Metro: kreatives Streiken?

Gaukler

Caesar
Stammrömer
Haben vielleicht die Metro-Fahrer eine neue kreative Form des Streikens erfunden :eek: :D ... oder steckt doch etwas Ernstes dahinter?

Es geht um Folgendes: Seit einigen Tagen mangelt es auf der Metro an Zügen (entgegen der Behauptung "regolare" auf der ATAC-Website), und insbesondere im Berufsverkehr geht es heftig zu während des Wartens auf den total überfüllten Bahnsteigen.
Treni a rischio, ridotte le corse della metro: Linee in tilt e attese raddoppiate - Repubblica.it

Die Antwort der ATAC auf Kundenanfragen lautet, es stünden weniger Fahrzeuge zur Verfügung als vorgesehen ... was übrigens ein Fahrgast seinerseits so beantwortet hat: Dann könne er ja mit der gleichen Begründung auf einen Fahrschein verzichten - weil ihm weniger Geld zur Verfügung stünde als vorgesehen. :twisted: :thumbup: :twisted:

Nun liest man heute in der Repubblica, der wahre Grund sei die Weigerung der Fahrer:
La realtà è che a bloccare i treni in deposito sono gli stessi macchinisti. Ieri ne mancavano 10 all'appello. Un numero immenso. Che si è venuto a combinare con lo sciopero nazionale dei taxi, dalle 8 alle 22.
“Parabrezza scadenti non assorbono la luce e falsano la visuale”: Così i macchinisti incrociano le braccia.
Metrofahrer legen die Hände in den Schoß und blockieren Züge im Depot (gestern ganze 10 Stück - und das zugleich mit dem Taxler-Streik 8O) mit der Begründung, deren Windschutzscheiben seien "abgelaufen" und müssten ausgetauscht werden: Sie ließen Licht durch und verfälschten die Sicht.

Ist das nun wohl wahr - oder eine neue kreative Streik-Idee?

Es erinnere jedenfalls, so die Repubblica, an den wilden Streik der Fahrer vor zwei Jahren, um sich der Überwachung ihrer Arbeitszeit zu widersetzen (d.h. in einem überall üblichen Gleitzeitkontrollverfahren), welche der damalige OB Marino einführen wollte:
Una tempesta perfetta che ha riprodotto le scene surreali di due anni fa, quando i macchinisti misero in atto una specie di sciopero bianco per protestare contro l'introduzione del badge e i nuovi turni voluti dall'allora sindaco Ignazio Marino.
 
Natürlich weisen die Metro-Fahrer den Vowurf eines solchen kreativ verkappten Bummel-Streiks weit von sich: Metro sparita, i macchinisti: "Nessuno sciopero bianco".

Mehr und mehr wird die quasi "verschwundene Metro" zu einem Gegenstand nationaler Aufmerksamkeit. Die Fahrer verteilen Flugblätter des Inhalts, dass allein Ersatzteilmangel ursächlich sei für die geringe Zahl von Zügen und die lange Warterei auf den Bahnsteigen.
La metro sparita diventa giorno dopo giorno un caso nazionale. (...) Scrivono i lavoratori sul volantino: "Le attese prolungate sulle banchine e alle fermate dipendono da un numero ridotto di treni e vetture dovuto a mancanza di pezzi di ricambio".



Das Ergebnis: Die effektive Frequenz der Züge liegt mittlerweile bei rd. 20 Minuten. Das führt zu einer derart massiven Überfüllung der Bahnsteige, dass zeitweise Bedienstete der ATAC an den Zugängen (die sich normalerweise automatisch öffnen bei Einschieben des Fahrscheins) Fahrgäste zurückweisen müssen. Es gibt dabei zuweilen nahezu "kriegerische" Auseinandersetzungen; Leute werden gestoßen oder sogar zu Boden geworfen.
Il risultato è che ne partono meno e che la frequenza raggiunge sempre più spesso i 20 minuti. (...) L'effetto indotto sono le banchine piene, talmente piene da spingere Atac a non far scendere gli utenti e tenerli fermi ai tornelli. (...) Nella calca infatti si scatenano vere e proprie guerre per poter entrare e tra uno spintone e l'altro c'è gente che finisce a terra o in generale colpita.


Und auch wenn man es in einen der Waggons geschafft hat, kommt man noch nicht unbedingt in den Genuss :twisted: einer regulären Fahrt: Das Tempo der total überfüllten Fahrzeuge sei nicht selten reduziert, so sagen Passagiere, auf das eines Fuhrwerks oder sogar auf Schrittgeschwindigkeit. Ferner verursache die Überfüllung Probleme mit dem Schließmechanismus der Türen: Es dauere - unter mehrfachem fruchtlosen Schließen, Öffnen etc. derselben - hin und wieder an die 5 Minuten bis zur Abfahrt von den Stationen.
Ma anche quando si riesce a salire sui treni le scene sono quelle più vicine al carro bestiame che ad un trasporto pubblico normale. "E soprattutto", raccontano a RomaToday gli utenti, "si procede a passo d'uomo". "C'è poi il giochino della porta", racconta una passeggera particolarmene esasperata. "Spesso in fermata trascorrono anche cinque minuti, con le porte che si aprono e chiudono 4-5 volte perché ufficialmente sono difettose o il treno e troppo pieno."
 
Seit einigen Tagen mangelt es auf der Metro an Zügen (entgegen der Behauptung "regolare" auf der ATAC-Website), und insbesondere im Berufsverkehr geht es heftig zu während des Wartens auf den total überfüllten Bahnsteigen.
Immerhin für die Metro B/B1 gibt die ATAC derzeit zu, dass es zu (nennenswerten) Verspätungen käme, weil weniger Züge als vorgesehen in Umlauf seien:
RITARDI: Treni circolanti inferiori al programmato
 
Die effektive Frequenz der Züge liegt mittlerweile bei rd. 20 Minuten. Das führt zu einer derart massiven Überfüllung der Bahnsteige, dass zeitweise Bedienstete der ATAC an den Zugängen (...) Fahrgäste zurückweisen müssen. (...)
Ferner verursache die Überfüllung der Waggons Probleme mit dem Schließmechanismus der Türen: Es dauere - unter mehrfachem fruchtlosen Schließen, Öffnen etc. derselben - hin und wieder an die 5 Minuten bis zur Abfahrt von den Stationen.
Darum nun also - so schreibt nicht ohne Ironie :twisted: heute die Repubblica - dieser "Anti-Verspätungs-Geistesblitz": Numerus clausus für die Metro-Bahnsteige. :eek:
La trovata anti-ritardi dell'Atac: banchine della metro a numero chiuso - Repubblica.it

Nachdem bereits mehrfach, vor allem an Termini, das Personal des Tumults auf den Bahnsteigen und in den Zügen (samt deren daraus resultierender zusätzlicher Verspätung, s. oben) nur noch durch Sperrung von Zugängen Herr zu werden vermochte, hat die ATAC dieses Vorgehen nun erhoben zu einem offiziellen Plan B:
Già in diverse occasioni, soprattutto a Termini, il personale Atac è stato costretto a bloccare gli utenti agli ingressi, impedendo la discesa alle fermate. Una misura tampone che tuttavia non basta più. A riprova della gravità della situazione, e per evitare che succeda qualcosa di brutto, Via Prenestina ha infatti messo a punto una serie di piani di evacuazione, dettagliati per ogni singola stazione, da far scattare in caso di sovraffollamento. Nel momento in cui le banchine dovessero risultare troppo piene, il personale in servizio dovrà far defluire i viaggiatori verso determinate zone di rispetto, tenerli lì e poi contingentare la salita sui vagoni.



Im Übrigen unterstützt der Artikel die Position der Fahrer bzgl. der Frage, warum sie so oft Fahrzeuge als nicht einsatzbereit im Depot stehenließen oder unterwegs auch aus geringfügigem Anlass die Fahrt beendeten: Nach jenem Unfall im Juli, als - unbemerkt durch den Fahrer - eine Frau mit dem Arm in einer Tür eingeklemmt und etwas mehr als eine Bahnsteiglänge mitgeschleift wurde, wolle niemand mehr riskieren, für etwas Derartiges verantwortlich gemacht zu werden.
(Wobei allerdings seinerzeit kein Defekt am Rückspiegel vorlag: Das wollen wir hier mal trotzdem nicht vergessen.)
Treni sempre più spesso lasciati nei depositi o fatti rientrare dopo qualche giro per motivi di sicurezza: Basta un lunotto abraso o uno specchietto scheggiato per invocare visibilità scarsa e fermare le corse.
Motivo? Nessuno (...) vuole più rischiare quanto accaduto l'estate scorsa, quando una donna restò intrappolata in una porta che non chiudeva bene e venne trascinata via senza che il conducente si accorgesse di nulla. In caso di incidente sono loro i responsabili. E ora non intendono più assumersela. La penuria di pezzi di ricambio e le manutenzioni al ralenti hanno fatto il resto. Col risultato che in alcuni giorni (...) le banchine si stipano all'inverosimile, le attese finiscono per superare i 20 minuti, trasformando i vagoni in autentici carri bestiame.
Ersatzteilmangel trüge sein Übriges dazu bei, dass die Wartezeiten an manchen Tagen (!) 20 Minuten überstiegen und aus Metro-Fahrzeugen quasi Viehwaggons würden.
 
Nachdem der Streik am 5.12. seitens der Präfektur verboten wurde, staubt's nun erst recht zwischen der ATAC und (einigen) Gewerkschaften. Wobei letztere den Vorwurf der Öffentlichkeit, einen kreativen Bummelstreik zu inszenieren (oder sogar, in verschärfter Form, die Metro zu sabotieren) zu entkräften sucht mittels eines Zirkelschlusses: Metro sparita: "Altro che sabotaggio! Siamo senza treni e Atac lo ammette".

M.a.W.: Indem die ATAC schreibt, es stünden zu wenige Fahrzeuge zur Verfügung, gebe sie implizit zu, dass nicht die Fahrer für die Ausfälle veranwortlich seien.
Jedoch: Es liegen ja gerade eben deren Ausfallmeldungen zugrunde; und eine übergeordnete Prüfungsinstanz gibt es da offenbar nicht.

Auf das Zitieren von Details aus dem Artikel verzichte ich heute mal, denn das würde zu weit führen bzw. wäre zu komplex. Diejenigen unter uns, die des Italienischen mächtig sind, können ja ggf. die Einzelheiten nachlesen.


Nota bene: Diese kontraproduktive "Beweisführung" bedeutet natürlich noch nicht unbedingt, dass die Fahrer wirklich im Unrecht wären ... oder jedenfalls nicht sie allein. Sondern m.E. ist leider diese gesamte Auseinandersetzung anzusiedeln auf dem Niveau einer Prügelei im Sandkasten. Hingegen der römische ÖPNV braucht eine konstruktive und weitsichtige Lösung.
 
Metro sparita

Metro sparita - die verschwundene Metro: So seit Monaten der bitterböse Spott vor allem über die Metrolinien B und B1. Wobei "verschwunden" meint: Reduzierung des Taktes auf den der Regionalzüge.

Heute Morgen war's wieder mal besonders heftig: Metro B e B1: ritardi oggi 15 gennaio 2018.

Seit 7.45 h bestimmen verspätete und defekte Bahnen diesen Morgen. Ein Zug, der um 8.15 h an Magliana eintraf, kehrte sofort wieder um unter der Kennzeichnung "außer Betrieb". Die Passagiere lösen und stempeln ihre Fahrscheine, um sich dann wiederzufinden eingekeilt in überfüllten Zügen oder, weit mehr noch, auf ebensolchen Bahnsteigen - mit langer Wartezeit auf eine Metro, in die sie einsteigen könnten.
Anche oggi lunedì 15 gennaio ritardi e treni guasti hanno condizionato la giornata. Dalle 7:45 i problemi hanno condizionato la mattinata. Corse saltate o accorpate. Alle 8:15 anche un treno guasto giunto alle stazione Magliana rotto e tornato indietro fuori servizio. (...)

Il convoglio seguente, quello passato alle 8:20 a Magliana, era pieno (...). Gli utenti Atac, dopo aver pagato e obliterato il regolare biglietto, sono rimasti così incastrati in treni saturi oppure ingolfati sulle banchine, senza riuscire a salire nel treno, aspettando la prossima corsa buona. Una serie di disagi ormai consueti tanto che Atac, sul proprio canale social, neanche comunica più. Intanto sui social spopola l'hashtag 'metro sparita'.
Unter @infoATAC-Website gibt es mittlerweile gar keine Meldung mehr zu diesem Missstand, so "normal" ist er geworden. Hingegen in den sozialen Medien boomt der Hashtag "metro sparita".

Bezeichnend übrigens die Fahrtzielanzeige auf dem Photo. :twisted:
Treno per F. Serviz. = Zug nach außer Betrieb
 
So ist es nun mal in Rom. Ich weiß nur nicht, ob all diese Meldungen über römische Missstände für Ratsuchende hier wichtig und hilfreich sind.
 
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