Spaziergang durch Rom

Schlendert man die Via Sacra weiter, erheben sich bald die Reste der Basilika des Maxentius empor.


Tatsächlich erinnert dieser Bau an eine Thermenanlage, und dieser Vergleich kommt nicht von ungefähr, wie ein Vergleich mit dem Frigidarium der Diokletianstherme bezeugt. Der Initiator freilich hat die Einweihung der Basilika nicht mehr erleben dürfen - er starb den Heldentod in der berühmten Schlacht an der milvischen Brücke im Jahre 313 n.Chr. Sein Nachfolger Konstantin verlieh dem Bau neue Akzente, indem er den Eingang auf die südliche Langseite und damit zur Via Sacra verlegte. Gegenüber auf der Nordseite liess er eine neue Apsis einbauen; in der alten Apsis thronte fortan die kolossale Sitzstatue Konstantins, dessen Fragmente wir im Innenhof gleich nach dem Eingang des kapitolinischen Museums heute noch bewundern können.



Der Tempel der Venus und der Roma, umgangssprachlich auch oft Roma-Tempel genannt, ist einer der wenig beachteten Bauwerke der Stadt. Kein Wunder, denn es ist beinahe nichts mehr vom Ursprungsbau erhalten ausser ein paar Säulen der Portikus. Die Bauarbeiten begannen unter Hadrian im Jahre 121 n.Chr., wurden aber erst unter Antoninus Pius beendet. Cassius Dio (69,4) berichtet uns übrigens, dass Apollodor, der Meisterarchitekt des Trajan, die Entwürfe des Hadrian kritisiert hat. Seine riesigen Ausmasse, aber auch seine zentrale Lage machten ihn zum grössten und wichtigsten Tempel der Stadt. Er reichte vom Forum Romanum bis zum Kolosseum. Dort stand früher das Atrium des goldenen Hauses Nero's, des Domus Aurea mit der bronzenen Kolossalstatue des Tyrannen, die durch den Bau des neuen Tempels näher an das Kolosseum versetzt werden musste. Dieser neue Platz war in etwa dort, wo wir uns heute gerne zu einer kurzen Verschnaufpause niederlassen.



Der Tempel wurde im Jahre 307 n.Chr. unter Kaiser Maxentius nach einem Brand umfassend renoviert und umgestaltet. Die westliche Cella ist am besten erhalten, da sie lange Zeit in die Kirche Santa Francesca Romana eingegliedert war.


Schöne Blicke auf die weite Anlage geniesst man heute vom Palatin, aber auch durch die Fenster des Kolosseums.




Gleich mehrere Herrscher liessen den Tempel auf ihren Münzen verewigen, u. a. Hadrian, Antoninus PIus, Philippus I. Arabs und Maxentius.



Philippus I. Arabs
Antoninian
248 n.Chr.
Vs: IMP PHILIPPVS AVG. Büste mit Strahlenkrone, Paludament und Panzer rechts.
Rs: SAECVLVM NOVVM. Sechssäuliger Tempel auf dreistufigem Podium, auf dem Dach Figurenschmuck,
im Inneren Roma mit Palladium und Szepter en face thronend.
4,18 Gr.
RIC 25 (b), C. 198, Bauten Roms 63.


Ein neues Jahrtausend hatte begonnen: SAECVLVM NOVVM. Nach der damaligen Zeitrechnung feierte Rom sein tausendjähriges Bestehen im Jahr 248 n.Chr. Heute würde man die Münzen, die aus diesem Anlass geschlagen wurden, Sonderprägungen nennen. Zum Fest wurden in grossen Mengen Münzen verausgabt, die das Jubiläum und die damit verbundenen Spiele propagierten. Darunter auch eine interessante Reihe mit Tierdarstellungen wie Löwen, Antilopen und anderes Getier mit der Umschrift SAECVLARES AVGG, die unmissverständlich darauf hinwies, dass die kaiserliche Familie unter Philippus I. Arabs die Festlichkeiten ausrichtete. Aus heutiger Sicht ist allerdings das Motiv der einzigen aus diesem Anlass geprägten Münze der Otacilia Severa, die auf ihrer Rückseite ein Flusspferd schmückte, ein wenig unglücklich gewählt. Dass der Roma-Tempel auf dieser Festemission verewigt wurde, unterstreicht nochmals seine Wichtigkeit und Vorrangstellung in der Stadt. Wie bei den Münzen üblich entspricht die stylistische Darstellung , insbesondere die Anzahl der Säulen oder der Podiumsstufen nicht unbedingt der Realität, jedoch beweist die Darstellung der Göttin Roma eindeutig die Zuordnung.


Büste des Philippus I. Arabs
Museo Centrale Montemartini
Rom


Der Antoninian wurde ca. 214 n.Chr. als neue Währungseinheit unter Caracalla eingeführt, um der galoppierenden Inflation des 3. Jahrhunderts entgegen zu wirken. Der Name wurde erst im Mittelalter ersonnen und leitet sich vom eigentlichen Namen Caracallas Marcus Aurelius Antoninus ab. Angedacht war er als Verdoppelung des Denaren, jedoch lag sein Gewicht schon bei den ersten Ausgaben deutlich unter dem Soll. Seine äusseren Merkmale sind die Strahlenkrone, die das Haupt des Herrschers zieren. Die Kaiserdamen erhielten eine Mondsichel unter der Büste. Die Strahlenkrone als Verdopplung des Münzwertes kannte man ja bereits von As und Dupondius.

Schon sehr schnell löste der Antoninian dann den Denaren endgültig ab: Gordianus III. war der letzte Kaiser, der bis 244 n.Chr. noch Denare in grossen Mengen prägen liess. Bereits unter seinem Nachfolger Philippus I. Arabs wurden nur noch höchst selten Denare geprägt, die heute allesamt grosse Raritäten darstellen. Der Antoninian hatte als Standardmünze endgültig den Denaren verdrängt. Doch die weitere Geschichte der neuen Währung war nicht gerade prunkvoll. Nicht nur das Gewicht, sondern auch der Silbergehalt sanken von Jahr zu Jahr. An der dunklen Farbe des oben gezeigten Antoninianes kann man gut erkennen, dass dem Silber schon hohe Anteile an Kupfer und anderen unedlen Metallen beigemischt wurden. Bereits unter Gallienus und Aurelianus war der Silbergehalt teilweise so niedrig, dass man heute von Billon- oder Silbersud-Antoninianen spricht. Die Münzen wurden nach dem Prägen weissgesiedet, damit die damit sich an der Oberfläche abgelagerte dünne Silberschicht den Eindruck eines massiven Stückes in gutem Silber machte. Natürlich war diese nach kurzem Umlauf abgegriffen, so findet man heute noch viele Münze mit nur teilweise erhaltenem Silbersud. Die letzten Antoniniane, die vor der grossen Münzreform des Diocletianus im Jahr 294 n.Chr. geprägt wurden, unter anderem auch die Münzen des gallischen Sonderreiches unter Postumus, Victorinus, Tetricus & Co. enthielten enthielten überhaupt kein Silber mehr. So verkam der Antoninian schliesslich zu einem armseeligen, oft nicht mal zwei Gramm schweren Kupfermünzlein.


Silbersud-Antoninian des Aurelianus / Antoninian des Tetricus I.

 
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Leider neigt sich der Spaziergang über das Forum Romanum schon seinem Ende entgegen, und ich möchte noch - kurz und schmerzlos - den Titusbogen vorstellen, der auf der Höhe der Velia, in summa sacra via, aufragt.




Ungewöhnlich ist das Nebeneinander zweier Marmorsorten: Für den unteren Teil wurde pentelischer, für den oberen Teil lunensischer Marmor verwendet. Der mit einem einzigen Durchgang vesehene Bogen setzt sich aus zwei Pylonen, einer Gebälkzone und einer hohen Attika zusammen. Auf deren Oberseite befindet sich eine grosse lateinische Weihinschrift:

SENATVS
POPVLVSQUE ROMANVS
DIVO TITO DIVI VESPASIANI F(ILIO)
VESPASIANO AVGVSTO

"Der Senat und das Volk von Rom für den vergöttlichten Titus, den Sohn Vespasians, den Vespasian Augustus"

Daraus geht hervor, dass Titus bereits tot gewesen sein muss, als die Inschrift angebracht wurde, demnach kann der Bogen frühestens 81 n.Chr., dem Todesjahr des Kaisers, erbaut worden sein. Wahrscheinlich wurde er von Domitian in Auftrag gegeben und erst unter Trajan vollendet; Indizien dafür finden sich im Vergleich mit dem Trajansbogen von Benevent.

Der Bogen erzählt vom Triumph der Kaiser Vespasianus und Titus über die Juden 71 n.Chr.; auf der Innenseite befinden sich zwei Reliefs, die über den Triumphzug berichten.

Die Südseite zeigt den Zug beim Durchschreiten der Porta Triumphalis; die mitgeführten Gegenstände zeigen u.a. den siebenarmigen Leuchter, die Menorah, aus dem Tempel Jerusalems.



Auf dem nördlichen Pendant erscheint Titus in einer Quadriga, ihm voran die rutenbündentragenden Liktoren. Die Stadtgöttin Roma hält die Pferde am Zaum, während die Siegesgöttin Victoria auf dem Wagen steht und den Kaiser mit dem Siegeskranz bekrönt.



Das wichtigste Bildwerk befindet sich aber im Scheitel des Tonnengewölbes: Dargestellt wird Titus, wie er auf den Flügeln des Adlers zum Himmel getragen wird. Diese Apotheose, die wir ja bereits von anderen Darstellungen kennen, war für die Römer immens wichtig, da mit dieser Zeremonie der Kaiser divinisiert wurde, also den Status eines Gottes erhielt.


Auch wenn manche Zungen behaupten, dass der Titusbogen eine Erfindung der Neuzeit wäre, und die mageren antiken Quellen anführen, weiss bereits Cassiodor (Var. 10,30,1) über den Bogen zu berichten. Aber tatsächlich durchschreitet heute kein Jude den Titusbogen, was mit einem Blick auf die Geschichte zu verstehen ist.

Mir aufgefallen ist eine Inschrift an der Innenseite, über die ich bisher keine weiteren Informationen erhalten konnte. Vielleicht eine neuzeitliche 'Krakelei', weswegen auch heute der Durchgang gesperrt ist...?


Roma bella mi appare...
 
Danke

Hallo,
ich habe mich extra im Forum angemeldet um Ihnen für diesen spannenden und interessanten Spaziergang zu danken.
Habe im Juli 2014 auch schon einige von Ihnen erwähnten Locations besucht.
DANKE!
LG, reineu
 
Hallo reinu,

da freue ich mich, dass dir mein Spaziergang gefällt. Meine nächsten Schritte werden mich auf den Palatin führen, bloss wird es noch ein Weilchen dauern, da ich erst wieder die Fotos auswählen und bearbeiten muss.

Und zur Zeit stehe schon ich in den Reisevorbereitungen für meine Tour im Februar, so dass ich um Geduld bitten muss. :blush:
 
Danke Nummer durensis. Die Himmelfahrt des Titus oben in der Wölbung des Bogens habe ich noch gar nicht bemerkt.
 
Zum nahen Ende meiner Forumsrunde möchte ich noch auf ein besonderes Forschungs- & Lehrprojekt des Winckelmann-Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin aufmerksam machen.

Digitales Forum Romanum

Meiner Meinung nach einer der besten deutschsprachigen websites für das Forum Romanum... zur Vertiefung, aber auch zum besseren Verständnis :nod:

"Das Forschungs- & Lehrprojekt ‚digitales forum romanum‘ verfolgt das Ziel, mit Hilfe eines digitalen Modells das verlorene Erscheinungsbild des antiken Forum Romanum wieder zu rekonstruieren – und vor allem: es auch wieder verstehbar zu machen. Seit 2011 arbeiten Lehrende und Studierende des Winckelmann-Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Exzellenzcluster TOPOI: The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations und dem Architekturreferat des Deutschen Archäologischen Instituts Berlin an einer wissenschaftlich-kritischen 3D-Rekonstruktion des Forums. Der Akzent liegt dabei vor allem auf dem Wandel des Forums, welches im Laufe der Zeit immer wieder umgestaltet und als Raum öffentlicher Kommunikation und politischer Repräsentation neu erfunden wurde. Nur die Vergegenwärtigung dieser konstanten Veränderung eröffnet die Chance, das Forum in seiner historischen Bedeutung zu verstehen, und sich damit die zur Ruine erstarrte heutige Ausgrabungsstätte zu erschließen."
 
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Ein letzer Forumsblick sei mir aber noch gegönnt...

Schlägt man jetzt vom Titusbogen den Weg hinauf Richtung Palatin ein, kann man noch nach wenigen Metern rechts abbiegen in die Via Nova.


Dieser Weg trennt gewissermassen das Forum Romanum vom Palatin und bietet nochmals herrliche Ausblicke...


Die Grotte ist nicht antiken Ursprungs, sondern Bestandteil der farnesischen Gärten, die im 16. Jahrhundert von Kardinal Alessandro Farnese dort angelegt wurden und sich vom Rand des Forums bis auf den Palatin erstrecken.


Am Ende des Weges belohnt dieser Abstecher noch einmal mit einem kleinen Ausblick auf das Haus der Vestalinnen.



Roma bella mi appare
 
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Der Palatin

Zugegeben habe ich ihn viele Jahre lang sträflich vernachlässigt... ich gebe es zu: Die noch übriggebliebenen Fragmente lassen nur schwer eine Idee zu, wie es denn früher einmal dort ausgesehen haben mag. Immerhin war der Palatin komplett mit kaiserlichen Palästen etc. zugebaut, deren Ausmass in den fragmentarisch erhaltenen alten Steien nicht wirklich 'fassbar' ist. Trotzdem möchte ich versuchen, in der nächsten Zeit zumindest einen elementaren Überblick zu geben.

Dabei fielen mir vor kurzem Bilder meiner ersten Romreise in die Hände, die nun auch schon 18 Jahre her ist. Da durfte man sich auf dem Palatin noch 'ausbreiten' - nach meiner Erinnerung war auch der Eintritt noch frei. In den Sommermonaten zog es so manchen Römer dort hin... mit Gaskocher, Nudeltopf und Pasta wurde dort so manches Picnic gefeiert. Und 'wir' Touristen haben uns gerne angeschlossen.




Der Palatin ist nicht nur der älteste bewohnte Teil der Stadt, sondern gilt auch als legendärer Gründungsort Roms; die Casa Romuli – die ärmliche Hütte, in der Romulus angeblich gewohnt hatte, stand dort in der Antike inmitten der prachtvollen Villen und Paläste. Einzelne Siedlungsspuren lassen sich noch bis in die Steinzeit nachweisen, aber die erste Ansammlung, die man als Ort bezeichnen kann, ist auf das 8. Jh. v.Chr. datiert und steht somit mit der mythologischen Stadtgründung im Jahre 753 v.Chr. in Einklang.


Ein Modell einer dieser ersten Hütten kann man im Palatinischen Museum bewundern; ihr Name Hütte des Germalus lehnt sich an die Bezeichnung für den nordwestlichen Ausläufer zum Tiber hin an, der in frühen Zeiten durch eine Senke vom südöstlichen Teil des Palatins getrennt war, bis Kaiser Domitian dieses kleine Tal auffüllen liess.







Der Name Palatin ist erst seit der Renaissance geläufig, bis zur Spätantike nannte man den Hügel Palatium, wobei die Deutung des ursprünglichen Namens unklar ist. Die antiken Geschichtsschreiber leiten ihn von der griechischen Stadt Pallantion ab, dem Herkunftsort Evanders, der zu Zeiten des Aenaes den Hügel beherrschte.


Spätestens seit dem ersten vorchristlichen Jahrhundert gewann der Palatin an Bedeutung und wurde zum bevorzugten Neubaugebiet für die Reichen und Mächtigen. Alles, was Rang und Namen, aber vor allem Geld hatte, verlegte seinen Wohnsitz auf den Hügel, darunter klangvolle Namen wie Cicero, Hortensius, Marcus Antonius und Agrippa, der Schwiegersohn und enge Freund des Augustus. Natürlich liess sich der Kaiser selbst, der im Haus der Octavier auf dem Palatin geboren wurde, auch dort nieder.


Jeder Quadratmeter des Palatins wurde zur Errichtung neuer Villen, Paläste und Tempel genutzt – die vielen Grünflächen heute täuschen darüber hinweg, dass der Hügel zur Kaiserzeit als eine einzige 'Festung' dastand, die bis in die Severerzeit den Kaisern als Wohn- und Wirkstätte diente.







Erst im 4. Jh. n.Chr., als die Kaiser ihre Residenz in andere Städte wie Konstantinopel oder Ravenna verlegten, verlor der Palatin allmählich an Bedeutung. Erst in der Renaissance wurde der Hügel quasi „wiederentdeckt“, als römische Adelsfamilien dort ihre Gärten und Weinberge anlegten.

Aber es sollte noch bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dauern, bis einige Reste der Kaiserpaläste wieder freigelegt wurden: Kaiser Napoleon kaufte 1861 die farnesischen Gärten und liess unter der Leitung des Architekten Pietro Rosa Ausgrabungen auf dem Palatin durchführen.

(um 1900)


Roma bella mi appare...
 
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Hat man nach den vielen Eindrücken des Forum Romanums noch die Kraft und Muße, schlendert man vom Titusbogen hoch auf den Palatin. Hält man sich auf dem Weg links, biegt man in einen kleinen Weg ein, der in den südöstlichen Teil des Palatins führt, den man Vigna Barberini nennt. Als der Palatin in der Renaissance wiederentdeckt wurde, sicherte sich die Adelsfamilie einen Teil des Hügels, um dort Gärten und Weinberge anzulegen.

Bald blickt man auf die kleine Kirche San Sebastiano al Palatino. Ihr ursprünglicher Name Santa Maria in Pallaria verweist auf das Palladion, aber dazu später mehr. Erbaut wurde das Gotteshaus – wie so oft - über den Resten eines römischen Tempels. Der heilige Sebastian soll auf den Stufen des Tempels, den Gradus Helagabali, sein Martyrium erlitten haben, und tatsächlich sind heute noch die wenigen Überreste des Tempels, der als Tempel des Elagabal bekannt ist, zu sehen.




Auch die neuesten Forschungen bieten keinerlei Gewissheit darüber, ob der Kaiser Elagabal den Tempelbau neu errichten hat lassen oder ihn auf einen alten Bau aufstocken liess. Fakt ist aber, dass die knappen vier Jahre seiner Herrschaft wohl nicht ausreichten, um ein vollkommen neues Bauwerk zu errichten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um ein begonnenes Werk unter Marc Aurel. Es gilt als gesichert, dass nach dem Tod Elagabal dessen Nachfolger Severus Alexander den Tempel dem Jupiter Ultor weihte.





Elagabal gilt wohl als einer der verkommensten und bizzaresten Gestalten auf dem römischen Kaiserthron, wenn man den Anekdoten der geschichtsschreibenden Senatoren Glauben schenkt. Grell geschminkt und gekleidet in chinesischer Seide nahm der bei seiner Erhebung vierzehnjährige Herrscher jedes Jahr eine neue Frau, darunter auch eine Vestalin; im Volk munkelte man von Kinderopfern und sakraler Prostitution des Kaisers, mit einem Wort, es gab nichts, was man Elagabal nicht zugetraut hätte.


Dabei wirkt das Bürschen vollkommen 'harmlos' - hier eine Plastik aus der Albani-Sammlung (Musei Capitonlini):




Beachtet man einerseits die masslosen Übertreibungen eines Cassius Dio, die Schilderungen des Herodion und die mit Vorsicht zu geniessende Historia Augusta, muss man das Herrscherbild Elagabals realistisch betrachtet in ein etwas anderes Licht rücken.


Seine Grossmutter Iulia Maesa galt im Gegensatz zu ihrer Schwester Iulia Domna (die Frau des Septimius Severus), die bereits stark romanisiert war, als despotisch und war die treibende Kraft in einem politischen Prozess, der mit der Ermordung Caracallas begann. Sie und ihr Enkel, der eigentlich Varius Avitus hiess, lebten in Reichtum und inniger Verbundenheit mit den heimischen Gottheiten in Emesa in Syrien; Varius Avitus hatte das Priesteramt des Sonnengottes Heliogábalus inne. Dem Irrtum römischer Historiker, der ursprünglich arabische Name ilah ha gabal knüpfe etymologisch an Helios an, verdankt der Kaiser seinen Namen Elagabal.


Um Elagabals Anspruch auf den Thron Roms zu legitimieren, deklarierte ihn die listige Iulia Maesa kurzerhand als einen Sohn Caracallas, Geld zerstreute die letzten Bedenken der Legionen, so dass Elagabal, der sich fortan Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus Augustus nannte, am 16 . Mai 218 n.Chr. zum Kaiser ausgerufen wurde. Nach einer gemächlichen Prozession durch die Donauprovinzen zog er schliesslich im Spätsommer 219 n.Chr. in Rom ein.


Der Stein von Emesa

Mit im Gepäck nach Rom führte Elagabal einen schwarzen Meteoriten bienenwabenförmigen Aussehens. Zwar war nach den arabisch-syrischen Vorstellungen dieser Stein nicht Gott selbst, doch war Gott in ihm eingegangen, und deswegen erhielt er auch dessen Ehren. Gerade unter den Severern waren fremdländische Gottheiten schwer in Mode gekommen, und nur dadurch lassen sich auch die eigentümlichen Vorstellungen begreifen, in welchen Elagabal aufging. Denn in erster Linie verstand sich der Kaiser als Priester und „Organ“ seines Gottes; wenn der Stein, also der Baal oder Elagabal, auf einem von sechs Schimmeln gezogenen Wagen zu seinem Heiligtum gefahren wurde, schritt der Kaiser dem Gespann voraus, aber er ging rückwärts, um seinen Gott nie aus den Augen zu lassen.

Diese Prozession ist auf den Münzen klar belegt.





Ein ewiger Zankapfel der Numismatik: Eine Münze (aus meiner Sammlung), die meiner Meinung nach den Transport des Steines zeigt...







Das Heiligtum des Baal von Emesa wurde zum neuen lebendigen Mittelpunkt staatlicher Götterverehrung in Rom gemacht; alles, was als Wahrzeichen und Unterpfand des römischen Reiches diente, darunter auch das Feuer der Vesta und das Palladion, liess Elagabal in seinen Tempel verfrachten. (Letzteres gab dann auch der Kirche San Sebastiano in Pallario ihre Namen.) Der Senat und das Volk von Rom hatten zu diesen Zeiten kein Problem mit dem Nebeneinander von traditionellen und fremden Göttern, aber dass der Kaiser nunmehr seine eigenen Gottheiten über die urrömischen stellte, war ein Schritt zuviel des Guten. Hinzu kam, dass Elagabal wichtige Staatsämter mit seinen Hampelmännern besetzte: ein Tänzer wurde Prätorianerprefekt, ein Friseur Prefekt der Annona. Die ernsten Senatoren bekannten seufzend, dass, nachdem sie lange Zeit die strenge Tyrannei ihrer eigenen Landsleute erduldet, Rom nun schließlich dem verweichlichten Luxus des orientalischen Despotismus unterworfen sei.


Als die Rede von ‘römischer Dekadenz’ noch mit klaren Vorstellungen verbunden war, malte der große Alma-Tadema 1888 The Roses of Heliogabalus und hielt dem viktorianischen England damit vor, was es mit Abscheu und Faszination zugleich sehen sollte: Bei einer Orgie läßt der Kaiser ein Gestöber aus Rosenblättern über die Gäste regnen. Sollte dies der Moment sein, in dem einige Gäste unter dem Blütenteppich begraben wurden und erstickten, wie es ein – allerdings wenig glaubwürdiger – antiker Historiker berichtet? Die Rede über Elagabal erinnert auch daran, daß zur Romantik der Horror gehörte, daß die Antikebegeisterung eines Byron und das Monster des Dr. Frankenstein Zeitgenossen waren.

Im Rausch des religiösen Wahns überliess der Kaiser die Regierungsgeschäfte seiner Grossmutter Iulia Maesa, die klug genug war, um vorauszusehen, dass eine solche Brüskierung der römischen Tradition nicht ungestraft bleiben würde. Sie konnte es noch in die Wege leiten, dass der Kaiser seinen Vetter, den späteren Kaiser Severus Alexander, zum Caesar erhob; dieser wurde natürlich auch durch die angebliche Abstammung von Caracalla in seiner Kaiserwürde legitimiert. Nun wurde das Eis für Elagabal dünn; er versuchte zwar noch, seinen Vetter beseitigen zu lassen, aber sowohl er als auch seine Mutter Iulia Soaemias waren ob ihrer Zügellosigkeit bei der Armee in Ungnade gefallen: Auch ein letzter nächtlicher Appell an die Prätorianer nützte nichts... Mutter und Sohn wurden zusammen erschlagen.

PS. Über den Verbleib des Steins von Emesa ist nur bekannt, dass er nach dem Ende der Herrschaft Elagabals wieder nach Emesa zurück transferiert wurde.


Mein persönliches Resumee: 200 Jahre nach Augustus zeigte das römische Reich erstmals wirkliche Verfallserscheinungen: Mit Macrinus hatte der erste Nicht-Senator den Thron erstiegen, der sich zwar nicht lange hielt, aber aufzeigte, dass die zukünfigte Kaiserwürde in den Händen des Heeres lag. Das Ringen um die Kaiserwürde aufgrund Geburtsrechtes war am Ende der Severeraera nur noch ein politisches Ränkespiel in einem aufkommenden Machtvakuum – Septimius Severus würde sich heute noch im Grabe umdrehen.


Roma bella mi appare...
 
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Ein paar Jahre zuvor...

(Nero - Museo Palatino)

Jetzt erst fange ich an, wie ein Mensch zu leben.“ Mit diesen Worten soll Nero einst in sein goldenes Haus eingezogen sein, wobei der Begriff 'Haus' wohl nur unzureichend die Palastanlage beschreibt, die sich vom Palatin bis zum Monte Oppio erstreckte. Im Jahre 2009 haben Wissenschaftler höchstwahrscheinlich den sagenumwobenen drehenden Speisesaal Coenatio Rotunda entdeckt, den der Historiker Sueton in seiner Kaiserbiographie beschreibt: Neros „Bankettsaal besaß die Form einer Rotunde, deren Kuppel sich wie das Weltall Tag und Nacht beständig drehte“.

Am äussersten südöstlichen Ende des Palatins, im Bereich der Vigna Barberini, kann man nur einen oberflächlichen Blick auf die Anlage erhaschen, denn leider ist der Besuch der Stätte aus Sicherheitsgründen bisher noch nicht gestattet. Der Rundbau hat einen Durchmesser von 16 Metern, in seiner Mitte erhebt sich ein vier Meter breiter Pfeiler aus einer Ziegelsteinmauer. Regelmäßig angebrachte Vertiefungen in diesem Pfeiler auf einer Höhe, auf der sich ein Fußboden verankern ließe, erlauben den Schluss, dass der wohl hölzerne Boden nicht fest mit der Außenmauer verbunden, sondern drehbar war.




Nach dem Fund, den die Archäologen kurz nach dem grossen Brand 64 n.Chr. datieren, könnte es nun auch sein, dass sich nicht nur die Decke über diesem Speisesaal drehte, sondern auch der Boden. Es wird an einen hydraulischen Mechanismus gedacht. Aber davon sahen Neros Gäste nichts. Sie genossen einen überwältigenden Blick, der sich bis heute nachfühlen lässt. Dort, wo der Nachfolger Vespasian mit dem Bau des Kolosseums begann, hatte Nero einen künstlichen See anlegen lassen.


Hier noch zwei interessante web-links zu dieser einmaligen Entdeckung:

La sala girevole di nerone
http://ccj.cnrs.fr/?article1351


Zu guter Letzt gibt diese vernachlässigte Ecke des Palatins noch den in meinen Augen schönsten Blick auf das Kolosseum und den Konstantinsbogen frei...




Roma bella mi appare...​
 
Zu guter Letzt gibt diese vernachlässigte Ecke des Palatins noch den in meinen Augen schönsten Blick auf das Kolosseum und den Konstantinsbogen frei...



Dieser Blick hat mir auch sehr gut gefallen und das Bild von dort schmückt momentan den Startbildschirm :nod:

Obwohl ich beim Spaziergang über den Palatin mit den ganzen Ruinen nicht so viel anfangen konnte (mir fehlt da leider die Vorstellungskraft), hat es mir dort trotzdem sehr gut gefallen. Man entdeckt immer wieder Ecken, die einen wunderbaren Blick auf die Stadt frei geben und ist erstaunt wie viel Ruhe dieser Hügel ausstrahlt.

Und, so kam es mir jedenfalls vor, schauen sich viele nur das Forum Romanum an, auf dem Palatin war es deutlich leerer.​
 
Obwohl ich beim Spaziergang über den Palatin mit den ganzen Ruinen nicht so viel anfangen konnte (mir fehlt da leider die Vorstellungskraft), hat es mir dort trotzdem sehr gut gefallen. Man entdeckt immer wieder Ecken, die einen wunderbaren Blick auf die Stadt frei geben und ist erstaunt wie viel Ruhe dieser Hügel ausstrahlt.

Und, so kam es mir jedenfalls vor, schauen sich viele nur das Forum Romanum an, auf dem Palatin war es deutlich leerer.

Mir geht es ganz genau so, und deswegen probiere ich, die ollen alten Steine mit ein wenig 'Drumherum' aufzupeppen (und ich hoffe dabei nicht allzu belehrerisch herüberzukommen - für mich ist das einfach auch nur eine interessante und wichtige Aufarbeitung/Vertiefung).

Logisch, wenn man die Reizüberflutung des Forums genossen hat, fehlt einfach die 'Kraft', noch die Weiten des Palatins zu erforschen.
 
Obwohl ich beim Spaziergang über den Palatin mit den ganzen Ruinen nicht so viel anfangen konnte (mir fehlt da leider die Vorstellungskraft), hat es mir dort trotzdem sehr gut gefallen. Man entdeckt immer wieder Ecken, die einen wunderbaren Blick auf die Stadt frei geben und ist erstaunt wie viel Ruhe dieser Hügel ausstrahlt.

Und, so kam es mir jedenfalls vor, schauen sich viele nur das Forum Romanum an, auf dem Palatin war es deutlich leerer.

Mir geht es ganz genau so, und deswegen probiere ich, die ollen alten Steine mit ein wenig 'Drumherum' aufzupeppen (und ich hoffe dabei nicht allzu belehrerisch herüberzukommen - für mich ist das einfach auch nur eine interessante und wichtige Aufarbeitung/Vertiefung).

Logisch, wenn man die Reizüberflutung des Forums genossen hat, fehlt einfach die 'Kraft', noch die Weiten des Palatins zu erforschen.

Zuerst habe ich auf meinen Spaziergang noch die ollen Mauern fotografiert. Aber irgendwann wurde mir klar, dass ich all die roten Ziegelstein-Überreste gar nicht mehr zuordnen kann.

Trotzdem werde ich im Mai wieder hin gehen :nod:

Sag mal, weißt du was ich da im Forum fotografiert habe :roll:
Ich weiß genau wo es steht und finde es einfach schön, habe aber vergessen zu schauen was es genau ist.
Peinlich, :blush:aber da muss ich jetzt durch, wenn ich wissen will, was es ist :~

 
Zwar sind meine Beine schon ziemlich schwer, aber ich wandere weiter südwärts und passiere einen der Haupteingänge des Palatins.


Nur einen Augenblick später finde ich mich unter den Resten einer wichtigen Wasserleitung wieder, die den Palatin mit dem lebensnotwendigen Nass einst versorgt hat. Fälschlicherweise (in meinen Augen) werden diese Fragmente eines Aquädukts oftmals als Arcus Neroniani bezeichnet, tatsächlich zeigen sie aber ein Teilstück der Aqua Claudia, die erst Domitian zum Palatin verlängern liess.


Zu dem Wirrwarr des römischen Wasserleitungssystems möchte ich später noch näher eingehen (wobei sich dann auch die genaue Verbindung zum 'Dolobellabogen' aufzeigen lässt), doch betrachten wir gerade dieses Teilstück der Aqua Claudia, denn Domitian musste das Tal zwischen den Hügeln mit einem der gewagtesten Bauvorhaben der Antike überwinden. Die Leitung saugte Wasser aus dem Anio, das teilweise verdreckt war. Zwar versuchte man, dies mit Filteranlagen und Mischungen mit anderem Wasser zu kompensieren, aber erst die Verbindung mit dem von Nero künstlich angelegten Stausee von Subiacum brachte den gewünschten Erfolg. Angeblich soll ein Gemälde des 15. Jh. n.Chr. noch die gewaltige Staumauer zeigen, die 1200 Jahre lang als das höchste Talsperrenmauerwerk der Welt galt, aber auch die Villa ihres Initiators.

Auf der folgenden Skizze habe ich die Lage der Überreste der Aqua Claudia auf dem Palatin rot markiert.


Roma bella mi appare...
 
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An dieser Stelle ist, mal wieder, ein großes Lob angebracht. Ich verfolge deinen Reisebericht (eigentlich wird dieser Titel deinem Werk garnicht gerecht) immer wieder mit zweifachem Interesse - einerseits von fachlicher Seite, andererseits aus Liebe zu Rom und seinen Denkmälern. Für deinen umfassenden und äußert differenzierten Beitrag kann man dir nur danken - davon kann jeder nur profitieren, egal ob Erstbesucher oder Experte. Letztendlich muss man fast ein wenig traurig sein, dass sich dein Spaziergang dem Ende genähert hat; bei mir hast du jedenfalls die Lust geweckt, das Forum und den Palatin einmal mehr zu besichtigen.

In diesem Sinne: maximas gratias tibi ago! :thumbup:
 
maximas gratias tibi ago! :thumbup:

Sehr gerne geschehen & herzlichen Dank für die Blumen.

Ich versuche nur, den ollen Steinen ein wenig 'Leben' einzuhauchen, dabei ist der Palatin auch für mich schwieriges Terrain. Im Gegensatz zum Forum gibt es sehr wenig spezielle Literatur, die Beschreibungen an Ort und Stelle sind mager, manchmal verwirrend und teilweise auch falsch. Das Museo Palatino geht auch nur unzureichend auf die Besiedlung während der Kaiserzeit ein und leider geben auch die Stiche des 16. - 19. Jahrhunderts nicht viel her.

Der Weg zur Quelle, die bei den Wahrheiten (oder besser: Halbwahrheiten) einer Historia Augusta oder eines Cassius Dio liegen, ist daher recht mühsam, lohnt sich aber. Die oft unscheinbaren Überreste ergeben oftmals erst in ihrer Gesamtbetrachtung mit dem 'Drumherum', wie beispielsweise dem Kult eines Elagabals oder auch einer Brandkatastrophe, ein harmonisches Gesamtbild.

Man muss es nur hervorkitzeln... ;)

PS. Dass der 'Spaziergang' bald zuende sein soll, ist nichts weiter als ein Gerücht. Er wird wohl so lange dauern, wie ich den Wunsch verspüre, an die Orte zurückkehren...


Eine der mit Abstand am umfangreichsten und besten Webseiten zum antiken Rom ist die von Bill Thayer; hier findest du (fast) alles einschliesslich der englischen Übersetzung der antiken Geschichtsschreiber... eine unerschöpfliche Quelle.

http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/home.html

http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/HELP/Indexes/books.html
 
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Die allermeisten der erhaltenen Reste auf dem Palatin wirken nicht nur relativ unspektakulär, sondern auch ein wenig 'ungeordnet'. Das liegt zu einem grossen Teil daran, dass im Laufe der Jahrhunderte die Bauten des Hügels immer wieder umgebaut, renoviert, erneuert und erweitert wurden; unter den noch sichtbaren Ruinen liegen oftmals noch mehrere Schichten der Vorbauten, die leider fast alle für den Besucher verschlossen sind. So haben Augustus, Tiberius, Caligula, Nero, Domitian, Septimius Severus und viele andere ihren Teil dazu beigetragen, dass man den Palatin fast als eine Art trojanischen Hügel betrachten muss, dessen einzelne Schichten jeweils eigene, spannende Kapitel des antiken Roms erzählen.

Sieht man vom Tempel des Elagabals einmal ab, fanden unter Septimius Severus Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. die letzten nennenswerten Umbauten und Erweiterungen der Palastanlagen auf dem Palatin statt, jedoch kann man davon ausgehen, dass mit diesen Arbeiten bereits in den letzten Monaten der Regierung seines Vorgängers Commodus begonnen wurden.




Rom im Sommer 192 n.Chr.

Die Stadt litt unter einer Gluthitze - anhaltende Trockenheit war ein idealer Nährboden und insbesondere in der Subura, wo die Flammen leichtes Spiel mit den einfachen Holzhäusern hatten, waren Brände an der Tagesordnung. Im Sommer des Jahres 192 n.Chr. brach jedoch ein Feuer aus, wie Rom es selten zuvor erlebt hatte. Weite Teile der Innenstadt fielen den Flammen zum Opfer und auch Forum und Palatin blieben nicht verschont. Nach der gewaltigen Feuersbrunst wollte Commodus die Stadt als Neugründung verstanden wissen und sie in Colonia Lucia Annia Commodiana umbenennen. Diese zweite Wiedergeburt Roms sollte durch 14-tägige Circusspiele feierlich begangen werden, bei denen sich der Kaiser als römischer Herkules feierte und als Gladiator aktiv mitwirkte.


Commodus als Herkules
Musei Capitolini

Aber die Finanzlage war prekär und Commodus hatte für sein Vorhaben gewaltige Mengen an Geld aufzubringen (so wie Nero nach dem Brand Roms 64 n.Chr. die benötigten Millionen u.a. durch seine Münz"reform" nur herbeischaffen konnte, so verringerte auch Commodus den Münzfuss). Dabei griff der Kaiser auch den Senatoren in die Tasche, was wohl mit ein Grund dafür war, dass die geschichtsschreibenden unter ihnen an Commodus kein gutes Haar liessen. Am Silvestertag 192 n.Chr. erfüllte sich die Prophezeiung, der Brand wäre ein Vorzeichen für Commodus nahen Tod, auf tragische Weise: Der Kaiser wurde im Bad von dem Athleten Narcissus erwürgt.

Was Rom im folgenden Jahr erleben musste, war wohl einer der chaotischsten und schwersten Zeiten für das Imperium, die darin gipfelten, dass der Kaiserthron meistbietend versteigert wurde... aber dies ist eine andere Geschichte.


Setzt man den Weg von den Resten der Aqua Claudia fort, stösst man auf der südlichen Ecke des Palatin auf die Bauten des Septimius Severus. Der romanisierte Afrikaner erweiterte die bestehenden (und wohl durch den Brand beschädigten) Bauten des flavischen Palastes. Schon Domitian hatte begonnen, diesen eine Thermenanlage anzugliedern; zu diesem Zweck verlängerte er bereits die Aqua Claudia bis auf den Palatin. Septimius Severus oblag dann nur noch die Restaurierung des Aquädukts, um seine Thermenanlage, die sich an die Exedra des domitianischen Stadions anschloss, in Betrieb zu nehmen. Ebenso dehnte er den Palast zum Circus Maximus hin aus, wobei er gewaltige Substruktionen errichten lassen musste, da der palatinische Hügel kurz hinter dem Stadion steil abfiel.






Nicht immer sind die Arkaden für den Besucher geöffnet... hier hatte ich Glück. Im Stadion fand eine Sonderausstellung statt, und ich konnte genüsslich durch die Bauten meines Lieblingskaisers schlendern...



Zentraler Ort des imperialen Palastes war das Pulvinar, die kaiserliche Loge, in welcher der Imperator von seinem Wohnsitz aus die Wagenrennen im Circus Maximus verfolgen konnte.



Die monumentale Arkadenfront bewundert man am bestern von Circus aus...




Das attraktivste Bauwerk des Begründers der Severerdynastie ist leider das, von dem heute nichts mehr erhalten ist. Die Reste des Septizodiums findet man nur noch auf alten Stichen, denn Ende des 16. Jahrhunderts liess Papst Sixtus V., der ja für seine zweifelhafte Bautätigkeit berüchtigt ist, die letzten Reste des Bauwerkes abreissen.







Das Septizodium war ein dreistöckiges Nymphäum in Arkadenbauweise; in seinem Zentrum stand wohl eine Statue des Herrschers. Wichtig war seine Lage: Jeder, der über die Via Appia die Stadt betrat und schon von weitem die gewaltigen Bauten des Palatins vor sich sah, stand nun, wenn er angelangt war, vor dieser theaterhaften Dekorationswand.



So war es wieder einmal mehr der gute alte Septimius, der es verstand, die Macht und Grösse des Imperiums wirkungsvoll in Szene zu setzen.


Büste des Septimius Severus
Musei Capitolini


Roma bella mi appare...
 
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Wenn die Bauten des Septimius Severus für den Besucher offen stehen, kann man gemächlich in das Stadion des Domitian schlendern; ansonsten muss man sich mit dem Blick 'von oben' begnügen. Oft wird der Ort auch als Hippodrom bezeichnet, aber weder wilde Wagenrennen noch blutige Gladiatorenkämpfe haben hier stattgefunden; es war einfach nur eine nette Gartenanlage des flavischen Palastes.






Domitian war wohl einer der Regenten, der lange Zeit unterschätzt wurde. Wieder einmal waren es die geschichtsschreibenden Senatoren, die seinen Ruf verrissen haben; die Forschungen der Neuzeit zeichnen mittlerweile ein vollkommen anderes Bild. Der Sohn des Vespasian und Bruder des Titus erwies sich nicht nur als fähiger Finanzpolitiker; seine militärischen Erfolge in Pannonien und Germanien bescheinigten ihm ebenfalls vorzügliche Führungsqualitäten. Jedoch beging er den entscheidenden Fehler, in dem er den anfänglich ihm zugeneigten Senat bei seinen Entscheidungen aussen vorliess. Er verfiel all zu schnell dem dominus et deus-Syndrom („Herr und Gott“) und reduzierte die Machtbefugnisse der Senatoren auf ein Minimum, wobei er noch einen draufsetzte, als er den Titel des censor perpetuus (Zensor auf Lebenszeit) übernahm, und somit das Recht innehatte, Senatoren zu ernennen und zu entlassen.


Portraitbüste des Domitian - Museo Centrale Montemartini


Domitians Ende geschah jedoch nicht auf Initiative des Senats, sondern aus seinem eigenen Herrscherhaus. Der Kaiser verhielt sich zusehends brutal gegenüber dem, was er als Bedrohung ansah; heute würde man wohl von Verfolgungswahn reden. Unter fadenscheinigen Gründen liess er unter anderem Vetter, Cousin und viele enge Mitarbeiter hinrichten, so dass die verbliebenen Menschen an seiner Seite um ihr Leben fürchten mussten. Schliesslich beendete Stephanus, der Prokurator von Domitians Nichte Domitilla, das Leben des Kaisers und damit auch die Herrschaft der Flavier am 18. September 96. Natürlich billigte der Senat die Tat nur allzu gerne; und Domitians Andenken verfiel der damnatio memoriae.


Das Imperium Romanum ging mit grossen Schritten einer neuen Ära entgegen, die 'goldene Zeit' der Adoptivkaiser...



Domitian war derjenige, der das Aussehen des palatinischen Hügels am meisten veränderte. Wieder einmal mehr war es ein grosser Brand, der umfangreiche Baumassnahmen nötig und möglich machte, denn im Jahre 80 n.Chr. wurde die Bebauung des Palatin durch ein Feuer fast vollständig zerstört. Der baufreudige Kaiser realisierte den flavischen Palast, der, vom Germalus zum Palatium erstreckend, den zentralen Teil des palatinischen Hügels fast komplett in Anspruch nahm und aus verschiedenen Teilen bestand. Den Baumeister der Anlage Rabirius hat uns der Dichter Martial in seinem Epigramm überliefert:


[FONT=Times New Roman, serif]Frommen Sinnes erfaßt du, Rabirius, Himmel und Sterne, [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]da du mit seltener Kunst schaffst am parrhasischen (= palatinischen) Bau. [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Plant je Pisa den Tempel, der Phidias’ Jupiter würdig, [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]möchte es gewiß diese Hand unserem Donnrer entleihen.[/FONT]




Im Zentrum lag die domus augustiana. (Um einen verbreiteten Irrtum auszuräumen: Der Name rührt nicht von Kaiser Augustus her, sondern bedeutet einfach nur 'kaiserliches Haus', sprich die Wohnung des Kaisers.) Sehenswert heute ist vor allem das untere Peristyl, die Brunnenanlage des kaiserlichen Palastes. In ein Quadrat sind Halbkreise eingeschrieben, wodurch das Schema zur Anlage von Beeten, Brunnen und Wasserspielen gegeben war.





Der Haupteingang zur domus augustiana öffnete sich repräsentativ zum Circus Maximus hin. Der Frontbau verlief gekurvt und entsprach den barocken Tendenzen der flavischen Baukunst. Und auch heute noch überrascht uns so mancher Blick aus der vielgestaltigen Wohnanlage...





Die domus flavia war der repräsentative Teil des Palastes und gliederte sich im Norden der domus augustiana an; auch dieser Teil verfügte über ein Peristyl, eine achteckigen Gartenanlage mit sprudelndem Brunnen; ein bevorzugter Ort des Kaisers, an dem er gerne lustwandelte. Glaubt man Sueton, hat Domitian die Säulenhallen rundum mit spiegelnden Steinen ausstatten lassen, um alles, was hinter seinem Rücken vorging zu beobachten, da er beständig ein Attentat fürchtete.





Dem Peristyl vorgelagert befand sich das Triclinium, der Speise- und Bankettsaal des Palastes. Wenn man bedenkt, dass ein Triclinium ursprünglich ein Speisesofa für drei Personen war, erscheint der andere gebräuchliche Name Coenatium Iovis, der Speisesaal Juppiters, weit passender. Von den beiden Nymphäen hat sich eines erhalten, das allerdings im Laufe der letzten Jahre mehr und mehr von der Natur vereinnahmt wird.






Auf der gegenüber liegenden Seiten befand sich schliesslich der grosse Thronsaal des Herrschers, die Aula Regia. Von der Pracht dieses tempelartigen Baus ist leider fast nichts mehr erhalten; ein Rekonstruktionsversuch von Tognetti lässt aber erahnen, in welcher barocken Pracht Domitan sich und sein Reich bei Empfängen repräsentierte. Dem Eingang gegenüber thronte die Marmorstatue des Kaisers flankiert von den Göttern, die unmissverständlich klarstellten, dass man sich hier im Amtsbereich eines Dominus et Deus befand.

Zwei der grossartigen Statuen, Hercules und Bacchus, sind noch erhalten, wurden allerdings im 18. Jahrhundert dem Herzog von Parma geschenkt. Meiner Meinung nach gehören sie unbedingt ins Museo Palatino, aber man muss zum Nationalmuseum nach Parma reisen, um sie zu bewundern:







Auf der anderen Seite lag der hippodromus palatii(auch als Stadion bezeichnet), aber wie schon gesagt lag die Nutzung dieses Palastteils mehr auf der gemächlichen Seite. In der Exedra in der Mitte der Südseite nahm der Kaiser mit seinem Gefolge Platz, wenn ihm zu Ehren und zur Freude Veranstaltungen im Garten stattfanden. Zu Domitians Zeiten war die Anlage ungeteilt; Portikus und die ovale Konstruktion, dessen Sinn und Nutzung bis heute unklar ist, wurden in späteren Zeiten hinzugefügt.







Erwähnenswert ist noch die 'Sala dei Capitelli', ein geheimer Raum Domitians am südwestlichen Ende des Stadions, der noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als kleines 'Museum' für die Funde des Gebietes diente. Näheres dazu findet sich im folgenden link: Terminato il restauro del Palatino la camera con vista di Domiziano - Roma - Repubblica.it





Nun mal zurück zu den Realitäten der erhaltenen Bauten: Das 'Stadion' ist wohl der am besten erhaltene Teil des flavischen Palastes... klasse, dass man die alten Steine auch ab und zu für eine Sonderausstellung 'gebraucht' und damit eine Brücke zwischen den Jahrhunderten schlägt. So öffnete sich 2013 die Anlage für den Besucher der Post Classici. Liegt auch der Sinn so mancher Objekte im fragwürdigen Bereich, empfand ich die Idee des Gesamtkonzeptes als sehr angenehm, zumal die Exponate den durch das Wetter eingetrübten Blick auf die alten Steine ein wenig auffrischten.




Letztendlich möchte ich auch die Bauten kurz anschneiden, deren unterirdische Reste wie leider so oft für den Besucher verborgen bleiben. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Palatin immer wieder erneuert bzw. erweitert, wobei die erhaltenen Vorbauten wenn möglich in die Neukonstruktionen integriert wurden. So hat auch Domitian den flavischen Palast teilweise auf bzw. in den Vorgängerbau integriert, der unter Nero als domus aurea errichtet wurde, wobei jetzt die gewaltige Grösse des neronischen Luxusviertels bewusst wird, das sich vom Oppius und Caelius bis an den Circus Maximus erstreckte. Doch schon vor dem goldenen Haus liess Nero einen Verbindungsbau errichten, die domus transitoria, über dessen Ausmasse schon Sueton bemerkte, dass „die Bauwut des Kaisers die grössten Summen verschlang“. Hauptsächlich unter dem Triclinum der domus flavia wurden noch Reste der beiden Vorgängerbauten gefunden; ausser eines Pavillions und eines Nymphaeums hat sich eine Latrine mit 60 Plätzen erhalten, die nicht durch die domus aurea zugebaut und nachweislich unter Vespasian noch genutzt wurde. Wäre die Stadt Rom so schlau wie der grosse Flavier, würde sie die Besichtigung ermöglichen und einen kleine Extra-Obolus verlangen... schliesslich stinkt Geld nicht.




Die Reste der Domus Transitoria unter der Domus Flavia (nach Nash)


Wenige erhaltene Wandmalereien aus der Domus Transitoria, die im Museo Palatino ausgestellt sind, lassen die einstige Schönheit ein klein wenig erahnen.




Roma bella mi appare...
 
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