Roms alter Pinienbestand wird zu Sicherheitsproblem

Simone-Clio

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Roms alter Pinienbestand wird zu einem Sicherheitsproblem | NZZ

Ein lesenswerter Artikel von Andrea Spalinger in der NZZ vom 25.10.2017

Die stolzen hohen Pinien mit ihren dunkelgrünen Kronen gehören zum Strassenbild der Ewigen Stadt wie die vielen Kirchen und die antiken Ruinen. Rom ist eine ungewöhnlich grüne Metropole. Über 330 000 Bäume wachsen hier, ein grosser Teil davon sind solche der Art Pinus pinea, die zur Gattung der Kiefern gehört. Die Pinien machen das historische Zentrum pittoresker und verleihen selbst den grossen Ausfallstrassen einen majestätischen Charakter. Doch sind sie nicht nur Dekorationsstücke. Im Sommer schützen sie vor der brütend heissen Sonne, im Winter vor Wind und Regen.
 
Ja, es ist wirklich ein Jammer. :?

Auch Corriere und Repubblica berichten bereits seit einer Reihe von Tagen darüber; vgl. z.B.: Strage d'alberi, Roma in tilt: "Poche cure e tanti scavi ecco perché crollano" - Repubblica.it.

Die Baumpflege werde seit Jahrzehnten vernachlässigt, und bei (schlecht ausgeführten) Straßenbauarbeiten würden nicht selten Teile des Wurzelwerks gekappt.
I tecnici comunali che stanno effettuando una verifica hanno notato l'apparato radicale tranciato e avanzato l'ipotesi di scavi fatti male in passato da ditte al lavoro per le società dei servizi.
"Sono troppi decenni che gli alberi di Roma vengono lasciati senza manutenzione - dichiara Carlo Blasi, docente di Ecologia vegetale alla Sapienza e membro del comitato nazionale del verde pubblico. - Le alberate vivono malissimo. (...) In più l'asfalto, spesso impermeabile, non fa passare acqua e aria. Infine il continuo passaggio delle auto comprime le radici sotto l'asfalto".
Ferner nähmen die Bäume, d.h. deren Wurzeln, Schaden aufgrund der großflächigen Versiegelung des Bodens durch Asphalt sowie des anhaltenden Drucks, den der konstante Autoverkehr verursacht.
 
Ja, es ist wirklich ein Jammer. :?

Genau! Auch folgender Artikel beschreibt und beklagt die mangelhafte Grünpflege in Rom.

Italien: „Plötzlich regnete es Nadeln“ | FR.de

Eigentlich könnten diese Bäume bis zu 150 Jahre alt werden, sagt Blasi. In Städten aber halten sie oft nur 80 Jahre durch. Und etwa so lange liegt auch die Mussolini-Ära zurück.
Video in italienischer Sprache: Emergenza alberi a Roma, tra i pini con gli esperti: "Così capiamo se sono a rischio" - Repubblica Tv - la Repubblica.it
 
Zuletzt bearbeitet:
Rom scheint wirklich ein Problem mit den "Stadt-Pinien" zu bekommen bzw. zu haben: In Prati caduti due Pini di 25 metri - roma.repubblica.it
Zwei 25 m hohe Pinien in der Via Cola di Rienzo (Ecke Piazza della Libertà) stürzen um und reißen im Fallen noch eine dritte mit. Zum Glück gab es keine Verletzten.

Sind Pinien eigentlich für solche Standorte an Straßen bzw. in der Stadt geeignet? Es erinnert mich immer an die riesigen Tannen- oder überhaupt Nadelbäume in hiesigen (Stadt-)Gärten...
 
Sind Pinien eigentlich für solche Standorte an Straßen bzw. in der Stadt geeignet? Es erinnert mich immer an die riesigen Tannen- oder überhaupt Nadelbäume in hiesigen (Stadt-)Gärten...

In den von Simone-Clio verlinkten Artikel der NZZ heißt es:
Ein Grossteil der römischen Pinien wurde in den zwanziger und dreissiger Jahren gepflanzt, viele weitere in der Nachkriegszeit. Das heisst, die meisten Bäume erreichen allmählich das Ende ihres Lebenszyklus. Denn während Pinien in der Wildnis bis zu 150 Jahre alt werden, halten jene in Städten wegen des erhöhten Stresses und der Umweltbelastung nur etwa 80 Jahre durch.

und weiter

Da sich die Wurzeln städtischer Bäume unter dem Asphalt nicht so frei entfalten können wie jene von Pinien auf dem Lande, müssten deren Äste zudem auch regelmässig geschnitten werden. Auch das geschieht jedoch viel zu selten. ..... Dabei habe sich gezeigt, dass nur 3 Prozent von diesen Bäumen gefällt werden müssten. Das heisst allerdings, dass 450 Bäume in der Stadt jederzeit umfallen könnten..

Dies scheint also ein mächtiges Problem zu sein / zu werden!
 
Sind Pinien eigentlich für solche Standorte an Straßen bzw. in der Stadt geeignet?
Nun, eine Pinie kann 200-250 Jahre alt werden. Darum denke ich mir: Ein Gutteil dieser Baeume koennte bereits gestanden haben, als man im letzten Viertel des 19. Jh., d.h. nach der Hauptstadtwerdung Roms, so viele alte Villen verschleudert hat, um riesige Palazzi und Strassenschluchten anzulegen.
 
Danke Euch Beiden! NZZ-Artikel habe ich nicht mehr nachgelesen :blush: und die Überlegung bzgl. "Stadterweiterung und Pinien" leuchtet mir bis zu einem gewissen Grad ein (selbst wenn ich mir nicht so recht vorstellen kann, wie man die Straßenzug-Planung und die Prachtpinien in Einklang gebracht hat ;), aber vielleicht gab es auch damals schon "Grüne" in der Stadtplanung :twisted: - und beim aktuellen grünen "angolo Piazza della Libertà" würde das ja auch keine große Rolle spielen :).
 
Nun, eine Pinie kann 200-250 Jahre alt werden. Darum denke ich mir: Ein Gutteil dieser Baeume koennte bereits gestanden haben, als man im letzten Viertel des 19. Jh., d.h. nach der Hauptstadtwerdung Roms, so viele alte Villen verschleudert hat, um riesige Palazzi und Strassenschluchten anzulegen.

Liebe Gauki! Hier habe ich endlich mal - wie bin ich stolz!! 8) - aufmerksamer gelesen als Du (siehe meine Antwort mit den Zitaten aus der NZZ, die Simone verlinkt hatte).
 
Hhhmmm ... also m.E. handelt es sich da um zwei unterschiedliche Erklaerungsversuche, die durchaus beide zutreffen koennten. ;)

Und keine Sorge: Doch, gelesen hatte ich das auch. :nod:
 
.. also m.E. handelt es sich da um zwei unterschiedliche Erklaerungsversuche, die durchaus beide zutreffen koennten

Irgendwie klingt das für mich sehr juristisch :lol:

---------- Beitrag ergänzt um 20:16 ---------- Vorangegangener Beitrag um 20:11 ----------

.. NZZ-Artikel habe ich nicht mehr nachgelesen...
Ich fand Deine Frage sehr interessant und habe daher im Internet nachgeforscht. Dadurch bin ich auf den NZZ-Artikel gestoßen. Als ich ihn schon stolz wie Oskar posten wollte, habe ich festgestellt, dass Simone-Clio viel früher den Überblick hatte. :nod:
 
Pinien sind generell als Straßenbäume nicht sehr geeignet, da sie einerseits als ausgesprochene Flachwurzler erhebliche Schäden an den Straßen und Gehwegen anrichten können und andererseits durch Straßenbauarbeiten aller Art im Wurzelbereich selbst schwer in Mitleidenschaft gezogen werden . Anders sieht das natürlich in Anlagen aus oder auch auf verkehrsfreien Plätzen, sofern der Wurzelbereich möglichst weitgehend nicht versiegelt wird durch Pflaster oder Asphalt. Aber das ist in Innenstädten sicher schwierig.
 
Wahrscheinlich nicht älter als die Straßen selbst aber wahrscheinlich älter als die Asphaltierung. Die ist nämlich das Problem für die Pinien, weil das Wasser von den Wurzeln abgehalten wird, was bei einer strada bianca nicht der Fall ist. Das ist Gift für jeden Baum aber für die Pinien besonders, weil die ganz flach wurzeln und nicht imstande sind, Wasser aus tieferen Erdschichten zu ziehen. Da wären andere Bäume günstiger, Platanen etwa oder Mittelmeer-Zypressen.
Aber ich bin kein Botaniker. Vielleicht findet sich hier einer ??
 
Es würde mich schon auch interessieren, wie lange Pinien schon "Straßenbäume" sind.

Uns ist auf den Zeichnungen in der sehenswerten Ausstellung DAS LICHT DER CAMPAGNA Die Zeichnungen Claude Lorrains aus dem British Museum, London aufgefallen, dass bei Zeichnungen von der Campagna vereinzelt Pinien zu sehen waren. Allerdings auf Zeichnungen von Rom konnten wir keine entdecken. Das kann natürlich nun an Lorrain (1604/05-1682) liegen. Auch ist das schon lange her, dass er gezeichnet hat.

Aber es fiel uns eben auf und wir hatten da schon überlegt, seit wann wohl Pinien mit Italienflair gleichsetzt werden.

Wie sah es eigentlich früher an der Via Appia aus?
 
Pinien stammen auch ursprünglich schon aus dem nördlichen Mittelmeerraum, so dass man getrost davon ausgehen kann, dass sie auch schon in römischer Zeit um Rom herum vorhanden waren.
An Straßen wurden immer schon gern Bäume gepflanzt, vor allem als Schattenspender für den Sommer. Da eignen sich natürlich Pinien auch. Die Straßen waren ja nicht asphaltiert.
Napoleon hat z.B. an seinen Heerstraßen massenhaft Bäume pflanzen lassen, um den Soldaten das Marschieren bei Hitze zu erleichtern. Allerdings vorwiegend Platanen und keine Pinien.
 
Zu meiner letzten Frage habe ich - nicht ganz so alte - Bilder auf dem Goethezeit-Portal gefunden. Was es so alles im ww-netz gibt! 8O

---------- Beitrag ergänzt um 15:48 ---------- Vorangegangener Beitrag um 15:38 ----------

Ja, das leuchtet mir ein, was gordian sagt. Allerdings weist er auch auf die Umgebung von Rom hin (wie eben auch Via Appia)
.... dass sie auch schon in römischer Zeit um Rom herum vorhanden waren...
Wie war's aber in der Stadt? Klar, gab es das Problem des versiegelten Bodens nicht so. Trotzdem stellt sich mir die Frage, welchen "Stellenwert" Pinien hatten. Hat sich das gerade durch die Romantik bei uns ggf. verändert? Also nicht nur mehr ein praktischer Schattenspender sondern ein überhöhtes "Seele baumeln lassen"?

Na ja, vielleicht hat ja jemand über das Thema promoviert und meldet sich hier mal :].
Ansonsten bleibt's eben beim Halbwissen, aber sicher werde ich mir alte Stiche und Gemälde aus der Gegend in nächster Zukunft darauf genauer ansehen.
 
Nun ja, den Deutschen wird ja immer schon ein besonderes Verhältnis zu Bäumen und Wäldern nachgesagt, schon in der Antike war das bei den alten Germanen so, die heilige Bäume und heilige Haine hatten.
Solche Sentimentalitäten sind m.W. von den alten Römern nicht bekannt und auch die heutigen mediterranen Völker haben sicher ein weniger mythenbehaftetes Verhältnis zu Bäumen und Wäldern wie die Deutschen.
Diese Pflanzen hatten nützlich zu sein, Holz oder Früchte zu liefern oder eben Schatten zu spenden. Pinien liefern Holz und Pinoli und waren daher nützlich.
Ich könnte mir denken, dass in den Städten Bäume (wohl vorwiegend fruchttragende) allenfalls in Gärten von reichen Leuten auftauchten oder eben als Schattenspender an öffentlichen Plätzen.
 
Wie sah es eigentlich früher an der Via Appia aus?
;) Da spuken uns wohl noch immer die Bilder aus Filmen über die "alten Römer" im Kopf rum (die wahrscheinlich nicht an der Appia Antica gedreht wurden) ;). Ettore Roesler Franz sah die Appia antica seinerzeit so und auch am Cimitero acattolico hat er Pinien festgehalten. Angeblich soll er seine Stadtansichten und das "römische Leben" ziemlich realistisch gemalt haben, auch wenn er die im letzten Viertel des 19. Jh. einsetzende starke Veränderung, auszublenden versuchte. Aber Bilder von Pinien in der Stadt habe ich wenige gefunden. An der Porta Salaria hat er welche entdeckt und in den Prati di Castello. Gut gefällt mir die Pinie, die über eine Mauer an der (heute ganz zentralen) Via di S. Nicola da Tolentino schaut. Alle Ansichten lassen darauf schließen, dass diese hohen Kiefernbäume gerne in "herrschafltichen Gärten" ihren Platz hatten. Und wenn ich auf google maps schaue, dann ist es auch heutzutage noch oft so, dass auf den großen "Ausfallstraßen" (z.B. Via Nomentana) die Pinien oft hinter hohen Mauern stehen. Und auch die Grünanlagen, die in letzter Zeit "Orte des Geschehens" waren, könnte man ja eigentlich als "Gärten" ansehen, wo man Pinien als respektable Schattenspender haben wollte. Im übertriebenen Maße als (Straßen-)Alleebäume scheinen sie ja nicht angepflanzt worden zu sein.

Und nun ist eine gute Gelegenheit, bei den Pini di Roma von den "altersschwachen" Pinien in Rom Abstand zu nehmen. :twisted: :D
 
Vielen Dank für die schönen Bilder!

Gut gefällt mir die Pinie, die über eine Mauer an der (heute ganz zentralen) Via di S. Nicola da Tolentino schaut.
Das habe ich auch gesehen und musste erst mal nachsehen, wo die Straße ist.:blush: Habe gesehen, dass es eine Kirche dieses Namens dort gibt. Ob ein Besichtigung sich lohnt? Wirklich sehr schönes Gemäde (bzw. wohl Aquarell, oder?)!

Ich habe heute noch ein bisschen "herumgestöbert" und gehe inzwischen auch davon aus, dass die großen Pinien eher im Umland und an den Ausfallstraßen standen.

Und nun ist eine gute Gelegenheit, bei den Pini di Roma von den "altersschwachen" Pinien in Rom Abstand zu nehmen. :twisted: :D
Genau: Die Pinien von Rom von Respighie habe ich mir vorhin aufgelegt.

Danke allen für die schönen geistigen Spaziergänge durch die Pinienwelt!
 
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