Auf den Spuren von Michelangelo und Raffael im Rom und Umbrien der Renaissance

Cara dentaria,

Deine Beiträge zur Geschichte und Kunst Roms sind für alle User des Forums - für die Neueinsteiger wie für die 'Stammgäste' - eine wahre Fundgrube und unerschöpfliche Quelle zur eigenen Wissensbereicherung. Vielen Dank für Deine intensiven Recherchen.
Zur Ergänzung der Baugeschichte von St. Peter füge ich noch zwei kleine Anmerkungen aus meinem Bericht hinzu:

"... und nach wenige Schritten standen wir dann im Cortile della Pigna. Unsere Blicke fielen sofort auf den riesigen Pinienzapfen – nach dem übrigens dieser Hof benannt ist - und auf die gewaltige Rundung der Apsis dahinter, die mich an die kühnen Wölbungen der Maxentiusbasilica auf dem Forum Romanum erinnerte.
Kaum vorstellbar, daß diese Nische, der Nicchione, als Platz für einen Papstthron unter freiem Himmel vorgesehen war. Was für eine grandiose Kulisse, um die Majestät eines Pontifex Maximus sichtbar zu machen und sie über alles menschliche Maß hinaus zu erheben. Die Idee war genial, doch für die Umsetzung fehlte allerdings der Mut.

So sieht man heute an Stelle des Throns die riesige Pigna, den bronzenen Pinienzapfen, nicht in der Mitte der erhöhten der Terrasse, sondern an deren vorderstem Rand – ein wahrer Blickfang! Über eine Doppeltreppe, angelegt in Form von zwei seitlichen Aufgängen und von weitem ein abgeflachtes Trapez beschreibend, erreicht man die Plattform und gelangt so in die Nähe des mächtigen Sockels, auf dem der Pinienzapfen ruht, flankiert von zwei bronzenen Pfauen (keine Originale) aus der Villa des Hadrian.
Er ist von so zeitloser Schönheit, daß er noch heute als Vorbild dient für Schmuckelemente, die man zu dekorativen Zwecken in der Innenarchitektur verwendet oder als bekrönenden Abschluß von repräsentativen Gebäuden, insbesondere von Kuppeln.
Dieser aus unzähligen Schuppen bestehende Konus hat eine bewegte Geschichte hinter sich: gefunden hatte man ihn im Bereich der Agrippa-Thermen, und noch heute trägt dieses Stadtviertel im Centro storico seinen Namen: Rione della Pigna. Irgendwann – niemand kennt das genaue Datum – kam er nach Alt-St. Peter, wo er im Vorhof der Basilica zum prächtigen Mittelpunkt eines Brunnens wurde, überfangen von einem Baldachin, den acht Säulen stützten. Der Strahl des Wassers trat an der Spitze der Pigna heraus, und niederfallend verfing er sich im Geflecht der Schuppen und quoll schließlich in ein Bassin aus Marmor. Sah die Antike im Pinienzapfen ein Symbol für das sich immer erneuernde Werden und Wachsen, deutete das frühe Christentum ihn als Symbol der Unsterblichkeit durch die Kraft des ewig fließenden Wassers."

"Schon bald waren wir auf der Höhe des großen Obeslisken, den Papst Sixtus V. in einer spektakulären Aktion hier hatte aufrichten lassen. Aber nicht nur die Errichtung, sondern auch der Abtransport stellte eine unglaubliche Herausforderung an das technische Können der damaligen Zeit dar, obwohl der alte Standort – es war der Circus des Nero – nicht weit von dem jetzigen entfernt lag. Die Stelle ist heute mit einer Marmortafel markiert und befindet sich auf der linken Seite gleich hinter dem bewachten Eingang zum Vatikan, gegenüber der 'Fabbrica di San Pietro', der vatikanischen Verwaltung.
Da es der einzige Obelisk war, der nicht umgestürzt war, kam es darauf an, ihn unversehrt zu bergen und abzuschleppen. Auf der Baustelle mußte absolute Stille herrschen.
Wer von den Zuschauern wagte, die Befehle des Bauleiters zu unterbrechen, wurde mit dem Tode bestraft. Als in einer kritischen Situation die überlasteten Seile drohten Feuer zu fangen, schrie ein Seemann dazwischen. Sein Ruf ‚Acqua alle rope - Wasser auf die Seile’ rettete die ganze Aktion."

Liebe Grüße
Seneca
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber seneca,

ganz herzlichen Dank für Dein Lob und die tollen Ergänzungen.

Der Strahl des Wassers trat an der Spitze der Pigna heraus, und niederfallend verfing er sich im Geflecht der Schuppen und quoll schließlich in ein Bassin aus Marmor.

Dazu noch ein Foto:

Es läßt sich nicht drehen, ist aber richtig, wenn man es anklickt! :blush:
Die Nachfahren des Seemanns dürfen angeblich bis heute die Palmwedel für den Palmsonntagsgottesdienst liefern.

Liebe Grüße
dentaria​


 
Der Bericht über den Dombau ist wieder sehr informtiv und lehrreich. Altbekanntes wird aufgefrischt, neue Details ergänzen das vorhandene Wissen.

Danke an Dentaria und Seneca
 
Ich schliesse mich Seneca`s Kommentar zu diesem Bericht an - er ist, durch das interessante Hintergrundwissen, richtig spannend zu lesen!
Und Seneca`s Ergänzung ist noch das i-Tüpfelchen auf dem schon reichen Sahnekuchen:thumbup::thumbup::thumbup:
 
Der Bericht über den Dombau ist wieder sehr informtiv und lehrreich. Altbekanntes wird aufgefrischt, neue Details ergänzen das vorhandene Wissen.

Danke an Dentaria und Seneca

Ich schliesse mich Seneca`s Kommentar zu diesem Bericht an - er ist, durch das interessante Hintergrundwissen, richtig spannend zu lesen!
Und Seneca`s Ergänzung ist noch das i-Tüpfelchen auf dem schon reichen Sahnekuchen:thumbup::thumbup::thumbup:


dem brauche ich nix mehr hinzuzufügen
:nod::nod::nod:
 
dentaria – Carissima!

Es ist eigentlich nicht meine Art, mich gleich zweimal zu ein- und demselben Thema zu äußern, und das in einem so kurzen zeitlichen Abstand. Aber diesmal scheint es mir doch wichtig zu sein, mich noch einmal zurückzumelden.
Du hast vollkommen recht: die Familie des Seemans, der mit geschultem Blick und geistesgegenwärtig die Gefahr erkannte, daß die durch Reibung überhitzten Halteseile kurz davor waren, Feuer zu fangen und damit zu zerreißen drohten, hat sich bis heute das Privileg bewahrt, am Palmsonntag die Zweige für die Peterskirche zu liefern. Es soll sich bei dem Seemann um einen gewissen Bresco gehandelt haben, der in San Remo zu Hause war.

Wer heute als eiliger Tourist im Schatten der steinernen Sonnennadel aus dem Land am Nil steht, hat kaum eine Ahnung davon, wie groß der technische Aufwand war, um den über 300 Tonnen schweren Koloß von seinem bisherigen Standort, der in der Antike den Mittelpunkt der Spina im Circus des Caligula bzw. des Nero markierte, zur Mitte des riesigen Ovals (Piazza obliqua) vor der Basilica di San Pietro zu transportieren. Initiiert hatte die technisch schwierige Aktion Papst Sixtus V, der es als Simulant geschafft hatte, zum Pontifex Maximus der römisch-katholischen Kirche aufzusteigen, und der nach seiner Wahl mit eiserner Hand regierte und eine Bautätigkeit entfaltete, wie sie Rom seit der Zeit der Cäsaren nicht mehr erlebt hatte (Acqua Felice / Via Sistina / Aufstellung der Obelisken vor S. M. Maggiore, vor dem Lateran und auf der Piazza del Popolo / die Sixt. Bibliothek / Fertigstellung der Kuppel von St. Peter usw.).
Michelangelo, der noch 30 Jahre zuvor als Bauleiter der neuen Peterskirche tätig war, hielt ein solches Unternehmen für nicht durchführbar. Aber der bauwütige und entscheidungsfreudige Peretti-Papst glaubte an den Erfolg des spektakulären Coups und vertraute der Ingenieurkunst des Domenico Fontana, der einen Architekturwettbewerb gewonnen und mit seiner kühnen Konstruktion für Aufsehen gesorgt hatte. Seine Apparatur bestand aus einem hoch aufgerichteten Ständerwerk aus Bohlen, Balken, Streben, Bolzen und Keilen und hatte von weitem betrachtet die Form eines langgestreckten Pyramidenstumpfes. Kernstück waren zwei gleich große Dreiecke, die in parallelem Abstand zueinander standen und einen so breiten Spalt bildeten, daß der steinerne Schaft genau dazwischen paßte. Um die Last des gewaltigen Monolithen aufzufangen, hatte man die Dreiecksflächen seitlich verstärkt durch eine Reihe von Streben von der Sohle bis zur Spitze, die – von vorne betrachtet – wiederum zwei, wenn auch kleinere Dreiecke ergaben. An zwei gegenüberliegenden Ecken führten Steighilfen - einer Leiter ähnlich - steil hinauf zu den äußeren, klotzig aussehenden Traversen in schwindelerregender Höhe, von denen aus die Kommandos erklangen, um den reibungslosen Ablauf der Maschinerie mit ihren Seilwinden, Flaschenzügen, Eisenspangen- und Klammern zu gewährleisten.
Wie das riesige, ineinander verkeilte Holzgerüst ausgesehen hat, verdeutlicht die Gravur von Alessandro Specchi: im Bild hat er den Augenblick festgehalten, wo der mit Binsenmatten 'gepolsterte' und bis auf die Spitze rundum eingeschalte Obelisk soweit geneigt ist, daß die Halte- und Spannseile sein gesamtes Gewicht auffangen müssen, um so dem jähen Absturz durch die Einwirkung der Schwerkraft entgegenzuwirken. Deutlich zu erkennen sind auf dem Boden mehrere stationäre Seilwinden (Göpel), deren Welle über vier lange Hebelarme von Pferden gedreht wird. Diese Arbeit verlangte ein Höchstmaß an Konzentration und Koordination und stellte eine Herausforderung dar sowohl für Menschen und Tiere als auch ans Material.


Am 30. April 1586 wurde der tonnenschwere Koloß aus Granit Stück für Stück, Zentimeter um Zentimeter herabgelassen. Sieben Tage dauerte die Prozedur. Damit war der erste Teil der Arbeit geschafft. Dann erfolgte der Abtransport des einstigen ägyptischen Siegesmals auf Rollen bzw. auf Walzen, und weil das Gelände abschüssig war, mußte eigens ein Damm angelegt werden. Der ganze ‚Umzug’ zog sich bis in den Juni hin, obwohl die Länge der Strecke geschätzt höchstens 300 – 400 m betrug.
Dann im September des gleichen Jahres – nachdem die Sommerhitze verklungen war – nahte die Stunde der Wahrheit, die Wiederaufrichtung der steinernen Ruhmesnadel. Sixtus selbst wollte Zeuge dieses Ereignisses sein, und er ließ es sich nicht nehmen, daraus ein ‚spectacolo’ ganz in seinem Sinne zu inszenieren: auf einer eigens errichteten Bühne, umgeben von den höchsten Vertretern der Kirche und des öffentlichen Lebens, wollte er das Geschehen aus nächster Nähe beobachten und erleben, wie sich die Trophäe des alten Ägyptens langsam erhob, um dann senkrecht ausgerichtet in der breit angelegten Ellipse des Petersplatzes ihre endgültige Position zu beziehen. Und bekrönt mit dem Kreuz wollte er der urbs (der Stadt Rom) und dem orbis terrae (dem Erdkreis) die Botschaft vermitteln, daß der Sieg des Christentums – die nie versiegende und alles vergebende Liebe Jesu Christi zu den Menschen und deren Befreiung zu Gott hin – die Welt für immer verändert habe. Wenn die Zeugenberichte stimmen, dann waren an diesem waghalsigen Unternehmen 800 Mann, 140 Pferde und 46 Maschinen beteiligt. Diesem Spektakel beizuwohnen war nicht nur das Vorrecht der obersten gesellschaftlichen Schicht, sondern auch das popolo romano war davon angezogen, das in großen Scharen herbeigeströmt kam. Auf der Baustelle mußte absolute Stille herrschen – wer sich nicht daran hielt, bezahlte seine Unvorsichtigkeit mit dem Leben. Nur die Befehle und Rufe Fontanas und seiner Leute waren erlaubt, ansonsten war die Luft erfüllt vom Stöhnen und Ächzen des Gebälks, vom Knarren der Winden, vom Schnauben der Pferde und vom angstmachenden Knatschen der gespannten Seile. Bis es eben zu jenem Zwischenfall kam, von dem anfangs die Rede war …

Am Abend des 10. Septembers 1586 erstrahlte der wieder aufgerichtete Obelisk zum ersten Mal auf der Piazza San Pietro im Gold der untergehenden Sonne. Sixtus und seine Zeit betrachteten dieses Werk als Triumph der Kirche über den religiösen Kult des alten Ägypten und der endgültigen Loslösung aus dem Schatten kaiserlicher Macht. Wie in der Antike üblich trägt auch der jetzige quaderförmige Sockel vier lange Inschriften. Eine davon (die zum Petersdom weist) lautet: CHRISTUS VINCIT – CHRISTUS REGNAT – CHRISTUS IMPERAT. CHRISTUS AB OMNI MALO PLEBEM SUAM DEFENDAT. (Christus ist Sieger, Christus ist König, Christus ist Herrscher der Welt. Christus schütze / bewahre sein Volk vor allem Bösen.) Diese drei berühmten Worte „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat“, die Sixtus V am Fuße des Obelisken einmeißeln ließ, haben Geschichte gemacht und sind 'veredelt' worden zu einer der erhabensten und ergreifendsten Hymnen in der Kirchenmusik, und beim feierlichen Klang von Orgel und Posaunen und begleitet von einem vielstimmigen Chor öffnen sich die Herzen der Gläubigen weit, und der Glanz des Ewigen rührt sie mit heiliger, geheimnisvoller Macht.
Aber es sind nicht nur diese Worte, die an den ‚Papa Sisto’ erinnern, sondern auch die Embleme aus seinem Wappen: auf dem Sims liegend und über die vier Ecken des Sockels verteilt erkennt man die Löwen mit weit aufgerissenem Maul und nach oben gesteckter Zunge, mit wachen Augen, die jeden Winkel des Petersplatzes zu erfassen suchen, mit dem Stern auf mähnenumwalltem Haupt und den Birnen (le pere=die Birnen; denn Peretti war der Geburtsname Sixtus' V) in ihren mächtigen Fängen.

Viel Spaß beim Lesen, beim Verarbeiten neu gewonnener Erkenntnisse, und wie immer verbleibe ich mit lieben Grüßen und der Hoffnung auf ein positives Echo

Seneca
 
Zuletzt bearbeitet:
Seneca, bei meinem nächsten Rombesuch werde ich mir diesen Ort ansehen - mit Deinen, lebendig geschriebenen, Ausführungen vor den Augen wird es ein ganz besonderes Erlebnis sein. Ohne solch Hintergrundwissen, wie von dentaria und Dir eingestellt, geht man ganz oft gleichgültig an "Schätzen" vorbei, die aber hoch interessant sind.
 
Lieber seneca,

nochmals ganz herzlichen Dank für Deine überragenden Beiträge! :thumbup: :thumbup: :thumbup:​

seneca schrieb:
auf dem Sims liegend und über die vier Ecken des Sockels verteilt erkennt man die Löwen mit weit aufgerissenem Maul und nach oben gesteckter Zunge, mit wachen Augen, die jeden Winkel des Petersplatzes zu erfassen suchen, mit dem Stern auf mähnenumwalltem Haupt

Dazu noch ein Foto und einige Bemerkungen:​


Die 4 Löwen aus dem Wappen von Sixtus V. haben noch eine Funktion.
Auf obigem Foto erkennt man gut den Spalt zwischen Sockel und Obelisk.
Dieser Leerraum wird durch 4 Aufleger - sogenannte Astragale - geschaffen. Der Name kommt von antiken Spielwürfel (Astragale) denen die Aufleger ähnlich sehen. Diese Aufleger haben eine Höhe von 26cm, eine Länge von 42cm, eine Breite von 21cm und ein Gewicht von 200 Kilo. Sie stammen noch von der antiken Aufstellung und werden heute von den Löwen verdeckt.​

Der Text auf der Ostseite könnte die Bedeutung der Löwen bestärken:
ECCE CRVX DOMINI/ FVGITE/ PARTES ADVERSAE/ VICIT LEO/ DE TRIBV JUDA
Siehe das Kreuz des Herren, fliehet ihr Feinde, es siegt der Löwe aus dem Stamm Juda.

Die Inschrift auf der Südseite, welche auf dem Foto erkenntlich ist bedeutet:
Sixtus V., Pontifex Maximus, ließ den Vatikanischen Obelisken, der den Göttern der Heiden in unfrommem Kult geweiht war, in mühevoller Arbeit zu den Schwellen der Apostel übertragen, im Jahr 1586, dem zweiten seines Pontifikats.
Bescheidenheit war keine Zierde der Päpste jener Zeit!

Auf der Nordseite nochmals eine Schrift über den Papst:
SIXTVS V PONT MAX/ CRVCIINVICTAE/ OBELISKVM VATIKANVM/ AB IMPVRASVPERSTITONE/ EXPIATVMIVSTIVS/ ET FELICIVS CONSECRAVIT/ ANNO MDLXXXVI PONT II
Sixtus V., Pontifex Maximus, weihte den vom unreinen Aberglauben entsühnten Obelisken gerechter und glücklicher dem unbesiegten Kreuz im Jahre 1586, dem zweiten seines Pontifikats.

Die ursprüngliche Kugel an der Spitze wurde bei der erneuten Aufstellung durch ein Kreuz ersetzt, in dem sich Splitter des von Helena gefundenen Kreuzes befinden. Unter dem Kreuz nochmals Symbole aus dem Wappen von Sixtus V. - Hügel und Stern.​

Liebe Casaromana, auch Dir herzlichen Dank für die lobenden Worte!​
 
Zuletzt bearbeitet:
Mille grazie, dentaria! Das Photo ist so klar und deutlich, daß man die Löwen in ihrer majestätischen Haltung gut erkennen kann. Auch die hinzugefügten Erläuterungen waren für mich sehr aufschlußreich. Daß der Obelisk (bei Fontana hieß er 'Julia' bzw. 'Guglia', was Sixtus V zum Anlaß nahm, dem ehemaligen Maurergesellen nach seiner Bravourleistung, die ihn über Nacht wie einen hell-leuchtenden Kometen hinaufkatapulierte in den Medienhimmel der damaligen Zeit, den Titel 'Cavaliere della guglia', also Ritter des Obelisken, zu verleihen) in der Antike auf vier Würfeln aus Bronze ruhte, und daß sie erst bei den Ausgrabungsarbeiten entdeckt wurden, war mir auch bekannt. Neu dagegen ist mir ihre Wiederverwendung, also ihre jetzige Lage zwischen dem wuchtigen Piedestal und dem kolossalen Monolithen. Das ist ein Grund mehr, mich einmal mit der Beschreibung Fontanas von der Versetzung des Obelisken zu beschäftigen (Della transportatione dell'obelisco Vaticano e delle fabriche di Sisto V).

Ganz liebe Grüße

Seneca
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber seneca,

ganz herzlichen Dank für den Hinweis auf den
seneca schrieb:
Cavaliere della guglia', also Ritter des Obelisken

Den Hinweis über die Aufleger habe ich - wie den Großteil der Informationen - aus diesem Buch:
http://www.roma-antiqua.de/forum/rom_26/die_obelisken_von_rom-17965/

seneca schrieb:
Das Photo ist so klar und deutlich, daß man die Löwen in ihrer majestätischen Haltung gut erkennen kann.

Das besondere an den Löwen ist noch, dass sich die Köpfe an den Ecken befinden, sich pro Kopf aber 2 Körper an den Seiten entlang anschließen. Das sieht man auf diesen Bildern besser:




Die Bronze-Girlanden über den Löwen wurden erst unter Innozenz XIII. hinzugefügt und sind daher mit dem Adler aus seinem Wappen geschmückt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bramante als Dombaumeister
Nach Nikolaus V. gingen die Umbaumaßnahmen zunächst nur schleppend voran.
Unter Paul II. Barbo (1464-1471) wurde lediglich der Nikolaus-Chor etwas erhöht.
Situs IV. della Rovere (1471-1484) ließ neben der berühmten Sixtinischen Kapelle auch noch eine Nebenkapelle des alten Petersdoms, die Sixtus-Kapelle erbauen, welche seine Grabkapelle für das wunderschöne Grabmal der Gebrüder Pollaiuolo werden sollte - heute in der Schatzkammer des Petersdoms.​

3=Sixtus-Kapelle
Auf der Südseite der Basilika waren so viele Kapellen angebaut, dass sie schon fast eine 5. Seitenkapelle bildeten.
Bild

Erst unter dem Neffen von Sixtus IV. - Julius II. - begann die starke Bautätigkeit.​

Melozzo da Forli: Sixtus IV. und Julius II.


Julius II. (1503-1513) plante bereits 2 Jahre nach seinem Amtsantritt sein eigenes Grabmal, welches kein Geringerer als Michelangelo erschaffen sollte.
Den Zeichnungen kann man entnehmen, wie das Grabmal hätte aussehen sollen:
Ein wuchtiges Monument mit einem Grundriss von 11x7m und 3 Etagen.
:arrow:Die unterste Stufe mit der diesseitigen Welt,
mit den Sklaven und den Gefangenen.
:arrow:Die mittlere mit dem Moses, dem hl. Paulus
und anderen Propheten.
:arrow:Die oberste mit dem Kenothap des Papstes.
Auf jeder Seite sollten Marmorstatuen stehen, insgesamt 40 Figuren.
Im Inneren des weißen Marmorblocks ein Hohlraum mit dem eigentlichen Sarg von Julius II.​

Für ein Grabmal dieser Dimension war aber kein Platz mehr in Alt-St.Peter.
Im Herbst 1505 fiel die Entscheidung für einen Neubau, in den der Nikolaus-Chor einbezogen werden sollte, als Standort für das Grabmal. Erster Baumeister - von zwölf - wurde Donato Bramante.
Es sollten 120 Jahre bis zur Weihe vergehen, in denen 18 Päpste regierten.​

Bramante hatte sich in Rom bereits einen Namen als Architekt des Tempietto gemacht, dem ersten reinen Gebäude der Hochrenaissance in Rom.​


Der erste Entwurf Bramantes sah eine Kirche in Süd-Nord-Richtung vor. Das hätte den Vorteil gehabt, dass der Obelisk in das Bauensemble eingebunden hätte werden können. Da dafür aber das Grabmal des Petrus hätte gedreht werden müssen, fiel dieser Plan bei Julius II. durch.
Nun kam es zur größten Niederlage im Leben Michelangelos: Da kein Geld für Neubau und Mausoleum vorhanden war, mußte Michelangelo seine Arbeit einstellen.​

NEUBAU
Am 18. April 1506 wurde der Grundstein an der Stelle des Veronika-Pfeilers gelegt.​


Kurz darauf war auch Baubeginn am Helena-Pfeiler.​


Mit diesen beiden Vierungspfeilern waren die Dimensionen der neuen Kirche festgelegt, auch die der Kuppel.
Bei diesen Größenverhältnissen paßte der neue Westchor zwar nicht mehr, wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes (Grabmal!) aber weitergebaut.
Auch die Lage von Andreas- und Longius-Pfeiler und die Verbindungsbögen wurden noch von Bramante festgelgt.​


Weder Julius II. (gest. 21. Februar 1513) noch Bramante (gest. 11.März 1514) sollte die Fertigstellung des Doms auch nur annähernd erleben.

Raffael: Bramante in der "Schule von Athen"
 
Zuletzt bearbeitet:
Dentaria, 'mon amour'!

Vielen Dank für Deinen Buch-Tipp! Da den Obelisken in Rom bei unserem Besuch meine besondere Aufmerksamkeit galt, wird dieser Sammelband von S. Montanari zur Pflichtlektüre werden. Meine bescheidenen Hieroglyphenkenntnisse reichen nur aus, die Königskartuschen und die Epitheta (also die immer wiederkehrenden Attribute) der Pharaonen zu entschlüsseln. Trotzdem wäre ich an den vollständigen Inschriften, mit denen die Obelisken überzogen sind, sehr interessiert - im Original wie in der Übersetzung. Könntest Du da weiterhelfen?

Das Fresko von der Gründung der Vatikanischen Bibliothek war übrigens das letzte Ausstellungsstück, was wir uns in den VM angeschaut haben. Es vereinigt in der Tat die beiden Protagonisten der Renaissance, die dem Rom der damaligen Zeit durch die Förderung von Kunst und Wissenschaft und die Wiederbelebung der Antike mit ihrem Ideal von ewiger Schönheit und Jugend einen unauslöschlichen Glanz verliehen haben, und durch deren Initiative die Sixtinische Kapelle zum berühmtesten Gebäude auf dem Vatikanischen Hügel wurde: Sixtus IV als der Auftraggeber und Julius II als der Entdecker des Malergenies Michelangelo.

Ciao, e alla prossima

Seneca
 
Es ist nicht ganz klar, ob Bramante nun einen Zentralbau oder einen Langbau plante, da nur der westliche Teil der Planung in Zeichnungen überliefert wurde.
Bramante wurde mit viel Schimpf - auch von Michelangelo - und Ironie überschüttet, weil er die Teile des alten Petersdoms rücksichtslos vernichtete.
Er erhielt den Beinamen "Ruinante" = Zerstörer
Es blieben nur wenige Überreste von Alt-St.Peter erhalten, die man am Ausgang der Grotten besichtigen kann:​






Der - schon von Bramante ungeliebte - Westchor wurde immerhin bis 1584 weitergebaut, um dann abgerißen und durch Michelangelos Lösung ersetzt zu werden.​

Dies ist das beste Beispiele des andauernden Auf- und Abbaus von Neu-St.Peter.​

Während der Umbaumaßnahmen waren - wegen des Abbaus des Daches - der Hochaltar, das Petrusgrab und der Papstthron zunächst ungeschützt der Witterung ausgesetzt, die Gottesdienste wurden in der Sixtus-Kapelle abgehalten.
Erst unter Papst Leo X. wurde ein Schutzhaus, ein Tegurium, erbaut.​

Petersdombau ab Raffael
Nach Bramantes Tod wurde sein Landsmann Raffael sein Nachfolger.
Zwar war er kein Architekt, aber seine Kreativität und sein Orginisationstalent wurden gerühmt.
Der Bau schritt unter seiner Leitung kaum zwar fort ( Fundamentverstärkung, Weiterbau der Durchgänge, Außengliederung des südlichen Querarms), aber er plante und zeichnete ohne Ende!
Seine Grundidee waren eine große zentrale Kuppel und vier kleine umgebende Kuppeln.
Es entstand die Planung für den Langbau mit 3 Schiffen und 5 Jochen.​

Unter Paul III. sollte der neue Dom als Zentralbau fertiggestellt werden, da nur so ein Ende der Bauarbeiten absehbar war.​

Antonio da Sangallo d.J. schließlich plante ein Zwischending aus Zentral- und Langbau:
Bild
 
Zuletzt bearbeitet:
Michelangelo als Dombaumeister
Unmittelbar nach dem Tod Sangallos Ende 1546 wurde der überragende Künstler seiner Zeit, Michelangelo, mit diesem Amt betraut.
Er hatte keinen leichten Start in die neue Aufgabe, da bei den beschäftigten Handwerkern Korruption und Handel mit minderwertigen Werkstoffen die Regel waren. Diese lukrativen Nebeneinkünfte wollten sie sich natürlich nicht streitig machen lassen!
Da der Bau des Petersdoms - über die Ablaßregelung - der eigentliche Grund für Reformation und Kirchenspaltung war, sollte er aus politischen Gründen möglichst rasch beendet werden. Auch daher war der Zentralbau die einzige, bald zu realisierende, Lösung.
Wie auch seine Vorgänger, begann Michjelangelo mit dem Abriß bereits vorhandener Bauteile, den Chorumgängen der Querarme. In der Planung fiel Sangallos Vorhalle, dafür sollte die Kuppel deutlich mehr Fenster bekommen und die Kirche dadurch viel heller werden.
Sowohl Paul III. als auch sein Nachfolger Julius III. waren Michelangelo gut gesonnen.
Offiziell behauptete der Baumeister, er würde ohne Gehalt arbeiten, obwohl er tatsächlich das doppelte von Sangallos Entgeld bekam!
Erst unter Paul IV. Carafa wurde ihm wirklich das gesamte Gehalt gestrichen, was dem Zahlungsregister des Papstes zu entnehmen ist.
Der Petersdom war das letzte spirituelle und künstlerische Ziel des Künstlers. Daher verließ er - trotz der Bitten aus Florenz - Rom nicht mehr. Leider kamen die Arbeiten unter seinem Gegner Paul IV. zum Stillstand. Erst unter dem Nachfolger Pius IV. konnte der Bau an der Kuppel weitergeführt werden.​


Michelangelo kam beim Kuppelbau - trotz aller Animositäten - auf die Pläne Bramantes zurück.
Seine Neuerungen waren die paarweise Anordnungen der Tambour-Säulen mit den dazwischen liegenden, giebelgekrönten Fenster, die längsrechteckigen, girlandengeschückten Felder der Attika und die Rippenkuppel (Florenz!) mit der säulengerahmten Laterne.
Bereits Paul III. ließ eine Neuerung für die Bautätigkeit an Sankt Peter verlauten:
All dieses und sowohl das Modell als auch die Gestalt, welche der besagte Michelangelo in besagter Baustelle und deren Umgebung geschaffen und gegeben hat, darf in keiner Weise verändert, neu konzipiert oder abgewandelt werden
Rückblickend hat Michelangelo nichts fertiggestellt, aber viel begonnen. Dies war natürlich sinnvoll unter der Vorgabe des Papstes, da er so den größten Einfluß auf die entgültige Gestalt der Kirche ausüben konnte, mit der Sicherheit, dass nichts geändert werden würde. Auch war Michelangelo angesichts seines hohen Alters natürlich bewußt, dass er die Fertigstellung nicht erleben werde.
Nach seinem Tod am 18. Februar 1564 ließen zunächst auch Pius IV. und Pius V. nach seinen Plänen weiterbauen.
Unter dem Nachfolger Vignola wurde allerdings Michelangelos Attika über dem südlichen Querarm abgerissen und in veränderter Form wieder neu erbaut. Auch blieben von den 4 Nebenkuppeln nur die beiden östlichen übrig.
Giacomo della Porta schließlich änderte die Wölbung der Kuppel, deren Schlußstein 1590 gesetzt wurde.
Ab 1606 wurde das Langhaus von Alt-St.Peter abgerissen und das neue Langhaus von Maderno bis 1614 errichtet. Von ihm stammt auch die barocke Fassade.
Geweiht wurde der neue Petersdom 1626 von Papst Urban VIII.

 
Zuletzt bearbeitet:
Vor dem Betreten des Petersdoms beschäftige ich mich - gemäß meines Renaissance-Mottos - nur mit dem Hauptportal aus Alt-St.Peter. Es wurde von Papst Eugen IV. in Auftrag gegeben und von Antonio Filarete 1455 feriggestellt. Lediglich in der Größe mußte es angepasst werden.​


Die Themen links sind:
Jesus Christus​

Kaiser Palaiologos fährt nach Rom

Apostel Paulus in Rom​

Ehrenritt des von Eugen IV. gekrönten Kaiser Sigismund (1433)

Enthauptung des Paulus​

Auf der rechten Seite:
Maria​

Kaiser Palaiologus beim Konzil von Trient und der Rückkehr nach Konstantinopel

Apostel Petrus und Eugen IV.​

Gesandtschaft aus Abessinien bei Eugen IV.

Kreuzigung von Petrus​



Sigismund (HRR)
Der in Franken Geborene! :D
 
Zuletzt bearbeitet:
In der ersten Seitenkapelle rechts wartet gleich das - in meinen Augen - Highlight des Doms:​

Michelangelos Pieta


Es ist das erste Hauptwerk von Michelangelo, entstanden zwischen 1498 und 1499,
als er erst war 24 Jahre alt war.
Das Kunstwerk ist 1,74 hoch und 1,74 breit.
Michelangelo schuf es aus einem Block carraresischen Marmors, den er in Carrara selbst ausgesucht hatte, da er vorher schlechte Erfahrungen mit minderwertigem Marmor machen mußte. Der Vertrag mit dem Auftraggeber, dem französischem Kardinal Jean de Bilhères-Lagraulas stammt vom 27. August 1498.
Michelangelo nahm ein Zehntel der Vorauszahlung, kaufte sich ein Pferd und ritt nach Carrara, wo er während des extem kalten Winters 2 Monate festsaß. Aber es war ihm wichtig, den Stein selbst auszuwählen. Die Bezahlung sollten 450 Golddukaten sein.
Jacopo Galli bürgte dafür, dass es die schönste Skulptur Roms werden würde.
Die Skulptur wurde zunächst im August 1499 in S. Petronilla (1) aufgestellt, einer der Rotunden von Alt-St.Peter und dort von oben wunderbar beleuchtet.

Sie sollte das Grab des Kardinals, der am 6. August 1499 verstorben ist, schmücken.
Nach dem Abriß der Kapelle war die Skulptur an mehreren Standorten, bevor sie 1749 an heutigem Standort
aufgestellt wurde. Maria präsentiert den Leichnam ihres Sohnes, wendet sich aber nur dem verstorbenen Sohn zu. Das geneigte Haupt und das jugendliche Gesicht der Madonna bestimmen die Gruppe. Um dies mehr zum Ausdruck zu bekommen, sieht man das Gesicht des Sohnes kaum. Michelangelo sagte zu dem jugendlichen Aussehen der Maria, dass nur so ihre Jungfräulichkeit zum Ausdruck komme.
Er signierte das diagonale Band über der Brust Marias: "MICHAEL. ANGELUS. BONAROTUS. FLORET. FACIABA(T)".
Es ist das einzige signierte Werk von Michelangelo. Der Körper des toten Sohnes ist trotz der erlittenen Qualen noch immer schön. Bei der Kopie von Lorenzetto in Santa Maria dell`Anima wurde das Gesicht des Jusus nach vorne geneigt und ist daher besser sichtbar.​


Das Vorbild waren die meist kleinformatigen Vesperbilder aus dem Norden Europas, sogenannt, weil sie besonders gut zu der melancholischen Stimmung der Abendandacht passten, bei der sich vor allem die Nonnen gerne der Schmerzensmutter zuwandten.
Die Schönheit der Maria sollte ihr Leid betonen.
Die Hauptrolle dieser Skulptur spielt aber der übereiche Faltenwurf des Gewandes der Maria
Bisher war es keinem Künstler der Zeit gelungen, einen solch bewegten Faltenwurf darzustellen und auch Michelangelo sollte ihn nicht wiederholen
.​
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben