5x Urlaub in Rom: Skurile Momente

Dickwurz

Civis Romanus
Wie fing alles an? :?:
Eine gute Freundin von mir beschloss im Jahr 2001 ein Auslandssemester in Rom zu verbringen. Dabei fing sie sich eine unheilbare Form der „malatia di Roma“ ein, studierte dort fertig und lebt und arbeitet immer noch in der Ewigen Stadt. Die hat’s vielleicht gut! Da sich meine Freundin in Deutschland nur selten blicken lässt, besuche ich sie eben in Rom. Bis jetzt hatte ich fünf Mal das Vergnügen, Roms Zauber zu bewundern, der sechste Besuch folgt mit einem Freund zusammen im Juni. Meine Reiseberichte beschreiben die plötzlichen, unverhofften, skurrilen Momente, die eine Reise unvergesslich machen.

Die Reiseberichte in der Übersicht:

1.) September 2003: „La Notte Bianca“ oder „Der Stromausfall“ und die Lehre, das Thema Fußball nicht auf die leichte Schulter zu nehmen

2.) März 2004: Wie blamiert man sich am Flughafen und Edeldiscotheken machen krank

3.) April 2005: Zum ersten Mal endlich ein gemeinsamer Urlaub, da stirbt der Papst

4.) Juli 2005: Warum ich keine Bienen als päpstliche Wappentiere mehr mag

5.) September 2006: Regentänze funktionieren wirklich, die Audienz beim Papst und die Scavi

6.) Ausblick Juni 2007: die „malatia di Roma“ ist verdammt ansteckend

1.) September 2003
Endlich ist es soweit: Mein Antrittsbesuch bei meiner Freundin in Rom! :D Schon der abendliche Panoramablick vom Flugzeug aus ist atemberaubend! Und dann darf ich das Privileg genießen, eine Woche lang von meiner „persönlichen Reiseleiterin“ durch Rom geführt zu werden! Wirklich unglaublich toll! Zufälligerweise findet während meines Besuchs auch „La Notte Bianca“ (die weiße Nacht) statt, in der die Nacht zum Tag gemacht wird. Ein klasse Programm wird geboten, eine unglaubliche Menschenmasse ist im Zentrum! Da wir von den vergangenen Besichtungstagen doch etwas ermüdet sind, fahren wir etwas früher als die meisten anderen nach Hause. Dies ist jedoch unser Glück, denn wir wollen uns gerade schlafen legen, da fällt der Strom aus. x( Wir denken uns nichts dabei, sind aber doch erstaunt, als am nächsten Mittag die Stromleitungen immer noch tot sind. Nach und nach bekommen wir heraus, dass eine große Störung vorliegt, die von Frankreich herüber halb Italien lahm gelegt hat. Au weia! Kein Kühlschrank, keine Klimaanlage, keine Metro etc. Das ist aber harmlos im Vergleich zu den tausenden von Menschen, die von der Notte Bianca erst gar nicht mehr weg gekommen sind und in Metrostationen etc. übernachten mussten. Also haben wir Glück im Unglück.
Die Eltern des Freundes meiner Freundin, also waschechte Römer, laden mich zum Mittagessen ein, sie haben sich extra dafür frei genommen! Bevor wir bei ihnen ankommen, frage ich meine Freundin, ob die Familie AS Rom oder Lazio Rom Fan sei. Sie antwortet: „Das sind alles AS Fans und absolute Fußballfanatiker! Erwähne bloß nicht Lazio!“ Nach einer herzlichen Begrüßung beginnt das Festmahl. Der Tisch ist so voll, dass unsere Teller kaum noch darauf passen. Bucatini all’amatriciana, Salate, Hackbraten, Frittate, usw. Gerade als der Vater (der übrigens exakt aussieht wie Popeye) mich als „Ehrengast“ mit einer extra großen Portion Bucatini beglücken will, komme ich auf die „grandiose“ Idee, in voller Lautstärke „LAZIO, LAZIO!“ :twisted: zu brüllen… Diesen Blick werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen! Außerdem habe ich plötzlich keinen Teller mehr… Nachdem die Sache aufgeklärt ist, trinken wir noch genüsslich Wein und Schnaps zusammen, mehr als ich will, aber der Vater besteht darauf, dass ich mich durch seine ahnsehnliche Anzahl von Grappe durchprobiere, woraufhin ich den halben Nachmittag ziemlich angetrunken in der Innenstadt rumeiere… :roll:
Eins steht für mich fest: ICH WILL WIEDER NACH ROM!!! Ein eindeutiges Zeichen für eine schwere „malatia di Roma“! Die einzige Krankheit, über die man sich freut!
Dies wird noch verstärkt, als mich meine Mutter vom Bahnhof abholt und in ihrem Auto eine ihrer Kastelruther Spatzen-CD läuft. Stopp! Umdrehen! Ich will SOFORT wieder nach Rom! :lol:

2.) März 2004
Mit einer anderen guten Freundin (die unsere gemeinsame römische Freundin ebenfalls schon einmal alleine besucht hat) kehre ich im März 2004 nach Rom zurück, um den Geburtstag unserer römischen Freundin zu feiern. In Ciampino gelandet, ziehen wir unsere Red-Nose-Day-Nasen auf und tragen in voller Lautstärke ein (ziemlich langes) Geburtstagsgedicht auf hessisch und „tanti auguri“ vor. Ich komme mir total blöd und peinlich vor :blush: , aber die Römer retten uns, indem sie „tanti auguri“ ebenfalls in voller Lautstärke mitsingen. Nochmals vielen Dank!
Unsere Freundin arbeitet zu dieser Zeit in der Edel-Disco „Goa“ als „Hüterin der VIP-Liste“. Daher ist es uns ein leichtes, auch als „Nicht-VIPs“ 8) dort ihren Geburtstag zu feiern. Nachdem wir alle ziemlich angetrunken sind und von dem (deutschen) DJ genug haben, gehen wir vor die Tür und tratschen dort bestimmt zwei Stunden. Es ist verdammt kalt, aber das ist uns in diesem Moment egal. Logische Konsequenz: am nächsten Tag wacht unsere römische Freundin mit einem grippalen Infekt auf, sodass sie die nächsten Tage krank im Bett liegt und von unserem Geburtstagsbesuch nicht mehr viel hat. Schade. :(

3.) April 2005
Nachdem eine Freundin und zwei Freunde von mir schon seit Jahren mal gemeinsam mit mir Urlaub machen wollen, klappt es endlich: Gemeinsam nach Rom! :D Die Wahl des Reiseziels könnte eventuell an meinen begeisterten Urlaubsberichten gelegen haben… :roll:
Am 1. April kommen wir abends an, checken in unserem B&B-Apartment in der Via Merulana bei Santa Maria Maggiore ein (Bed&Breakfast Association of Rome) und gehen „noch mal kurz“ in die Bar gegenüber, um ein Gläschen auf unseren gemeinsamen Urlaub zu trinken. Resultat: 140 € in Alkoholika umgesetzt und sturztrunken in die Betten gefallen… x(
Am Samstag abend treffen wir uns nach einer Sightseeing-Tour mit unserer gemeinsamen römischen Freundin auf dem Campo de’Fiori. Wir haben schon in den letzten Tagen vor unserem Hinflug über den schlechten Gesundheitszustand des Papstes gesprochen, doch was dann auf dem Campo de’Fiori geschieht, habe ich bis heute noch nicht so ganz begriffen: Menschenmassen stehen unter den wenigen Fernsehern in den Bars und plötzlich ist es Gewissheit: Johannes Paul II. ist tot. Schock. Kopfschütteln. Nicht-wahr-haben-wollen. Leere im Kopf. Der erste selbstsüchtige Gedanke: Da schaffen wir es einmal, einen gemeinsamen Termin für unseren Urlaub hinzukriegen und dann stirbt der Papst. Nicht zu glauben…
Die nächsten Tage verlaufen chaotisch. Verkehrschaos. Um der Lage halbwegs Herr zu werden, scheinen die Römer auch schon längst ausgemusterte Busse zu reaktivieren. Uralte verrostete Vehikel ohne Nummernschilder werden eingesetzt, um die Lage etwas zu entspannen, was allerdings nicht viel bringt. Tagelang habe ich für unsere sechs Tage in Rom ein Besichtigungsprogramm erstellt, was ich jetzt in die Mülltonne werfen kann.
In einer Nacht laufe ich alleine von der Piazza Navona zum Petersdom. In der Via della Conciliazione sind immer noch viele Menschen unterwegs. Auf dem Petersplatz stehen, knien, beten hunderte oder tausende von Menschen. Und das nachts um halb vier. Das ist ein Bild in meinem Kopf, das ich als „unwirklich“ bezeichnen würde.
Am Mittwoch ist Heimreise angesagt. Morgens schnell packen und zum Flughafen Ciampino. Wir erkennen den Flughafen kaum wieder. So viele schwer bewaffnete Polizisten (oder Soldaten?) habe ich noch nicht gesehen, unser Flugzeug muss warten, wir können sehen, wie von der Startbahn direkt vor uns ein Jet der italienischen Luftwaffe startet. Als wir in Hahn ankommen, sind wir irgendwie etwas erleichtert.
Ein weiterer Tiefpunkt kommt erst einige Wochen später: Alle unsere Fotos sind weg! Die Festplatte des Laptops, auf der sie gespeichert waren, hat den Geist aufgegeben, Datenrettung ist nicht möglich. So bleibt als Andenken an unseren gemeinsamen Urlaub außer unseren Erinnerungen nur das Ciampino-Flugticket und die B&B-Quittung… Aber viel Spaß gemacht hat es trotzdem.

4.) Juli 2005
Nach dem verwirrenden April-Urlaub entschließe ich mich kurzfristig, meine Freundin, mit der ich im März 2004 zusammen in Rom war, zu begleiten (Studenten sind zeitlich eben flexibel…). Wir wohnen in der Wohnung unserer Freundin. Vielleicht wäre ein Hotelzimmer doch besser gewesen, denn im Rollladenkasten hat sich ein Bienenschwarm eingenistet. Und wessen Schlafsofa steht genau darunter? Meins! :frown: Von der nächtlichen Hitze angeschlagen, geben mir die Bienen den Rest. Den Großteil der Nacht verbringe ich mit Bienen verscheuchen und fluchen. Am nächsten Morgen telefoniert meine Freundin ewig, bis sie einen Imker findet, der „sofort“ vorbeikommen will. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass die römische Zeitrechnung etwas anders ist als die deutsche… Daher habe ich das Vergnügen, die kompletten sechs Nächte Bienen zu jagen. Trotzdem ist der Rest des Urlaubs sehr schön. P.S.: Sollte es sich um Wespen gehandelt haben, werde ich die Barberini selbstverständlich sofort rehabilitieren… :blush:

5.) September 2006
Die Zeiten ändern sich: Meine Freundin ist mit ihrem Studium fertig und arbeitet von ihrem Wohnzimmer aus, das zugleich ihr Büro ist. Das Wohnzimmersofa ist aber zugleich das Schlafsofa und ich möchte ihr mein Geschnarche nicht antun, während sie einen Meter neben mir arbeitet. Daher buche ich – trotz heftigen Protests ihrerseits – für mich ein B&B ganz in der Nähe der Metrostation Cipro – Musei Vaticani (www.b-b.rm.it).
Ein paar Tage vor meiner Reise habe ich einen Bericht über Regentänze gesehen. Die funktionieren tatsächlich, aber nicht da, wo sie aufgeführt werden. :lol: Am Sonntag wird das Wetter schlechter, am Montag regnet es ohne Unterlass in Strömen. Die Kanalisation kapituliert, die Straßen stehen zentimeterhoch unter Wasser. Die Römer haben diese Intensität der Regenfälle seit Jahren nicht mehr erlebt. „Glücklicherweise“ ist Montag, daher haben die meisten Museen geschlossen und die Vatikanischen Museen sind noch überlaufener als sonst. Das Wachsmuseum und das Pastamuseum finde ich nicht ganz so prickelnd, dafür entschädigt mich die Galleria Doria Pamphilij komplett.
Bei der Papstaudienz auf dem Petersplatz habe ich dass Glück, dass Benedikt XVI. in seinem Papamobil in zwei Metern Entfernung an mir vorbeigefahren wird. Ein tolles Erlebnis!
Als Highlight dieses Rom-Besuchs empfinde ich aber die Scavi, die Ausgrabungen unter St. Peter. Unbedingt ansehen! :thumbup: :thumbup: :thumbup:

6.) Ausblick Juni 2007
Einen der Freunde, mit dem ich im April 2005 in Rom war, scheine ich mit einer leichten bis mittelschweren „malatia di Roma“ angesteckt zu haben, denn er will unbedingt noch mal nach Rom und die entgangenen Sehenswürdigkeiten im Vatikan nachholen. Und falls wir vorher im Lotto gewinnen sollten, buchen wir einen Hubschrauber-Rundflug über Rom (www.air-dynamic.com). Man gönnt sich ja sonst nichts! 8)

P.S.: Vielleicht haben Sie es schon vermutet: Dies wird nicht mein letzter Rom-Besuch sein (auch wenn es im Oktober erst mal nach Barcelona geht…)! :]
 
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Hallo und Moin, Moin Dickwurz!

Herzlich willkommen hier im Forum ( schon lange hier "gemeldet", aber 1. Beitrag ) und VIELEN DANK für die "Berichte aus Rom" - habe sie sehr gerne gelesen !!!

Ja, dass der "ROMVIRUS" höchst infektiös ist ;) ---> das können einige hier nur bestätigen .................


Gruß - Asterixinchen :)
 
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Hallo Dickwurz,

auch von mir: Vielen Dank für die munteren Einblicke in die Romreisen!

Aber schon komisch, wie man Sachen ganz unterschiedlich erleben kann... auch ich war in Rom, als der Papst gestorben ist (sein Todestag war Ankunftstag und die Trauerfeier/Beerdigung Abreisetag).

Zwar habe natürlich auch ich etwas von den Menschenmassen und den verschärften Sicherheitsvorkehrungen mitbekommen, aber so habe ich es nicht empfunden:

Die nächsten Tage verlaufen chaotisch. Verkehrschaos. Um der Lage halbwegs Herr zu werden, scheinen die Römer auch schon längst ausgemusterte Busse zu reaktivieren. Uralte verrostete Vehikel ohne Nummernschilder werden eingesetzt, um die Lage etwas zu entspannen, was allerdings nicht viel bringt. Tagelang habe ich für unsere sechs Tage in Rom ein Besichtigungsprogramm erstellt, was ich jetzt in die Mülltonne werfen kann.

Ich fand eigentlich, dass die Stadt Rom die Menschenmassen 1a bewältigt und das ganze wirklich gut hinbekommen hat :thumbup: Wir (und das waren immerhin 35 Leute (Studienfahrt)) sind trotz allem weiterhin alle gemeinsam in einen Bus oder eine Metro hingekommen... na klar es war eng, aber das ist es in Rom doch immer ;) Und zu unserem Besichtigungsprogramm: Von der organisatorischen Seite her, hätte uns nichts besseres passieren können, als dass der Papst stirbt! :blush: :blush: :blush:

Die Stadt war abgesehen von dem Bereich rund um Vatikan und Engelsburg wie leer gefegt! Wir hatten nirgends Wartezeiten (nicht mal am Colosseum) und die Vatikanischen Museen gehörten uns praktisch alleine... normalerweise sind dort ja durch solche Absperrungen in Form von roten Kordeln die verschiedenen Wege vorgegeben, wir konnten uns dort drinnen praktisch frei bewegen, mehrmals zurücklaufen etc. :nod: einfach gigantisch! :D Einzig die Sixtina war nicht zu besichtigen, aber das konnte man ja bei einem weiteren Besuch nachholen ;) Unser Besichtigungsprogramm wurde durch den Tod des Papstes also nicht wirklich beeinträchtig, sicher erforderte es ein klein wenig Flexibilität (Dom&Kuppel waren ja ursprünglich auch geplant) aber wirklich unbrauchbar war es bei weitem nicht.

Ich kann sagen, dass ich Rom bisher nie wieder so relaxt und leer erlebt habe!! :nod: ( abgesehen vom Vatikan eben - aber das wiederum war auch ein ganz besonderes Erlebnis :nod: )
 
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Das mit dem Verkehrschaos in Rom bezog sich hauptsächlich auf die Busfahrten zum Vatikan. Wir wollten es uns natürlich nicht nehmen lassen, einen Blick auf die Vorgänge auf dem Petersplatz zu erhaschen und waren da wohl nicht die einzigen... Wir sind, glaube ich, zwei Mal ab Termini Richtung Vatikan unterwegs gewesen und diese Busfahrten waren eine Katastrophe.

Aber ansonsten waren die restlichen Sehenswürdigkeiten wirklich viel weniger frequentiert als ich es in meinen anderen Besuchen festgestellt habe. Unser Besuchtigungsprogramm habe ich natürlich nicht in die Mülltonne geworfen, das spiegelte nur einen meiner ersten Gedanken wider, als ich die Menschenmassen am Bahnhof Termini eintreffen sah, die alle zum Vatikan wollten.

Unser Urlaub war ansonsten wirklich klasse, und wir haben von "Rest-Rom" sehr viel gesehen, nur eben nicht den Vatikan, auf den sich alle gefreut hatten.

P.S.: Vielen Dank an das Roma-Antiqua-Forum für die vielen tollen Tipps, die mir bei der Planung meiner Besuche in Rom sehr geholfen haben! :nod:
 
AW: 5x Urlaub in Rom: Skurille Momente

Hallo Dickwurz,
vielen, vielen Dank für die ausführlichen Berichte - sehr informativ und auch zum schmunzeln! :thumbup: :thumbup: :thumbup:
 
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