Römische Splitter in der Provinz Hispania

@Nihil: Der Numismatiker denkt da sofort an Galba... na ja, jedenfalls herzlichen Dank für deine fundierten Bericht, den du mit klasse Fotos gekrönt hast. Tolle Arbeit :thumbup:
 
Lieber FestiNalente,

Bei Zeit und Ruhe werde ich deine Reiseberichte ausführlich lesen und geniessen! Ob nun "altrömisch", "spätrömisch", "garnichtrömisch" ist doch egal und auf jeden Fall immer interessant. :thumbup: Danke für die Links.

Und Dank nummis durensis Hinweis habe ich mich nummismatisch :]durch das wilde 4- Kaiser-Jahr gelesen. Sehr kurzweilig :evil: (im wahrsten Sinne des Wortes) und chaotisch, mit jeweils vielen neuen Caesaren-Münzprägung nach der Ermordung des jeweiligen Vorgängers. 8O
 
Und Dank nummis durensis Hinweis habe ich mich nummismatisch :]durch das wilde 4- Kaiser-Jahr gelesen. Sehr kurzweilig :evil: (im wahrsten Sinne des Wortes) und chaotisch, mit jeweils vielen neuen Caesaren-Münzprägung nach der Ermordung des jeweiligen Vorgängers. 8O

:thumbup:

Spannend, nicht wahr?! Wenn dich das interessiert: Das Jahr 193 n.Chr. war nicht weniger turbulent.. nach dem Tod Commodus war erst mal Chaos angesagt: Da tauchen dann Namen wie Septimius Severus, Pertinax, Clodius Albinus, Pescennius Niger etc. in kürzester Zeit auf; die Geschichte liest sich auch sehr spannend. :nod:
 
Leon und seine Legionen

Leon und seine Legionen

Nach den Bemerkungen von nummis durensis bietet es sich gerade zu an, dem Forum eine besondere römische Stadtgründung in Hispania tarraconiensis vorzustellen. Leon, die heutige Hauptstadt der weitläufigen Provinz Castilla- Leon, nahm ihre Anfänge in einem Militärlager, welches in einem Tal, aber auf 800 Meter Höhe :!:, am Fluss Bernesga gegründet wurde. Und entgegen der dt.-sp. Übersetzung Leon = Löwe, und dem Wappentier des heutigen Stadtwappens, nämlich auch einem Löwen, leitet sich der Name Leon von Legion und nicht von dem König der Tiere ab. Trotzdem sieht man auch ein riesiges Graffiti in der Altstadt, das Panthera leo abbildet:


Das Militärlager wurde 29 v. Chr. errichtet, zunächst mit Holzpalisaden geschützt gegen die feindlich gesinnten Ureinwohner, dann befestigt mit Steinmauern. Diese stammen in ihren Grundfesten aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. und wurden innen aus Opus caementicum errichtet, nach aussen durch Steinquader eingefasst.


Die heute sichtbare Stadtmauer stammt aus dem 3. und 4. Jahrhundert, genannt Muralla de Cubos, und umschloss die typisch quadratisch angelegte Militärsiedlung. Heute ist die Mauer nur noch in Teilen erhalten, ca. 5 Meter hoch, die Türme haben einen Durchmesser von ungefähr 8 Metern. Immerhin steht heute noch ca. die Hälfte der ursprünglichen Mauerverstärkung, nämlich 36 Türme.


Von den Eingangstoren hat sich noch die ursprüngliche Porta Principalis, die heutige Puerta Castillo, als einziges Tor erhalten. Und auch eine der Hauptstrassen , die Via decumanus, hat weiter ihre Funktion als Verbindungsweg zwischen den Stadtquartieren als Calle Ancha= die breite Strasse. Es gab natürlich auch Thermen, die heute allerdings mit der Kathedrale überbaut sind und ein Amphitheater für ca. 5000 Zuschauer. Natürlich wurden die Mauern und Tore über die Jahrhunderte weiter genutzt als Wände für An- und Aufbauten, wobei letztere nicht immer die Qualität der römischen Substruktionen aufwiesen und der Zahn der Zeit heftig am Bau nagte.

Nun aber zu den Legionen, die Namensgeber der Stadt:

Zunächst wurde das Militärlager von und für die Legion VI Victrix ( der Titel stammt erst aus der Zeit Neros) errichtet. Die " siegreiche " Legion war von Octavian, dem späteren Kaiser Augustus im Jahr 41 v. Chr. gegründet worden und kämpfte erfolgreich gegen dessen Gegner: Sextus Pompeius und Marcus Antonius. Nach der Verlegung 29 v. Chr. nach Hispania tarraconensis schlug sie die widerständigen Stämme der Cantabros, und bekam als Auszeichnung noch den Titel Hispaniensis hinzu. Im Jahr 70 n. Chr. wurde die Legion VI Vitrix nach Germania und noch später nach Britannia verlegt, um dort die Grenzen des Imperiums zu sichern. Hispania konnte natürlich nicht ohne Aufsicht bleiben- so romanisiert waren die Keltiberer dann doch nicht. Ausserdem galt es die nahen Goldminen der Las Medullas zu schützen, und Infrastrukturen wie Wege und Brücken zu bauen. Dies übernahm nun die Legion VII Gemina.

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Hier bitte klingeln: Einlass (Museum) an der Porta Principalis.


Im Laufe der Zeit degenerierten die Augusti des erblichen Kaiserhauses zu Rom doch erheblich, sodass immer wieder Revolten im Militär gegen den amtierenden Kaiser hochkamen. So auch im Jahr 68 n. Chr. als die Legion VI Victrix den Statthalter der Provinz Hispania Tarraconiesis, Servius Sulpius Galba gegen den Kaiser Nero unterstützte. Zur Verstärkung der Truppe hob Galba eine neue Legion aus, die Legion VII Galbiana und führte sie gen Rom. Dort zog Nero es vor, Selbstmord zu begehen statt sich dem Kampf zu stellen, worauf sich Galba zum neuen Imperator proklamierte. Die iulisch-claudische Dynastie war erloschen. Es begann eine Periode der Kämpfe und Zwistigkeiten, das sogenannte 4- Kaiser- Jahr, in dem die Prägung der Münzen mit dem aktuellen Herrscheranlitz, dem raschen Imperatorwechsel kaum nachkommen konnte. ;)

Auch die Truppen wurden in das kaiserliche Hin- und Her verstrickt. Schliesslich wurde die Legion VII von Kaiser Vesperianus 74 n. Chr. wieder in die " Heimat " geschickt, wo sie von kleinern Einsetzen in Gemania inferior oder Palmira abgesehen, bis zum Ende des Imperiums auch verblieb. Für ihre Treue und Unterstützung verschiedener Herrscher erhielt sie diverse Titel wie Legion VII gemina felix ( Vespasianus), ...felix pia( Claudius Albinus),...Antonianae,...Severiana,...Gordianae.

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Legion VII G(emina) Gor(diana) F(elix) P(ia)

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Die Dachziegel stammen aus der Zeit 238-244 n. Chr. unter dem Kaiser Gordian III. Der letzte Dachziegel ist ein "Sonderdruck". :lol:


 
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Danke für die interessante Fortsetzung. Alles um die Legionen herum finde ich immer recht spannend. :thumbup:

Grüsse
Rainer

PS. Wer sind denn Vesperianus und Claudius Albinus? ;)
 
Hallo Simone Clio, Danke für den gallo-römischen Sonderdruck. :D So, zum weihnachtlichen Leckerbissen gibt es jetzt noch einen kleinen Nachschlag. :nod:
Denn Leon wartet mit einem hübschen Museum auf, wo die Funde aus den ersten eisenzeitlichen Siedlungen über die Römer bis in die Neuzeit zu besichtigen sind. Ich beschränke mich auf die römischen Artefakte, denn sonst sprengt es den Rahmen. Aber sehenswert ist dieses Museum allemale. Und es gibt sogar neben den spanischen Erklärungen auch welche in Englisch. Ausgestellt sind Funde aus der Stadt, als auch aus dem näheren und weiteren Umland.

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Um Leon herum gab es auch einige Villae rusticae, die aber leider mehr oder weniger expoliiert wurden. Was nicht gestohlen oder auch unter Wert verhökert wurde, landete mit Glück im Museum. Und so sieht man Mosaike, Grab- oder Götter- und Kaiserstelen, Wandmalereien und Gebrauchsgegenstände gut präsentiert und erklärt.

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Wandmalereien aus Asturica Augusta, dem heutigen Astorga:

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Votivgaben und Gebrauchsgegenstände:



Und ein paar Mosaikreste, leider nur Fragmente, die etwas ergänzt einen kleinen Eindruck gebe, was einem einst wunderschön in einer Villa rustica zu Füssen lag: Hier eine Szene aus der Argonauten-Sage Hillas und die Nymphen aus der Mitte des 4. Jahrhundert n. Chr. Hillas ein schöner junger Grieche wird an einer Quelle von den Nymphen überrascht und entführt, um ihm zur Unsterblichkeit zu verhelfen. Eventuell ist dies eine allegorische Darstellung der Seelenwanderung in himmlische Sphären.

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Hier ein Fragment des Kopfes des Oceanus:



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Das Fragment einer allegorischen Figur, eventuell ist ein Triton dargestellt, ein Füllhorn haltend als Allegorie auf den Frühling:

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Und auch die Reste verschiedener geometrischer Bodenbeläge erfreuen des Betrachters Auge.

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Ebenso gibt es im Kreuzgang der Real Colegiata de San Isidoro eine Sammlung von Stelen:

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Bei der Zuordnung der Erklärungen gab es leider ein Durcheinander 8O :blush: - deshalb Lateiner vor :!: , um die rechten Unterschriften herauszufinden.

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Im Kreuzgang steht auch dieser merkwürdige Grab?-Stein. Zeigt es einen Legionär der Legion VII Gemina oder eher einen lokalen Stammeshäuptling? Leider konnte ich dazu keine Erklärung finden.

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In der Stadt sind neo-römische Steine und Säulen verteilt als sehenswertes Ergebnis eine Steinmetzschulung:




So das war der kleine Weihnachtsausflug in ein römisches Militärlager, dass zu einer Stadt wurde und nach dem Untergang des römischen Imperiums für mehrere hundert Jahre im Dunkel der Geschichte verschwand, um dann wieder ab dem 9. Jahrhundert eine bedeutsame Stellung in der spanischen Historie einzunehmen.









 
Hallo nummis durensis

Die Römischen Kaiser sollen natürlich Vespasian beziehungsweise Clodius Albinus heissen. Da ich auch spanische Quellen benutze und dort das Latein hispanisiert ist, habe ich mich mit der Relatinisierung oder ist es eine Germanisierung der Namen vergriffen. Und verschrieben habe ich mich auch....Gerade stelle ich auch fest, dass es den Ausdruck expolieren in dem Zusammenhang auch nicht auf deutsch gibt. :frown:
 
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Auch wenn die Festtage schon fast wieder vorbei ist, hier noch einen Weihnachtsgruss an alle Foristi aus Leon, nicht römisch aber romanisch aus der sogenannten Sixtina romanica der Real Colegiata de San Isidoro


P.S.: Auch in dieser Sixtina gilt striktes Fotographierverbot. Den Ausschnitt habe ich von einem Faksimile geknipst.
 
Vielen Dank für den friedvollen Gruss.

Ich werde das Weihnachtsfest mit dem Untergang des römischen Reiches beschliessen... (jetzt auf "arte") ;)

Grüsse
Rainer
 
Römische Villa Almenara

Wieder einmal war ich in der römischen Provinz Hispania unterwegs, genauer in Castilla Leon, diesmal südlich von Valladolid. Wie schon damals unter den Römern die Kornkammer des Imperiums, ist auch heute noch die Gegend durch Landwirtschaft und Weinanbau geprägt.

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Gelegendlich sieht man noch ausgemussterte, vergessene Zeitzeugen, die verloren in der Gegend stehen und dem Verfall entgegendämmern.


Ich nehme nicht an, dass es sich bei dem Modell um einen römischen Rennwagen handelt, aber schon im nächsten Dorf wohnte ehedem eine reiche, römische Familie, die sich sicher auf flotten Gefährten durch ihre riesigen Latifundien kutschieren liess. Auch ihre Villa war ein grosses Anwesen, wenn auch die Ruinen nur noch ein sehr unvollständiges Bild vermitteln können.

Es handelt sich um eine Villa aus dem IV. Jahrhundert n.Chr. Bei Ausgrabungen wurde auch eine kleinere Vorgänger-Villa aus dem III. Jahrhundert gefunden. Bis ins V. Jahrhundert war die Villa bewohnt und bewirtschaftet. Mit dem Untergang des römischen Imperiums wurde sie als Steinbruch missbraucht, bis die Ruinen schliesslich für Jahrhunderte vergessen und unter Erde und Gras einigermassen geschützt einen Dornröschenschlaf hielten, oder eher gewiegt in Morpheus Armen... ;)


Das erste Mosaik wurde zufällig 1886 gefunden, aber es dauerte bis 1942, als die ersten archäologischen Ausgrabungen aufgenommen wurden. 1969 erwarb das Land das Anwesen und schliesslich wurde 2003 ein sehr schönes, didaktisch gut durchdachtes Museum eröffnet, was das römische Leben vor 1500 Jahren verständlich in unsere moderne Welt vermittelt. In einigen Dingen waren die Römer ja so modern wie wir heute.


Museo Villa romana:

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Was auf den ersten Blick wie aufeinander gestapelte Holzkisten aussieht, ist eine sehr luftige, natürliche Umbauung der Villa. Im Eingangsbereich empfängt den Besucher ein lateinischer Text aus Ovids Metamorphosen, der sich auf Pegasus bezieht. Denn Pegasus ist das " Zugpferd" des Museums.

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Dann hinein in die Villa, die man auf einem Stahlgerüst erlaufen kann.



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Die Villa umfasst 2500 m2 und ist um 2 Patios herumgruppiert. Ca.30 Zimmer hat man ausgebuddelt, die deutlich zwei verschiedene Lebensbereich zeigen. Im Osten und Süden eine grosse luxuriöse Zone für private und repräsentative Zwecke mit vielen Mosaiken und Wandmalereien, bewohnt von den Besitzern und eine Zone im Nordosten, die die Wirtschaftsräume, wie Küche und Lagerräume umfasste, sowie die Schlafräume für die Bediensteten und/ oder Haussklaven. Nach Westen lag eine grosse Thermenanlage, mit dem üblichen Aufbau aus Apoditerium, der Umkleideraum; dem Frigidarium, dem Kaltraum als grösstem Raum auch für Massagen und Anwendungen. Dort befanden sich auch die Latrinen, zur gemeinschaftlichen Stuhlgangsitzung...:D. Das Tepidarium, ein Warmraum mit wohltemperiertem Schwimmbad und schliesslich das Caldarium mit Heizung und Heisswasserschwimmbad.

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Die Wände waren aus Stein und Opus cementicium und im Wohnbereich der Besitzer mit Putz und Fresken geschmückt. Die Reste der Malerei zeigen u.a. auch Marmor - Imitationen.


Sehr sehenswert sind natürlich die Mosaike, die gut erhalten ca. 400 m2 einnehmen. Die Sujets der Mosaike folgen dem damaligen Zeitgeist, oft findet man die geometrischen Muster auch in anderen Villen dieser Epoche.

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Auch die Flure und Privatzimmer sind vorwiegend mit geometrischen Mustern ausgekleidet.

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In einem weiteren Raum meint man vom Mosaik auf die Funktion dieses Raumes schliessen zu können. Der Raum ist viereckig und hat eine Apside. Das Mosaik kleidet den Boden vollständig aus und zeigt in dem Rund der Apside eine Amphore, wie sie zum Mischen des Weines mit Gewürzen verwendet wurden und deutet dies als Symbol für eine Einladung zum Mahl. Eventuell handelt es sich bei diesem Raum um das Triclinium, den Speisesaal.



Und weiter geht es über die exquisiten Bodenbeläge:



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So kommt man schliesslich zur guten Stube der Villa, in der sich ein wunderschönes Mosaik befindet, welches den Pegasus-Mythus thematisiert. Der Raum ist nach Süden ausgerichtet, ein Teil rechteckig, im oberen Teil ein Oktogon formend.


Die Dekoration ist geometrisch, bestehend aus Halbmonden, die dem griechischen Schild, dem Peltarion, nachempfunden sind.
Im Zentrum ist das Bild der Pegasus - Geschichte eingearbeitet, als würde ein Teppich auf dem geometrischen Mosaik liegen. 6 Umrahmungen heben das Bild aus den Halbmonden hervor.

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Pegasus ist meist als weisses, geflügeltes Pferd dargestellt, das der Legende nach aus einer Verbindung zwischen dem Meeresgott Poseidon und der Gorgone Medusa hervorging. In dem Moment, wo Medusa von Perseus geköpft wird, entspringt ihrem Nacken der göttliche Hengst. In einer anderen Version entspringt Pegasus der Stelle, wo ein Blutstropfen der Medusa die Erde benetzt.

Pegasus hatte viele Aufgaben im Götterhimmel. So musste er beispielsweise dem Zeus , Blitz und Donner vom Olymp holen. Dann wieder trug er den griechischen Helden Bellerophon in die Schlacht gegen die Chimära und die Amazonen. Die Mosaikszene stellt nun den Mythos der Quelle Hippocrene da. Der Berg Helicon, Ort der Musen, berauschte sich derart an den Gesängen und Tänzen der Musen, dass er immer dicker und grösser wurde. So wurde Pegasus geschickt, um dem Berg eine Art " Aderlass" ;) zu verpassen. Er stampfte mit seinem göttlichen Huf auf, worauf sich eine Quelle auftat, die Hippocrene und den Berg langsam entwässerte...
Hippocrene, der Pferdequell ist geheiligt durch die Musen und wer sein Wasser trinkt, soll poetische Inspiration empfangen. Leider ist der Quell wohl trockengefallen....

Auf dem Mosaik sieht man wie 2 Musen den Pegasus versorgen. In diesem Fall ist Pegasus ein ungeflügeltes braunes Ross. Im oberen Teil des Mosaik liegt eine junge Frau, gekrönt mit einer Algenkrone. In ihrem Arm hält sie ein Gefäss, aus dem sich Wasser ergiesst, als Symbol für die Quelle Hippocrene. Rechts erkennt man den Berg Helicon, den Sitz der Musen.






Pegasus wird von den Musen verwöhnt, vorne Futter, hinten gestriegelt.

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Die Musen sind wirklich hübsche Mädels, der Berg Helicon wirkt schon leicht verschrumpelt, dabei war er ob der Grazien einfach nur inspiriert...das kann man irgendwie verstehen. :]

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Das war wieder einen kleinen Splitter aus der weströmischen Provinz. Bei einer Fahrt in den Süden lohnt sich dieser Abstecher ins Museums, garnicht so weit von der Ruta de la Plata entfernt, der alten römischen Strasse, die Augusta Emerita ( Merida) mit Asturica Augusta ( Astorga) verband.



 
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Archäologisches Museum in Palencia:

Was macht man in diesem Glut-Ofen der Meseta im Hochsommer, wenn die Temperaturen schon morgens die 40º Grad-Marke überschreiten? Am besten flüchtet man in die Kühle eines Museums, in dem man meistens auch noch alleine die Ausstellungsstücke betrachten kann. Die Hitze lähmt jeglichen Elan, so dass sich selten mal ein Mit-Touristen einfindet. Es gibt also kein Gedrängel vor den Vitrinen! :D

In Palencia, einem netten Provinzstädtchen, sind die Funde der näheren und weiteren Umgebung gesammelt und präsentiert. Wie man auf der Tafel erkennen kann, gibt es eine Menge an Villae Rusticae.


Auf gelben Tafeln wird die Epoche der Romanisierung Hispanias auf eine etwas trockene Art dargestellt, und leider auch nur auf Spanisch. :thumbdown

Hier in der Provinz, so weit weg von Roma Aeterna, kam es dank der Legionäre und römischen Beamten zu einem enormen Zuwachs an Wissen, Techniken und schliesslich auch an Kultur, was sich beim Blick in die Ausstellungsvitrinen bestätigt, sieht man doch einen Querschnitt durch den römischen Alltag. Und die Qualität einiger Gegenstände braucht den Vergleich mit Rom nicht zu scheuen.
Um zu einer kulturellen Blüte zu kommen, braucht es zuerst friedliche Umstände. Diese erkauften sich die Römer nicht nur durch Scharmützel und Unterwerfung, sondern auch durch Verträge mit den umgebenden Keltiberern. Man hat in einigen Orten diese " Verträge" gefunden, nämlich sogenannte Tessera.
Diese Gastfreundschaftspakt- Tessera stammen aus der Tradition der Celtiberer, die zwischen verschiedenen Stämmen und Siedlungen einen " heiligen" Pakt oder Vertrag schlossen und auf flachen Platten aus Holz, Elfenbein oder Metall dokumentierten. Auch die Römer übernahmen die Tessera und schlossen Freundschaftspakte als "Hospititum" mit den Ureinwohnern. Von einer oder zwei Seiten beschrieben, sind die kleinen Tessera oft in Tierformen wie Schwein, Vögel, oder Scheiben oder Händen gestaltet.

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Mit dem Frieden ging es auch wirtschaftlich voran. Es wurde nicht nur aus Rom importiert, sondern auch imitiert und schliesslich auch neu geschaffen, was sich an den Scherben des guten Geschirrs ablesen lässt.

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Auch die Glaskunst ist vertreten bis hin zu Glas-Urnen.


Sehr interessant das Sujet des Penisamulett...:roll:, sollte das vor Impotenz schützen 8O

Natürlich gibt es eine beachtliche Sammlung an Grabmälern und Stelen, aber wirklich beeindruckend schön sind die zwei lebensgrosse Porträt-Köpfe, die in einer Villa rustica geborgen wurden.

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Eventuell handelt es sich dabei um die Besitzer des Anwesens, die sich im 1. Jahrhundert n. Chr. standesgemäss in Marmor porträtieren liessen.

Noch mehr Marmor in Form von Masken und Kapitellen:

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Bevor wir nun zum Hauptwerk des Museums eilen :]

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Nein, es ist nicht dieser Fuss :~, obwohl auch hübsch und zu einer nicht mehr vorhandenen Kolossalstatue gehörend. Aber auch das Prunkwerk des Museums wurde damals wahrscheinlich nur barfüssig betreten, stammt es doch aus der Thermenzone einer Villa rustica.

Das Oceanus-Mosaik aus der Villa Possidica:



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Der Villa Possidica war leider kein so freundliches Schicksal beschieden. 1962/63 wurde die Thermenzone einer grossen, (noch immer nicht erschlossenen ) Villa vom Besitzer und Archäologen ausgegraben.


Dabei fand sich im Frigidarium ein grosses, stark zerstörtes Mosaik, von dem nur ein kleines Fragment eines sehr schön ausgearbeiteten Pferdekopfes mit dem in den Hals eingearbeiteten Namen "Amoris" erkennbar war.

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Und beim Übergang zum Wasserbecken fand sich eben das herrliche Oceanus-Mosaik, welches wesentlich besser erhalten war. Hier 2 Fotos aus den Beständen des Museums mit leuchtenden Farben, also vielleicht extra befeuchtet, denn im Orginal sind die Farben wesentlich blasser.

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Leider ging die Informationstafel nicht weiter auf die Umstände ein, die zu dem Abbruch der Ausgrabung führten. Scheinbar deckte man die Ausgrabungsstelle wieder mit Erde zu und als man schliesslich 30 Jahre später nachschaute, fehlte vom Pferdekopf Amoris jede Spur. Oceanus wurde daraufhin geborgen, renoviert und hat seinen festen Platz im gedeckten Patio des Museums erhalten.

Es handelt sich um ein aussergewöhnlich schönes, qualitätvolles Mosaik von dem Flussgott Oceanus , umgeben von 2 Nereiden und jede Menge Meeresgetier. Die Römer übernahmen von den Griechen den Gott Okeanos, latinisierten den Namen zu Oceanus, wobei aber scheinbar kein Verehrungskult mit einherging, sondern Oceanus zu einer Art Naturwesen " degradiert " wurde.
In der griechischen Mythologie war Okeanos die göttliche Personifizierung eines die bewohnte Welt umfliessenden gewaltigen Stromes. Er wurde als Vater aller Flüsse gesehen. Die ihn begleitenden Nereiden waren im alten Griechenland Meeresnymphen, die in den Tiefen des Meeres leben und durch Delfine, Tritonen oder Fabelwesen an die Oberfläche getragen werden. Mal sind sie personifizierte Wellen, mal die Begleiterinnen des Meeresgottes Poseidon.

Zentral in diesem Mosaik ist der grosse Kopf des Oceanus, gekrönt mit den Greifzangen von Krustentieren, sein Bart und Haar besteht aus wildgelockten Algen.


Symmetrisch schwimmen ober- und unterhalb des Kopfes jeweils 2 Delphine bzw. Fische. Die begleitenden Nereiden sitzen auf Fabelwesen: einem Stier und einem Leoparden mit Flossen und Fischschwänzen.

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Beide Nereiden halten einen Weidenkorb mit Früchten auf den Knien. Ob die sich blähenden Tücher nun Wellen, Wind oder Segel darstellen....Es schwimmen Delfine umher, man sieht rechts einen Seeigel, wenn man die Kugel als solchen deuten kann, und die schwarzen, kurzen, parallelen Streifen sollen wohl den Meeresgrund symbolisieren.


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Kurz gefasst ein erfrischender Rundgang durch die römische Provinzkultur bis ich wieder in die Hitze des heutigen Sommers entlassen wurde. Mittlerweile zog allerdings ein Unwetter auf, so dass sich nicht nur meine Schritte beschleunigten, um dem Regenguss zu entgehen. :D

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Nach dem Regen war zumindest die Natur erfrischt.

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Auch dies ist immer noch Hispania, Provinz Tarraconensis, nicht zu verwechseln mit Provincia Narbonensis in Gallia, auch wenn es so schön provencalisch lavendelblau erscheint. :) Demnächst mehr aus der Provinz.





 
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... Hier 2 Fotos aus den Beständen des Museums mit leuchtenden Farben, also vielleicht extra befeuchtet, denn im Orginal sind die Farben wesentlich blasser.
Das kriegt man mit Bildbearbeitung auch ohne "Befeuchtung" hin :twisted:
(Farbstich per Weißabgleich auf die "Weißen", Kontrast anheben, vielleicht auch die Sättigung verstärken - fertig! :lol:)
Aber nihiltrotzquam - ein eindrucksvoller Bericht, der dazu verlockt, auch mal wieder selbst auf Tour zu gehen!
 
Hallo FestiNalente,

So ganz firm bin ich mit der Fotonachbearbeitung nicht; da suche ich einfach ein Motiv und " knipse" drauf los. Und irgendwie stimmt es dann oder ich lösche. Ich glaube, die Fotos im Museum stammen aus den 90er Jahren als das Mosaik geborgen wurde. Konnte man da schon Fotos nachbearbeiten? Ich meine, man sieht auch, dass das Mosaik zu dem Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht restauriert ist.

Ansonsten lohnt sich die Entdeckung der kleinen Museen auf dem Land wirklich, und mit 1 Euro Eintritt oder in Manchen sogar umsonst, reisst es wirklich kein Loch in die Urlaubskasse. Die Gegend setzt natürlich voraus, dass man mit dem Auto unterwegs ist, denn die Entfernungen sind enorm. Aber die heutigen Strassen sind in einem besseren Zustand als die alten römischen...wenig Verkehr und immer schöne Aussichten.
 
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Santa Eulalia de Boveda

Santa Eulalia de Boveda

Heute zeige ich Euch einen Splitter ganz besonderer Art. Ein Unicum selbst hier in Hispania, und immer noch ein Zankapfel der Gelehrten um die richtige Deutung dieses Überbleibsel.
Santa Eulalia de Boveda liegt eingebettet ins Grün der galizischen Provinz Lugo, ca. 15 km von der Stadt Lugo entfernt, ein winziges Dorf bestehen aus ein paar Häusern und mit kaum 12 Einwohnern.


Lugo mit römischem Namen Lucus Augusti, ist immerhin eine römische Stadtgründung aus dem Jahre 25 v. Chr. und damit die älteste Stadtgründung Galiciens.

Der kleine römische Splitter, unter dem heutigen Namen Santa Eulalia de Boveda bekannt, stammt aus der Spätantike, ca. III.-IV. Jahrhundert n.Chr. und wurde nach der Eroberung der spanischen Halbinsel im V. Jahrhundert durch die Westgoten ( span: Visigodos) als ein christliches Kirchlein weitergenutzt. In einem Dokument aus dem VIII. Jahrhundert wird eine zweistöckige Kirche erwähnt. Aber irgendwann wurde die Unterkirche zugeschüttet, im 18. Jahrhundert die alte Kirche abgerissen, und dann ein neues Gotteshaus im barocken Geschmack der Zeit gebaut.


Die Boveda, also die alte Unterkirche mit ihrem Tonnengewölbe wurde vergessen und das Gras der Geschichte wuchs darüber...

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Bis der örtliche Pfarrer 1926 den mit Schutt gefüllten unterirdischen Raum entdeckte. Was dabei zum Vorschein kam, ist ein kleines Wunder und versetzt den Betrachter in Erstaunen.

Es gibt viele sich widerstreitende Theorien, ob es sich bei Santa Eulalia de Boveda um einen heidnischen Tempel handelt, eine frühchristliche Kirche, ein Nymphäum oder eine erst in der visigotischen Zeit entstandene Kirchenanlage. Nach einer anderen Theorie könnte es sich aber auch um eine Kultstätte für die Göttin Kybele handeln, und zusätzlich um ein Orakel.

Das Gebäude ist zweischalig gebaut, d.h. an den 2 Längsseiten und hinten der kleinen Apsis befindet sich wie eine Aussenschale eine zweite Mauer. Der zwischen der Innen- und der Aussenmauer entstandene begehbare schmale Raum könnte für den mystischen Orakelkult eine wichtige Bedeutung gehabt haben.

Wenn sich einem der wenigen Besucher die Tür öffnet, und man über eine Treppe in das Atrium hinunter gestiegen ist, steht am " in antis" vor dem ältesten Hufeisenbogen Spaniens, der von 2 Säulen flankiert ist.

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Der Hufeisenbogen ist übrigens keine Erfindung aus den islamisch geprägten Zonen, sondern wurde schon von den Römern auf Stelen oder Grabsteinen als Ornament benutzt und von den Westgoten schliesslich in die Architektur übernommen.
Rechts und links sind 2 kleine dreieckförmige Fenster in die Fassade eingelassen, und so betritt man durch den Hufeisenbogen einen kleinen rechteckigen Raum, in dem sich gegenüber des Einganges eine kleine Apsis befindet und in der Mitte des Raumes ein mit Marmor ausgekleidetes Wasserbecken.


Vier Säulen mit korinthischen Kapitellen sind an beiden Seiten des Wasserbeckens aufgestellt. Ob aber orginal so vorhanden, ist ungewiss. Die Säulen könnten auch aus der visigotischen Zeit stammen, als diese Kultstätte dem christlichen Ritus umgewidmet und in eine dreischiffige Anlage umgewandelt wurde. Das Wasserbecken war zu dem Zeitpunkt funktionslos und irgendwann auch zugeschüttet worden.

Was aber unfassbar schön ins Auge springt, ist eine Art unterirdische Voliere, nämlich herrliche erhaltene Fresken mit Vogeldarstellungen, Pflanzenmotiven und geometrischen Mustern. Diese bedecken das Tonnengewölbe, soweit dies erhalten geblieben ist. Im unteren Teil sind die Fresken leider auch zerstört.

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Es findet sich eine fröhliche Vogelschar, als da sind: Fasane, Pfauen als Symbol der Göttin Kybele,


Gänse, Enten, Wachteln, Hühner. Die stilisierten pflanzlichen Motive umfassen u.a. die Pinie und ihre Frucht, als Symbol für den heiligen Baum Atis. Atis war nach der griechischen Mythologie der Geliebte der Göttin Kybele.




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Der Kult um die Göttin Kybele kam in der Regierungszeit des Kaisers Augustus in Rom zur Blüte, nachdem er ursprünglich aus Kleinasien, aus " Phrygien" stammte und sich auch bis Griechenland ausbreitete. Die Griechen arbeiteten Kybele = Rhea ( griechisch) in ihre Mythologie ein, als Gattin des Chronos und damit Mutter sämtlicher Götter des Olymp. Mater Deum Magna Ideae, als Göttin der Natur und Fruchtbarkeit, als Erdenmutter wurde sie auch in Rom verehrt, zumal sie wohl nach der Legende den Römern bei ihrem Sieg gegen die Karthager half.

Ihr Kult ist aber recht blutig, denn er verlangte Stieropfer und eine Art Bluttaufe. Dazu bedurfte es einer speziellen Architektur. In einem doppelstöckigen Raum wurde der Stier im oberen Stockwerk geopfert, das Blut tropfte durch Spalten oder Gitter in den darunterliegenden Raum, wo er die Gläubigen " taufte". Wahrscheinlich standen die Gläubigen dabei in einem mit Wasser durchflossenen Becken. Auch für Santa Eulalia sind das obere Stockwerk, das Wasserbecken, zu- und abführende Wasserleitungen belegt.
Für das Orakel hielt man übrigens echte Vögel in dem schmalen Raum der Doppelmauer, der durch kleine Öffnungen mit der kleinen Innenhalle in Verbindung stand. Der Gesang der echten Vögel , gemeinsam mit den realistischen Fresken wurde dann von den Priestern als prophetischer Gesang ausgelegt und gedeutet, und beeindruckte die Ratsuchenden sicherlich nachhaltig. Meines Wissens nach, singen Vögel aber eigentlich nicht in dunklen Räumen. Und von Hühnern und Gänsen kann man ja auch nicht gerade einen Schwanengesang erwarten...

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Der Stein der Weisen ist bei der Interpretation dieses Kuriosums noch nicht gefunden worden, aber trotz vieler Fragezeichen ist es ein wirklich einzigartigartiges Kunstwerk.

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Kleiner Nachtrag:

Santa Eulalia: aus dem Griechischen: eu-lalein

die Wohlsprechende, die Redegewandte, die angenehme Plauderin....:D, ob sich das auf das Orakel bezieht, oder im Nachgang zur Göttin Kybele steht, die als Erdenmutter wohlwollend ihre Gläubigen schützte... Die christliche Kirche sog vieles aus den alten Kulten auf und kleidete es in ein neues Gewand.
 
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Villa Romana La Tejada

Villa Romana La Tejada:

Wieder in der Provinz Palencia, fast am Camino de Santiago gelegen, findet sich die dritte dem Publikum zugängliche Villa Romana La Tejada, nordwestlich des Dörfchens Quintanilla de la Cueza. Übrigens gar nicht weit von der bekannteren Villa Romana La Olmeda entfernt, ca. 20 km, bestanden vielleicht damals auch Verbindungen zwischen den Bewohnern. Man lebte ja nicht hinter dem Mond :].


Der Name La Tejada nimmt Bezug auf die Umgebung, wo die Grundmauern der Villa aufgespürt wurden. Am Fusse einer sanften Erhebung gelegen, die von den Bewohnern wegen der dort immer wieder im gepflügten Acker auftauchenden Ziegel und Dachpfannen so genannt wurde. Teja = Ziegel, Adobe.

La Tejada ist ein bisschen das Aschenputtel unter den Villae Romanae. Gefunden wurde sie offiziell 1970. Der Besitzer eines Teils der Liegenschaft schaute sich die kurz vorher entdeckte Villa romana La Olmeda an und wusste, dass unter seiner Ackerkrume ebenfalls eine Villa liegen musste. Er grub ein Mosaikteilstück aus und zeigte es den Verantwortlichen im Museum, die dann je nach finanzieller Ausstattung, die Ausgrabungen weiterführten. Leider waren die anderen Nachbarn nicht so romanophil, ihren Acker den Archäologen zu überlassen und so schlummert ein Grossteil der Villa La Tejada noch heute unter dem Boden.

Immerhin liegt der ausgegrabene Teil geschützt unter einer Blechhütte, wenn diese auch längst nicht mit dem Museumsdesign von La Olmeda oder Almenara aufwarten kann.


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Der Zugang liegt hinter hohen Hecken:

Während die bisher vorgestellten Villen alle nach dem gleichen Schema aufgebaut waren, nämlich um einen Patio herum, ist die La Tejada eine riesige irreguläre Anlage. Bislang wurde nur der Thermenbereich ausgegraben. Man nimmt zumindest an, dass es sich um einen grossen Thermenbereich handelt. Immerhin 13 Zimmer und Flure und eine gewaltige Hypocaustrum-Anlage. Die anderen Wohnbereiche liegen noch unter Weizen und anderen essbaren Feldfrüchten.


Und die grosse Hypocaustrumanlage wurde der Villa in den nachfolgenden dunklen Jahrhunderten zum Verhängnis.



Die nun dort lebenden Menschen waren auf der Suche nach Baumaterial, vorallem nach Ziegelsteinen und zerstörten die über dem Heizsystem liegenden Mosaiken grossflächig, um an die Ziegel heranzukommen. Scheinbar war mit dem Untergang des Imperium Romanum auch die Technik des Ziegelbrennens verlorengegangen.


Nun aber hinein in die Wellnesszone:



Das Mosaik der vier Jahreszeiten, hätte sicher einen anderen Titel, könnte man mehr im Zentrum erkennen. Im Zentrum ist das Mosaik als Oktogon gestaltet. Leider sind die Steinräuber mitten durch das Gesicht des Oceanus eingestiegen. Ausser ein paar Algen als Haar und Bartfransen ist nichts übrig geblieben. Drumherum noch ein paar Meerestiere, aber auch die nur noch in Fragmenten erhalten.





Immerhin, ist der Octopus gut zu erkennen.

In den vier Ecken, die durch sich überschneidende Borten breitgezogene Rauten bilden, sind / waren die Jahreszeiten abgebildet in Form von Köpfen mit den Attributen der jeweiligen Saison: Hier der Herbst mit weinrebenbekröntem Haupt und einem mit Weintrauben gefüllten Korb auf den Schultern.


Ihm gegenüber der Winter, dargestellt als Frauengesicht mit einem Tuch über dem Kopf.

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Frühling und Sommer sind nur noch Rudimente:

Eingefasst ist das Zentralmosaik in breite Mosaikbänder mit geometrischen Mustern, ganz aussen mit dem beliebten Peltarion, dem griechischen Schild nachempfundenen Muster.


Man ging über geheizte Flure:

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In die nächste Badestube:

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Dann ein Neptun, leider nur noch in Ansätzen sichtbar:


Eingefasst durch breite geometrische Muster:

Leider auch nur noch in Ansätzen erkennbar, der Mythos von Leda und dem Schwan.
Zeus, der oberste Gott am griechischen Götterhimmel, war einem Techtelmechtel ausserhalb seiner Ehe mit Hera nicht abgeneigt. Als er sich in die Königstochter Leda verliebte, kam er in Form eines Schwans zu ihr. Leda wurde schwanger, sowohl von Zeus als auch von ihrem Gatten Tyndareos und gebar oder legte 2 Eier, aus denen jeweils 2 Kinder hervorgegangen sein sollen: die sterbliche schöne Helena und Klytemestra( aus der Ehe mit Tyndareos) und die unsterblichen Dioskuren( Zeusjünglinge) Pollux und Castor.

Fazit: das Aschenputtel La Tejada lohnt unbedingt einen Besuch, wenn auch die römische Villa La Olmeda viel grösser und besser erhalten ist. Aber wer weiss, ob sich in der Zukunft nicht die Bodenkrume öffnet und weitere Perlen ans Tageslicht kommen.
 
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Capara

Capara, Municipium flavium caparense



Heute geht es über die Grenze der Provinz Hispania Tarraconensis hinaus, denn wir befinden uns nun in der Provinz Lusitania.


Zu Zeiten der römischen Republik war das Gebiet Teil der Provinz Hispania Ulterior, nämlich die Gebiete südlich des Flusses Duero ( lat.: Durius). Unter dem Kaiser Augustus, der um 27 v. Chr. die Provinzen neu gliederte, wurde Hispania Ulterior in die Provinzen Lusitania und Baetica aufgeteilt. Lusitania umfasste die heutigen Provinzen, Autonomien, und Länder: Salamanca, Extremadura und Portugal südlich des Duero/ Douro-Ufers.

Capara liegt an dem Weg, der heute Via de la Plata heisst und Augusta Emerita ( Mérida) mit Asturica Augusta ( Astorga) verband.
Ganz in der Nähe der Stadt Placencia, im Norden der heutigen Autonomie Extremadura, Provinz Cáceres.

Schon Plinius berichtet im 1. Jahrhundert n. Chr. von dem Ort und seinen Bewohnern, einem keltischen Stamm, der den Römern gegenüber tributpflichtig war. Unter der Herrschaft Vespasianus wurde Capara Municipium und blühte durch den Handel auf. Die Einwohner wurden echte römische Civis und reich. Das wiederum kam dem Städtchen zu Gute, was sich mit Tempelanlage, Forum, Thermen und einem grossen Bogen schmücken konnte.

Um es gleich zu sagen: der Bogen, ein Tetrapylus, ist das Einzige, was noch steht und fast 2000 Jahre Bestand hatte. Nach dem Untergang des römischen Reiches lebte Capara mehr schlecht als recht unter verschiedenen Namen wie Càparra, Ventas de Càparra, noch fort bis ins XIX. Jahrhundert, bis auch die letzten Bewohner aufgaben.





Capara wurde zwar nie vergessen, der Tetrapylus war ja auch nicht zu übersehen :rolleyes:, und zog schon damals einigen Tourismus an, was sich an den Zeichnungen aus verschiedenen Jahrhunderten gut dokumentieren lässt;



aber der Ort selber wurde in ein Latifundium "integriert" und landwirtschaftlich genutzt. Bis auf einen kleinen Teil der ausgegrabenen Ruinen, ist die Anlage mit einem Olivenhain überbaut, oder unter den umliegenden Wiesen verschwunden.







Das Land der Olivien, der schwarzen Kampfstiere und des Pata negra- Schinkens. ;)

Man betritt den Ausgrabungsbezirk und stösst auf ein didaktisch gut aufgebautes Informationsgebäude, wo man auch prima Informationen zu den umliegenden Sehenswürdigkeiten und Restaurationen erhält ( auf Schwäbisch übrigens :D) Wie bei allen römischen Orten nähert man sich Capara entlang der, die Strasse begleitenden Gräber. Wie überall im römischen Reich wurden die Toten nicht innerhalb der Stadtmauern beerdigt, sondern entlang der Strassen. Auch das Amphitheater lag vor der Stadt. Von dem ist wegen der hölzernen Konstruktion nicht viel übrig geblieben, aber man hat zumindest den Grundriss rekonstruieren können.



Nun aber in die Stadt, die wir durch das südöstliche Tor betreten :





Entlang der Kardo Maximus mit den Ruinen der Geschäftshäuser,



geht es durch die Hauptstrasse in Richtung Tetrapylus und Forum.

Erklärungen und Fotomontagen helfen, den Ruinen ein wenig Leben ein zu hauchen, denn so viel Imagination kann man garnicht aufbringen.



Hier werden die Grössenverhältnisse etwas klarer...


Der Tetrapylus wurde am Ende des 1. Jahrhundert n. Chr. zu Ehren von Marcus Fidius Marcer und Bolosea, seiner Frau, vom Sohn des Paares Fidius Marcer errichtet. Dies geht aus den Inschriften am Sockel des Bogens hervor. Man weiss über Fidius Macer, dass er zur Obrigkeit von Capara gehörte und dreimal den Posten des Magistrates bekleidete.
Der Bogen steht mitten im ehemaligen Zentrum des Ortes vor dem Forum. In diesem Tetrapylus kreuzen sich die Kardo maximus und die von Osten kommende Decumanus.

Der Tetrapylus misst 8.60m x 7.35m, und erreichte in der Höhe ursprünglich 13.30m. Vier Säulen tragen vier Rundbögen, die Decke ist ein Kreuzgewölbe. An der Ostseite sieht man noch die Postamente für einen Figurenschmuck. Dieser Bogen ist der einzige Tetrapylus der iberischen Halbinsel. Bemerkenswert, dass er den Raubbau der letzten Jahrtausend überlebt hat.



Teilweise kann man sogar noch die rötliche Farbe erkennen, mit der dieser Bogen ursprünglich bemalt war.

Dahinter, im Norden, liegt das Forum, von dem leider kaum noch etwas aus zu machen ist :uhoh::


Und so soll es vielleicht mal ausgesehen haben :oops: .

Die Decumanus, später Teil der Vía de la Plata, ist mit einem Meilenstein versehen, der aus der Zeit Nero´s stammt.




Die Mittagszeit nahte, das Ausgrabungsgelände schliesst dann bis zum Abend und bei der Hitze, die im Sommer dort herrscht, wollte man sowieso nur noch Schatten und ein kaltes Getränk.




Selbst die Bäume bekommen hier einen "Sonnenbrand" :lol: und schälen sich oder fallen vor Hitze um...:D





Das war der kleine Sprung über die inner-iberische Grenze beim Fluvius Durius zwischen Hispania tarragonensis und Lusitania.



 
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Petavonium, ein Militärlager im Nirgendwo

Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass an so einem verlassenen Ort einmal eine grosse Stadt existierte. Heute findet man das archäologische Areal mitten in Feldern, umgeben von Steineichen und Pinien und hin und wieder kleine Dörfchen. Petavonium liegt in der heutigen Provinz Zamora, grob im Dreieck zwischen Benavente, Puebla de Sanabria und La Bañeza, im Valle de Vidriales.

Auf der Landkarte sind die umliegenden Dörfchen kaum zu finden: Rosinos de Vidriales, San Pedro de la Viña und Santibañez de Vidriales. Im letzten Dorf befindet sich ein Centro de Interpretation, wo die Geschichte des Militärlagers aufgearbeitet wird. Ich stand leider überall vor verschlossenen Toren. In den Herbst-/ Wintermonaten sind die Öffnungszeiten etwas schütter.


Hier lief einmal die Via XVII entlang, eine gut ausgebaute Strasse, die Bracara Augusta (Braga) mit Asturica Augusta (Astorga) verband, allerdings verlief die Via XVII weiter süd- östlich und war vielleicht weniger bergig als die schon vorgestellte VIA Nova oder VIA XVIII. Die VIA XVII diente vor allem dem Warentransport.
Der ganze Nordwesten war für Rom eine Quelle für wichtige Rohstoffe, vorallem für Gold. Die grosse Tagbau-Goldmine Las Medulas liegt nicht weit entfernt. Um die Gegend zu kontrollieren und vor Einfällen marodierender Cantabros oder Astures zu schützen, waren an strategisch günstigen Punkten Legionen stationiert. So war einer der grossen Stützpunkte Legio/ Leon, wo die Legion VI, später Legion VII Gemina stationiert war, oder in Asturica/ Astorga die Legion X, weiter im Osten kam die Legion III Macedonia hinzu

Interessant ist, dass zu römischen Republikzeiten die Armeen scheinbar garkeine festen Stützpunkte hatten, denn sie waren eine Feldtruppe von grösster Mobilität, die immer wieder zum Kämpfen eingesetzt wurde. Dies änderte sich erst unter Kaiser Augustus ( 27 v.Chr. - 14 n.Chr.), der nach einer Abfolge von Feldzügen am Rhein und Donau, in Nordafrika und im Westen Hispanias, die Grenzen des Imperiums sichern wollte. Eine Verteidigung der Grenzen liess sich mit festen Militärlagern einfacher gestalten.


Zunächst hatten diese Militärlager auch keine feste Form, was sich aber schnell änderte. Typisch für alle militärischen Anlagen ist eine rechteckige Form mit abgerundeten Ecken. Die zunächst aus Holz und Erde errichtete Palisaden wurden schnell durch Steinmauern mit regelmässig in die Ummauerung eingelassenen Türmen, befestigten Toren und vorgelagerten tiefen/ breiten Gräben ersetzt.

Das ursprüngliche Lager Petavonium wurde um 16 v.Chr. zunächst von der Legion X Gemina erbaut und hatte eine Ausdehnung von ca. 20 Hektar mit einem typischen Aufbau.


Das Leben für die Soldaten war sicher spartanisch. Hier ein paar Eindrücke aus dem Museum der Legion VII in Leon, was aber übertragbar ist auf alle Militärlager:

Nachgebaute Stube für jeweils 8 Soldaten:



Die 8 Soldaten bildeten eine Contuberia. 10 Contuberia bildeten eine Centuria, geleitet von einem Centurio. 6 Centurias á 80 Soldaten bildeten eine Cohorte. Die Legion bestand aus 10 Kohorten und natürlich noch jede Menge Personal wie Medicus, Praefectus castrorum, Custos armorum
Also sorgten ca. 5000 Mann in Petavonium für die Sicherung der Gegend und auch für einen ordentlichen Zivilisationsschub. Im Jahre 63 n. Chr. wurde die Legion X Gemina während der Herrschaft Neros nach Pannonia an die Donau versetzt.
Petavonium blieb ein halbes Jahrhundert unbewohnt bis gegen Ende des 1. Jahrhunderts eine Reitereinheit von 500 Mann, die Ala II Flavia Hispanorum Civium Romanorum, dort einzog. Diese richtete sich zwar im alten Lager ein, jedoch nur auf 4.5 Hektar. Alles, was heute sichtbar oder ausgegraben wurde, bezieht sich auf diese 2. Besiedlung. Vom ursprünglichen Lager der Legion X blieb nicht viel übrig.


Interessant ist, dass sich um das Lager herum eine Ansiedlung ausbreitete, die schliesslich 90 Hektar einnahm und als grösste Siedlung im Territorium galt. Leider hat man bislang nicht viel an gemauerten Überresten dieses Städtchens gefunden, es wird allerdings angenommen, das die heutige Dorfkirche von Rosinos, Santa Maria del Campo, über einer alten römischen Kultstätte errichtet wurde. Petavonium war wahrscheinlich auch eine Mansio an der Via XVII.
Im Nachbardorf San Pedro de la Viña existiert ein interessanter alter Brunnen, dem eine römischer Ursprung zugeschrieben wird.

Ein paar Kilometer weiter im Dörfchen La Calzada de la Valdería gibt es, wie der Name Calzada schon vermuten lässt, noch ein Stück römische Strasse mit Orginalbelag.
Ursprünglich sollte in einem ambitionierten Projekt die VIA XVII als Wanderweg wiederbelebt werden. Aber über die portugiesische Wegstrecke kam man nicht hinaus, da schlug sowohl die Wirtschaftskrise als auch der politische Unwille zu. Wie schon im IV-V. Jahrhundert breitet sich das Dunkel des Desinteresse und der Vernachlässigung aus. Bleibt zu hoffen, dass das Schicksal der Via XVII nicht weitere 2000 Jahre Vergessen zumutet.


 
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Bellum Cantabricum et Asturicum

Heute geht es in eine Zone, von der man nicht vermuten würde, dass die Römer hier sesshaft geworden sind. Wir befinden uns in der heutigen Autonomie Cantabria, die vor 2000 Jahren eine wesentlich grössere Fläche einnahm als die heutigen Autonomie-Grenzen ziehen. Die hohen Berge und das unwirtliche Klima waren damals eine Herausforderung für die Römer.
Und erst recht die heimische Bevölkerung, denn das Volk der Cantabros stellte eine stetige Quelle der Unsicherheit und kriegerischen Scharmützel für die Römer dar. Dieses ( je nach Quelle) rebellisches, tapferes und auch als brutal verschriene Volk hatte sich lange Zeit gegen die Kolonialisierung durch die Römer zur Wehr gesetzt.


"Sub occasu pacata erat fere omnis Hispania, nisi quam Pyrenaei desinentis scopulis inhaerentum Citerior adluebat Oceanus. Hic duae validissimae gentes, Cantabri et Astures, inmunes imperii agitabant." ( Lucius Anneus Floris, Geschichtsschreiber ca. 74-130 n. Chr.)

Hier eine englische Übersetzung, meine Lateinkenntnisse sind zu schütter für eine Übersetzung ins Deutsche:
"In the west almost all Spain had been subjungated, except the part which adjoints the cliffs where the Pyrenees end and is washed by the near waters of the ocean. Here two powerful nations, the Cantabros nd the Astures lived in freedom from the rule of Rome. "

Da Rom durch die als Guerillakampf geführten Auseinandersetzungen, seine Macht und Einfluss und vorallem den Warenfluss in Richtung Hauptstadt Roma aeterna gefährdet sah, kam es schliesslich zum Krieg. Der Krieg gegen die Cantabros zog sich über 10 Jahre hin, von 29-19.v.Chr. Ein Reihe von bekannten römischen Herrführern wie Marcus Vipsanius Agrippa und Augustus selber, versuchten die letzte Bastion des Widerstandes zu brechen. Mehrere Legionen wurden dafür entsandt zu Land und zu Meer, insgesamt ca. 50000 Mann, denen es schliesslich gelang, die Cantabros zu umzingeln und auf ihren hoch in den Bergen gelegenen Castros auszuhungern. Die Überlebenen wurden versklavt, in die Minen geschickt oder gezwungen sich in den Ebenen neben den Militärlagern anzusiedeln. Das Territorium der Cantabros wurde in das von Augustus neugeschaffene Hispania tarraconense eingegliedert.
Und flugs folgte die Kolonialisierung und Romanisierung der Gegend. Einer dieser Zeitzeugen ist erst 1976 entdeckt worden, als ein Anwohner auf dem Hügel eine Tonscherbe mit dem Stempel LEG vom Boden aufhob. Dies sind die römischen Thermen von:



Eine Ausgrabungsstätte im Nirgendwo zwischen dem heutigen Mataporquera und Reinosa.
Die Gegend ist sehr kalt, vorallem im Winter und es pfeift ein eisiger Wind von den hohen Bergen des kantabrischen Gebirges:

Die Ausgrabungen wurden durch eine Überbauung vor den Wetterunbilden geschützt und die Umgebung ein wenig mit Nachbildungen aufgehübscht.

Scheinbar gab es auch eine Art ( natürlich nachgebauten) Schutzwall, um sich gegen Überfällen zu wappnen:

Bei den archäologischen Überbleibseln herrscht noch keine Klarheit, ob es sich um die Überreste eine privaten, reich ausgestatteten Landvilla handelt oder um eine Mansion, also eine Raststätte an einer Überlandstrasse. Nahe der Ausgrabungen verläuft eine römische Calzada, also befestigte Strasse, die vielleicht das grosse Militärlager von Pisoraca ( Pisuega) im Süden und die Häfen an der Küste Portus Blendium ( Suances), Portus Victoriae ( Santander) im Norden verband. Man hat Teilstücke eines Meilensteins aus der Zeit des Traianus ( 249-251 n.Chr.) in der Nähe gefunden.

Das Gebäude stammt aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. und wurde bis ins 3. Jahrhundert genutzt und auch baulich verändert.
Von der Villa existieren eigentlich nur noch die Grundmauer, von ein wenig Putz mit Wandfarbe abgesehen. So könnte das Gebäude ausgesehen haben:

Das Gebäude lag an der Südflanke einer Anhöhe. Der Eingang war gegen Süden ausgerichtet und wahrscheinlich auch mit Balkonen versehen, um die Wärme der Sonne zu nutzen. Die Thermen lagen nach Westen, mit vermutlich herrlichen Sonnenuntergängen über den Bergen, zu geniessen aus dem warmen Planschbecken, sprich tepidarium.
So sieht die Realität heute aus:







Man hat das Hypocaustrum gefunden und aufgehübscht auch mit dem Locus-Nachbau, der über ein Abwassersystem aus dem Thermenbereich drainiert wurde:

Entdeckt wurden in der Gegend auch Steinstelen, genannt Terminus augustales mit dem Wort "Juliobriga". Dies ist eine grössere römische Siedlung in der Nähe.



In dem Museum gibt es eine permanente Ausstellung über den kantabrischen Krieg, wovon man aber keine Fotos machen darf.



Die Villa Camesa wurde gegen Ende des 3. Jahrhunderts mit dem Verfall des römischen Imperiums verlassen. Im 5. Jahrhundert übernahmen die Visigoten den Siedlungsplatz als Nekropole und noch später wurde eine kleine Kirche dort hineingebaut mit einem Friedhof drumherum. Bis gegen Ende des XII. Jahrhunderts die Kirche aufgegeben wurde. Man steht also auf einem übersichtlichen Grund, der 1000 Jahre menschliches Wirken auf engstem Raum zeigt. Man sieht die Ruinen der römischen Behausung , die Grundmauern der Kirche, die Gräber der Visigodos wie auch der mittelalterlichen Bevölkerung, und alles auf 1000 qm.

Auch wenn heute die Gegend öde und leer wirkt, so scheint die Geschichte doch nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche zu schlummern.












 
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