Im Rom des Gian Lorenzo Bernini

Wunderschöne Bilder dabei! Auch die Berichte sind großartig, auch wenn ich noch nicht ganz durch bin- freue mich aber drauf :thumbup:
 
Einen kurzen Weg die Via del Corso entlang komme ich zum
Palazzo Doria Pamphilj
mit einer weiteren wichtigen Büste Berninis in der Kunstsammlung der Familie.​

Geschichte

Es waren hier mehrere adelige Familie Roms die Besitzer. Begonnen von Kardinal Acciapacci, weitergeführt von Kardinal Zech und schließlich von Kardinal Santorio beendet. Da Papst Julius II. der
Meinung war, dieser prächtige Bau sei eher eines Herzogs würdig, denn eines Kardinals, kaufte er ihn für seinen Neffen Francesco Maria della Rovere, dem Herzog von Urbino. Bereits 1601 kauften dann
die Aldobrandini den Palazzo und vererben ihn schließlich an die Familie Pamphilj, die ihn dann mit der barocken Fassade versehen ließen und zu seiner heutigen Größe erweiterten. Der Palazzo verfügt
über 5 Innenhöfe - von denen man den größten von der Via del Corso aus sehen kann - und wird immer noch von der Familie bewohnt. Seit der Verbindung durch Heirat mit der Familie Doria aus Genua trägt der Palast den Doppelnamen.​

Galleria Doria-Pamphilj
Seit dem 18. Jahrhundert ist der Palast Sitz der grandiosen Kunstsammlung, die man unbedingt besichtigen sollte. Da leider auch hier Fotografierverbot herrscht, nur kurz einige Highlights ohne Bilder.
- Tizians Salome
- Parmigianino Anbetung der Hirten
- Caravaggios Magdalena
- Caravaggios Ruhe auf der Flucht nach Ägypten
- Raffaels Doppelporträt
- Algardis Büste der Olympia Maidalchini Pamphilj​

Porträt des Innozenz X. von Velásquez
Innozenz schaut den Betrachter mit seinen blauen Augen fragend an. Der Schädel wirkt groß, kantig und schwer, der Hals kurz. Die Nase ist mächtig und die Augenbrauen sind mürrisch gerunzelt auch
der Mund wirkt unwirsch verzogen. Wunderschön die Spitzenkaskade seines Klerikerhabits und die verschiedenen Rottöne seiner Mozzetta. Er sitzt mit der Audienzkleidung auf seinem Goldthron.
Bild

Obwohl Bernini bei Innozenz X. in Ungnade gefallen war, durfte er den Vierströmebrunnen auf der Piazza Navone gestalten. Später - wann genau weiß man nicht, eventuell 1650 - erhielt er den Auftrag
einer
Porträtbüste von Innozenz X.
Bild
Bernini steigert hier noch die Papstbüsten Urbans VIII. im Camaurotyp, indem er den Papst ähnlich wie einen Herrscher schweben lässt. Technisch erreicht er diesen Effekt, indem er die Mozzetta im unteren Bereich faltet als wäre kein Körper darunter. Die Kopfform unterscheidet sich von der auf dem Gemälde von Velásquez und ist deutlich schmaler. Er idealisiert aber noch mehr: Die Nase wird schön, die Augenhöhlen sind betont, Mund und Kinn sind schmaler, der Hals ist länger und die Gesichtszüge wirken jugendlich und energisch. Lebendig wirkt die Figur durch die Knöpfe die nicht richtig geschlossen sind und die verwurstelte Pelzkante an der Mozzetta.
Bernini schuf zwar auch später noch Papstbüsten im Camaurotypus, den schwebenden Effekt wiederholte er aber nicht mehr. Auch von diesem Werk gibt es zwei Ausführungen und auch hier eine davon mit einem Riss im Marmor.​
 
Porträt des Innozenz X. von Velásquez
Innozenz schaut den Betrachter mit seinen blauen Augen fragend an. Der Schädel wirkt groß, kantig und schwer, der Hals kurz. Die Nase ist mächtig und die Augenbrauen sind mürrisch gerunzelt auch
der Mund wirkt unwirsch verzogen. Wunderschön die Spitzenkaskade seines Klerikerhabits und die verschiedenen Rottöne seiner Mozzetta. Er sitzt mit der Audienzkleidung auf seinem Goldthron.
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Obwohl Bernini bei Innozenz X. in Ungnade gefallen war, durfte er den Vierströmebrunnen auf der Piazza Navone gestalten. Später - wann genau weiß man nicht, eventuell 1650 - erhielt er den Auftrag
einer
Porträtbüste von Innozenz X.
Bild

Steht die Büste neben dem Gemälde von Valasquez? Wenn ja, dann habe ich ich sie zwar gesehen, aber nicht Bernini zugeordnet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, dentaria, für deine Beschreibungen. Im Palazzo Doria Pamphili hängen ja so viele Bilder dass man gar nicht weiß wohin man schauen soll. Das Papstbild, das in einem eigenen Raum hängt, ich meine das ist das von dir beschriebene, ist mir allerdings noch deutlich in Erinnerung.

Vielen Dank für deine Aussagen dazu sagt Tizia
 

Ja, Ihr habt beide Recht!

Die Büste steht mit dem Gemälde in einem eigenen kleinen Raum.​
 

Ja, Ihr habt beide Recht!

Die Büste steht mit dem Gemälde in einem eigenen kleinen Raum.​

Danke, dentaria, für die Fortsetzung Deiner Informationen über Bernini.
In der Tat: der Wirkung von Bild und Büste kann man sich kaum entziehen.
Es ist immer wieder ein "Highlight", sich die Gemäldesammlung und
speziell diesen Raum anzusehen.

Gruß von
mystagogus
 

Nicht weit entfernt liegt der
Palazzo Chigi-Odescalchi



Der Palast wird immer noch bewohnt von der Familie Odescalchi. Leider wurde die Bernini-Fassade durch spätere Umbauten verändert.

Geschichte
Als Papst Martin V. 1420 den Papstsitz wieder nach Rom zurückverlegte, begannen die Reperaturarbeiten in der herunter gekommenen Stadt. Das Gelände an der Kirche Santi XII. Apostoli wurde zum Zentrum des Besitzes der Papstfamilie, der Colonna - auch die Vorgängerbauten des Palazzo Odescalchi. Der jetzige Palazzo bestand einst aus zwei kleinen Palästen mit unterschiedlicher Geschichte, denn sie wechselten oft den Besitzer, so kaufte der Kardinal Ludovico Ludovisi - Neffe von Papst Gregor XV. - 1622 die Gebäude und ließ sie von Corlo Maderno restauriernen und durch einen Innenhof verbinden - dieser blieb bis heute unverändert. Doch bereits 1628 wurde Ludovisi Vizekanzler und zog in den Amtssitz Palazzo della Cancelleria um. Da weder er noch seine Familie Verwendung für den Palazzo hatten, verkauften sie ihn an die Colonna zurück. Zunächst gab es sogar Überlegungen, den Palast mit dem gegenüber liegenden Palazzo Colonna zu verbinden. Doch die nächste Papstfamilie ließ nicht lange auf sich warten. Da die Colonna finanzielle Engpässe hatten, vermieteten sie den Palazzo 1657 an den Bruder von Papst Alexander VII., Mario Chigi. Bereits 1661 ging er dann in den Besitz der Chigi über. Nun kommt Bernini ins Spiel. Da er der Liebling Alexanders VII. war, erhielt er den Auftrag, eine neue prächtige Fassade und Repräsentsionsräume zu entwerfen. Bauleitung hatte allerdings - wegen Arbeitsüberlastung Gian Lorenzos - sein Bruder Luigi. Als die Bauarbeiten fertig waren, wurde der Palazzo eines der Zentren höfischen Lebens in Rom und prägte das Stadtbild mit. Doch auch diese Epoche hatte schließlich ein Ende und der Palast wurde von der Familie Odescalchi zunächst gemietet, 1745 auch gekauft. Auch diese Familie hatte später einen Papst - Innozenz XI.

Fassade von Bernini
Leider wurde die Fassade zwar danach von Nicolò Salvi und Luigi Vanvitelli verändert, aber eine Tafel vor dem Gebäude zeigt Berninis Fassade.


Der Baukörper bestand aus 3 Teilen, wobei die beiden seitlich zurückgesetzt wurden und ihre Fenster schmäler waren. Jedes der 3 Stockwerk besaß unterschiedliche Fenster und bekrönt wurde die
Fassade von einer Balustrade, die wiederum als Basis für Skulpturen dienten. Der mittlere Komplex ist von Pilastern geschmückt. Über dem Haupteingang befindet sich ein Balkon mit dem Familiewappen.
Diese Fassade war Vorbild für Europas Architektur, besonders in Wien.

Ebenfalls an diesem Platz steht die Kirche

Santi XII Apostoli


Dazu mehr hier:

Via Papalis: Auf dem Weg der Päpste vom Lateran zum Vatikan - Seite 13
 
Zum Vergleich der beiden konkurrierenden Künstler - vor Berninis Kirche - hier zunächst Borrominis Werk.
San Carlo alle Quattro Fontane
oder
San Carlino

Der erste Name kommt von den vier Brunnen, welche die Kreuzung zieren, an der die Kirche steht.
Der zweite Name ist quasi ein Kosename der Römer, da diese Kirche angeblich in einen der Vierungs-Pfeiler des Petersdomes passen würde.


Nachdem sich Borromini von Bernini getrennt hatte, bot er seine Dienste zunächst kostenlos an, um überhaupt sein Können zeigen zu dürfen. So erhielt er im Jahre 1634 den Auftrag für San Carlino.


Die Bauherren
Auftraggeber war der Orden der Barfüßigen Trinitarier, oder auch Trinitarii Scalzi del Riscatto di Spagna. Die Gründer waren Jean de Matha und Felix von Valois.
Matha hatte eine Vision, in der er Gott, mit einem farbigen und einem gefesselten weißen Mann sah.
Für Matha war dies die Aufforderung, im Namen der heiligen Dreifaltigkeit, entführte Christen aus den Händen von dunkelhäutigen Piraten zu befreien.
Die Kirche ist noch heute im Besitz des Ordens, der sich nun der Gefangenenbetreuung verschrieben hat.


1611 ließen sie eine erste Kirche an dem Tiber-Brunnen errichten, die dem heiligen Karl Borromäus widmet wurde.


Der Neubau der Kirche unter Borromini verlief in mehreren Etappen.


1. Dormitorium und Refektorium
Das Refektorium dient heute als Sakristei.




Viele konkave Flächen und kaum rechte Winkel prägen das Bild.
Gegenüber ein Gemälde des Namenspatrons.





2. Kloster mit Kreuzgang
Das Kloster ist ein zweistöckiges Gebäude aus Travertin, welches einen kleinen Kreuzgang umschließt.




Im Erdgeschoß befinden sich 6 hohe Torbögen, die von toskanischen Säulen getragen werden, die stets im 45 Grad Winkel zueinander stehen.
Im ersten Stock befindet sich die gleiche Anzahl an Säulen, jedoch sind diese kürzer und schlanker.
Eine ähnliche optische Täuschung, wie im Palazzo Spada. :idea:




Die Baluster sind birnenförmig ausgebuchtet, wobei die Bauchung abwechselnd nach oben und nach unten zeigt.
Durch die viele Bewegung in der Architektur achtet der Betrachter nicht mehr auf die Größe des Bauwerks.




Am Bodenbelag sieht man deutlich, daß kein Geld für teure Baumaterialien vorhanden war.
Dies war auch der Grund, weshalb sich der Bau der Kirche über mehr als 40 Jahre hinzog.


3. Kirchengebäude




Im elliptischen Kircheninneren überwiegt weißer Stuck.


Über dem Altar ein Gemälde mit Karl Borromäus und den Ordensgründern.




In der Mitte, direkt unter der elliptischen Kuppel, das ovale Wappen mit dem roten Kreuz der Trinitarier.
Auch hier Säulen, die den Raum rhythmisch gliedern.


Die Kuppel ist mit Sechseck-, Achteck- und Kreuzesformen kassertiert. Die Größe dieser geometrischen Formen nimmt nach oben hin ab und erzeugt auch hier perspektifische Tiefe.




Große Fenster erzeugen zusammen mit der weißen Farbe eine - für eine Barockkirche - ungewohnte Helligkeit.


4. Fassade mit Glockenturm
Die Fassade war beim Tod Borrominis noch unvollendet und wurde von seinem Neffen fertiggestellt.
Auch hier das typische Spiel mit konkaven und konvexen Flächen.




In der Mitte thront der Kirchenpatron unter der Widmungsinschrift:
"Zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit und des heiligen Karl 1667"
 
Vielen Dank liebe Dentaria für diesen Bericht über eine meiner Lieblingskirchen. Ich mag doch San Carlino so sehr und glaube, dass ich mir den ausgedruckten Bericht im Oktober mitnehmen werde :nod:.

Ich bewundere immer dein Wissen und habe schon viel durch dich und deinen wunderbaren Bernini Bericht gelernt.
 
So lernt man im Bernini-Bericht auch Borromini besser kennen. Vielen Dank für die Fortsetzung aus einer Ecke Roms, die ich noch überhaupt nicht kenne.
 
Vielen Dank liebe Dentaria für diesen Bericht über eine meiner Lieblingskirchen. Ich mag doch San Carlino so sehr und glaube, dass ich mir den ausgedruckten Bericht im Oktober mitnehmen werde :nod:.

Ich bewundere immer dein Wissen und habe schon viel durch dich und deinen wunderbaren Bernini Bericht gelernt.

Dankeschön, liebe pecorella,
genau dafür schreibe ich ja meine Berichte! :nod:​

So lernt man im Bernini-Bericht auch Borromini besser kennen. Vielen Dank für die Fortsetzung aus einer Ecke Roms, die ich noch überhaupt nicht kenne.

Na ja, irgendwie gehören ja die Werke von Bernini und Borromini gemeinsam betrachtet!
Lieben Dank für Deine netten Worte.​
 

Doch, ich habe die Fassade anscheinend nur günstig fotografiert.

Danke für die netten Worte.​
 

Ich war nun seit längere Zeit nicht mehr in der Nähe von San Carlino. In meiner Erinnerung war der Zustand der Fassade in einem sehr schlechten (schmutzigen) Zustand. Dies scheint nun nicht mehr so zu sein?

Doch, ich habe die Fassade anscheinend nur günstig fotografiert.

@ dentaria
Dein Bericht und Deine Aufnahmen stammen ja aus dem Jahr 2010 (vgl.: Barockes Wochenende mit Caravaggio und Borromini - Seite 21 ).

Inzwischen ist es tatsächlich nicht besser geworden. Hier eine Aufnahme, die Pasquetta während unserer Romreise Ende Oktober 2013 gemacht hat:

Wer weiss, vielleicht wird ja nach der Restaurierung der "Quattro Fontane" auch der Fassade von San Carlino eine Auffrischung gegönnt. :idea:
 
Zuletzt bearbeitet:

Danke Simone,

für das Bild von 2013, aber auch im Mai 2014 war die Fassade noch nicht gereinigt.​
 
Danke dentaria, für die trotz Renovierungsbedürftigkeit des San Carlino so schönen Bilder.

Ich mag diese kleine Kirche und bekomme so allmählich einen Blick für die unterschiedlichen genialen Künstler Roms in der Zeit der Renaissance und des Barock.

Liebe Grüße

Tizia
 
Sehr gerne!​

Ich mag diese kleine Kirche und bekomme so allmählich einen Blick für die unterschiedlichen genialen Künstler Roms in der Zeit der Renaissance und des Barock.

Ja, ich mag dieses Kirchlein auch sehr gerne und besuche es oft.

Je mehr man sich mit der Kunst beschäftigt, desto besser lernt man zu unterscheiden - was ich sehr genieße!:nod:​
 
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