Spaziergang durch Rom - Addenda et Corrigenda

Ach Nummis, wie gut ich deine Leidensgeschichte verstehen kann. :nod:

Rom ist wirklich anders und ich werde es nicht leid dorthin zu reisen, auch wenn ich mittlerweile auch mal die Stadt für Tagesausflüge verlasse und mir andere Städte anschaue.
 
Hallo nummis,

Danke für deine tollen Bilder und interessanten Geschichten.

Schöne Silvester-Grüße

Tizia
 
Teil 2 (Rohentwurf)


Rom mittendrin. Die meisten Menschen verdrehen ob der touristischen Masse, die sich wie eine Boa Constrictor gespannt und auf Beute lauernd durch die Stadt windet, die Augen. Nicht so ich. Zugegeben mag ich es, mich hin und wieder genau vor's Kolosseum zu setzen. Weniger des prächtigen Baus wegen; das Amphitheater hat wohl in seiner zweitausend Jahre währenden Geschichte mehr verzückte Gesichter und jubilierende Tänze erlebt als jedes andere Gebäude auf dieser Erde. Ja, manchmal glaube ich sogar, dass der Luftsprung als Inbegriff des höchsten Glücksempfindens hier geboren wurde. Es ist Balsam für die Seele, mitanzusehen, wie sich Menschen aller Rassen, Religionen und Hautfarben hier versammeln und ihrem lachenden Herz freien Lauf lassen. Hier pausiert für einen kleinen Moment lang alles Unheil dieser Welt, gefangen in dem Mischmasch glanzvoller Zeiten, wohliger Lust und bewegter Entrückung. Und eigentlich ist es paradox: Hier, wo man Menschen auf bestialische Art dahin metzelte, dort, wo Märtyrer gelitten und Gladiatoren gen Himmel gehoben wurden, macht sich heute Behagen breit. Und der Mensch ist mittendrin.






Rom zwischendurch. Ab und zu möchte ich der besagten Boa Constrictor entkommen, und das ist hier nicht mal so schwierig, wie man sich das vielleicht denkt. Abseits der Touristenströme ist es oftmals nur ein kurzer Weg, einen Augenblick zu pausieren und Atem zu holen. Zwischendurch heisst, einfach mal zwischen die Häuserzeilen zu huschen und durch sie hindurch jene Oasen zu entdecken, die im allgemeinen nicht nur ein sicheres Versteck vor dem ständig zischenden Reptil gewähren, sondern auch noch mit einem besonders leckeren Stück Pizza aufwarten. Wie machen die das bloss? Ich meine, eine Pizza vom Blech ein paar Sekunden im Ofen zu wärmen, und schon hat man den knusprigsten Teig mit einer zuvor gewählten Auflage nach Wunsch. Die Pizzeria Leonina verdient Kultstatus und liegt direkt an einem der beschriebenen Zwischendurchplätze, der Piazza della Madonna dei Monti. Hier hin verirren sich nur wenige Touristen, und ich pflanze mich mit meinem Stück italienischer Gaumenfreude auf die Stufen des Brunnens. Und ich glaube, etwas würde mir fehlen, wenn nicht jener Zeitgenosse, der zur Piazza gehört wie der Käse zur Pizza, laut schallend (und schimpfend) um die Häuserzeilen der Subura umherwuselt. Aber auch das ist Rom: Immer einen Tick widerborstig – immer bereit zur Konfrontation. Immer für eine Überraschung gut.




Rom schlafwandelnd. Wenn mir das immer noch nicht reicht, flüchte ich in die freie Natur. Die Stadt hat eine Menge davon, aber ich meine nicht die, deren geharkte Wege, beschnittenen Büsche und feudalen Beete den Besuchern wie ein arrangiertes Festbuffet offen liegen. Es ist vielmehr der Charakter des Ursprünglichen - die Gemütsart eines Ochsen, der gelassen und würdevoll zur Tränke schreitet. Im Parco Celimontana finde ich zwar keine Ochsen, aber auch keine Schlange, und nicht mal ein Zischen ist zu hören. Hier hin verirrt sich beinahe kein Tourist, und wenn doch, kenne ich ihn vielleicht sogar. Endlich allein, und das klingt gewissermaßen paradox für jemanden, der 'solo' unterwegs ist. Aber in dieser Stadt bist du nie wirklich ganz allein – einsam aber doch in einer großen Gemeinschaft.






PS. Nur das "schlafwandelnd" gefällt mir noch nicht so sehr. Hat jemand eine Idee?

PPS. Fotos folgen


Grüsse
Rainer
 
Das gefällt mir alles sehr gut! Hab ich doch schon oft Weihnachten in Rom verbracht, aber dieses Jahr bleibe ich hier. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus und darauf will ich mich vorbereiten (meine Nichte heiratet im März auf Sardinien).
 
Alles klar, vielen Dank! Da war ich schon viel zu lange nicht mehr! Aber ein eigenes Foto von Habakuk und dem Engel habe ich zufällig dieser Tage wieder betrachtet! Die Fassade der Kirche war übrigens im Herbst zwecks restauro verhüllt!
 
Zum Tempel des Antoninus Pius und der Faustina ist mir jetzt das passende und seltene Münzlein in meine Sammlung geflogen. Höchstwahrscheinlich wurde dieser Denar im Jahre 142 n.Chr. zur Einweihung des Tempels für die verstorbene Faustina I. geprägt.

Die Vorderseite zeigt die drapierte Büste der Kaiserin mit der Legende DIVA AVG(VSTA) FAVSTINA; auf der Rückseite findet man die Tempelfront auf dreistufigem Podium. Auf dem Giebel (angedeutet) zwei Victorien und mittig eine Quadriga (hier leider durch eine Prägeschwäche nicht zu sehen). Legende: DEDICATIO AEDIS (Tempelweihe bzw. Tempeleinweihung).

Für mich das perfekte Zusammenspiel der Bauten Roms, der Geschichte und der Numismatik. :)

P1190276.jpg

Faustina I
Denarius
Rome
after 141 AD
Av.: DIVA AVG FAVSTINA - draped bust right
Rev.: DEDICATIO AEDIS - frontal view of a hexastyle temple of Diva Faustina
3,37 Gr.
RIC 388 (Antoninus Pius)
 
Zuletzt bearbeitet:
So ein usseliges Scheixxwetter muss ich einfach ausnutzen.

Das war schon lange fällig:

Roma bella mi appare...

Schon mal ein erster Schritt, meine unzähligen Gedanken zu Rom in meine website einzubinden. Hier steht das Geschriebene im Vordergrund; die Fotos sind besondere Erinnerungen, Schnappschüsse und eingefangene stimmige Augenblicke - die fototechnische Qualität steht dabei hinten an.

Grüsse
Rainer
 
Der Tempel der Venus und der Roma, umgangssprachlich auch oft Roma-Tempel genannt, ist einer der wenig beachteten Bauwerke der Stadt. Kein Wunder, denn es ist beinahe nichts mehr vom Ursprungsbau erhalten ausser ein paar Säulen der Portikus. Die Bauarbeiten begannen unter Hadrian im Jahre 121 n.Chr., wurden aber erst unter Antoninus Pius beendet. Cassius Dio (69,4) berichtet uns übrigens, dass Apollodor, der Meisterarchitekt des Trajan, die Entwürfe des Hadrian kritisiert hat. Seine riesigen Ausmasse, aber auch seine zentrale Lage machten ihn zum grössten und wichtigsten Tempel der Stadt. Er reichte vom Forum Romanum bis zum Kolosseum. Dort stand früher das Atrium des goldenen Hauses Nero's, des Domus Aurea mit der bronzenen Kolossalstatue des Tyrannen, die durch den Bau des neuen Tempels näher an das Kolosseum versetzt werden musste. Dieser neue Platz war in etwa dort, wo wir uns heute gerne zu einer kurzen Verschnaufpause niederlassen.


Der Tempel wurde im Jahre 307 n.Chr. unter Kaiser Maxentius nach einem Brand umfassend renoviert und umgestaltet. Die westliche Cella ist am besten erhalten, da sie lange Zeit in die Kirche Santa Francesca Romana eingegliedert war.


Schöne Blicke auf die weite Anlage geniesst man heute vom Palatin, aber auch durch die Fenster des Kolosseums.




Gleich mehrere Herrscher liessen den Tempel auf ihren Münzen verewigen, u. a. Hadrian, Antoninus PIus, Philippus I. Arabs und Maxentius.



Philippus I. Arabs
Antoninian
248 n.Chr.
Vs: IMP PHILIPPVS AVG. Büste mit Strahlenkrone, Paludament und Panzer rechts.
Rs: SAECVLVM NOVVM. Sechssäuliger Tempel auf dreistufigem Podium, auf dem Dach Figurenschmuck,
im Inneren Roma mit Palladium und Szepter en face thronend.
4,18 Gr.
RIC 25 (b), C. 198, Bauten Roms 63.​


Ein neues Jahrtausend hatte begonnen: SAECVLVM NOVVM. Nach der damaligen Zeitrechnung feierte Rom sein tausendjähriges Bestehen im Jahr 248 n.Chr. Heute würde man die Münzen, die aus diesem Anlass geschlagen wurden, Sonderprägungen nennen. Zum Fest wurden in grossen Mengen Münzen verausgabt, die das Jubiläum und die damit verbundenen Spiele propagierten. Darunter auch eine interessante Reihe mit Tierdarstellungen wie Löwen, Antilopen und anderes Getier mit der Umschrift SAECVLARES AVGG, die unmissverständlich darauf hinwies, dass die kaiserliche Familie unter Philippus I. Arabs die Festlichkeiten ausrichtete. Aus heutiger Sicht ist allerdings das Motiv der einzigen aus diesem Anlass geprägten Münze der Otacilia Severa, die auf ihrer Rückseite ein Flusspferd schmückte, ein wenig unglücklich gewählt. Dass der Roma-Tempel auf dieser Festemission verewigt wurde, unterstreicht nochmals seine Wichtigkeit und Vorrangstellung in der Stadt. Wie bei den Münzen üblich entspricht die stylistische Darstellung , insbesondere die Anzahl der Säulen oder der Podiumsstufen nicht unbedingt der Realität, jedoch beweist die Darstellung der Göttin Roma eindeutig die Zuordnung.


Büste des Philippus I. Arabs
Museo Centrale Montemartini
Rom


Der Antoninian wurde ca. 214 n.Chr. als neue Währungseinheit unter Caracalla eingeführt, um der galoppierenden Inflation des 3. Jahrhunderts entgegen zu wirken. Der Name wurde erst im Mittelalter ersonnen und leitet sich vom eigentlichen Namen Caracallas Marcus Aurelius Antoninus ab. Angedacht war er als Verdoppelung des Denaren, jedoch lag sein Gewicht schon bei den ersten Ausgaben deutlich unter dem Soll. Seine äusseren Merkmale sind die Strahlenkrone, die das Haupt des Herrschers zieren. Die Kaiserdamen erhielten eine Mondsichel unter der Büste. Die Strahlenkrone als Verdopplung des Münzwertes kannte man ja bereits von As und Dupondius.

Schon sehr schnell löste der Antoninian dann den Denaren endgültig ab: Gordianus III. war der letzte Kaiser, der bis 244 n.Chr. noch Denare in grossen Mengen prägen liess. Bereits unter seinem Nachfolger Philippus I. Arabs wurden nur noch höchst selten Denare geprägt, die heute allesamt grosse Raritäten darstellen. Der Antoninian hatte als Standardmünze endgültig den Denaren verdrängt. Doch die weitere Geschichte der neuen Währung war nicht gerade prunkvoll. Nicht nur das Gewicht, sondern auch der Silbergehalt sanken von Jahr zu Jahr. An der dunklen Farbe des oben gezeigten Antoninianes kann man gut erkennen, dass dem Silber schon hohe Anteile an Kupfer und anderen unedlen Metallen beigemischt wurden. Schon unter Gallienus und Aurelianus war der Silbergehalt teilweise so niedrig, dass man heute von Billon- oder Silbersud-Antoninianen spricht. Die Münzen wurden nach dem Prägen weissgesiedet, damit die damit sich an der Oberfläche abgelagerte dünne Silberschicht den Eindruck eines massiven Stückes in gutem Silber machte. Natürlich war diese nach kurzem Umlauf abgegriffen, so findet man heute noch viele Münze mit nur teilweise erhaltenem Silbersud. Die letzten Antoniniane, die vor der grossen Münzreform des Diocletianus im Jahr 294 n.Chr. geprägt wurden, unter anderem auch die Münzen des gallischen Sonderreiches unter Postumus, Victorinus, Tetricus & Co. enthielten enthielten überhaupt kein Silber mehr. So verkam der Antoninian schliesslich zu einem armseeligen, oft nicht mal zwei Gramm schweren Kupfermünzlein.


Silbersud-Antoninian des Aurelianus / Antoninian des Tetricus I.


Den neuen Artikel habe ich nunmehr hier eingebunden.
 
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