurch,


blicken hinter dessen Rücken noch einmal nach vorne auf das große Kruzifix, eine Kopie des Kreuzes in Wiblingen, vor dem Chor und verlassen das Münster durch das Westportal.

Wir haben viel über das Münster, dessen Bauzeit und die enge Verknüpfung mit der Stadtgeschichte gelernt. Dieses gewaltige Gotteshaus wurde schließlich von den Bürgern und nicht von Adligen oder Bischöfen finanziert. Mit Kosten- Nutzenüberlegungen hatte so ein Kirchenbau im späten Mittelalter nichts zu tun. Weit entfernt von rein praktischen Überlegungen entstand hier ein architektonisches und künstlerisches Meisterwerk.

Auch die Geschichte vom Ulmer Spatzen wurde wieder aufgefrischt. Ich hatte diese vor langer, langer Zeit im Lesebuch der 3./4. Klasse kennen gelernt. Für alle anderen unserer Gruppe war die Story neu.

Wenden wir uns nun dem zweiten bedeutenden ulmer Bauwerk zu, dem wunderschönen Rathaus mit seinen Fresken und der astronomischen Uhr. Zusammen mit dem Fischkastenbrunnen und der modernen Pyramide der Stadtbibliothek bildet es den schmucken Mittelpunkt Ulms

Beginnen wir mit dem Fischkastenbrunnen. Er wird dem Baumeister Syrlin, dem wir schon im Münster begegnet sind, zugeschrieben. Dieser schlanke Brunnenaufbau zeigt drei Ritter mit Symbolen und drückt wie Münster und Rathaus den Stolz der freien Reichsstadt aus.

Die schmucke Giebelseite mit den pitoresken Fresken, den Wappen der wichtigen Partnerstädte und Kurfürsten bilden einen interessanten Kontrast zur gläsernen, streng geometrischen Pyramide, die die Stadtbibliothek beherbergt. Ganz oben unter der Spitze lädt ein Leseraum zum Schmökern ein.

Die Astronomische Uhr auf der Ostseite ist mit ihren 14 Funktionen eine technische Meisterleistung ihrer Zeit. Aber auch optisch kann sich das Werk aus dem Jahre 1581 durchaus sehen lassen.

Obige Fotos verdeutlichen die Nähe zum Münster. Welche Turmspitze überragt, ist, wie man sieht, nur eine Frage der Perspektive ;).

Nächstes Ziel war das Schwörhaus. Es ist Sinnbild einer ur-ulmischen Tradition. Jahr für Jahr steht der Bürgermeister auf dem Balkon und leistet den berühmten Eid "Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein ...".

Auf dem Platz steht auch der bereits vorgestellte Christophorusbrunnen und die neue Synagoge. Beide werde ich am Abschlusstag nochmals optisch vorstellen.

Nun ging es ins malerische Fischerviertel mit einer dichten Kneipenszene. Die wichtigsten Gebäude sind hier Lochmühle, Schiefes Haus und das Fischerplätzle.

In dem engen Gassengewirr rund um Große und Kleine Blau sollte man sich einfach treiben lassen und die kleinen Häuschen, in denen früher vor allem Gerber, Müller und Fischer ihr Zuhause hatten, auf sich wirken lassen.




Natürlich bevölkern viele Touristen dieses illustre Viertel. Will man mit einer Gruppe hier essen, so sollte man unbedingt reservieren, was auch wir für den nächsten Tag erledigten.

Beim Spaziergang auf der alten Stadtmauer genossen wir nicht nur die wärmenden Sonnenstrahlen, sondern erfuhren in einem lockeren Gespräch viel über das heutige Leben in Ulm und über berühmte Ulmer und Neu-Ulmer, wie Albert Einstein, die Geschwister Scholl, Hildegard Knef, Herbert von Karajan oder Albrecht Ludwig Berblinger, den Schneider von Ulm, der mit seinem Flugapparat die Donau überfliegen wollte.


Mit Blick auf die Silhouette von Ulm, hier mit Münsterturm und Metzgerturm (der übrigens fast so schief ist, wie sein Kollege in Pisa) und auf Neu-Ulm auf der anderen Donauseite spazierten wir gemütlich und erfuhren von der engen Beziehung zwischen den beiden Städten, die auch durch unterschiedliche Bundesländer nicht behindert wird.


Genau wie gestern bogen wir nun wieder ab,


lernten noch ein paar weniger bekannte Ecken Ulms kennen und verabschiedeten uns schließlich dankber von unserer sympathischen und kenntnisreichen Stadtführerin. Sie versorgte uns noch mit einigen Restauranttipps. Wir brauchten nun etwas Erholung.


Allerdings mussten wir noch einige Minuten laufen,


um schließlich im Innenhof dieser Institution Platz zu finden. Nach viel Zureden konnte unsere Bedienung noch für das Abendessen reservieren. Eigentlich war nun die Besteigung des Münsterturmes vorgesehen. Da die Wetterprognose für den Sonntag positiv war, verschoben wir diesen Programmpunkt jedoch und bummelten einfach noch locker durch die Stadt. Wir hatten viel Spaß dabei. Auch das Essen bei den Drei Kannen war recht unterhaltsam. Wir freuten uns alle auf den nächsten Tag, der nur zwei Programmpunkte hatte, die Turmbesteigung und die Abreise.
 
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Sehr informativ Dein Bericht :thumbup: - wir müssen wohl Ulm auch mal besuchen :)

.....Aus der geplanten Hallenkirche wurde schließlich eine fünfschiffige Kirche für 20 000 Menschen; deutlich mehr, als Münster bei Baubeginn Einwohner hatte. ...
... aber ob die Bürger von Münster alle zur Messe kommen würden :?: :twisted: :~:~:~
 
Tag 3; Abschied

Als wir am Morgen einen Blick aus dem Fenster warfen, erblickten wir nur dichten Nebel. Eine Besteigung des Münsterturmes war damit am Vormittag voraussichtlich nicht sehr sinnvoll. So verabredete ich mich mit einem Teilnehmer zu einem Museumsbesuch. Während die Truppe nach dem Frühstück zum Bahnhof fuhr und ihre Koffer dort deponierte, fuhr ich mit BEVA zum Parkhaus am Münsterplatz. Wir nutzten die Zeit zum Stochern im Nebel.



Wie ihr sehen könnt, bedurfte es keiner Nachbearbeitung, um das Schiefe Haus freizustellen.

Wie von den Baumeistern der Gotik beabsichtigt, führten heute die Münstertürme geradewegs in den Himmel.

Da wir uns vor dem Münster verabredet hatten, studierte und fotografierte ich noch etwas den reichen Figurenschmuck der West- und Südfassade. Auch hier, siehe Mitte unten, wird natürlich das Thema jüngster Tag bzw. jüngstes Gericht verarbeitet. Zu jener Zeit war Ulm ja noch nicht lutherisch.


Die Wasserspeier am Münster sind nur zur Zierde. Sie würden einen kleinen Zoo füllen.

Schräg hinter dem Münster baden vier Betonspatzen am Boden. Einen konnte ich einfangen.

Die Bauhütte, an der Nordseite des Münsters angesiedelt, hat wohl noch viele hundert Jahre reichlich Arbeit, um das Bauwerk in ordentlichem Zustand zu halten. Am Rand des Münsterplatzes ist auch ein Uhrwerk mit Glockenspiel angebracht, dem man lauschen kann.

Nun entdeckte ich meinen Begleiter für den Museumsbesuch. Wir hatten uns auf die Kunsthalle Weishaupt verständigt.


Um auch das über einen gläsernen Steg verbundene Ulmer Museum zu besuchen, war die Zeit aber zu knapp. Wir verzichteten also auf die Ulmer Stadtgeschichte und besonders auf eines der ersten Werke der Kunstgeschichte, den Löwenmenschen und ließen uns stattdessen Zeit, um die Stücke in der Kunsthalle in Ruhe auf uns wirken zu lassen.

Die durch hochwertige Heizungstechnik bekannte Industriellenfamilie Weishaupt hatte hier auf einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Grundstück auf eigene Kosten dieses moderne Ausstellungsgebäude errichtet. Nach Ablauf der Erbpacht wird die Kunsthalle in das Eigentum der Stadt Ulm übergehen. Die Familie zeigt hier zu wechselnden Themen Kunstwerke aus ihrem eigenen Bestand. Im Jubiläumsjahr sind das neben konkreter Kunst auch amerikanische Farbfeldmalerei und Popart.


So leer war es fast die ganze Zeit unseres Besuches. Wir konnten einzelne Werke in aller Ruhe auf uns wirken lassen.


Zunächst einige Werke aus der Rubrik Formen und Farben. Das letzte Werk sieht für mich aus wie Blech aus der Schrottpresse, das poppig lackiert wurde.

Nun einige Werke aus dem Schaffen von Andy Warhol. Es ist wohl nicht nötig die Themen zu nennen.


Noch einige farbige Kurven,

dann fällt der Blick nach draußen auf den Hasenfight, den ich nach so viel frischen, knallbunten Werken bewußt in Schwarz- Weiß wiedergebe.

Auch diese Dame scheint die Ruhe in den großen, leeren Räumen zu genießen.

Schließlich ging es über die Treppe wieder nach unten und durch die Eingangshalle nach draußen. Über Telefon fragten wir den Standort unserer Genossen ab. Sie warteten schon in einem Gasthaus in der Nähe des Fischerviertels.

Unterwegs fotografierte ich nocht etwas. Im wilden Mann nahmen wir schließlich unsere Abschiedsmahlzeit ein. Ein Großteil der Truppe wollte vor der Abfahrt des Zuges noch mal eben den Münsterturm besteigen. Da wir es nicht eilig hatten, verabschiedeten wir uns und ließen uns für das Vorhaben Zeit.


Vorbei am "Schweinemarkt", durchs Fischerviertel und über den Platz am Schwörhaus mit dem Christophorusbrunnen

und der Synagoge (das ist natürlich eine Fotomontage)


bummelten wir gemütlich zum Münster. Wir lösten die Tickets für den Turmaufstieg.

Schon von der ersten Aussichtsebene hat man herrliche Sicht auf die Osttürme und den Münsterplatz mit dem modernen Stadthaus. Da BEVA schon hier umkehrte, konnt ich nun mein eigenes Tempo gehen.

Fotografen kommen nicht außer Atem. Es gibt unterwegs genügend Wasserspeier, die danach schreien portraitiert zu werden ;). Was die wohl in ihren fast 130 Lebensjahren aus der luftigen Höhe erblickt haben mögen?

Dieser Blick von der zweiten Ebene in die Turmspitze zeigt Gotik pur.

Das Dreieck Rathaus, Stadtbibliothek und Metzgerturm hebt sich gegen die Donau ab. Während bis zur zweiten Ebene je eine Wendeltreppe auf- und abwärts führt, gibt es auf dem letzten, sehr engen Stück Gegenverkehr. Angst vor Körperkontakt ist hier fehl am Platz. Eine entgegenkommende Dame meinte: " hier fühle ich mich wie im dicksten Stau auf der Autobahn".

Der Blick hinab lohnt die Mühe des Aufstieges allemal. Ich lasse mir viel Zeit, um die Eindrücke auf mich wirken zu lassen. Irgendwann musste auch ich absteigen.


Unten ein letzter Blick in das Mittelschiff des Münsters

und auf die Farbenpracht, die die Herbstsonne durch die Scheiben versprühte, dann traf ich draußen BEVA, die die Sonnenstrahlen auf einem Stuhl genoss. Die kurze Heimfahrt verlief glatt. Schon heute freuen wir uns auf das Wiedersehen mit der Truppe. Dann soll es nach Potsdam gehen.
 
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