Antikes Rom: Offenbar Prunksaal Kaiser Neros auf dem Palatin entdeckt

Simone-Clio

Augustus
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Das scheint mir doch im jetzigen Stadium hochspekulativ. Aus den Resten eines Rundbaus auf dem Palatin nun gleich (entgegen allen bisherigen Forschungen, die diesen drehbaren Speisesaal wie die ganze Domus Aurea auf dem Colle Oppio oder dem Kolosseumsgelände lokalisierten) zu schliessen, dabei müsse es sich um die Reste jenes legendären Raums gehandelt haben, erscheint doch etwas kühn.8O
Gordian
 
Also ich finde das hoch interessant. Selbst das antike Zentrum von Rom hält immer noch einige archäologische Sensationen parat. Man denke nur an die Romulushöhle, die vor knapp zwei Jahren ebenfalls auf dem Palatin entdeckt wurde. Schade bloß, dass man die Via dei Fori Imperali nicht aufreißen kann, da würden vielleicht noch mehr Sensationen zum Vorschein kommen:~
 
Da hat ja wieder mal einer der Herren Journalisten gewaltig aufgepasst:evil: :
"Die Speisezimmer hatten Decken aus beweglichen, durchlöcherten Elfenbeinplatten, so dass man von oben herab über die Gäste Blumen streuen oder Parfüme sprengen konnte. Der Hauptspeisesaal war rund und seine Decke drehte sich Tag und Nacht, wie das Weltall"
Sueton, Leben der Caesaren, Nero Abschnitt 31
Die Decke drehte sich, nicht das ganze Zimmer. Da ich davon ausgehe, dass die Archäologen den Sueton-Text kannten, wird halt wieder ein Journalist nicht zugehört haben. Im übrigen kann diese Drehung, sollte sie wirklich Tag und Nacht durchgeführt worden sein, eigentlich nur über Wasserkraft erfolgt sein, was eine Lokalisierung dieses pompösen Speisezimmers auf dem hochgelegenen Palatin kaum vorstellbar erscheinen läßt.:cry:
Eher schon im Bereich des heutigen Kolosseums, was auch den bisherigen wissenschaftlichen Meinungen entsprechen würde.
Aber gut, vielleicht hat auch dieser Spinner Nero ein Reservoir auf dem Palatin errichten lassen oder die Decke von Sklaven oder Ochsen drehen lassen.
Mal sehen.8O
Gordian
 
Auch wenn ich in Sachen Sensationsfunde durchaus zu einer gewissen Vorsicht neige, frage ich mich, worauf Du Deine Einschätzungen - im Vergleich zu den vor Ort tätigen Archäologen - denn zu stützen vermagst, abgesehen von einem Satz bei Sueton, den Du mit Deiner Interpretation ziemlich weitgehend belastest. Dass es an einer ausreichenden Wasserversorgung auf dem Palatin gemangelt haben soll, wage ich zu bezweifeln - zumal der Wasserbedarf für eine hydraulische Konstruktion nicht allzu groß gewesen sein dürfte. Auf dem Trockenen saßen die Kaiser im ersten Jahrhundert auf dem Palatin sicher nicht.

Immerhin scheint es für die bisherige Verortung auch kaum stechendere Belege zu geben als die Tatsache, dass sich die Aula Ottagonala halt für die Identifikation dieses bei Sueton so bildhaft beschriebenen Raumes anbot. Ich würde das eher ergebnisoffen sehen, kein Grund jedenfalls, gleich die Kompetenz aller Welt anzuzweifeln. Wie Du schreibst: Mal sehen.
 
Wie Du sagst : Mal sehen
Im übrigen bezweifle ich keineswegs die Kompetenz der Archäologen.
Nur : Die ganze Suche nach dem ominösen Speisezimmer fußt im wesentlichen auf der Beschreibung von Sueton.
Und wenn ein Journalist nun mal aus einer dort beschriebenen drehbaren Decke ein drehbares Zimmer macht, ist das einfach ein Fehler.
Und dass es für jede Form von Wasserspielen und hydraulischen Einrichtungen einfacher ist, wenn der Wasserdruck höher ist, ist ja klar. Und dass der in Senke höher war als auf der Anhöhe, ist auch klar.
Natürlich hatten die Cäsaren auf dem Palatin fliessendes Wasser, das ist ja selbstverständlich. Nur einfacher für Spielereien. wärs unten gewesen.
Aber, wie wir beide gesagt haben : Mal sehen.
Gruß
Gordian
 
Da hat ja wieder mal einer der Herren Journalisten gewaltig aufgepasst:evil: :
"Die Speisezimmer hatten Decken aus beweglichen, durchlöcherten Elfenbeinplatten, so dass man von oben herab über die Gäste Blumen streuen oder Parfüme sprengen konnte. Der Hauptspeisesaal war rund und seine Decke drehte sich Tag und Nacht, wie das Weltall"
Sueton, Leben der Caesaren, Nero Abschnitt 31
Die Decke drehte sich, nicht das ganze Zimmer. Da ich davon ausgehe, dass die Archäologen den Sueton-Text kannten, wird halt wieder ein Journalist nicht zugehört haben.

Nun, gelegentlich lohnt es sich also doch noch, mal selbst in den Originaltext zu schauen, so man des Lateinischen einigermaßen mächtig ist. Tatsächlich steht bei Sueton jedenfalls was gänzlich anderes:
cenationes laqueatae tabulis eburneis versatilibus, ut flores, fistulatis, ut unguenta desuper spargerentur; praecipua cenationum rotunda, quae perpetuo diebus ac noctibus vice mundi circumageretur;
Textquelle: Suetonius: Life of Nero

In der ersten Hälfte ist von getäfelten Speisezimmern (cenationes laquaetae) die Rede, ausgestattet mit drehbaren Elfenbeintafeln (tabulis eburneis versatilibus), um Blumen, mit Röhren (fistulatis), um Parfum (unguenta) von oben (desuper) zu versprengen (spargerentur).

Halten wir also fest: davon gab es mehrere, und es ist keine Rede davon, dass sich die Zimmer oder deren Decke gedreht hätten. Es werden lediglich zwei Mechanismen beschrieben, die dazu dienten, Blumen und Parfum unter (bzw. über) die Speisenden zu verteilen.

Erst in in der zweiten Hälfte, nach dem Semikolon, ist ganz eindeutig in Abgrenzung dazu von einem einzigen, bevorzugten runden Speisezimmer (praecipua cenationum rotunda) die Rede, dass Tag und Nacht (diebus ac noctibus) wie die Welt (vice mundi) gedreht wurde (circumageretur).

Mir scheint, dass die Archäologen ihren Sueton besser kannten, als hier angenommen wurde - jedenfalls dürfte ihre Kenntnis des lateinischen Originals besser sein als die grottenfalsche deutsche Übersetzung, die hier ztiert wurde, und die man per Google tatsächlich allüberall findet. Wäre mal interessant zu wissen, aus welcher literarisch freien Fassung die ursprünglich stammt... Da wird der Agenturschreiberling, der die Urmeldung verfasst hat, halt die Quellenangabe gesehen und die erstbeste Übersetzung herangezogen haben, die er im Netz fand - denn in der Pressemeldung der italienischen Archäologen stand die sicher nicht auf deutsch :)
 
Mir scheint, dass die Archäologen ihren Sueton besser kannten, als hier angenommen wurde - jedenfalls dürfte ihre Kenntnis des lateinischen Originals besser sein als die grottenfalsche deutsche Übersetzung, die hier ztiert wurde, und die man per Google tatsächlich allüberall findet. Wäre mal interessant zu wissen, aus welcher literarisch freien Fassung die ursprünglich stammt... Da wird der Agenturschreiberling, der die Urmeldung verfasst hat, halt die Quellenangabe gesehen und die erstbeste Übersetzung herangezogen haben, die er im Netz fand - denn in der Pressemeldung der italienischen Archäologen stand die sicher nicht auf deutsch :)
Das kann ich Dir sagen, da ich diese Version nicht ergoogelt habe.
Die von mir zitierte Version des strittigen Passus stammt aus der dtv- Ausgabe des Sueton und wurde von einem André Lambert
übersetzt.
Leider ist mein Latein nach 30 Jahren nur noch rudimentär vorhanden,so dass ich mir über die Qualität dieses Herrn als Übersetzer kein Bild machen kann.
Aber seis drum. Wir werden ja sicherlich im Forum erfahren, ob die Archäologen weitere Funde in diesem Zusammenhang machen, die das Problem aufhellen, wie z.B. Reste einer Mechanik oder Hydraulik oder zumindest die Ansetzpunkte für dieselbe, die ja doch ziemliche Ausmaße haben müßte um das ganze Zimmer oder auch nur die Decke zu drehen.
Übrigens find ich eines wirklich herausragend. Dieses Forum ist das einzige mir bekannte Internet-Forum
in dem Leute sich über die Übersetzung eines Sueton-Textes unterhalten.
Das ist wirklich ermutigend:nod::nod::nod::nod:
Gordian
 
Danke Simone für den Link. Sicher schlummert unter Roms Oberfläche noch manche Überraschung, wie in dem Clip angesprochen.

Schau mer mal
Gruß Ludovico
 
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