Spaziergang durch Rom


Für eine Unterrichtsstunde war ich auf der Suche nach einer Abbildung römischer Treidelschiffe. Wo werde ich fündig? Hier im Forum! :lol::lol::lol:


Das freut mich. Eine der bekanntesten Darstellungen eines Treidelschiffes auf dem Tiber ist diese hier aus dem Vatikanischen Museum...


PS. Seit heute habe ich eeeeendlich mal wieder Urlaub; und dann gehts eeeeeendlich auch hier mal wieder weiter. :nod::blush::~
 
Die Statue des Marsyas

Marsyas ist eine vielschichtige und komplexe Gestalt der antiken Mythologie, die eine weitaus wichtigere Stellung für die Stadt Rom und seine Bürger einnahm, als man das vermuten möchte. Seine Wurzeln stammen aus Phrygien, einer Region in der heutigen Türkei, wo er als Gott des gleichnamigen Flusses Marsyas nahe der Stadt Kalainai tätig war, die er im übrigen auch gegen die Galater beschützte. Es waren schliesslich die Griechen, die ihn dann kurzerhand zum Silen bzw. Satyr umfunktionierten, und ihn mit vielerlei Mythen und Geschichten bedachten. Die bekannteste von ihnen erzählt von einem Wettstreit unter Männern, namentlich zwischen Marsyas und Apoll. Den Stein ins Rollen gebracht hat aber die Göttin Athene, die vorher mal kurz eben die Flöte erfand, dieser aber schnell überdrüssig wurde, als sie merkte, dass ihr Anlitz durch das Flötenspiel entstellt wurde. Somit landete das Teil im Müll, worauf Marsyas darüber stolperte und Gefallen daran fand. Übermütig und grössenwahnsinnig forderte er den Gott auf der Kithara namens Apoll zu einem Musikwettbewerb heraus, wobei als Schiedsrichter die Musen tätig werden durften. Nach der instrumentalen Einlage beider Kontrahenten neigte sich die Waagschale Richtung der Herausforderers, jedoch bot der kluge Apoll noch eine gesangliche Zugabe, die ihm letztendlich den Siegeslorbeer einbrachte. Nun hatte man vorher vereinbart, dass der Gewinner mit dem Unterlegenen machen könne, was er wolle. Apoll hängte den armen Satyr an eine Fichte, dem heiligen Baum der Kybele, und liess ihm bei lebendigem Leibe die Haut abziehen. Mit dem dabei vergossenen Blut entstand dann der Fluss Marsyas, wie Ovid berichtet.

Von der blutigen Häutung des Marsyas erzählen zahlreiche Kunstwerke wie die Statuen des Marsyas aus dem Louvre in Paris bzw. im Kapitolinischen Museum zu Rom, aber auch ein Gemälde von Tizian.


Statue des Marsyas - Kapitolinisches Museum / Rom​


Aber es existiert auch eine weniger blutige Darstellung des Satyrs. Auf dem Forum Romanum befand sich bereits zu republikanischen Zeiten eine Statue des Marsyas, der lässig einen "Weinschlauch" schultert und die rechte Hand zum freundlichen Gruss erhebt. Wann sie aufgestellt wurde, ist nicht bekannt, aber für das Jahr 273 v. Chr. wurde bereits eine solche Figur in der latinischen Kolonie Paestum nachgewiesen, wobei es sich um eine Bronzereplik des stadtrömischen Vorbildes handelte. Wie Servius berichtet, stand Marsyas unter dem Schutz des Gottes Liber; jenem alten Gott, der mit dem plebeischen Hügel, dem Aventin, assoziert war. Weitere antike Quellen erzählen uns, dass in damaliger Zeit in vielen Gemeinden italischen Rechts Statuen des Marsyas aufgestellt wurden, die im übrigen auch auf zahlreichen Provinzialmünzen belegt sind. Servius betont, dass die erhobene Hand des Satyrs sinnbildlich dafür stehe, dass es den Gemeinden an nichts fehlt. Der ominöse "Sack" wird grösstenteils als Weinschlauch bezeichnet. Meine Gedanken gehen jedoch dahin, dass es die abgezogene Haut des Geschundenen ist; ob er sie mit Wein gefüllt hat, lasse ich mal dahingestellt. Aber im Gesamtkonzept passt es sehr gut, dass Marsyas aus der Not eine Tugend gemacht hat und den Falerner "über das Volk ausschüttet". Zumindest hier besteht noch viel Interpretationsspielraum.

Die Statue stand sinnbildlich für die Freiheit aller Bürger der Römischen Republik, und so erhielt sie ihren Platz an der zentralen wichtigen Stelle des Forums, dem Ort des politischen Wirkens, dem Comitium. Nach neuesten Erkenntnissen vermutet man ihren genauen Platz dicht bei der Curia Hostilia neben dem Puteal - in etwa dort, wo der Lapis Niger zu finden ist. Alte Platzierungen, wie beispielsweise diejenige vom Modell des antiken Roms aus dem Museo della Civiltà Romana sind damit überholt.

Der Marsyas des Forum Romanums ist auch auf den plutei trajani abgebildet. Die Marmorreliefs zeigen ihn gleich zweimal. Diese doppelte Darstellung darf als Anhaltspunkt bzw. Verbindung der beiden Reliefs angesehen werden. Sie bieten nicht nur einen Blick über die damalige bauliche Situation des Forum Romanums, sondern beschreiben auch die rechtsstaatliche Ordnung und die Freigiebigkeit des Kaisers, die in der Alimentationsgruppe besonders zum Ausdruck kommt. Diese und auch die anderen Szenen wie das Congiarium, die kaiserliche Getreidespende, vermitteln in der Prominenz mit Marsyas das Konzept der Libertas. Von Trajan ist übrigens inschriftlich bezeugt, dass er seine Briefe mit der Abbildung des Marsyas zu siegeln pflegte. Andere Quellen berichten ferner darüber, dass die Bürger an der Statue des Marsyas Botschaften hinterliessen; ein Brauch, der uns ja von Pasquino bestens bekannt ist. Marsyas, die Freiheitsstatue Roms als Symbol für das römische Bürgerrecht.


plutei trajani​


Natürlich kann ich auch die entsprechende Münze dazu vorstellen. Ein Denar der römischen Republik aus dem Jahr 82 v. Chr. zeigt auf seiner Rückseite die Statue des Marsyas mit dem "Weinschlauch". Rechts davon ist eine Statue auf einer Säule abgebildet, die allerdings nicht namentlich benannt werden kann, da der räumliche Kontext fehlt und die Figur nicht eindeutig identifizierbar ist. Ich arbeite daran...
Der Münzmeister Lucius Marcius Censorinus entstammte dem Geschlecht der Marsi, die angeblich ihren Namen auf Marsyas zurückleiten, doch wird diese These nach wie vor kontrovers diskutiert und ist nicht bewiesen.




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Könnte man heute durch den Severusbogen hindurchgehen, erblickt man die traurigen Überreste des einst so wichtigen Concordiatempels. Allerdings hat man diese Route mittlerweile gesperrt; der Grund war wohl, dass es einige Schmierfinken nicht lassen konnten, ihren Besuch in den alten Steinen zu 'verewigen'.


Wenn man heute in den Talgrund zwischen Tabularium, den Resten des Vespasiantempel und dem Severusbogen schaut, wird man ausser dem Podium und der Schwelle zur Cella nichts finden, was auch nur annähernd an einen Tempel erinnert könnte. Und selbst diese waren bis lange in die Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch durch eine Strasse begraben, die man dann gottlob wieder entfernte.




Um den Tempel zu 'verstehen', muss man sich also an's Modell halten und an die zahlreichen Geschichten, die dieses Bauwerk beschreibt (im folgenden Bild rechts oben).




Die Idee, der "Eintracht" einen Tempel zu errichten, entstammt dem zeitweiligen Ende des über ein Jahrhundert währenden Ständekampfes zwischen Patriziern und Plebs. Wie Plutarch berichtet, hatte der Diktator M. Furius Camillus der Concordia für den Fall der Beendigung der Unruhen einen Tempel gelobt und zwar an einem Ort, wo er vom Markt und Versammlungsplatz aus gesehen werden könne. Dies ereignete sich Mitte des 4. Jh. v.Chr., doch die Überreste stammen von dem repräsentativen Neubau, den Tiberius im Jahre 7 v.Chr. begann.

Das römische Volk allerdings - um eine schlagfertige Antwort nie verlegen - quittierte den Tempelbau auf seine Weise: Ein unbekannter Künstler machte im Schutze der Dunkelheit seinen Unmut über das Mahnmal Luft, indem er den folgenden Vers an der Aussenwand des Tempels kritzelte: "Wahnsinnige Zwietracht baut der Eintracht einen Tempel" (Plutarch, C. Gracchus 17,6). Witzig... viele Jahrhunderte später griff der Kirchenvater Augustinus genau dieses Wortspiel wieder auf, in dem er ironisch die rhetorische Frage in den Raum stellt, ob es denn nicht besser gewesen wäre, der Discordia einen Tempel zu errichten - an dem Ort, wo so viele römische Bürger jeglichen Standes den Tod gefunden haben.


Gleich im Anschluss erheben sich die drei übriggebliebenen Säulen des Tempels des vergöttlichten Vespasians und des Titus. Imperator Caesar Vespasianus Augustus - dies war seine offizielle Amtsbezeichnung - gehörte zu den ganz grossen Kaisern des römischen Reiches, die nach Krisenzeiten die Ordnung wieder hergestellt haben. Vespasianus galt nicht nur als nüchterner und realistischer Feldherr, sondern war auch ob seines Humors beim Volk äusserst beliebt. Allerdings erlebte weder der gute Vespasian noch sein Sohn Titus die Vollendung des Bauwerkes; diese Aufgabe sollte Titus' Bruder und Nachfolger Domitianus übernehmen.



Geld stinkt nicht - pecunia non olet
Diese geflügelten Worte verdanken wir Vespasian, denn der alte Sparfuchs wusste, wie man leere Staatskassen wieder auffüllen kann. Da die Gerbereien und Wäschereien im alten Rom laufend Bedarf an alkalischem Ammoniak hatten, wurden in der ganzen Stadt Latrinen aufgestellt, um den kostbaren Saft zu sammeln. Der Kaiser erhob darauf eine Steuer und noch heute werden die öffentlichen Toiletten in Italien "Vespasiani" genannt.


Das letzte Bauwerk dieser kleinen Forumsepisode steht im Abseits und es bemerkt eigentlich kaum jemand. Es ist der Porticus Deorum Consentium, die Halle der zwölf olympischen Gottheiten, der sich gleich an die Reste des Vespasiantempels im Schatten des Tabulariums anschliesst. Gewiss wurde der Bau im 3. oder 2. Jahrhundert vor Christus errichtet; was heute noch zu sehen ist, stammt aus der Flavierzeit. Über den ursprünglichen Verwendungszweit lässt sich nicht genaues sagen. Die 'di Consentes' war ein etruskischer Götterrat, der allerdings in Rom keinen rechten Anklang fand, so sind die Gottheiten dieses Heiligtums auch nicht als Rat, sondern als eine Repräsentation der zwölf olympischen Götter zu verstehen, die ihren Ursprung in der griechischen Mythologie haben.



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Wo wir gerade beim 'Geld' sind, fügt sich der Saturntempel geradezu himmlich ein, denn dieser Tempelbau beinhaltete quasi die römische Nationalbank. Von seinem ersten Bau im Jahre 498 v.Chr. ist nichts mehr erhalten; in republikanischer Zeit wurde der Tempel mehrfach erneuert. Auf den acht Granitsäulen, die heute als markanter Pol im Forum hervorragen, ruht ein Stück des Giebelfeldes, allerdings hat man ältere Stücke mitverbaut, was in der späten Antike nicht unüblich war. Nichtsdestotrotz sind diese Säulen heute einer beliebtesten Fotomotive im Forum, und sei es darum, einen Sonnenstern zwischen den ionischen Kapitellen einzufangen.


In seiner Cella stand einstmals das Kultbild Saturns mit einer Sichel in der Hand, denn er war eigentlich ein Gott der Bauern, den man von den Etruskern übernommen hatte. Zu seiner Verehrung gab es alljährlich am 17. Dezember die Saturnalien, ein uraltes und wichtiges Bauernfest. Für die alten Römer war das so etwas wie Karneval, wo Herr und Sklave gleichgestellt beim gemeinsamen Mahl bis tief in die Nacht feierte. Kaiser Augustus genehmigte später drei volle Tage für diese Festlichkeit, noch später wurde es dann ganz dekadent auf eine volle Woche ausgeweitet.


Aber zurück zum grössten und am besten bewachten Tresorraum Roms... in "Pecunias Reich' lagerten zuweilen ungeheuere Mengen an Gold und Silber, über das die quaestores, also die unliebsamen Finanzbeamten zu wachen hatten.

Eigentlich wurden die Pforte zur römischen Zentralbank nur auf Senatsbeschluss geöffnet, aber wie so oft bestätigt die Ausnahme die Regel: Plinius berichtet uns, dass kein geringerer als Gaius Iulius Caesar die Türen des aearium mit Gewalt aufbrechen liess, um die dort aufbewahrten Staatsschätze, in Zahlen: fünfzehntausend Gold- und dreissigtausend Silberbarren sowie dreissig Millionen Sesterzen in bar, abtransportieren zu lassen, um sein Versprechen gegenüber dem Volk, dem er Getreide- und Geldspenden versprochen hatte, einlösen zu können. Dies alles nach dem 27. Januar 49 v.Chr. - zwei Wochen, nachdem er den Rubicon überschritten und damit bekanntlich den Bürgerkrieg ausgelöst hatte.


Das liebe Geld
- oder woher stammt eigentlich der Begriff "pecunem"?
Ehe der fortschrittliche Römer das Geld im Taschenformat erfunden hat (seine beste Ehefrau von allen hatte sicherlich grossen Anteil daran), behalf er sich mit unhandlichen, ca. 1,5 Kilo schweren Erzbarren, die heute als Aes signatum bezeichnet werden. Die zwischen ca. 290 und 240 v.Chr. gefertigten Bronzen dienten allerdings eher der Hortfunktion als dem flüssigen Zahlungsverkehr. Einige dieser Wuchtbrummen zeigen Rindvieh, ergo 'pecus'. Aus diesem Begriff leitet sich dann das Wort 'pecunia' ab; hier dann mal ein Beispiel für einen solchen Barren - leider auch nicht aus meiner Sammlung.




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Ich vertrottelter Trottel habe die Gunst der Stunde nicht genutzt, in der man noch hemmungslos zwischen den Resten der Basilica Iulia hin und herlaufen konnte; immerhin sollen sich auf den Treppenstufen der Basilica eingeritzte Spielfelder befinden, die aufzeigen, wie gelangweilt die römische Bevölkerung die Gerichtsitzungen empfand. Im Grunde war die Basilica nichts anderes als ein architektonisches Beispiel der römischen Rechtsanwendung.





Ach ja, mal wieder Gaius Iulius Caesar, der es schuld war, an gleicher Stelle ein Bauwerk zu errichten, an der einst ein Familienmitglied der Sempronii das gleiche vermocht hatte. Die Basilica ereilte das gleiche Schicksal anderer wichtiger Bauten Roms: Mal zerstört, mal abgebrannt, bis das Teil schliesslich unter Diocletianus (284 - 305 n.Chr.) wieder aufgebaut wurde, um dann in der Renaissance endgültig seiner Herrlichkeit beraubt zu werden. Die Rekonstruktion im Modell zeigt anschaulich die Lage im damaligen Forum.





Caesar hat sich allerdings die grösste Mühe gegeben, dieses Bauwerk gegenüber allen anderen bisher in den Schatten zu stellen: Fünfstöckig, dreistöckiges Mittelschiff, Prunk aussen und innen, ergo das Paradepferd des Forums. Die feine Gesellschaft konnte also von den vorragenden Balkonen den Triumphzügen oder anderen gesellschaften Grossereigenissen frönen.

Die manische Prozesswut der Römer bescherte dem Bau allerdings auch den Status eines permanenten Gerichtsgebäudes; hier hatte das Tribunal der Cetumviri, einem Collegium aus anfänglich einhundertfünf, später aus einhundertachtzig Geschworenen bestehend, seinen Sitz (..ich stelle mir gerade das Gedränge vor..). Die weiteren Einzelheiten sind für den Forumsbesucher uninterssant; die Rechtsanwälte zur Zeit des jüngeren Plinius (61 - 114 n.Chr.) waren fast ausschliesslich junge und unerfahrene Winkeladvokaten, die ihre meist geistlosen Reden hinter effektvoll vorgetragener Wortklauberei zu verbergen hofften (...nicht anders verhält es sich heute.).

Jedenfalls war die Basilica Iulia wie auch die Basilica Aemilia nichts anderes als ein Ausdruck gewandelter Urbanität, nämlich ein Sammelsurium der Geschäftigkeit der Stadt, die man mit den Begriffen Gerichtsbarkeit, Geldgeschäften, Marktgeschäften, Spekulierfreude und hektischer Geselligkeitkeit verbindet. Allerdings würde ich mich gerne zu einem Spielchen auf die Stufen niederlassen.

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Vielen Dank für die interessanten neuen Berichtsteile.

Ich vertrottelter Trottel habe die Gunst der Stunde nicht genutzt, in der man noch hemmungslos zwischen den Resten der Basilica Iulia hin und herlaufen konnte (...)

Ich weiss nicht, ob das inzwischen wieder möglich ist, aber zumindest sind in diesem Teil des Forums lange nicht mehr zugängliche Ecken seit Oktober wieder zu begehen. Siehe dazu bei Interesse meinen Beitrag vom 1.10. in diesem Thread: Rom feiert den 2000. Todestag von Kaiser Augustus

Vielleicht lohnt es sich für Dich, im Februar dort vorbeizuschauen. :idea:
 
Na ja, ich lasse mich gerne überraschen. Herzlichen Dank für die Info, Simone.

Ich befürchte allerdings, dass diese "uralte Strasse" zwischen Saturntempel und Basilica Iulia nicht allzuweit führen wird. Wie so oft wird viel versprochen. Ich würde mich aber immens freuen, wenn man endlich mal das Kirchlein gleich neben dem Dioskurentempel der Öffentlichkeit freigibt...

Schauen wir mal :~
 
Na ja, ich lasse mich gerne überraschen. Herzlichen Dank für die Info, Simone.

Bitte sehr, gern geschehen. :nod:

Ich würde mich aber immens freuen, wenn man endlich mal das Kirchlein gleich neben dem Dioskurentempel der Öffentlichkeit freigibt ...

Du meinst S. Maria Antiqua? Da scheint sich leider nach der Restaurierung (Siehe: Santa Maria Antiqua restauriert) immer noch nichts für die Allgemeinheit getan zu haben. Siehe: Santa Maria Antiqua / Chiese cattoliche / Luoghi di culto di interesse storico-artistico / Cultura e svago - 060608.it

L'edificio è chiuso al pubblico per restauri in corso.

Al momento è visitabile solo da studiosi con permessi speciali rilasciati dall' Ufficio Permessi della Soprintendenza Archeologica di Roma - piazza di S.Maria Nova 53.
 

Du meinst S. Maria Antiqua? Da scheint sich leider nach der Restaurierung (Siehe: Santa Maria Antiqua restauriert) immer noch nichts für die Allgemeinheit getan zu haben. Siehe: Santa Maria Antiqua / Chiese cattoliche / Luoghi di culto di interesse storico-artistico / Cultura e svago - 060608.it

L'edificio è chiuso al pubblico per restauri in corso.
Ja klar, das Kirchlein meinte ich. Ich bekomme von den mittlerweilen jahrelangen Versprechungen den Hals, aber das ist ja nix neues. :twisted:

Ich werde allerdings jetzt mal intervenieren...
 
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Wenn man jetzt der Basilica Iulia den Rücken kehrt, fallen dem aufmerksamen Forumsbesucher vielleicht noch ein paar mehr oder weniger unscheinbare Bauten auf, die ich trotzdem erwähnen möchte.

Der lacus curtius ist ein ausgegrabenes Monument, das sich in Forumsmitte befindet. Es ist aber nicht viel mehr als eine Pflasterung aus caesarischer Zeit - vielleicht eine Gedenkstätte altrömischer Tugendhaftigkeit. Sueton erwähnt in einer Notiz in seiner Augustus-Vita, dass sich alljährlich zum Geburtstag des Kaisers Augustus die römischen Bürger auf dem Forum versammeln und zum Wohle des Kaisers Münzen in den lacius curtius werfen - ein Ritual, wie man es freilich mit anderer Sinngebung bei der Fontana di Trevi kennt (...und man konnte mich natürlich nur mit Mühen davon abhalten, im lacus nach numismatisch Wertvollem zu buddeln.. lach).




Die Phokas-Säule gilt als das letzte öffentliche Bauwerk des Forum Romanums und stammt aus dem Jahre 608 n.Chr., als Glanz und Gloria des alten Roms eigentlich schon längst erloschen waren. Allerdings war dies einer der letzten verzweifelten Versuche, Rom wieder als Hauptstadt des römischen Reiches zu rehabilitieren, denn seit geraumer Zeit herrschten die Kaiser von Konstaninopel aus. Die Illusion Konstans II., im Jahre 662 n.Chr. Rom noch einmal als Zentrum der Macht zu recreiren, entpuppte sich somit als Wunschdenken - und das Forum verkam nach und nach zu einer Viehweide, aber dazu viel später mehr....




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Bevor ich mich auf die Forumsmitte begebe, möchte ich allerdings die aufmerksamen Besucher auf ein Monument lenken, durch dessen Reste sie garantiert unbedacht hindurchgehen.

Nicht alle Ehrenbögen auf dem Forum sind erhalten, und diejenigen zu Ehren des Kaisers Augustus schon gar nicht. Cassius Dios berichtet von einem "trophäengeschmückten Bogen" zu Ehren des Kaisers zu seinem hochstilisierten Sieg über die Parther, aber schon einige Jahre früher soll anlässlich des Gewinnes einer der wohl berühmtesten Schlachten der antiken Geschichte, nämlich der von Actium und Augustus' Sieg über Marcus Antonius und Kleopatra ein Ehrenbogen errichtet worden sein.

Zwar ist es wissenschaftlich nicht einhundertprozentig geklärt, aber jedenfalls liegen die Reste der Bögen in unmittelbarer Nähe beim Tempel des vergöttlichten Caesars, but more study is required ;)
 
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Darf ich ergänzen: An diesem Augustusbogen waren wahrscheinlich die Inschriften angebracht, die man heute in den Kap. Museen im Raum der Lupa an der Wand sieht: die fasti consulares mit einer Auflistung aller römischen Konsuln von 483 v. Chr. bis 13 n. Chr. und die fasti triumphales mit einer Liste aller Feldherren, denen bis zum Jahr 19 v. Chr. ein Triumph gewährt worden war.
 
Aber sehr gerne, vielen Dank. Dann liefere ich noch das passende Bild der fasti consulares aus den Musei Capitolini nach.

Ich muss aber auch etwas berichtigen: Diese Tafel(n) stammen nicht vom Actiumbogen, sondern vom Arco di Giano (Bogen der Fasti Consulares und Triumphales), der sich auf der anderen Seite des Tempels des Divus Iulius befand, also dort, wo auch der Bogen des Gaius und Lucius Caesar stand.


 
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Von unserem Standort, den Fundamenten des Actiumbogens, liegen westlich die drei Schwestern, wie die übriggebliebenen und zwölf Meter hohen korinthischen Säulen des Dioskurentempels im Volksmund liebevoll genannt werden.




Dabei ist die Geschichte dieser gewaltigen Tempelanlage alles andere als liebevoll. Eingerahmt zwischen vicus Tuscus und Iacus Iuturnae war der Bau ein bedeutender Treffpunkt im römischen Gemeinschaftsleben und Cicero bezeichnete den Tempel als den vom römischen Volk am meisten frequentierten Ort auf dem ganzen Forum (In Verrem II 5,27), was gerade seit der Mitte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts, als die Gewalt immer mehr zu einem geläufigen Mittel der Politik wurde, im allgemeinen Zoff bedeutete. Zuweilen wurde das weiläufige Podium als Rostra missbraucht, unter anderem auch von Julius Caesar im Jahre 59 v.Chr., als er noch Konsul war.

Seine Geschichte beginnt mit den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Römern und Latinern, die damit endeten, dass 496 v.Chr. erstere am See Regillus die letzteren besiegten. Nach der Legende sollen daraufhin die Dioskuren Castor und Pollux auf dem Forum erschienen sein, ihre Rosse an der Quelle der Iuturna getränkt und den Römern den Sieg am Regillussee verkündet haben. Man dankte den beiden römischen Schutzpatronen durch den Bau dieses Tempels, der schon 484 v.Chr. durch den Sohn des Siegers A. Postumius eingeweiht wurde. Dass man den Bau auch manchmal einfach nur Castortempel nennt, liegt daran, dass man ihn ursprünglich auch nur nach ihm benannte; erst seit dem 1. Jahrhundert vor Christus sprach man dann von einem Heiligtum der Dioskuren.

Wie alles grossen Forumsbauten wurde auch der Dioskurentempel in den Jahrhundert mehrfach erneuert. Die drei Säulen, das Wahrzeichen des Forums, stammen von einem Neubau, den Tiberius im eigenen und im Namen seines Bruders Drusus den Dioskuren weihte. Der Kult der Dioskuren war nicht nur bei den römischen Frauen schwer in Mode, weil sie als Helfer in grosser Not galten, sondern auch bei den Rittern. Seit 304 v.Chr. war es Brauch, dass sie sich in jedem Jahr am 15. Juli, dem Geburtstag des Tempels, zu einer bis zu 5000 Mann starken Reiterschar formierten, um im festlichen Staatsakt über die via sacra zum Tempel zu reiten. Dies verdeutlichte wieder einmal mehr die Verbindung zwischen den zu Staatsgöttern erhobenen Dioskuren und die militärischen Erfolge des römischen Imperiums.


Bei meinem letzten Besuch hatte ich kleine Sammlung verkleinerter und ausgedruckter Stiche und Zeichnungen der Forumsansichten von Piranesi & Co. dabei, und es ist gar nicht einfach, den Platz wiederzufinden, von wo der gute alte Meister sein Werk skizziert hat.
Giovanni Battista Piranesi hat uns wohl mit die am wertvollsten Ansichten der Stadt im 18. Jahrhundert hinterlassen, unter anderem einen interessanten und nicht ganz häufigen 'Blick' in Richtung Forumswesten. Auch wenn mein Standort bei meinem angefügten Foto in etwa gleich war, liegt zwischen den beiden Darstellungen eine gewaltige Schicht 'Forumsschutt', die zu Piranesis Zeiten noch in bis zu zwölf Meter Dicke den Forumsboden bedeckte.





So war die kleine Kirche S. Maria Antiqua auch noch unter diesen Trümmern begraben. Schaut man auf den alten Stich, entdeckt man links die Fassade von S. Maria Liberatrice. Julius III. gab sie 1550 den Ordensfrauen der heiligen Francisca Romana. Leider musste das Kirchlein im Rahmen der Forumsgrabungen 1899 abgerissen werden, um S. Maria Antiqua wieder auszubuddeln. Es wäre dann noch wünschenswert, wenn sie dann auch mal wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde. Aber selbst 'zwischen' diesen beiden Bauwerken gab es noch ein Gotteshaus; mein Romführer aus dem Jahre 1866 erzählt, dass Papst Silvester in der Nähe des Lacus Iuturnus oder Curtii eine Kirche mit dem Namen S. Salvator in Lacu Curtii erbauen liess, in welcher sich Benediktiner ansiedelten.





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Lieber Nummis durensis,

vielen Dank, dass du deinen Bericht fortsetzt.

Ich gebe zwar zu, dass mich dein unglaubliches Wissen über das Forum zuweilen überfordert, aber ich finde es unheimlich interessant so neue Dinge zu erfahren und zu lernen.
 
Die Quelle der Iuturna

Der Lacus Iuturnae wird erstmals erwähnt von Frontinus in seinem Werk "De Aquis Urbis Romae", das sich mit der Wasserversorgung der Stadt Rom beschäftigt. Bevor der Censor Appius Claudius den Aquaedukt erfand, mussten die Römer ihr Wasser aus dem Tiber, Brunnen und den wenigen Quellen auf dem Stadtgebiet schöpfen. Die wichtigste davon entsprang direkt am Fuss des Palatin auf dem Forum Romanum. Damals wie heute war die Versorgung mit Trinkwasser für die Stadt und ihre Einwohner überlebenswichtig, so dass man die Quelle getreu der römischen Tradition umgehend unter Schutzherrschaft stellte, damit sie auch schön weitersprudelt. Aber schon damals war der Vorrat an Göttern, die sich um solche Belange kümmerten, aufgebraucht, und so musste man sich über die Grenzen der Stadt hinaus bemühen, um etwas passendes zu finden. Die Wahl fiel schliesslich auf die Quellnymphe Iuturna, und da brauchte man gar nicht weit zu gehen, hatte sie doch ihren Wirkungsort in Lavinium, dem religiösen Zentrum des latinischen Städtebundes - nur wenige Kilometer von Rom entfernt und romantisch an der Küste gelegen. Bedingt durch die innige Freundschaft mit Jupiter - nach Ovid hatte er sich sogar in die Schöne verliebt, wurde ihr die wichtige Aufgabe zuteil, sich um die Quellen, Teiche und Flüsse zu kümmern. Genau das brauchte man in Rom gerade, und kurzerhand wurde der Kult in die Urbs übertragen, wo Iuturna fortan über die Quelle ihre schützende Hand hielt.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich ein ganzer Komplex von Mythen und Geschichten rund um diese Quelle zusammenfand. Castor und Pollux, die beiden Dioskuren, wurden ebenfalls involviert. Als Überbringer guter Nachrichten passten sie prima in das Gesamtkonzept. Darüber hinaus galt das Wasser der Iuturna als heilkräftig, wodurch schon eine gewisse Verbindung zu den Dioskuren bestand, die man bei Krankheiten anrief, und von denen es hiess, dass sie durch Träume Kranke heilten. Aber dies ist eine andere Geschichte, und den beiden Reitern, die durch die Stadt wuselten, und denen wir auch im heutigen Rom immer wieder begegnen, soll ein eigenes Kapitel vorbehalten sein.

Zurück zur Quelle, die schon in republikanischer Zeit in ein fast quadratisches Marmorbecken gefasst war. Hier standen zwei Statuen der Dioskurenzwillinge, die nach der Schlacht am See Regillus, als sie die Römer gerettet hatten, hier ein zweites Mal erschienen, um ihre Pferde zu tränken. Damals tobte der erste Latinerkrieg, der nur lückenhaft und in legendärer Form überliefert ist. Der Sage nach gelang es den Römern, die von den Latinern hochverehrten Dioskuren auf ihre Seite zu ziehen, sie nach dem Sieg nach Rom zu schicken, wo sie ihre Pferde am Lacus Iuturnae tränkten, ehe sie die frohe Siegesbotschaft der Stadt verkündeten. Nicht zuletzt zeugt der in unmittelbarer Nähe errichtete Dioskurentempel, der in besagter Schlacht gelobt wurde, von den Zusammenhängen.

Die Quelle der Iuturna ist eines der letzten wichtigen Baudenkmäler des Forum Romanums, das restauriert und der Öffentlichkeit erst im Jahre 2015 zugänglich gemacht wurde. Im Wasserbecken finden wir eine Kopie des Marmoraltars aus dem 2. Jh. n.Chr., welcher im Brunnen gefunden wurde. Hier ist die ganze Sippe nett vereint: Dargestellt sind auf seiner Front die Dioskuren auf ihren Lanzen gestützt, an den Seiten aber auch ihre mythologischen Eltern Zeus und Leda mit ihrem aufwirbelndem Gewand und schliesslich rückseitig Helena, die Schwester der Zwillinge.






Das Original des Altars, aber auch die beiden Statuen der Dioskuren wurden 2015 im Rahmen einer kleinen Sonderausstellung im "Tempel des Romulus" ausgestellt. Die Bruchstücke der Reiterstandbilder lassen in ihrem etwas aufgelockerten Stand der Figuren und der archaischen Darstellung erkennen, dass sie bereits in der ersten Hälfte des 5. Jh. v.Chr. als Arbeit eines grossgriechischen Meisters erschaffen wurden. Sie überlebten viele Jahrhunderte bis zum Verfall des Forums. Ausserdem wurde ein Puteal mit einer Weihinschrift des M. Barbatius Pollio gefunden, der zu Zeiten des Augustus kurulischer Ädil war.










Diese und viele andere prachtvolle im Forum ausgegrabene Relikte werden im Antiquarium aufbewahrt. Es ist das Museum des Forum Romanums, und es ist vielen deswegen kein Begriff, weil es seit vielen Jahren geschlossen ist. Ich warte auf die geplante Wiedereröffnung, die bereits 2016 als 'Museo del foro romano' angekündigt wurde. In Italien ticken die Uhren bekanntlich anders; ein Artikel von September 2018 versprach dann wiederum eine bevorstehende Eröffnung für das Jahr 2019 im Rahmen des geplanten "Archäologischen Park des Kolosseums". Nun ist schon fast Weihnachten, und eigentlich hatte ich mich bei meiner bald anstehenden Romreise auf die Besichtigung gefreut. Tja, auch das ist Rom...


Immerhin bleibt mir noch eine schöne Münze. Ein seltener Denar der Republik zeigt auf seiner Rückseite die Dioskuren, die an der der Quelle der Iuturna ihre Pferde tränken. Die Brunnenfassung kann natürlich nicht mit dem oben gezeigten Puteal aus der augusteischen Zeit übereinstimmen, doch ist anzunehmen, dass auch zu Zeiten der Prägung der vorliegenden Münze eine solche vorhanden war.


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Ich muss aber auch etwas berichtigen: Diese Tafel(n) stammen nicht vom Actiumbogen, sondern vom Arco di Giano (Bogen der Fasti Consulares und Triumphales), der sich auf der anderen Seite des Tempels des Divus Iulius befand, also dort, wo auch der Bogen des Gaius und Lucius Caesar stand.

Ok, danke für die neue Info! Meine Quelle für mein "gscheites Daherreden" war Helbigs Führer: "..., die beide am Triumphbogen des Augustus am Forum Romanum angebracht waren." (Band 2, S. 281)
 
Der Tempel der Vesta

Der Tempel der Vesta gehört zusammen mit dem Haus der Vestalinnen und der Regia zu einem Komplex im Herzen des Forum Romanums. Die Regia war ursprünglich Teil eines Königspalastes; in späteren Zeiten residierte hier der Pontifex Maximus. Die Vestalinnen wohnten gleich nebenan und gleichermassen nahe der heiligen Tempelstätte, die zu behüten sie gelobt hatten.


Das Heiligtum gilt als eines der ältesten und vornehmsten Sakralbauten Roms, denn der Ursprung des Vesta-Kultes reicht weit zurück in die Zeit der ersten Könige. Der Sage nach sei bereits die Mutter des Romulus, Rhea Siliva, Vestalin gewesen. Der legendären Überlieferung zufolge soll Numa Pompilius, dem das Kultleben Roms sehr am Herzen lag, den Vestatempel errichtet haben. Er war es auch, der das ältere königliche Feuer auf das Feuerheiligtum der Vesta übertragen hat. Es war kein zerstörendes Feuer wie das des Vulcanus, sondern ein warmes, lebendspendendes, das auch im häuslichen Herd glühte. Das Herdfeuer galt als Symbol von Frieden und Wohlergehen und war umschliessendes Sinnbild wohlgeordneter Verhältnisse. So wurde Vesta, die neue Beschützerin des Herdfeuers, die im übrigen kein anthropomorphes Kultbild besass, in Gestalt des heiligen Feuers in ihrem Tempel verehrt.



Zum Tempel gehörte ein Nebenraum, in dem nicht nur die Kultmittel aufbewahrt wurden, sondern auch die sacra, die heiligen Gegenstände. Es handelt sich dabei um die sogenannten pignora imperii, Unterpfänder des Reiches, die den göttergewollten Fortbestand der römischen Herrschaft garantierten. Darunter befand sich das troische Palladium, ein archaisches Götterbild, das die Form einer Statuette der der stehenden, bewaffneten Pallas Athena hatte. Der Sage nach ist sie einst als Gabe der Athena vom Himmel gefallen und versprach der Stadt, in der es sich befand, Schutz. So gelang die Eroberung Trojas erst, als der listenreiche Odysseus das Palladium in seinen Besitz bringen konnte. Schliesslich wurde es Aeneas, dem legänderen Stammvater Roms, ausgehändigt, dem es sodann gelang, den troischen Talisman zusammen mit seinem greisen Vater sicher aus dem brennenden Ilion zu schaffen. Von dort gelangte das Palladium dann nach Italien, wo es letztendlich im Vestatempel seine neue Heimstätte fand.

Auf einem Denar der Sabina ist rückseitig Vesta dargestellt, die in ihrer Hand das Palladium hoch hält. Die Vorderseite zeigt das zänkische Eheweib des Hadrian übrigens mit ihrer ganz besonderen und bei Münzsammlern beliebten 'Hochsteckfrisur'.



Über die wichtige Relique wachte ein weibliches Sextett, die Vestalinnen. Der Kult wurde von sechs jungfräulichen Priesterinnen besorgt, die in klösterlicher Abgeschiedenheit im Atrium Vestae auf dem Forum lebten. Bereits im Alter zwischen sechs und zehn Jahren wurden die Mädchen vom Pontifex Maximus aus patrizischen Familien "ergriffen" (lat. capere) und den Vestalinnen zur Erziehung übergeben, so dass es nicht an Nachwuchs für das spätere Amt mangelte. Damit waren sie nicht nur der väterlichen Gewalt entzogen, sondern auch aus der gesamten römischen Rechtsordnung ausgegliedert. Nunmehr unterlagen sie ausschliesslich dem priesterlichen Recht- und Sittenkodex mit all seinen Vor- und Nachteilen. Sie genossen die Vorrechte eines volljährigen männlichen Bürgers und konnten ihre Geschäfte ohne Vormund erledigen. Wenn sie öffentlich erschienen, ging ein Liktor vor ihnen her. Diese Sonderstellung im römischen Sozialgefüge bezahlten sie jedoch mit dem Verlust ihrer persönlichen Freiheit. Dreissig Jahre dauerte der Dienst; danach durften sie in ihre Familie zurück oder eine eigene gründen, ersatzweise konnten sie auch in einem Anbau als erfahrene Gehilfin weiterleben. Viele zogen letzteres vor und blieben ihr Leben lang der Vesta treu. Ihre wichtigste Aufgabe war die Unterhaltung des heiligen Feuers, das inmitten des Tempels brannte. Erlosch dieses, so bedeutete das nicht nur Unheil und verkündetet den Untergang der Stadt, sondern auch Rutenstreiche für die unachtsame Vestalin, die es verlöschen liess. Schlimmer traf es jedoch diejenige, die das Gelübde der Keuschheit verletzte. Dieser gesellschaftliche "Super-Gau" galt als verabscheuungswürdiges Verbrechen, ein crimen incestum, das Unheil über das Gemeinwesen zu bringen drohte. Aus diesem Grund musste das schwarze Schaf von der Herde getrennt und aus der Gesellschaft eliminiert werden. Da ihr Blut nicht vergossen werden durfte, wurde die Sünderin am Rande der Stadt lebendig begraben.



Die heute noch sichtbaren Reste stammen von der letzten Restaurierung, die Julia Domna, die Frau des Septimius Severus, im Jahre 191 n. Chr. durchführen liess. Der Tempel erhob sich auf einem runden Marmorpodium aus der augustäischen Zeit, darüber standen korinthische Säulen, und ein Spitzdach mit einer Öffnung in der Mitte rundete den Bau im wahrsten Sinne des Wortes ab. Der Tempel brannte im Laufe der Jahrhundete mehrmals ab, was natürlich dem ständig brennenden Feuer zu verdanken war, doch seine runde Grundstruktur hielt er über die lange Zeit bei. In der frühesten Zeit war er sicherlich nur eine einfache Hütte. So stellte ihn sich auch Ovid vor - vielleicht wusste er es sogar aus der Überlieferung - und schrieb: Jetzt siehst du ehern das Dach, das einstmals mit Stroh nur gedeckt war; zäh aus Weidengeflecht waren die Wände erbaut.


Das ursprünglich kleine Haus der Vestalinnen wurde nach dem Brand von 64 n. Chr. wieder aufgebaut und vergrössert. Es umfasste nun auch die öffentliche Domus des Pontifex Maximus. Vom Mittelhof mit Laubengang und zahlreichen Statuen gingen verschiedene Räume ab, die in mehreren Stockwerken übereinander lagen.




Im Jahr 55 v. Chr. wartete der Münzbeamte Q. Cassius Longinus mit einer ganz besonderen Überraschung auf, als er auf einem Denar gleich zwei bemerkenswerte Taten eines Vorfahren darstellen liess. Die Rückseite der Münze zeigt den Tempel der Vesta; in seinem Inneren steht der elfenbeinerne Amtsstuhl (sella curulis), auf dem die höheren Beamten Platz zu nehmen pflegten, wenn sie in offizieller Funktion agierten. Rechts daneben ist eine Stimmtafel (tabella) mit der Aufschrift A(bsolvo = ich vergebe) und C(ondemno = ich verdamme) abgebildet, links des Tempels steht die dazugehörende Wahlurne (cista).

Mit diesem Motiv rief der Münzmeister den Prozess gegen die Vestalinnen in Erinnerung, den sein Urgrossvater geführt hatte. Man hatte drei Vestalinnen der Unzucht angeklagt, und nach Ansicht des Volkes war das Urteil des Pontifex Maximus zu milde ausgefallen. Besagter Urahn, der für seine Strenge bekannt war, wurde daraufhin mit der Wiederaufnahme des Prozesses beauftragt und die Sünderinnen ihrer gerechten Strafe zugeführt.

Andererseits erinnert die Abbildung der Stimmtafel und der Wahlurne daran, dass der Vorfahr in seiner Eigenschaft als Volkstribun jene Gesetzesinitiative eingebracht hat, die als Lex Cassia, die Abstimmung durch Stimmtafeln beim Volksgericht, in die Geschichte einging. Nicht umsonst hat Cicero die Stimmtäfelchen als "Bürgen der Freiheit" bezeichnet.





Roma bella mi appare...
 
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Die Geschichte der Vestalinnen finde ich auch äußerst spannend und faszinierend.



Darum Danke für deinen Bericht darüber :nod:
 
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