Römische Splitter in der Provinz Hispania

Weiter ging es entlang des Flusses, wo Ruinen im Schatten beziehungsweise direkt unter einem modernen Verwaltungsgebäude zu sehen sind. Es ist in Mérida so wie in Rom! ;) Wird irgendwo in der Stadt gebuddelt oder gebaut, stösst man garantiert auf römische Hinterlassenschaften.
Wir besuchten die Ausgrabungsstätte Morería, ein römisches Viertel, welches in den folgenden Jahrhunderten den Visigoten und dann den Mauren als Wohnstätte diente. Deswegen auch der maurische Name.
Das Viertel liegt an der alten Stadtmauer, und wird von 4 parallel in Richtung Fluss verlaufenden Strassen durchschnitten, die alle im gleichen Abstand zueinander liegen. Eine grosse Strasse kreuzt und verbindet die Hausblöcke. Insgesamt hat man 13 Wohnhäuser gefunden, die auch im Erdgeschoss mit Geschäften und Werkstätten ausgerüstet waren. Die Strassen waren mit Säulengängen gesäumt.

Hier die Reste der Cloaca von Merida, die tatsächlich noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts benutzt wurde. Erstaunlich! o_O
Die verschiedenen Ausgrabungen und Monumente können mit einem Sammelticket besichtigt werden. 5 Eintritte für 15 Euro, da kriegt man wirklich was fürs Geld geboten. Andere Monumente sind frei zu besichtigen und liegen mitten in den Wohnquartieren. Wie z. B.: dieser grosse Brunnen. Zwar ist er seiner Marmorausstattung beraubt und nur sehr schlicht wieder hergestellt worden, aber die Ingenieursleistung der Römer, das Wasser über viele Kilometer, über Berg und Tal bis in die Stadt zu bringen, die ist wirklich bewundernswert.
Der Brunnen war sozusagen das schöne Gesicht einer grossen Zisterne, wo das Wasser gesammelt und auch unterirdisch in der Stadt verteilt wurde. Auch wenn die Strassen heute eher klein und eng wirken, verlief vor dem Brunnen die Kardo, die andere Hauptstrasse, die die Decumanus im rechten Winkel schnitt.

Und nebenbei kann man an den Strassennamen noch ein bisschen in seine Geschichtskenntnisse auffrischen:

 
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Herzlichen Dank, liebe Nihil, für den tollen Berichtsteil. Nun habe ich wieder ein Ziel mehr in Spanien.
 
Die römische Küche kann man ja durchaus auch der leichten Diät anpassen.

Genau, und Eis läuft bei mir unter Schonkost :D
Eiscreme ist wirklich leicht schleckbar. Und sollte die Sahne zu schwer wiegen, nimmst du die leichte vegane Variante.

... Nun habe ich wieder ein Ziel mehr in Spanien.
Hallo Dentaria, es freut mich, wenn du mit Merida in Spanien ein neues Ziel vor Augen hast. Merida ist sicher ein Hauptort für " Romliebhaber", denn hier findet sich auf kleinem Gebiet alles, was auch in Rom geboten wurde.
 
Und wie kam das Wasser in den Brunnen? Wie auch in Rom, bauten die Römer für die Versorgung mit Trinkwasser , aber auch für das Planschvergnügen in den zahlreichen Thermen, mehrere Aquädukte, von denen sich das Aquädukt " Los Milagros" am besten erhalten hat.
Los Milagros= die Wunder, müssen den Einwohnern der Stadt in späteren Jahrhunderten wie Wunder erschienen sein, denn solche eleganten Bauwerke zu konstruieren, war für lange Zeit nicht mehr möglich.


Das Aquädukt überquert das Tal des Flüsschen Albarregas mit riesigen Bögen , die bis 25 Meter Höhe erreichen und führte das Wasser aus dem Stausee " Proserpina" über 12 Kilometer bis zum höchsten Punkt, der Stadt, wo sich die grosse Zisterne und der monumentale Brunnen befand.
Wahrscheinlich ist dieses Werk in der Zeit des Kaiser Claudius oder in der Flavier- Epoche entstanden, also im 1. Jahrhundert n. Chr.
Die Pfeiler sind innen mit Opus caementum gefüllt, aussen mit grossen passgenau behauenen Granitquadern verkleidet. Zwischenlagen und Bögen bestehen aus gebrannten Ziegeln und heben sich leuchtend rot vom grauen Granit ab. An den Aussenseiten sind Strebepfeiler vorgesetzt, allerdings nicht mehr an allen Pfeilern erhalten, weil man in den nachrömischen Zeiten diese Steine als Baumaterial weiterverwendete.

Parallel zum Aquädukt verläuft eine kleine römische Brücke über den Fluss, der in diesem Bereich üppig grün zugewachsen ist.


Ansonsten ist der Fluss leider in ein langweiligen Betonbett gezwungen. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war der Fluss eher ein Rinnsal, was sich aber sicher bei Starkregen schnell ändert. Nicht umsonst sind die Aquäduktpfeiler im Flusslauf aus besonders sorgfältig geschichteten Granitquadern gebaut.


In der Parkanlage rund um das Aquädukt lässt sich schön spazieren, noch schöner wäre ein renaturierter Fluss.

Aber selbst in den Schlammtümpeln suchten exotische Vögel nach Nahrung.

 
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So langsam wurde es Zeit sich ein Plätzchen zum Mittagessen zu suchen. Aber bevor wir uns auf einer Terrasse im Grünen niederliessen ( auch im Oktober war es noch angenehm warm), stiessen wir auf diese Säulenheilige :cool:


Die Heilige fiel da oben garnicht so auf, mehr jedoch die Säule, die aus lauter römischen Bruchstücken zusammengesetzt war. Auf spanisch heisst die Säule: Obilisco oder Piramide de Martir Santa Eulalia. Santa Eulalia erlitt als 12 jährige im Jahr 304 den Märtyrertod während der Christenverfolgungen unter Kaiser Dioclezian.


Das Standbild wurde erst im 17.Jahrhundert aufgestellt. Der Säulenschaft besteht aus einem korinthischen Kapitell und verschiedenen Aras. Die Orginale sind nun im römischen Museum in Mérida zu bewundern, aber auch die Replika hinterlässt einen Eindruck!

 
So, nachdem wir uns an der reichhaltigen extremeñischen Küche versucht hatten und wieder Kraft und Lust hatten, weitere römische Hinterlassenschaften in Augenschein zu nehmen, machten wir uns auf, das Theater und Amphit-Theater von Merida zu besuchen. Ersteres ist wahrscheinlich das berühmteste Monument von Merída und sicher eines der schönsten römischen Überbleibsel in Spanien.
Ich hatte vorher schon Bilder gesehen, aber dieses Bauwerk mit eigenen Augen zu sehen, verschlug mir tatsächlich die Sprache.! Zunächst mal der Blick über den" Gartenzaun"

Aber dann von Angesicht zu Angesicht:

Und es war tatsächlich leer, ob es an der für spanische Verhältnisse noch frühen Mittagszeit lag, so dass das Gros der Touristen noch in den Restaurants sass? Wir genossen jedenfalls ein herrliches Bauwerk fast ganz allein und still. Ein Tourist sang allerdings ein Liedchen, um die Akustik zu prüfen und die ist wirklich toll. Selbst auf den weitentfernten Rängen hört man alles. Was u.a. dazu geführt hat, dass im Sommer dort antike Schauspiel aufgeführt werden und zwar nachts, denn im Sommer ist es in Extremadura extrem heiss.

Nach dem Zusammenbruch des römischen Imperiums, folgten unruhige Zeiten mit den verschiedenen Völkerwanderung , Stammeskriegen, und der einsetzenden Christianisierung. Theater galt plötzlich als unmoralisch und so wurde das Theater teilweise demoliert, teilweise zugeschüttet. Aus dem 15 Meter hohen Schutt ragten nur noch die höchsten Sitzreihen des ehemaligen Zuschauersranges, die summa cavea, die im Volksmund die " Las Siete Sillas" genannt wurde, die sieben Sitze. Natürlich gaben diese Reste immer wieder Anlass zu Spekulationen, dass dort Schätze vergraben sein , was zu wilden Grabungen führte. Schliesslich wurde das bis dahin als Feld und Weidegrund genutzte Gelände 1910 von der städtischen Verwaltung abgesperrt und es begannen die archäologische Ausgrabungen. Die Ränge bestehen aus Opus caementicium, ursprünglich mit Marmor verkleidet. Ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die verstreut herumliegenden Säulen, Statuen und Gemäuer wieder aufgerichtet. Man erkennt das Halbrund , die Orchestra , wo der Chor die antiken Theateraufführungen begleitete. Dahinter erkennt man die halbrunden und rechteckigen Exedra, und dann die Bühne, die nach hinten von einer 30 Meter hohen Frons scaenae abgeschlossen wird. Diese wird durch die Säulen in zwei Geschosse gegliedert. Die Säulen sind aus bläulich schimmerndem Marmor und tragen reichverzierte korinthische Kapitelle und Architrave:

Durch drei Durchlässe konnten die Schauspieler die Scaena betreten, von denen der Mittige durch die Statue der Göttin Ceres bekrönt wird. Es ist aber auch möglich, dass die Figur die vergöttlichte Ehefrau des Kaisers Augustus, Livia darstellt ist. Die Scaena ist 60 Meter lang und 7 Meter tief, dagegen wirken heutige Theaterbühnen wie kleine Guck-Kästen.;)


Der Bau des Theaters wird Marcus Vipsanius Agrippa zugeschrieben, im Jahre 16 v. Chr. Consul, General, Architekt und Pratonus Coloniae, Es fanden sich verschiedene Inschriften, die den Patronus eindeutig identifizieren.

Marcus Vipsanius Agrippa ( 64-12 v. Chr.), war neben seiner politischen und vorallem militärischen Laufbahn zudem ein enger Freund und auch Schwiegersohn des Kaisers Augustus. Durch seine militärischen Erfolge gegen den Gegner Marcus Antonius, verhalf er Octavianus überhaupt erst zu seiner Position als erster römischer Imperator. Zu Hause in Rom ist er u.a. bekannt durch die Inschrift im Pantheon.;)
Marcus Vipsanius Agrippa wurde der mächtigste Mann neben Kaiser Augustus. Als Marcus Vipsanius Agrippa starb, hielt August einen Monat Staatstrauer und liess die sterblichen Überreste seines engen Freundes und Vertrauten in seinem eigenen Mausoleum bestatten.

Die Sitzordnung war übrigens streng geregelt und es gab sogar immer wieder den jeweiligen Zeitumständen und der Moral angepasste Gesetzeswerke, damit die Ordnung und Sitte nicht in Gefahr geriet. So regelte das Gesetzeswerk Lex Roscia Theatralis aus dem Jahre 67 v. Chr. , dass die ersten 14 Reihen für die Ritterschaft reserviert waren. Unter der augusteischen Lex Iulia Theatralis wurden Frauen auf die hinteren und damit schlechtesten Ränge verbannt. Frau sass auf der Cavea summa. Da sass ich auch mit beeindruckenden Aussichten auf die Bühne, die Frons scaenae im 2. Stock und darüber hinaus.

Es muss beeindruckend sein, in diesem Theater klassische griechische Stücke aufgeführt zu sehen. Aber auch modernes Theater wird dort präsentiert bis hin zu Rock-Konzerten. Nachhaltige Nutzung einer 2000 Jahre alten Bühne...:cool:.

Hinter dem Theater befindet sich eine Art " Heiliger Hain". Man hat verschiedenen Gebäude ausgegraben und rekonstruiert, die erst lange nach der Errichtung des Theaters entstanden sind.
Da gibt es ein Haus am westlichen Eck des Theaters, mit schönem Mosaik und schönen Fesken aus dem 2. Jahrhundert nach Chr., dass aber bis in das 4. Jahrhundert genutzt und immer wieder umgebaut wurde.:

Man nimmt an, dass es sich ganz klassisch um ein Wohnhaus mit säulenumstanden Atrium und Brunnenanlage handelt. Nach einer anderen Deutung, könnte das Gebäude auch als eine frühchristliche Kirche gedient haben.
Hinter dem Theater konnte das Publikum unter einem Peristyl im Grünen wandeln und auch opfern, denn ein kleiner Tempel zu Ehren des vergöttlichten Augustus war ebenfalls angelegt.

Nach der "interlektuellen und seelischen Erbauung" zogen wir dann um ins rustikale Amphitheater, Panem et Circenses zur Volksbelustigung wie überall im Imperium romanum. ;)




 
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Das Amphitheater:

Es muss nicht immer alles kolossal sein wie in der Urbs, auch in der Provinz steht so manches Amphitheater in der verkleinerten Version herum. So auch in Augusta Emerita, gleich benachbart zum Theater.

Auf der Eingangspforte des römischen Museums kann man die Architektur und Nachbarschaft in Bronze gegossen sehen und be-greifen.

In den verschiedenen Auf- und Durchgängen und Vomitorien sind die unterschiedlichen Gladiatoren Tätigkeiten abgebildet und geschildert. Den Grausamkeiten sich gegenseitig zu verletzen und zu töten sind keine Grenzen gesetzt.

Hier unter in der Arena kam es dann zum tödlichen Stelldichein:

Man kann auch noch die Tierzwinger erkennen mit ihren Luken, durch die die Viecher gefüttert wurden und die Öffnungen hin zur Arena.

Nach diesem langen Nachmittag im römischen Entertainment-Business waren wir dann aber doch kultursatt und müde, sodass wir dem Ausgang zustrebten.

 
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Plaza de Toros

Es folgt jetzt ein kleiner neuzeitlicher Kulturausflug, der aber doch seine Wurzeln durchaus in den römischen Panem et Circenses hat... Wo schon die Legion X Gemina entlang der römischen Wasserleitungen maschierte,


kamen wir zur Plaza de Toros, der Stierkampf-Arena.

Die von Merída hat allerdings ihre Funktion so aufgegeben, wie das Amphitheater. Stierkämpfe finden dort nicht mehr statt, aber Panem bekommt man dort immer noch und da sich der Hunger nach so viel Kultur meldete, nahmen wir in sehr spanischer Atmosphäre eine ( vegetarische) :cool: Kleinigkeit zu uns.
Unter den Häuptern ehemaliger tierischer Teilnehmer und in einem Sammelsurium von Stierkampfdevotionalien kann man wirklich nett speisen und die extremeñischen Weine sind nicht aus Ochsenblut/ Sangre de Toro.


Frauen müssen hier nicht mehr auf den hinteren Rängen Platz nehmen wie zu imperialen Zeiten im Theater:
Die Wirkung des übermässigen Weingenusses zeigt sich aber im letzten Bild. :oops:
 
Sehr schöne Bilder, herzlichen Dank dafür!
Ich freue mich schon auf meine Studienreise im kommenden Jahr in die Gegend. Das Thema Stierkampf ist mir allerdings sehr fremd.
 
Hallo Dentaria, da hast du recht; Stierkämpfe sind nicht jedermanns/ frau Sache. Immerhin leben die Stiere bis zu ihrem Tod in der Arena ein freies schönes Leben und das mindestens 3-6 Jahre.

Nun wieder zu den römischen Überbleibseln , die seit 2000 Jahren das Stadtbild von Augusta Emerita mitgeformt haben, und das nicht nur unterirdisch.
Diana-Tempel, der Mars-Tempel und das Forum:

Mittendrin und besonders spektakulär bei Nacht ist der sogenannte Diana-Tempel. Wir stolperten auf der Suche nach einem Pätzchen für´s Abendessen über diesen gewaltigen Splitter.

Der Name Diana-Tempel ist eine Erfindung, die nichts mit der eigentlichen Weihe des Tempels zu tun hat. Aber gut klingt!:D


Wahrscheinlich war der Tempel dem Kaiserkult geweiht. Errichtet im 1. Jahrhundert n. Chr. am Forum " Colonia", ist es das einzige wirklich guterhaltene religiöse Gebäude in Merida. Man bestaunt ein auf rechteckigem Grundriss errichtetes ca. 3 Meter hohen Podium. Diese Sockel besteht aus sorgfältig zurechtgeschnittenen Steinen und schliesst mit einem Gesims ab. Darauf erhebt sich der Tempel mit Ausmassen von 32 x 18 Meter, Säulenumstanden , mit jeweils 6 Säulen an den Stirnseiten und 11 an den Seiten. Aufgrund der Säulenanordnung handelt es sich bei dem Tempel um einen Peripteros. Die kannelierten Säulen sitzen einer Basis auf und sind oben mit korinthischen Kapitellen geschmückt.


Teilweise ist noch der Architrav erhalten. An der Eingangsseite kann man noch den einen kleinen Bogen über dem Giebelfeld sehen, ähnlich wie beim Tempel in Augustobriga. Vom Giebelfeld und dem Dach ist nichts erhalten geblieben. Auch von der Cella gibt es keine Überreste. Erreichen konnte man den Tempel über eine gewältige Treppenanlage, von der noch ein paar Zementblöcke herumliegen. Bei den Ausgrabungen kann man gut erkennen, dass auch in Merida das römische Strassenniveau mindestens 2-3 Meter unter dem Heutigen liegt.


Das der Tempel noch steht verdankt sich einem Grafen namens Corbos. Dieser baute sich seinen Renaissance-Palast im 16. Jahrhundert einfach unter Einbezug der Säulen in die Tempelanlage.

 
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Das Forum:

Davon hat Merida gleich zwei Stück. Der obenbeschriebene " Diana"- Tempel war Teil des Forum Colonia , das pulsierende Herz der Stadt mit Markt, Tempeln, Rechtsprechung und Politik.
Die heutige Strasse ein paar Meter hinauf, stösst man auf die Überreste eines weiteren grossen Gebäude. Man nimmt an, dass dies Teil einer Portikus war, die eventuell einem Augusteum zuzuordnen ist. Ein Ort, wo die Seviri augustales den imperialen Kult vollzogen. Ein dem Augustus geweihter Altar legt diese Deutung zumindest nahe. Dieses auch " Marmorforum" genannte Eckchen war wahrscheinlich im Zuge der Forumserweiterung nordöstlich angelegt worden. Nachdem in den ersten Jahren nach der Stadtgründung vorzugsweise der örtliche Granit verwendet worden war, verschönerte man nun alles mit Marmor. Hier fanden sich Clipei in Form von Medusen- und Ammonsköpfen, Karyatiden, Togati, deren Orginale alle im römischen Museum von Merida zu bewundern sind.


Vom Forum provincial im Norden der Stadt blieb nicht viel Sichtbares. Man nimmt an, dass Teile in der Nähe des Parador von Merida liegen. Wahrscheinlich existierte dort auch ein Tempel, dem Kult der" Concordia "gewidmet, denn es fanden sich Inschriften, die eine Zuordnung wahrscheinlich machen. Selbst, wenn dieses Forum untergegangen bzw. noch nicht wirklich ausgegraben ist, so ist doch der Zugang zu diesem Forum noch heute beeindruckend: der sogenannte Arco de Traiano, den Traiansbogen. Ohne Zement gesetzt halten die Steine nur durch die eigene Schwerkraft und die Zugkräfte. Man sieht die typischen Löcher der Zangen, mit denen die passgenau behauenen Steine gesetzt wurden und immer noch nach 2000 Jahren an Ort und Stelle halten!

Die lichte Weite des Bogens beträgt knapp 9 Meter, die Höhe 14 Meter, die Breite ca.13 Meter, die Tiefe ca. 6 Meter. Also eine beeindruckende Konstruktion. Obwohl der Bogen den Namen des Kaisers Traian ( 53-117 n.C hr.) trägt, wurde der Bogen wohl eher in den Zeiten des Tiberius ( 42 v. Chr.- 37 n.Chr.) errichtet. Es handelt sich auch nicht um einen Triumphbogen, sondern um das ehemalige Eingangstor zum Provinz-Forum. Was man sieht, ist so zusagen nur das granitene Gerippe, denn ursprünglich war der Eingangsbereich mit weissem Marmor verkleidet und bot neben dem zentralen Bogen auch noch seitliche schmalere Durchgänge. Auch wenn man nach dem Durchschreiten dieses Bogen nun nicht mehr im Forum landet, so ist es doch ein römischer Riesensplitter im Gassengetümmel.
 
Der Marstempel/ Hornito de Santa Eulalia

Der Marstempel als solchen gibt es nicht mehr, aber es zeigt sich auch im fernen Westen des römischen Imperiums die nachhaltige Verwendung von fein gearbeiteten Marmor und die Neu-Interpretation von religiösen Kulten. ;) Nicht nur in römischen Kirchen findet man die Spolien römischer Tempel, auch in Merida gibt es so etwas als Schrein der Stadt-Heiligen: Santa Eulalia


Unter Wiederverwendung von Bruchstücken, Säulen wurde vor der Basilika der Stadt diese Kapelle 1612 errichtet,
Und wie der Rat der Stadt einmeisseln liess: Estas piedra de marmol se hallaron labradas de las ruinas de la ciudad. = Diesen bearbeiteten Marmor fand man in den Ruinen der Stadt. Ein echtes Recycling also.


Mitten auf den Bürgersteig ragt das Kapellchen hinein, ist Blumen und Kerzengeschmückt und wird von Gläubigen frequentiert, die dort beten oder bitten oder danken. Im Volksmund " Hornito de Santa Eulalia" genannt, das Öfchen der Heiligen. Laut Überlieferung starb Eulalia an dieser Stelle während der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian nach verschiedenen Folterungen und wurde verbrannt. Bei ihrem Tod soll aus ihrem Mund eine weisse Taube gen Himmel aufgestiegen sein...auch wenn die Steine der heutige Behausung aus dem Tempel des Kriegsgottes Mars stammen. Übrigens ist Santa Eulalia die immerwährende Bürgermeisterin vom Merida. o_O



Wo sich die Stelle des Marstempels befand, ist unbekannt, man vermutet aber einen Standort im Provinzforum. Das die Bruchstücke einem Marstempel zugeordnet werden können, verdankt sich der Inschrift: Marti Sacrum Vettilla Paculi. Domitia Vettilla Pacula, aus Vercellae in Italien stammend, war die Ehefrau des Senators und Konsul Lucius Roscius Paculus ( 136 n. Chr. Konsul) und sorgte zu Zeiten Hadrians wahrscheinlich für eine Renovierung des Marstempels.

Wieder ein nettes Stolpersteinchen am Wegesrand.:)
 
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Der Circus vom Augusta Emerita


Wie in jeder grösseren Stadt im Imperium und erst recht in einer Hauptstadt wie Augusta Emerita von der Provinz Lusitania, wurde auch ein Circus zur Belustigung der Einwohner angelegt. Was heute der Fussball ist, waren damals vorallem Pferde-/ Wagenrennen, die die Massen begeisterten und die auch "Fanclubs" für die verschiedenen Teams begründeten. Wie heute die Fussball-Legenden, so genossen die Aurigae , die Wagenlenker Kultstatus und auch ihre Pferde. Einige wurden auf Mosaiken verewigt, was doch irgendwie schöner ist als Christian Ronaldo als Bronzekopp. christiano ronaldo büste - Google-Suche
Der Circus befand sich nordöstlich vor den Toren der Stadt. Laut Wiki soll er nach dem Circus Maximus in Rom, der Grösste im römischen Imperium gewesen sein! Immerhin sind seine Ausmasse doch ziemlich gross: 440 Meter lang, 115 Meter breit bot der Circus Platz für 30.000 Zuschauer. Erbaut im 1. Jahrhundert n. Chr. war er wahrscheinlich bis ins 6. Jahrhundert in Gebrauch, bis die mittlerweile etablierte christliche Kirche dem lustigen Treiben Einhalt gebot. :(



Das grosse Oval war in Ost-West-Richtung angelegt, mit der Eintritts-Fassade im Westen, also zur Stadt hin. Die Zuschauer konnten auf 3 Rängen Platz nehmen : der Ima, Media und Cavea Summa. Aus wievielen Sitzreihen die einzelnen Ränge bestanden bleibt Spekulation, da sich die nachfolgenden Generationen der Steine als Baumaterial bedienten. Anfang des 19. Jahrhunderts zählte der französische Diplomat Alexandre de Larborde noch 11 Reihen. Diese sind heute leider nicht mehr vorhanden.

In der Mitte des Ovals befand sich die Spina, das sogenannte Rückgrat, um die herum die Rennen durchgeführt wurden. Sie wies eine Länge von 240 Meter, und eine Breite von ca 8 Meter auf. Im Circus von Augusta Emerita fanden sich von der Spina nur noch einige Zementfundamente und brunnenähnliche Strukturen. Hier nachempfunden aus Holz:


Aber wie in Rom war auch hier die Spina mit Objekten geschmückt, die einen religiösen Hintergrund hatten. So gab es Altäre, auf denen geopfert wurde und Obelisken als Verbindung zum Sonnengott, der auf einem von Pferden gezogenen Wagen über das Firmament fährt, Delphinestatuen, denn auch der Meeresgott Neptun hatte auch eine besondere Vorliebe für Pferde, etc. Auch die Zugänge zum Stadion die Porta pompae und die Porta triumphalis sind noch recht gut in ihren Fundamenten erhalten. An der Porta Pompae hat man die Carceres ausgegraben, wo die Wagen für die Rennen geparkt wurden.

Es fing an zu nieseln, was der schütteren Grasbewuchs im Circus sicher gut tat. Wir zogen am zweiten Viadukt von Merida, genannt S. Lazaro vorbei in Richtung Casa de Mitra.

 
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Lieber Nummis
Danke für den Lorbeer...:). Ja, du solltest unbedingt mal ein Fahrt ins westliche Imperium unternehmen. Gerade mit dem Wohnmobil bieten sich tolle Expeditionen an. Und kulinarisch gibt es ebenfalls viel zu entdecken.
 
Die Casa del Mitreo

Die Casa del Mitreo hat, wie auch schon der Diana-Tempel, einen klingenden Namen, aber:... alles Schall und Rauch! Das Haus war ein ganz normales Wohnhaus, na gut, eher schon ein bisschen Wohlstandsbürgertum, denn es war sehr vornehm ausgestattet. Aber eins war es nicht, nämlich ein Mitrasheiligtum. Zu dem Namen kam es, als um die Jahrhundertwende, genau 1902 die Stierkampfarena in der unmittelbaren Nachbarschaft gebaut wurde. Dort fand man bei den Aushubarbeiten viele dem Mitraskult zugehörige Objekte. Eventuell befand sich dort der Mitras-Tempel.

Die Casa del Mitreo ist, wie gesagt, eine Domus, ein herrschaftliches Anwesen, ausserhalb der römischen Stadtmauern gelegen, aber an der Cardo maximus. Sie wurde im 1. Jahrhundert n. Chr. gebaut, wahrscheinlich zu Zeiten der Flavier ( 69-96) (Vespasianus, Titus und Domitianus ) und war bis ins 4. Jahrhundert in Gebrauch mit zahlreichen Umbauten, Abrissen, Bränden. Die Villa besass 3 Patios, ein grosses Atrium, ein Peristylum und ein Viridarium, um die sich die Wohnräume herum gruppieren, die im Laufe der Jahrhunderte an- und umgebaut wurden. Während beim Eingang ein kleineres Atrium die Empfangsräume waren,



befinden sich die Privaträume um das Peristylum und Virirdarium. Und natürlich gab es auch die Privat-Plansch-Therme.


2 Korridore verbanden die verschiedenen Hausteile untereinander.


Faszinierend, wie sich über fast 2000 Jahre die Farben und Muster so haben erhalten können:

Und natürlich auch die zahlreichen erlesenen Bodenmosaiken:

Besonders hübsch der kleine Fratz im Schlafgemach:


Beim Eingang der Villa befindet sich ein grosser Raum von ca. 50 m2, der sich zum Atrium hin öffnet. Eventuell handelte es sich um ein Tablinum oder um eine Bibliothek, mit einem grossen wunderbar farbkräftigen Mosaik, dem sogenannten Mosaico cosmogónico. Das Mosaik nimmt ca. 20 m2 ein und ,wie der Name schon andeutet, stellt es eine Art kosmologischer Ordnung dar.


Der Interpretationen sind viele, es ist umstritten, ob sich das Mosaik auf das römische Imperium bezieht oder eher auf die griechische Mythen zurückgeht.
Eingerahmt von geometrischen Mustern und Flechtbändern sieht man ein buntes Getümmel von alegorischen Figuren in unterschiedlichen Positionen. Nutzerfreundlich sind ihre Namen seitlich an den Köpfen eingelassen. Das Zentrum des Mosaiks ist leider zerstört, aber auch die Reste bieten ein verwirrenden Panorama des Kosmos. So sollte man es als Ganzes sehen:


Der untere Bereich nimmt Bezug auf das Wasser/ Meer/ maritimen Tätigkeiten. Man sieht die personifizierten Flussgötter Nilus und Euphrates, den Gott Oceanus.
Pharus , ein nackter Jüngling mit Fackel in der Hand symbolisiert den Leuchtturm, über ihm leider nur wenig erhalten eine weibliche Figur, Portus= den Hafen symbolisierend. Tranquilitas für günstige Wetterlage und ruhige See, und und Navigia symbolisiert mit einem Schiffsmast im Arm die Schiffahrt, während Copiae= Reichtum mit einem Füllhorn ausgestattet ist.


Im zentralen Teil bestimmt die Erde und die Natur die Szenerie: Natura, Autumnus, Aetas, Mons, Nix
Im zentralen Bild klaft eine grosse Lücke, aber Interpretationen zufolge, war dort eine jugendlich Gestalt namens AET( ERNAS), die von den Jahreszeiten umschwärmt wurde. Von denen haben sich aber nur Aestas, der Sommer und Autumnus , der Herbst erhalten.
Am linken Bildrand erkennt man eine weibliche Gestalt mit Schleier und Natura als Namen. Eine männliche Figur repräsentiert Mons = Berg und eine liegende weibliche Figur Nix= den Schnee


Im oberen Bereich geht es in höhere Sphären, luftige Höhen und windige Brisen: Caelum, Chaos, Saeculum, Polum, Tonitrum, Oriens, Ocasus , Notus, Nubs, Zephyrus, Nebula, Eurus, Boreas. Heerscharen von mythischen Gestalten, so dass einem der Überblick und der Zusammenhang ein wenig verloren geht. Zu mal man gerade diesen Bereich am schlechtesten einsehen kann.

Nach soviel kosmologischen Ordnung begaben wir uns dann in die Tiefen des Hades, zumindest das, was für das menschliche Auge sichtbar bleibt. Auf dem riesigen, nur zu einem kleinen Teil ausgegrabenen Grundstück befinden sich entlang der römischen Strasse natürlich auch viele Grabsteine und Grabmäler und auch zwei Columbarien. Eine kleine Via Appia Antica ;)

Augusta Emerita ist Rom im Kleinformat! :D
 
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