Römisches Kaleidoskop

Tre a Roma

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Stammrömer
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Römisches Kaleidoskop
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Wörtlich: „schöne Formen sehen“ ... in farbig-flirrend-flottem Bilderwechsel ... ein schönes Spielzeug mit bunten Glassteinen darin. Unentwegt erzeugen Bewegung, Drehung, Perspektive, Spiegelung immer neue Muster, Eindrücke, Überraschungen, Glücksgefühle: Das ist ein Kaleidoskop - und ebenso ist auch Rom. 8)




Für abwechslungs- und facettenreiche Vielfalt bürgte diesmal neben der Urbs auch unsere ziemlich einmalig bunt zusammengewürfelte Truppe: Pasquetta (sie wird auch diesen Bericht bereichern :thumbup:) nebst BEVA; die Tre a Roma; unsere Freundin M. aus dem römischen Glückskleeblatt - und non da ultima die Chefin der spelunca hippopotamorum amphibiorum in Brühl. 8) Geradezu ein Prisma von Romreisegefährten, mit Lichtbrechung in allen Spektralfarben ... hauptsächlich jedoch in dieser Farbe, die ganze Woche hindurch:


tiefstes römisches Himmels-Blau!










Wobei für die "Licht-Brechung" 8) in diesen drei Photocollagen ein besonders herzliches Dankeschön an Ludovico geht. :thumbup: Ihr könnt ja später mal schauen, wann und wo sich die einzelnen Elemente wiederfinden werden in unserem Bericht. Vor allem aber möge dieser ein möglichst getreues Abbild bieten unserer farbig-flirrenden Sommersonnentage während jener Herbstwoche in Rom.



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Inhaltsverzeichnis:

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Ostia antica


Ostia antica




Ewigen Ruhm erwarb sich Papst Julius II mit der Grundsteinlegung für den neuen Petersdom am 18. April 1506. Ähnlich bekannt sind weitere römische Blüten seiner Bauwut, darunter Bramantes Kreuzgang an S. Maria della Pace; sein Tempietto am Gianicolo ... bis hin zu Michelangelos bzw. Julius' Torso gebliebenem Grabmal in S. Pietro in Vincoli. Wohl verborgen jedoch bleibt den allermeisten der Abermillionen Romtouristen das Castello Giulio II. Wir hingegen haben seine Burg immerhin staunend umrundet - wenn schon unser Ostia-Besuch nicht auf einen der beiden wöchentlichen Besichtigungs-Tage (Sonntag und Donnerstag) fiel.
















Nun aber flugs auf zum posthumen Rendezvous 8) mit Marie Luise Kaschnitz!



M. L. Kaschnitz schrieb:
Durch die Tore: niemand.





M. L. Kaschnitz schrieb:
Treppen: fort in's Blau.



Ja, der geneigte Leser möge uns verzeihen: Weit mehr "atmosphärisch" geprägt als wissenschaftlich waren unsere Wünsche und Erwartungen an Ostia antica. 8)

Trotzdem hatten wir brav einen Plan mitgenommen: Selbstverständlich tat er uns gute Dienste. :thumbup:





Dennoch: Von vornherein waren wir frei, völlig frei, von jeglichem Wahn, vollständig erfassen zu wollen. Und erst recht nicht war unsere Illusion: vollständig zu verstehen. Sondern weitaus überwiegend führten uns durch die antike Hafenstadt Träume und Assoziationen. Zwar blieben wir dabei gänzlich ohne Wahrnehmung von Thymian, Tischen, Tau und Tod aus Käferzug ... hingegen wirklich allgegenwärtig war dies:
M. L. Kaschnitz schrieb:
Zwiegespräch aus Stille

Mögt ihr uns folgen, während wir uns erneut verlieren darin - bzw. an die so ganz besondere Atmosphäre dieses Ortes?

















Beschauliches Verweilen am Theater aus dem 2. Jh. rundet unseren Besuch ab.​




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Unterwegs im Viertel Giacomo della Portas


Während G. und M. die Fosse Ardeatine besuchten, C. im Flieger sass und P. mit Beva ihrem Abflug nach Rom entgegenfieberten, genoss ich an der Piazza Campitelli auf der Terrasse des feinen Ristorante Vecchia Roma in ruhiger Atmosphäre ein erstes römisches Mahl.


So sehr ich mich auf das Treffen mit allen Reisegefährten später am Tag freute, so sehr waren meine Gedanken doch hier in besonderem Masse bei dem von mir so geschätzten Giacomo della Porta (1532 bis 1602). Die Art und Weise, wie er ab 1559 im Zeitraum von 30 Jahren das Stadtbild Roms mit seinen Brunnen, Kirchen, Palazzi … verändert hat und es bis heute prägt, gefällt mir sehr.

Zwischen Piazza Campitelli mit drei von ihm errichteten Palazzi, Palazzo Capizzuchi (1580), Palazzo Albertoni Spinola (1600) und Palazzo Serlupi (heute Caetani Lovatelli), einem seiner Brunnen, der Cordonata, dem Kapitol auf dem er lange wirkte, der Piazza dell'Ara Coeli mit dem von ihm erneuerten Palazzo Fani (heute Pecci-Blunt) und einem weiteren seiner Brunnen, muss sein Lebensmittelpunkt gewesen sein.







Cordonata - von Giacomo della Porta 1577-81 nach Michelangelos Plänen ausgeführt​

Della Porta war zweimal verheiratet und hatte fünf Söhne. In der Nähe des Palazzo Fani besaß er mehrere Häuser, in denen er mit seiner Familie lebte und sicher auch arbeitete. Es handelte sich um die Vorgängerbauten des Palazzo Massimo di Rignano an der Piazza dell'Aracoeli.


Links: Palazzo Massimo di Rignano, rechts daneben: Palazzo Fani




Santa Maria in Aracoeli




In dieser Kirche fand Giacomo della Porta (wie viele weitere Familienmitglieder) nach seinem Tod am 3.9.1602 seine letzte Ruhe. Ich habe alles zu diesem Thema gelesen, was ich nur auftreiben konnte, aber das Grab scheint es nicht mehr zu geben.​

Hingegen trifft man hier auf eine Statue von Papst Gregor XIII., einem der Päpste, für die della Porta wirkte. Sie ist ein Werk des Bildhauers Pietro Paolo Olivieri (1551 bis 1599), eines jüngeren Zeitgenossen della Portas.



Ein Werk della Portas in dieser Kirche ist der für das alte Marienbildnis geschaffene Hauptaltar:


Dazu, wie zu anderen Altären römischer Kirchen, habe ich mit grossem Interesse folgende Arbeit gelesen: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/7623/2/Dissertation.pdf (Seite 118 bis 137)

Bei Santa Maria in Aracoeli denkt man vielleicht zuerst an die berühmte Legende von Kaiser Augustus und dem Himmelsaltar. Siehe: Santa Maria in Aracoeli
Unter der Kapelle der Heiligen Helena kann man einen alten Altarstein aus dem 13. Jahrhundert sehen der an die Legende erinnert:



Links mit der Krone: Kaiser Augustus
Rechts: Maria mit dem Jesuskind
Siehe auch hier

Einer der Gründe, weshalb ich Santa Maria in Aracoeli unbedingt wiedersehen wollte, waren die erst 2000 entdeckten und Pietro Cavallini zugeschriebenen Fresken, von deren Existenz ich noch nichts wusste, als ich im Dezember 2009 zum ersten Mal dieser Kirche einen Besuch abgestattet hatte.
Sie befinden sich in der San-Pasquale-Baylon-Kapelle (der letzten im rechten Seitenschiff) und sind nur durch ein Gitter zu bewundern.​


Maria mit dem Jesuskind umgeben von Johannes dem Täufer (links) und Johannes dem Evangelisten (rechts)​




Wer mehr über sie lesen möchte, ist mit folgendem Aufsatz von 2005 aus der Zeitschrift 30 giorni gut bedient: 30Giorni | Der mit Wonne gepflasterte Weg nach Assisi (von Giuseppe Frangi)
Ein weiteres Werk Cavallinis in Santa Maria in Aracoeli sind die Fresken der Tomba Acquasparta.


Madonna mit Kind zwischen den Heiligen Matthäus und Franziskus​










Schließlich wurde es Zeit den Weg zum mit den Reisegefährtinnen ausgemachten Treffpunkt anzutreten.​


Nein, das ist er nicht! ;)

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Besuch bei zwei Königinnen ohne Krone

Kurz nach 16 Uhr waren die Tre a Roma und M. in Trastevere zur Besichtigung der Galleria Corsini verabredet. Im piano nobile des Palazzo Corsini trafen wir zunächst

Kleopatra



G. und ich haben sie erstmals im Februar gesehen und ich war froh, sie an gewohnter Stelle wiederzusehen, denn ich hatte mich gefragt, ob sie wohl Teil der gerade stattfindenden Kleopatra-Ausstellung im Chiostro del Bramante sein würde.

Die Königin ist im Moment des Schlangenbisses (in der Antike vorherrschende Version zu ihrer Todesursache) abgebildet.

In ihrer linken, teilweise beschädigten Hand erkennt man die nicht vollständig erhaltene Schlange.


In der Rechten hält Kleopatra eine Krone.


Zu ihren Füssen ein kleines Krokodil und ein trauriger Putto (der den Verlust eines Beinchens zu beklagen hat). Er sitzt auf einem Globus und hält eine gesenkte Fackel als Symbol des Todes.


Besonders fein gearbeitet ist die komplexe Frisur der Königin, deren Haare im Nacken in einer Art chignon zusammengefasst sind.


Die spätmanieristische, 2 Meter grosse Skulptur stammt aus dem Jahr 1574 und ist das Werk des zu diesem Zeitpunkt 23jährigen Pietro Paolo Olivieri (1551 bis 1599), dessen Statue Gregors XIII. ich kurz zuvor in S. Maria in Aracoeli gesehen hatte.

Der Bildhauer hat die Statue wahrscheinlich aus einem Teil einer antiken Säule aus griechischem Marmor geschaffen. Gut zu erkennen ist eine graue Ader, die den Stein schräg durchzieht.
Kurze Zeit später, nach dem Betreten des Museums trafen wir

Christina von Schweden

Es ist den Tre a Roma gelungen an einer Führung duch die Königin höchstpersönlich ;) :D :twisted: :~ teilzunehmen. Dabei zeigte sie uns auch ihr früheres appartamento.

Nach ihrer Abdankung und Bekehrung zum Katholizismus kam die ehemalige schwedische Königin 1655 nach Rom. 1659 vermietete die Familie Riario Christina den Palazzo Riario in Trastevere. Hier lebte sie mit Unterbrechungen 30 Jahre lang, bis zu ihrem Tod 1689.

Christina hat die Statue wahrscheinlich von den Riario übernommen. Aufgestellt war sie damals mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Parkanlagen des Palazzo. Mir drängte sich die Frage auf, ob Christina, die Königin ohne Land und ohne Krone, wohl bei der Betrachtung der Skulptur an Parallelen zwischen sich und Kleopatra gedacht hat.
Zur späteren Geschichte der Skulptur und ihrer Wiederentdeckung:

A XVI century marble statue representing a nude Cleopatra was hidden and forgotten for more than a century in the attic of Corsini Palace in Rome, formerly the Riario Palace. There, between 1659 and 1689, Christina of Sweden spent the end of her life, having famously decided to renounce her thrown to become Catholic and live in the city of Popes. During this time, she created a spectacular and important collection of ancient and modern art, unfortunately now dispersed worldwide. The piece in question is signed and dated 1574, a fact previously overlooked by everyone. Professor Borsellino will clarify the provenance of the statue and explain why it (fortunately) remained in the Riario-Corsini Palace until now. Long investigation has resulted in both the identification of the statue as a sculpture cited in two inventories of Christina’s art collection, where the figure was named for no reason “Venus” or “Nude woman”, and a careful reconstruction of the story of this marvelous and intriguing piece of art.
Quelle

Von 1736 bis 1883 gehörte der alte Palazzo Riario den Corsini und wurde für diese Adelsfamilie erweitert.

Die Familie Corsini, aus der Papst Klemenz XII. stammt, war eine der reichsten und kunstsinnigsten der Tiberstadt. Ihre Gemäldesammlung war schon zu Goethes Zeiten legendär. Eine Perle besitzt der italienische Staat in der Galleria Corsini, die im barocken Palazzo Corsini im Stadtteil Trastevere untergebracht ist. Darüber hinaus ist die Sammlung die einzige bis heute erhaltene einer römischen Fürstenfamilie.
Quelle: Zerschlagung um des Staates willen

Zu der 2010 drohenden Zerschlagung der Sammlung scheint es nicht gekommen zu sein und so konnten wir alle im verlinkten Artikel beschriebenen Gemälde und weitere Werke (z.B. den etruskischen Trono Corsini im Kaminzimmer) betrachten. Eine Auswahl gibt es hier: Capolavori - Galleria Nazionale d'Arte Antica in Palazzo Corsini - Sito Ufficiale

Mindestens ebenso interessant, wie die Werke an sich, ist die Art der Aufhängung in den einzelnen Räumen.

Paola Mangia hat (…) in den letzten zwei Jahren die Sammlung rekonstruiert. In Zusammenarbeit mit Restauratoren, mit Stoffexperten, die die kostbaren Wandbespannungen rekonstruierten, hat sie die Räumlichkeiten der Galleria, die Korridore und Säle, originalgetreu wiederhergestellt. Wie zu den Zeiten der Corsini-Fürsten. Und: Sie hat anhand wiedergefundener Dokumente aus dem 18. Jahrhundert die über 606 Gemälde wieder genauso an die Wände gehängt, wie sie damals hingen - als die Corsini Kunst sammelten und ihre Kollektion prominenten Italiensreisenden während der Grand Tour präsentierten. Die Rekonstruktion der Aufhängung hat in Italien für großes Aufsehen gesorgt und viel Zustimmung geerntet.
Quelle: Zerschlagung um des Staates willen


Auch diesen Herrn trafen wir im Palazzo Corsini:


Es handelt sich um eine antike römische Darstellung des Herakles.

Gemütlich bummelten wir nun durch die Gassen von Trastevere und kamen entlang der Via della Scala zur Piazza Santa Maria della Scala.


In diesem Moment erinnerte ich mich an einen der Stolpersteine im ehemaligen jüdischen Ghetto, den ich während des Mai-Wochenendes in Rom täglich gesehen hatte:


Die Geschichte von Leone Pavoncello und seiner Tochter Letizia kam mir wieder in den Sinn: Via della Reginella, 19

(...) andammo a cercare ospitalità da amici non ebrei: dapprima nel negozio della signora Lilli, poi in campagna da Esterina per un breve periodo, e poi in un vecchio magazzino in Via della Scala, a Trastevere.
Ricordo che una mattina papà uscì per prendere un po’ di sole sulla piazzetta, e mi chiese di seguirlo: camminavo a una certa distanza da lui, ma potei scorgere benissimo le due figure che lo fermarono e lo portarono via. Probabilmente, abbiamo saputo dopo molti anni, si trattò di una spiata.
Hier also war es gewesen, dass das Mädchen aus der Via della Reginella machtlos der Verhaftung ihres Vaters hatte zusehen müssen. :(

Wie glücklich konnte ich mich schätzen, mich an einem warmen Herbstabend hier von Claude auf ein erstes römisches Eis einladen zu lassen. :thumbup: :thumbup:



Dann aber schnell hinauf auf den Gianicolo, wo inzwischen auch Pasquetta und ihr BEVA eingetroffen waren. Wir beschlossen den Tag bei angeregtem Gespräch im Focolare.

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S. Passera


K
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der Vorstadt:

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Santa Passera






Weit draußen an der Via Magliana, zwischen dieser und dem rechten Tiberufer, auf gleicher Höhe mit S. Paolo fuori le mura auf der anderen Seite des Flusses, erhebt sich das von außen gesehen eher schlichte Kirchlein über einer Grabstätte des 8. Jahrhunderts (vgl. Chiesa di S. Passera). Zugeschrieben wird sie den koptischen Heiligen Cyrus und Johannes - wobei diese Quelle die Übertragung ihrer Reliquien aus Alexandria (und ergo die Entstehungszeit des Grabes) bereits für das 7. Jh. oder sogar eine noch frühere Zeit annimmt. Dieses Hypogäum bildet das zweite Untergeschoss der Kirche. Auf das 11. Jh. datiert die erstgenannte Quelle eine Inschrift in der darüber liegenden Krypta, derzufolge Cyrus und Johannes aus Alexandria hier beigesetzt seien. Ihre Reliquien fand im Jahre 412 Kyrill von Alexandria auf. Das darauffolgende 6. Jh. verzeichnete eine weite Verbreitung des Kultes dieser beiden Märtyrer. Aus dem Namen “Abbas Cyrus” entwickelte sich im Laufe der Zeit durch Verschleifung für sämtliche diesem Heiligen geweihte Kirchen das Patrozinium S. Passera.



Hier nun ließ unser römisches Kaleidoskop ganz besonders überraschende Glassteinchen auffunkeln!
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Das erste davon: Vollkommen abweichend vom extrem restriktiven calendario visite 2013 öffnete der Küster an diesem schönen Sonntagmorgen den Untergeschoss-Zugang an der Südseite der Kirche ...



... für alle interessierten Besucher, die sich frühzeitig vor Beginn der Sonntagsmesse eingefunden hatten; und so also auch für uns. 8)









Von schrittweiser Erweiterung und Verschönerung der Kirche legen
Architektur und insbesondere mittelalterliche Fresken aus dem 13. bis 14. Jh. Zeugnis ab - ein kaleidoskopisches Farben-Feuerwerk!

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Exkurs zu den Fresken:


 
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Herbstimpressionen im Rosengarten


Nachdem wir hier im Forum von der Herbstöffnung des Roseto comunale erfahren hatten, bestand kein Zweifel daran, dass wir diese Gelegenheit nutzen wollten.​

Es erwartete uns ein wahres Kaleidoskop schöner Formen und Farben. Die strahlende Herbstsonne brachte die Rosen wundervoll zum Leuchten. Obwohl viele Rosensorten bereits verblüht waren, gab es noch eine Vielfalt herrlicher Blüten zu bewundern. Auch im Welken begriffene Rosen strahlten große Schönheit aus.​

















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San Giovanni in Laterano


Ein Steinchen im neuen Kaleidoskop-Bild ist ein sehr grosses und spitzes ;): der Obelisk vor dem Seiteneingang von S. Giovanni in Laterano.


Er steht hier seit 1588 und ist von allen antiken Obelisken in Rom mit seinen etwas über 32 Metern der höchste (7 Meter höher als der zweithöchste: auf dem Petersplatz).

Wenige Tage vor der Rom-Reise hatte ich folgenden, wie ich finde sehr interessanten Artikel Roms sprechende Steine: Jubelchor der Obelisken - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
über die römischen Obelisken gelesen und auch hier im Forum verlinkt.

Die Inschriften an seiner Basis erzählen in Kürze die Geschichte des Monuments.


Im Jahrestakt hat Sixtus V. in seinem kurzen Pontifikat 1585 bis 1590 seinen Architekten Domenico Fontana noch drei weitere, umgestürzt und gebrochen daliegende Obelisken restaurieren und wieder aufrichten lassen, und die Inschriften auf ihren Basen berichten aus erster Hand von ihrer Entsühnung und Neuweihung, einem wahrhaften Recycling dieser steinernen Riesen unter christlichem Zeichen

(…) Drei Seiten der Basis erzählen seine spektakuläre Geschichte: wie Konstantin der Grosse den «mit unreinem Gelübde – impuro voto – dem Sonnengott geweihten» Obelisken auf dem Nil zunächst nach Alexandria brachte und für sein «neues Rom» Konstantinopel vorsah; wie darauf Constantius II. ihn «auf einem Schiff mit dreihundert Ruderern, von staunenswerter Riesengrösse», nach Rom überführte und im Circus Maximus aufrichtete; wie schliesslich Sixtus V. den «geborstenen und tief in Schutt und Schlamm versunkenen» Obelisken herauszog und den «sorgsamst zu seiner früheren Gestalt wiederhergestellten» Riesen dem «unbesiegtesten Kreuz» weihte. Die vierte Seite rühmt nochmals Konstantin, den «Sieger durch das Kreuz» und Stifter der Lateranbasilika (…)

Darstellung in der Silvesterkapelle von Santi Quattro Coronati​

Dass Konstantin der Grosse hier durch Papst Silvester getauft worden sein soll, gehört in den Bereich der mittelalterlichen Legenden. (Vergleiche: Bündisch-katholische Rom-Fahrt - Seite 9 .)​




Die Bronzetür aus der Kurie auf dem Forum​

Wir betraten S. Giovanni durch den Haupteingang und bewunderten zunächst den schönen Cosmaten-Fußboden.​


Claude berichtete, dass hier nicht nur schöne Muster geschaffen wurden, sondern dass Farben und Formen auch sozusagen Regieanweisungen für die Geistlichen enthielten. :eek:


Borromini-Engel​


Apostel​


Ziborium über dem Papstaltar​


Mich interessierte heute am Innenraum von San Giovanni besonders die Sakramentskapelle, da ich gelesen hatte, dass sie ein weiteres Werk von Pietro Paolo Olivieri ist, dessen Skulpturen von Kleopatra und Gregor XIII. ich nun bereits kannte.​



Eine der Geschichten über die Herkunft der Bronze für die vier vergoldeten korinthischen Säulen berichtet, dass es sich um die unter Augustus eingeschmolzenen Schiffsschnäbel der bei Actium besiegten Flotte Kleopatras handelt. Siehe: Basilica Papale - SAN GIOVANNI IN LATERANO


Nachdem ich hier ein Weilchen geblieben war, fand ich die Reisegefährtinnen Claude, Gaukler und M. vor dem Chorbereich mit der päpstlichen Kathedra und den Apsis-Mosaiken wieder.




Anschliessend besuchten wir den wunderbaren

Kreuzgang von San Giovanni







Für mich war dies ein besonders schöner Moment, denn ich kannte ihn noch nicht. Er wurde zwischen etwa 1220 und 1232 unter Papst Honorius III. von Pietro Vassalletto senior und dessen Sohn Pietro Vassalletto junior errichtet.​

Enttäuschend für die, die den Kreuzgang bereits gut kannten, war, dass man den Hof mit dem Brunnen aus dem 9. Jh. in der Mitte nicht betreten durfte. Die von Löwen und Sphinxen bewachten ;) Eingänge waren versperrt.​




Dennoch hielt das römische Kaleidoskop hier wunderschöne Muster für uns bereit. Die Arbeiten der Cosmaten und in den 36 Meter langen Arkadengängen ausgestellte Reste aus römischer Zeit sowie aus der alten Basilika verfehlten ihre Faszination auf uns nicht.​





Viele Stücke stammen, wie gesagt, aus der Zeit vor der Renovierung von San Giovanni in Laterano durch Francesco Borromini. Darunter befinden sich Teile eines unter Borromini entfernten Magdalenen-Ziboriums, welche heute einen alten Papstthron umgeben, der früher im Chor stand.​



Eine tolle Überraschung, ganz speziell für mich, gab es hier in Gestalt dieses Architekturelements, das sogar zur Vignette unseres römischen Kaleidoskops geworden ist 8) :thumbup::​


Es handelt sich dabei um einen Überrest des alten Magdalenenaltars. Dass er noch existiert und welche Rolle er für Borromini gespielt hat, wusste ich, aber hier hatte ich ihn nicht vermutet.​


Diese Bekrönung des alten Altars war für Borromini, der ihn abzubauen hatte, die Inspirationsquelle für die Bekrönung, die er für San Giovanni in Oleo schuf!​


San Giovanni in Oleo mit Kopie der Bekrönung​


Rechts das Original unter der Portikus von San Giovanni a Porta Latina​


Meinen Informationen zufolge sollte sich die Kugel im Lateran-Museum befinden. Umso erfreuter war ich, sie hier anzutreffen.​

Zum Abschied noch ein paar Rosen aus dem Kreuzgang:​


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Laßt uns das Kaleidoskop wieder eine Runde weiterdrehen und folgt mir nach

Santo Stefano Rotondo al Monte Celio



Schon oft wollte ich dieses Kleinod der Kirchenarchitektur erkunden, doch stets blieben mir die Türen verschlossen. Diesmal jedoch sollte es mir vergönnt sein, ein ungewöhnliches Bauwerk zu entdecken, das der letzte Großbau der (Spät-)Antike war.


Also betreten wir gemeinsam die Kirche und entdecken ihre Gestalt und Geschichte:


Das Patrozinium ist der raschen Verbreitung des Stephanus-Kults nach Auffindung der Reliquien des Protomartyrers 415 zu verdanken. Nur wenige Jahre vor dem Kirchenbau auf dem Caelius wurde S. Stefano in via Latina gestiftet.

Die nur etwa 700 m vom Lateran entfernt an der damaligen zum Palatin führenden Via Caelimontana liegende Kirche muss im Zusammenhang eines durch die Päpste vorangetriebenen urbanistischen Programms gesehen werden. Durch die Schaffung eines Lateran-„Borgo“ sollte dieser näher an die zurückweichende Stadt Rom angebunden werden. Der Liber Pontificalis überliefert die Weihe von Santo Stefano durch den Papst Simplicius (468-483), ohne aber den Bauherrn zu nennen. Die Pläne reichen wahrscheinlich in die 50er Jahre zurück, also in die Zeit kurz nach dem Abzug der Vandalen Geiserichs, und gehen damit auf Leo I. zurück. Die Kirche wurde über der Kaserne der peregrini errichtet, die noch während des 4. Jahrhunderts genutzt worden sein muss, denn dort war der alemannische König Knodomar inhaftiert, und in dieser Zeit erhielt auch das unter der Kaserne gelegene Mithräum noch eine neue Ausmalung. Sollte man in dem heute auf dem Caelius befindlichen Militärkrankenhaus eine Fortsetzung dieser Tradition sehen?


Wenn man nun im 5. Jh. nach der Aufgabe der Kaserne dort eine Kirche errichtete, so musste dies mit der Genehmigung des Kaisers geschehen, denn der Baugrund war öffentliches Eigentum. Auch die Monumentalität des Baus ist nur zu erklären, wenn man von einer finanziellen Unterstützung durch den Kaiser ausgehen kann. Es wird sich um Valentinian III. oder Maioran handeln. Der Baubeginn erfolgte doch wohl erst später – in den frühen 60er Jahren -, denn im Fundament hat man Münzen des unbedeutenden Kaisers Libius Severus (461-465) gefunden. Auf eben diese Zeit verweisen auch die verwendeten Bauhölzer und das oben erwähnte Weihedatum. Von Anfang an war die Kirche so geplant, dass eine größere Menge Menschen am Gottesdienst teilnehmen konnte. Santo Stefano war keine „gewöhnliche Pfarrkirche“, sondern eine Stationskirche, die alle Stadtbewohner unter Führung ihres Bischofs vereinen sollte.
Der Rundbau mit seinen drei konzentrischen Kreisen, in den ein griechisches Kreuz eingefügt war, verfügte ursprünglich über kein Portal, kein Presbyterium und keine Apsis und hatte demnach keine Ausrichtung in eine Richtung. Seit der Renaissance hat man aus der ungewöhnlichen Architektur geschlossen, dass hier ein antiker Vorgängerbau in Zweitverwendung in einen christlichen Kultraum umgewandelt worden sei. In diesem Sinne wurde vorgeschlagen, dass es sich ursprünglich um einen Tempel des Faunus, das Macellum Magnum des Nero oder eine Palastaula gehandelt haben könnte. Heute ist erwiesen, dass es sich von Anfang an um ein als christlicher Kultbau errichtetes Gebäude gehandelt haben muss, der zwei Typen christlicher Architektur miteinander verbindet: den Zentralbau (in Rom bekannt durch das Mausoleum der Costanza: auch hier ein Rundbau mit Umgang) und den Kreuzbau (Beispiele wären die Apostelkirchen in Konstantinopel und Mailand). Die kreuzförmigen Fenster in den Außenfassaden der Kreuzarme untermauern diese Auffassung.




Der kreisrunde Tambour in der Mitte ist von einem Kranz aus 22 ionischen Säulen umgeben. Eine Kuppel überragt dieses Rund, das durch 22 Fenster hell erleuchtet wird. Für die Konstruktion des Daches hatte man in der Spätantike ein Tonröhrengewölbe eingefügt. Diese Bautechnik stammt aus Nordafrika, wo man in Ermangelung von adäquatem Baumaterial kein Holzgerüst für Caemeticium-Gewölbe herstellen konnte. Diese Technik gelangte im 4. Jh. nach Italien und bietet im Vergleich zur herkömmlichen Baumethode den Vorteil, dass wegen des Gewichts (oder besser: wegen der Leichtigkeit) keine verstärkten Mauern erforderlich waren.
Die ionischen Kapitelle der Säulen stammen aus dem 4./5. Jahrhundert, wurden aber nicht eigens für S. Stefano angefertigt, sondern müssen aus einem Depot stammen: Zu unterschiedlich sind sie in Maßen und Proportionen. Lag es nun daran, dass man nicht mehr in der Lage war, einen einheitlichen Satz von Kapitellen zu beschaffen, oder legte man darauf einfach nur keinen Wert mehr? In jedem Fall versuchte man, das heterogene Material einigermaßen zu ordnen. Die Verwendung der ionischen Ordnung ist bemerkenswert, fand doch dieser Kapitelltypus seit dem 2. Jh. kaum noch Verbreitung. Dies ist dem „Trend“ zu einer „Renaissance“ klassischer Bauornamentik unter Leo I. geschuldet, der klassische Elemente in der offiziellen Kunst der Kirche in Rom förderte, wie man auch in S. Maria Maggiore beobachten kann. Der über den Säulen liegende Architrav aus prokonnesischem Marmor hingegen wurde eigens für Santo Stefano angefertigt.
Ausgehend von dieser Mitte waren wie die vier Kreuzarme Kapellen angeordnet, von denen heute nur noch eine existiert. Es gab einen inneren Umgang dessen Arkaden nach außen von 34 (? – ich müsste noch mal nachzählen) Säulen gebildet wurden und an den sich ein äußerer Umgang anschloss, der den Raum zwischen den vier Kapellen in Innenhöfe verwandelte, die möglicherweise mit Brunnen oder Becken ausgestattet waren. Richard Krautheimer und Hugo Brandenburg weisen in dem Zusammenhang darauf hin, dass der Wechsel zwischen hellen und dunklen, geschlossenen und offenen, hohen und niedrigen Räumen, die durch Säulenkolonnaden getrennt sind, von der Architektur der Villa Hadriana inspiriert gewesen sein könnte. Möglicherweise muss man das Vorbild nicht ganz so weit entfernt suchen, denn in den Villen des Caelius hatte man die nötigen Beispiele durchaus in der Nachbarschaft. Auch im äußeren Umgang fanden ionische Kapitelle Verwendung. An den Arkaden des nordöstlichen und des südwestlichen Kreuzarms dagegen sieht man korinthische Vollblattkapitelle, die Spolien aus dem 2. Jh. sind, diejenigen im Südwesten stammen aus antoninischer Zeit und dürften aus der gleichen Serie stammen wie die in S. Sabina eingebauten Säulen: Anscheinend waren noch vier Säulen in einem Magazin „übrig“, die man nun hier verwenden konnte.






Eine bessere Vorstellung erhält man, wenn man diesen Plan anschaut:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SStefanoRotondoVsec.png

Heute existiert der äußere Umgang nicht mehr. Im 12. (oder 15.???) Jahrhundert hat man die Arkaden, die zu den Kapellen führten, zugemauert und die Vorhalle angebaut, womit das Bauwerk eine Richtung bekam. Auch die monumentalen korinthischen Spoliensäulen, die der Konsolidierung des Daches dienen sollten, wurden damals eingebaut.






Das mittelalterliche Programm zur Verschönerung und Renovierung des Lateranbezirks knüpfte an die Bemühungen des 5. Jh. an, die seinerzeit den südlichen Bereich der Stadt aufwerten und aus dem Lateran ein Zentrum machen sollten. Aber letztlich war schon diese Maßnahme gescheitert: An der räumlichen Isolation änderte sich nichts. Nicht einmal die Erhebung zur Titularkirche im 10. Jh. hat daran etwas geändert: Auch sie konnte kein neues Leben in diesen Bezirk des inzwischen schon lange zum disabitato zählenden Bereich der Stadt bringen.
Im 12. Jh. stand gar eher das Gegenteil auf der Tagesordnung, nämlich ein Abschluss des Lateranbezirks von der Stadt, um der renovierten Papstresidenz mehr Sicherheit zu verleihen.

Hat sich die spätantike Architektur zum großen Teil erhalten, so kann man das von der Innendekoration nicht sagen. Immerhin sind genug Spuren vorhanden, um eine Vorstellung von der einstigen Pracht zu gewinnen. Reste zeigen, dass die Wände mit polychromem Marmor verkleidet waren. Besonders gut konnte man den Fußboden rekonstruieren, der ganz mit Marmor gestaltet war, wobei ja nach der Bedeutung des Raumes differenziert wurde. Der zentrale Innenraum des Tambours – heute mit einem Holzboden versehen – war durch weißen Marmor besonders hervorgehoben. Reste des antiken Bodenbelags sind in dem erhaltenen Kreuzarm rekonstruiert.





Eine Rahmung aus Cipollino umfaßt zwei Quadrate, in denen sich farbige Marmorplatten von ansehnlicher Größe befinden, die durch ein Kreuz gegliedert sind. Die wichtigsten Marmorsorten des Imperiums sind hier vertreten: Erkennen konnte ich roten Porphyr aus Oberägypten, Cipollino aus Euböa, Giallo antico aus Chemtou in Tunesien und Verde Antico. Die weißen Steine sind sicher auch unterschiedlicher Provenienz, aber da gelingt es mir nicht (und schon gar nicht nur aufgrund von den Photos, die ich gemacht habe) pentelischen Marmor von solchem aus Paros oder Luni zu unterscheiden.

Aus der Katakombe S. Alessandro (Via Nomentana) wurden auf Veranlassung Papst Theodorus im 7. Jh. die Reliquien der Heiligen Primus und Felicianus nach Santo Stefano übertragen. Das ist eines der frühesten Beispiele für eine Reliquientranslation in eine der stadtrömischen Kirchen. Man wollte einerseits auf diese Weise die Gebeine der Martyrer vor dem nach den Gotenkriegen beginnenden Zerfall bewahren, sich aber andererseits auch die Fürsprache der Martyrer für die Gemeinde sichern. In diesem Kontext entstand die Gepflogenheit, Altäre in Kirchen mit Reliquien auszustatten. Um der Martyrergedenkstätte einen angemessenen architektonischen Rahmen zu verschaffen, wurde eine Apsis angebaut, die mit einem Mosaik ausgestattet wurde.



Im Zentrum befindet sich anstelle der sonst üblichen Christusfigur ein Gemmenkreuz, über dem eine Büste Christi zu sehen ist. Hier muss an die östliche Ikonographie gedacht werden, die im Ikonoklasmus die bildliche Darstellung von Personen vermieden hat. Vor Goldgrund und damit in überirdischer Sphäre sehen wir die beiden Heiligen Primus und Felicianus, die in Amtsgewänder gekleidet sind, welche im oströmischen Reich üblich waren. Bildaufbau und Faltengebung der Gewänder erinnern an das Mosaik von St. Agnese, das ebenfalls in oströmischer Tradition steht. Die beiden Heiligen stehen auf einem von Rosen durchsetzten Streifen, der Sinnbild des Paradieses ist.

Die Fresken Antonio Tempestas an den Wänden bärichten vom Martyrium der beiden Heiligen: Auf Befehl der damaligen Kaiser Diokletian und Maximinian wurden sie verhaftet, eingekerkert und jeder denkbaren Art von Qualen ausgesetzt. Da sie aber nicht bereit waren, ihren Glauben zu verleugnen und das geforderte Kaiseropfer zu bringen, sollten sie Löwen und Bären vorgeworfen werden. Diese allerdings enttäuschten die Machthaber und das Publikum, denn sie verhielten sich wie zahme Schoßhündchen.






Die Wände des Umgangs sind ebenfalls mit großformatigen Fresken dekoriert. Im Auftrag der Jesuiten hat Niccolo Pomarancio die Torturen der ersten Martyrer in drastischen Bildern an den Wänden festgehalten. Auf dem Höhepunkt der Gegenreformation sollte den Missionaren vor Augen geführt werden, welche persönlichen Konsequenzen ihre Aufgabe haben kann. Stendhal bemerkt dazu, die Szenen seien zu grauenhaft, um eine Beschreibung davon liefern zu können, Jacob Burckhardt fand sie einfach nur „gräßlich“ ...


Die Kirche ist seit dem 16. Jh. Sitz des Deutsch-Ungarischen Kollegs. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass wir die gerade stattfindende Messe in der Mitte der Kirche als Gottesdienst in ungarischer Sprache identifizieren konnten. Ein Dank dem freundlichen „Schweizer“ am Eingang, der trotzdem den Rundgang gestattete, so er denn mit der angemessenen Diskretion erfolgen würde.

Beim Verlassen des eindrucksvollen Gebäudes dämmerte es bereits und es hatte schon ein gewisses Flair, nun Richtung Clivus Scauri zu spazieren. Auf dem Weg grüßten uns die Reste des neronischen Aquaedukts.​





Mit diesem Bild aus der Dämmerung Roms verabschiede ich mich erst einmal.

C.

 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Blick in das Kaleidoskop, ein Spielzeug nicht nur aus Kindertagen. Auch ich drehe es und die vielfältigen Formen, die es abbildet, verändern sich, verschieben sich und ergeben ein neues Farbenmuster – flirrend, facettenreich und bei jeder noch so kleinen Bewegung anders.

So könnte auch die Zusammenfassung meiner letzten Rom-Reise lauten: flirrendes Licht über der Stadt, facettenreich die Blicke darauf: neue durch die Anregungen der Mitreisenden, erinnerungsvolle auf Altbekanntes, das sich im Laufe der Jahrzehnte aber natürlich auch verändert hat.

Und so möchte ich meinen Beitrag zum Römischen Kaleidoskop auch gestalten: an das früher erlebte Rom mich erinnern und neu Kennengelerntes aus meiner Sicht erwähnen und das alles mit meinen Bildern. Es kann sein, dass sich dabei Überschneidungen mit den Berichten der Tre a Roma ergeben, aber diese kleine Abweichung riskiere ich und hoffe, dass es die geneigte Leserin und Leser nicht zu sehr „stört“. ;)


Die Kirche Santa Passera – eine alte Schönheit, die ich bisher noch nicht gesehen hatte und die wie ein kleines Bauernhaus – zur Entstehungszeit noch vor der Stadt gelegen – anmutet. Keine Heilige ist ihre und die Patronin der kleinen Ausgrabung unter der Kirche, sondern von „Abbas Cyrus“ leitet sich der Name ab, daraus wurde Sant'Abbaciro und im Laufe der Zeit verkümmerte er zu Pacero, Pacera und wurde schließlich zu „Passera“. Verehrt werden hier die beiden Heiligen Cyrus und Johannes
aus dem alten Ägypten, deren Gebeine nicht mehr in dem Gewölbe unter der Kirche bestattet sind, sondern sich nun in Neapel und in München in der St. Michaels-Hofkirche befinden. Wie schon an dieser Stelle so treffend beschrieben: welch ein Glück hatten wir, dass der Kirchendiener vor dem Sonntagsgottesdienst noch die Tür zu der kleinen Ausgrabung aufschloss


und wir einen Blick werfen konnten auf die zwar spärlichen aber interessanten Reste der verblassten Bemalung


und des in „Strohtechnik“ gemauerten Gewölbes. Auf C.s Foto kann man noch sehr gut die Struktur des Strohs oder der Binsen erkennen.
(Foto ausgeliehen von C - besten Dank!)

Wie ein buntes Kaleidoskop muteten auch die relativ vielen Besucher des Sonntagsgottesdienstes an: Männer und Frauen aller Altersgruppen, dazwischen ein paar Kinder und Jugendliche – man kannte sich, es wurde nach allen Seiten gegrüßt, fleißig gesungen und mitgebetet – in dieser kleinen Kirche, eine der ältesten in Rom, hatte sich eine muntere Gemeinde versammelt.



Und nach dem Gottesdienst konnten wir dann unter den wohlwollenden Blicken der noch in der Kirche verbliebenen älteren Signore die vorsichtig restaurierten Fresken in der Apsis der Kirche bewundern:



kostbare Farbsplitter im römischen Kaleidoskop – schön zu sehen in den Fotos des Santa Passera-Beitrags.

Wenn wir nun schon einmal so „weit draußen“ sind, im Viertel Portuense, so wollen wir noch etwas entdecken, was wir bisher nicht kannten: die „Außenstelle“ der Kapitolinischen Museen, die Centrale Montemartini. Dazu müssen wir an die Via Ostiense. Erst einmal hieß es warten und warten und warten … aber da kommt er: der 780er-Bus, der uns zur Metro-Station Magliana bringen sollte. Ach herrje – sind denn heute Vormittag alle Bewohner der Außenviertel in der Stadt zum Einkaufen gewesen? Der Bus ist gerammelt voll und wir quetschen uns noch hinein. Auf die vorsichtige und höfliche Frage, ob wir „denn richtig wären zur Metro-Station Magliana, wir wollen in die Via Ostiense“ kommen die unterschiedlichsten Antworten und es ist auch nicht auszumachen, ob der Kaugummi kauende und mit Ohrstöpsel verkabelte Busfahrer nun bestätigend genickt oder doch eher genervt reagiert hat ... Bis eine mit prall gefüllten Einkaufstaschen bewaffnete resolute Signora meinte „Scendete quando scendo io – e cosi siete giusti!“

Und dem war so: Wir konnten sogar aus dem rasant die Kurven nehmenden Bus heraus noch einen Blick auf die Kuppel von SS. Pietro e Paolo und das “Colosseo Quadrato“ werfen,




Foto-Ausleihe bei G ;) - besten Dank dafür :nod:

bevor uns die Metro von EUR-Magliana in ein paar Minuten zur Station Garbatella brachte. Tja, und auf die Frage „wo geht es denn zum Museo Centrale Montemartini?“ haben wir nur bedauerndes Kopfschütteln und ein „non lo conosco“ bekommen...


Aber: wer Augen hat zum Schauen, der entdeckte auch einen kleinen versteckten Wegweiser und so standen wir kurze Zeit später vor dem beeindruckenden Komplex dieses alten ausgedienten Kraftwerkes, das 1912 eingeweiht wurde und die erste öffentliche Einrichtung Roms zur Erzeugung von elektrischem Strom war, benannt nach dem Ökonom und Mitglied der römischen Stadtverwaltung Giovanni Montemartini. Das Kraftwerk lag damals noch vor der Stadtmauer und das Gelände sollte als Industriegebiet ausgebaut werden. Außer dem Kraftwerk gab es hier die Mercati generali und ein Gaswerk sowie verschiedene Industrie- und Handwerksbetriebe. Unter Mussolini wurde es im Hinblick auf die geplante Weltausstellung um- und ausgebaut, der Krieg stoppte die Arbeiten und erst 1952 wurde das Gebäude des Elektrizitätswerks, so wie es heute dasteht, fertig. Gut fünfzig Jahre nach Baubeginn war es jedoch total veraltet. Die Stromerzeugung wurde 1963 eingestellt, die Maschinen wurden abmontiert, das Gebäude verfiel. Zum Glück für dieses Monument der Industriegeschichte – und seine Besucher – entschloss sich die städtische Elektrizitätsgesellschaft das Hauptgebäude mit dem Maschinensaal und dem Kesselraum zu restaurieren und etliche Maschinen an ihrem ursprünglichen Platz wieder aufzustellen.




So war ein neuer Kulturraum geschaffen. Und die Kapitolinischen Museen konnten einen Teil ihrer wegen Umbauarbeiten ausgelagerten Skulpturensammlung wirkungsvoll ausstellen, statt sie im Depot verstauben zu lassen. Das Nebeneinander von antiken Kunstwerken und moderner Industriearchitektur hat einen besonderen Reiz und fand großen Anklang und so ist seit 2005 die Centrale Montemartini sozusagen eine Außenstelle der Kapitolischen Museen.



Zur Sammlung, die zum Großteil aus Funden besteht, die bei Ausgrabungen in den antiken Gärten Roms gemacht wurden, werde ich nichts schreiben – das Museum ist schon mehrmals – auch mit sehr eindrucksvollen Fotos – im Forum erwähnt bzw. beschrieben worden (z.B:hier).





Hier nur eine bunte kaleidoskopische Folge von Bildern aus den Räumen der Centrale Montemartini.





Der Blick ist zur Abwechslung vor allem auf die weiblichen Schönheiten der Sammlung gerichtet und weniger auf die berühmten Herren der Antike.












Und hier noch Ausschnitte aus dem Jagdmosaik:



;)


Und die "großartige Dame" war auch noch da:





Wir verlassen diese beeindruckende Schau -


und während ich das Kaleidoskop drehe,


entdecke ich hier in dieser Gegend an der Via Ostiense ein paar, wenn auch schwach schimmernde aber doch bunte Farbsplitter, die mit der Erinnerung an das Rom vergangener Jahre zu tun haben.


Hier waren früher die Mercati Generali angesiedelt. Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hatte ich einmal die Gelegenheit, diese Mercati aufsuchen zu dürfen, als Begleitung einer betagten Nonne, die für ein Schwesternhaus mit angeschlossener Pension Obst und Gemüse vom Großmarkt holen fuhr. Es war meine erste Erfahrung mit einem Großmarkt und das Gewusel, das geschäftige Hin und Her, der Lärm und das lautstarke Anpreisen der Waren durch die Händler hatte mich sehr beeindruckt. „Frutta fresca, freschissima - Sorella, venga – venga!“ Schwester Annina wählte bedächtig die Ware aus, prüfte bietola und insalata di lattuga, schaute nach Orangen und Äpfel und ließ sich nicht durcheinander bringen von der Hektik und dem Gedränge. Sie kannte ihre Händler. Nach Abschluss des Einkaufs trugen die Laufburschen die Kisten zum kleinen Transportauto – es war sicher keine Ape, denn wir waren zu dritt und ich glaube nicht, dass wir alle in einer Ape Platz gehabt hätten – und verabschiedeten sich höflich, so wie die Schwester sich mit einem stillen Lächeln für den Gruß bedankte. - Das römische Erinnerungskaleidoskop hat sich gedreht ...

Von Gabartella aus brachte uns die Metro in „Null-komma-wenig“ zum Kolosseum.


Dort flüchteten wir vor den Menschenmasse hinauf auf den Celio-Hügel. Wie wohltuend: nur einen Steinwurf vom Umtrieb am Kolosseum entfernt breitet sich hier Ruhe aus, mit viel Grün und schönen Ausblicken.


Wir warten noch ein paar Minuten bis die Kirche Santo Stefano Rotondo geöffnet wird und können dann in aller Ruhe und mit Bedacht diese alte Rundkirche auf uns wirken lassen.
Die dem hl. Stephanus, dem ersten christlichen Märtyrer (Apg 7,56-60), geweihte Kirche auf dem Hügel Caelius ist hier bereits ausführlich und profund beschrieben worden. Ich habe sie einfach unter dem Aspekt des Wiedersehens betrachtet:



das schöne Rund mit den 22 Säulen -



die Kapelle der hl. Primus und Felizianus mit dem Gemmenkreuz im Apsismosaik

( ;) )

und den anschaulichen Bildern vom Martyrium der beiden römischen Brüder, das wahrscheinlich um 304 unter Kaiser Diokletian stattfand


- die aus der Renaissancezeit stammende achteckige Altarinsel mit dem Hochaltar,​

der unter anderem dem hl. Stefan von Ungarn geweiht ist. Die Beziehungen Ungarns zur Kirche Santo Stefano Rotondo bestanden bereits seit dem 15. Jhdt. und zuletzt war József Kardinal Mindszenty, der Primas von Ungarn, bis 1975 Titularbischof der Kirche.

Die im 16. Jhdt. geschaffenen Fresken im äußeren Säulenkranz mit den blutrünstigen und qualvollen Darstellungen vom Hingemetzel der ersten christlichen Märtyrer haben mich noch nie lange hinsehen lassen. Angeblich sollen in der Zeit vor der - wegen Baufälligkeit - Schließung der Kirche die römischen Familien mit ihren Kindern am Stephanstag, den 26. Dezember, nach Santo Stefano Rotondo „gepilgert“ sein, um dort die blutrünstigen Bilder zu betrachten – vielleicht als Gegengewicht zum lieblichen Weihnachtsfest...
Seit 1985 ist Santo Stefano Rotondo Titularkirche des deutschen Kardinals Wetter, 2006 konnte die Kirche wieder der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden.

Seit mehr als fünfzig Jahren haben sich immer wieder „Freunde“ und Gönner von Santo Stefano Rotondo dafür eingesetzt, dass dieses Schmuckstück unter den römischen frühchristlichen Kirchen restauriert wurde, Ausgrabungen, Umbauten und „Neuanschaffungen“ vorgenommen und seine Bau- und Kunstgeschichte erforscht und ausgewertet werden konnten. - Ende der 1960er Jahre kam ich damit in Kontakt:
... CENTRUM INTERNATIONALIS PRO RENOVATIONE S. STEPHANI ROTUNDI, des Internationalen Zentrums für die Erneuerung von Santo Stefano Rotondo... Der Idee einer zeitgemäßen Erneuerung des verlassenen, 1500-jährigen christlichen Zentralbaus auf dem römischen Monte Caelio im Geiste der Ökumene ...


so dass mein römisches Erinnerungskaleidoskop sich auch darum und dazu dreht und seine Farben aufleuchten lässt...

Der Weg den Hügel hinab Richtung Kolosseum ist mit diversen Gelaterie bestückt, so dass einer genussvollen Rast nichts im Wege steht. Und dann tauchen wir ein in den sonntäglichen Verkehr auf der auto- aber nicht radfahrerfreien Via dei Fiori Imperiali – hier wird geschlendert, flaniert und gebummelt, fotografiert, mit Blick in Stadtplan und -führer beratschlagt und besichtigt. Erinnerungsfarben drehen sich: der Campanile von S. Francesca Romana taucht auf und die mächtigen Bögen der Maxentius-Basilika. Ihre Ruinen wie auch die Kirche Francesca Romana boten in lauen Sommernächten eine eindrucksvolle Kulisse für die dort stattfindenden Konzerte...


Wir entfliehen dem Trubel auf dieser Zielgeraden Richtung Piazza Venezia und treten ein in den Kreuzgang von Santi Cosma e Damiano, eine der vielen Stationskirchen Roms, gebaut in die Reste einer Bibliothek des Forum Pacis, das Kaiser Vespasian errichten ließ. Die Mauern der Kirche sind der einzige heute noch erhaltene Teil davon.

Der größte Schatz der Kirche dürfte wohl das wunderschöne, frühchristliche Apsismosaik sein:



Christus schwebt auf farbigen Wolken, die an die „rosenfingrige Eos“ (oder hier in Rom an Aurora) denken lassen, vom blauen Himmel.



Er ist in Begriff, die Schriftrolle – das Gottesgesetz – an die etwas tiefer stehenden Apostelfürsten Petrus und Paulus zu übergeben, die die beiden Heiligen Kosmas und Damian, die ihre Märtyrerkränze in den Händen halten, zu Christus hinführen. Der Heiligenlegende nach waren sie Zwillingsbrüder aus Syrien und mildtätige Ärzte. Diese Kirche soll nicht ohne „Hintergedanken“ ihnen geweiht sein: sie waren sozusagen der Gegenpart zu Castor und Pollux, deren Tempel nicht weit vom Friedensforum stand, und auch der Kult um Heilgötter wie Apollo und Aeskulap sollte so unterbunden werden.


Ganz rechts sieht man den hl. Theodor (der erst Schutzpatron von Venedig war ;)(der mit dem Krokodil auf der Säule an der Piazzetta) und dann als Patron nach Brindisi gewechselt hat ;)), angetan mit einem wunderschönen Mantel (leider ist das Foto davon unscharf :cry:), (Papst Felix IV., der Stifter der Kirche, links außen abgebildet,ist „neueren“ Datums (17.Jhdt.)) Und dann ist natürlich nicht zu übersehen die schöne Schar der Schafe, auch wenn nicht mehr alle „original“ sind, die zum „Wasser des Lebens“, auch als Flüsse des Paradieses gedeutet, kommen und sich um das „Lamm Gottes“ aus der Apokalypse scharen.


Eine weitere frühchristliche Kirche liegt neben der Piazza Venezia: San Marco. Eine der schönsten Fassaden der Frührenaissance mit einem dreibogigen Portikus ziert die Kirche, die zum Palazzo Venezia gehört, der ehemaligen Niederlassung der Serenissima Repubblica di San Marco in Rom.


San Marco und der Löwe gehören auch hier zusammen. ;)
Und auch hier, in dieser relativ dunklen Kirche mit ihrer blau-goldenen Kassettendecke wieder ein eindrucksvolles Apsismosaik.



Hier zeigt es Christus auf Goldgrund, segnend und das Buch der Göttlichen Botschaft in der Hand, umgeben von Heiligen, ganz recht die hl. Agnes, die „beiden Markus“ (der hl. Papst Markus und der Kirchenpatron Markus der Evangelist) direkt neben Christus und ganz links Papst Gregor IV., der „Stifter“ mit dem Modell der Kirche und mit dem quadratischen Heiligenschein als noch Lebender dargestellt ist. Auch hier finden sich wieder die zwölf Lämmer*, die aus den Toren des himmlischen Jerusalems zum Lamm, „dem Quell des ewigen Lebens“, ziehen.
Schmunzeln musste ich beim Betrachten der kunstvoll verzierten „Fußabstreifer“, auf denen die mit ihrem Namen bezeichneten Figuren stehen...


Ob Isis (oder ist es „nur“ eine ihrer Priesterinnen?) alias Madama Lucrezia, wie sie als eine der „statue parlanti“ vom römischen popolino genannt wurde, wohl neben der Kirche San Marco auch anderes bewacht, was bei ihr abgestellt wird?

Und nun springen wir schnell in die Tram 8 um nach Trastevere zu fahren. Stop: oft daran vorbei gefahren... was steht in meinem Reclam-Kunstführer von 1965? „Um 499 wurde über antiken Bauten die Titelkirche S. Chrysogoni errichtet, deren Grundriß und Bausubstanz, eingegangen in einen Neuau des 8. Jhdt., in der um 1924 ausgegrabenen Unterkirche erhalten sind. 1123 errichtete Papst Calixtus II. die bestehende Basilika, die 1618-26 durch Sergio Venturi eine schlichte, wenig qualitätsvolle Barockausstattung ... erhielt. Die Restaurierung von 1866 vermochte den Eindruck des Innern nicht zu verbessern.“ Vielleicht habe ich deshalb selten hineingeschaut... Aber jetzt steigen wir aus und sogar hinab in die die „Unterwelt“ von San Crisogono.

Die Kirche wurde Ende des 5. Jhdt. (und aufVorgängerbauten (zwei, wahrscheinlich sogar drei ecclesiae domesticae des 2./3. Jhdt.), einem der ältesten tituli von Trastevere (titulus Crisogoni neben titulus Callisti und titulus Ceaciliae)erbaut. Und entsprechend tief liegen die Ausgrabungen. Über eine Treppe in der Sakristei steigt man hinunter – nach Entrichtung eines kleinen Eintrittsobolus – auf das Niveau der Unterkirche, deren Reste man bei mehreren Grabungen zwischen 1907 bis 1924 zutage förderte.


Gut zu erkennen ist der Grundriss der Vorgängerkirche mit dem Chor- und Altarraum und verblasste, jedoch noch immer schöne Fresken aus dem 8. bis in das 11. Jhdt..



Darunter eines, das den hl. Benedikt bei der Heilung eines Aussätzigen zeigt.



Wunderschön der Marmorsarkophag aus dem 2. Jhdt. mit Motiven aus der Meer-Mythologie. Wem er wohl Raum gab für die letzte Ruhe? Einem reichen Kaufmann, der Geschäfte mit Griechenland machte... Einem Reeder, den es nach Rom verschlagen hatte und der hier verstarb... Sind es Sirenen, die mit ihrer Musik als Helferinnen der Totenklage gelten und ihn auf dem Sarkophag dargestellt begleiten... Aber wahrscheinlicher ist, dass es Nereiden sind, die Seeleuten mit ihrem Spiel unterhielten und Schiffbrüchigen beschützten. Nereiden und geflügelte Putten waren im 2./3. Jhdt. sehr beliebt als „Bootsinsassen“.


Bei den Ausgrabungen stieß man auch auf mehrere gemauerte Becken, bei denen eines davon als Taufbecken verwendet worden sein könnte. Die Vermutungen gehen dahin, dass die Becken ursprünglich zu einer Wäscherei oder Färberei gehört haben, da die ecclesiae domesticae und die Ursprungskirche mitten in einem Handwerkerviertel lagen.

Die jetzige Kirche hat einen schönen Kosmaten-Fußboden und zwei prächtige Säulenreihen, die das Mittelschiff begrenzen. Die Barockausstattung gab Kardinal Scipione Cafferelli-Borghese Anfang des 17. Jhdt. in Auftrag – überall ist der Borghese-Adler und -Drache zu entdecken.

(Sehr gute Bilder zur Kirche habe ich hier entdeckt.)

Wieder ans Tageslicht zurückgekehrt geht auf der weiten Piazza der Blick noch zur Fassade der Kirche S. Agata,


die eine Rolle spielt bei der sommerlichen festa de Noantri: die farbige Holzstatue der „Madonna del Carmine“, der Patronin der Trasteverini, wird an ihrem Festtag im Juli in einer Riesenprozession mit viel Freudenlärm von S. Agata, wo sie aufbewahrt wird, durch die Straßen des Viertels getragen und kehrt für eine Woche in der Basilika S. Crisogono ein, der Kirche der Karmeliter, bevor sie in einer erneuten Prozession nach S. Agata zurückkehrt. Der kürzere Weg wäre ja einfach über die Piazza... aber durch die Straßen des Viertels ist es viel schöner und der Verehrung der Madonna angebrachter. Erinnerungskaleidoskop-Steinchen blitzen auf an ein vergnügtes Volksfest und einen verkorksten Magen nach dem Genuss von Spaghetti alle vongole...

Und darauf einen großen Schluck köstliches kühles Wasser aus dem Nasone an der Piazza vor S. Crisogono.

Der Weg hinauf auf den Grünen Berg gestaltete sich etwas umständlich, da ich der Annahme war, auch ein Bus 116 bringt uns hinauf. Was er auch getan hat, aber nicht auf den Grünen Berg, sondern auf den Gianicolo. Dabei fand ich es erst noch recht schön hinaufgeschaukelt zu werden, vorbei an S. Pietro in Montorio und der Fontana dell'Acqua Paola. Als er allerdings durch das Tor auf das Gelände des Gianicolo fuhr, war mir klar, dass wir aussteigen sollten. Bei einbrechender Dunkelheit sieht alles anders aus, als man es in Erinnerung hat – aber Fußmärsche in Rom sind ja nichts Unbekanntes und als die Mura Gianicolensi bekannte Züge annahm waren wir auch schon – etwas müde und einer kleinen Rast bedürfend - an der Villa Maria angekommen.

Wie könnte man einen Sonntag in Rom beschließen? Der Möglichkeiten sind viele und wir wählten einen klitzekleinen Bummel durch Trastevere, ein Pizza-Abendessen im Cave Canem, mitten im trasteverianischen Gewühle an der Piazza S. Callisto sitzend – wo ehedem ein weiterer der ältesten tituli Trasteveres war ;-) - und konnten uns so anschließend noch rechtzeitig zum Abendgebet der Gemeinschaft Sant'Egidio in S. Maria in Trastevere einfinden.

Die Gemeinschaft Sant'Egidio entstand mitten aus den Studentenunruhen 1968 auf Initiative von Andrea Riccardi (Träger des Karlspreis 2009 der Stadt Aachen, unter Ministerpräsident Mario Monti war Riccardi Minister für Integration und internationale Zusammenarbeit, aber ohne portfolio). Er war damals selbst noch Schüler und wollte zusammen mit einer Gruppe von Gleichgesinnten eine Gemeinschaft gründen mit dem Ziel, gemeinsam auf das Evangelium zu hören und es im alltäglichen Leben umzusetzen. Heute ist daraus eine weltumspannende Comunità geworden, die sich erfolgreich in der Ökumene und der Friedensarbeit in vielen Krisengebieten einsetzt. Der Dienst an Behinderten, Obdachlosen, Kindern aus den Borgate, Kranken und Gefangenen ist ein charakteristischer Aspekt im Leben der Gemeinschaft. Und das, wie vor mehr als vierzig Jahren schon, immer auch noch in Rom. Besonders „berühmt“ ist auch das jährliche Weihnachtsessen mit den Armen, das ihnen in der Basilika S. Maria in Trastevere – was für ein Rahmen für ein Festessen! - aufgetragen wird.

Außer in S. Maria in Trastevere gibt es auch in San Bartolomeo auf der Tiberinsel die Gelegenheit an Gottesdiensten und dem Abendgebet der Comunità Sant'Egidio teilzunehmen. Immer ist jeder herzlich willkommen.


Und auch hier heute wie früher: die wunderschönen Mosaiken der Apsis und des Triumphbogens sind ausgeleuchtet und erstrahlen in ihrem warmen Goldglanz, der ruhige, meditativer Gesang, die Texte der Lesung, die kurze Ansprache und das gemeinsame Gebet. So fühlt man sich auch als Fremder angenommen in dieser herzlichen Atmosphäre, die die Gemeinschaft Sant'Egidio auszeichnet. Es waren relativ wenige Besucher da (sonntags ist am späten Nachmittag ein Gottesdienst, der wohl vom Großteil der Gemeinschaft besucht wird), aber es war ein schöner und richtiger Abschluss dieses Sonntags.



P
 
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Villa Madama:
Renaissance-Juwel am Monte Mario





Die ursprünglich Villa Falcone genannte Villa Madama im Norden Roms wurde im Auftrag von Papst Leo X. Medici und seines Neffen Giulio de Medici zwischen 1518 und 1527 errichtet.​

Die Pläne entwarf kein Geringerer als Raffael, der dazu 1517 den Auftrag erhalten hatte. Nach seinem Tod 1520 setzten seine Mitarbeiter unter Antonio Sangallo dem Jüngeren das Werk fort.​

Als 1521 auch Papst Leo X. starb, kam der Bau zum Erliegen.​

Zahlreiche erhaltene Pläne und Briefe belegen, dass Raffael hier eine Villa plante, die sich an den antiken römischen Villenanlagen orientierte und alle bis dahin bestehenden Villenanlagen der Renaissance, wie die Villa Farnesina, in den Schatten gestellt hätte.​

Es sollte anders kommen und das Werk blieb ein beeindruckender Torso. Beim Sacco di Roma 1527 wurde die Villa geplündert und in Brand gesteckt.​

Nach dem Tod Giulio des Medicis (seit 1523 Papst Clemens VII.) 1534 ging die Villa an Alessandro de Medici, später an dessen Witwe Margarethe von Parma, genannt Madama, die im Palazzo Madama im Stadtzentrum wohnte und daneben die Villa am Monte Mario zur Verfügung hatte.​

Spätere Besitzer waren die Farnese und Karl III. von Spanien, der 1735 König von Neapel wurde. Nach und nach verfiel die Villa, wurde als Stall und Geräteschuppen gebraucht. Die Arkaden der Loggia wurden zugemauert. Bessere Zeiten begannen wieder 1913, als der französische Ingenieur Maurice Bergès die Villa Madama erwarb und Marcello Piacentini mit den Plänen für die Renovierung betraute.​

1925 kaufte der italienische Baron Carlo Dentice di Frasso das Anwesen. Er lebte hier mit seiner amerikanischen Ehefrau Dorothy Caldwell Taylor. Mit dem Geld aus deren Erbschaft wurde die Villa weiter nach den Plänen von Marcello Piacentini renoviert und modernisiert. An dieses Ehepaar erinnert die folgende Tafel im Flur des Erdgeschosses:​


Graf Carlo Dentice di Frasso
und seine Gemahlin Gräfin Dorotea, geborene Caldwell Taylor,
besorgten mit großer Liebe und
auf ihre Kosten die Restaurierung dieses
Monuments, indem sie seinen alten
Glanz erneuerten und bewahrten vor dem sicheren
Verfall die wunderbaren Werke von
Raffaello und seinen Schülern​

1925 1928​


Seit 1941 ist die Villa im Besitz des italienischen Staates. Sie wird vom Aussenministerium beim Besuch ausländischer Staatsgäste genutzt. Auf dem Gelände befindet sich auch die Diplomatenakademie des Aussenministeriums.

Doch kehren wir in die Zeit Raffaels zurück und beginnen wir nach den ersten Eindrücken der Fassade, des Gartens und des Skulpturenschmucks vor der Villa unseren Rundgang durch das Anwesen, Raffaels Traum.



Der Flur ist mit Stuckaturen ausgeschmückt, Grotesken, die wir auch als ein Dekorationselement in der grandiosen Loggia Raffaels wiederfinden. Damals war das goldene Haus Neros entdeckt worden und dessen Grotesken bildeten eine Quelle der Inspiration für die Künstler der Renaissance.​


Die Gartenloggia

Die monumentale Loggia, deren drei Arkaden früher zum Garten und der Natur hin offen waren, heute mit grossen Fenstern verschlossen, ist das prächtige Herz der Villa Madama. Hier zu stehen und zu staunen ist ein unvergessliches Erlebnis. Als Raffael starb, war der Bau der Gartenloggia vollendet. Das Dekorationsprinzip wurde von ihm konzipiert. Entwurf und Ausführung der Stuckaturen, Grotesken und Fresken aber übernahmen danach Giovanni da Udine, Giulio Romano und Baldassare Peruzzi.​

Die Köpfe in den Nacken gelegt konnten wir uns nicht sattsehen am dreiteiligen Gewölbe mit der zentralen Kuppel und den beiden seitlichen Kreuzgewölben:​


Zur Talseite hin hat die Loggia einen geraden Wandabschluss mit einem Lünetten-Fresko, über das noch zu berichten sein wird.​

Zur Hangseite hin endet die Schmalwand in einer Exedra mit Nischen, die zur Aufnahmen von Statuen bestimmt waren.​

Auch die Innenwand weist zwei Exedren mit kassettierten Halbkuppeln auf, in deren Nischen früher Skulpturen aufgestellt waren.​

Die Loggia diente als Statuengalerie, Wandelhalle und Festsaal. Sogar unvollendet war die Villa Falcone oder Vigna del papa bewohnbar, und es sind zahlreiche Aufenthalte von Papst Leo X. und Giulio de Medici belegt.​

Die meisten mythologischen Szenen des Bildprogramms strahlen eine von den Auftraggebern gewollte Heiterkeit aus. Sie lassen sich auf Geschichten antiker Autoren wie Ovid, Statius, Plinius und Philostrat zurückführen.​

Südwestliches Kreuzgewölbe


In den vier Medaillons sind Puttenspiele das Thema. Die Putten tauchen als fleissige Helfer des Bildhauers Dädalus auf, feiern beim Venusfest, spielen mit Schwänen und vergnügen sich beim Schlagballspiel.​


Europa und der Stier
Detail zwischen südwestlichem Kreuzgewölbe und zentraler Kuppel​

Zentrale Kuppel



Hier sind in Form von Allegorien der Kreislauf und die Gewalten der Natur dargestellt. In den sechseckigen Bildfeldern sind die Götter Juno, Jupiter, Pluto, Proserpina und Neptun dargestellt. Sie symbolisieren die vier Elemente Luft, Feuer, Erde und Wasser. In den Stucktondi personifizieren Proserpina, Ceres, Bacchus und ein alter Mann der sich am Feuer wärmt die vier Jahreszeiten, Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter.

Nordöstliches Kreuzgewölbe


Die vier Baldassare Peruzzi zugeschriebenen Medaillons zeigen mythologische Szenen. Zwei davon handeln wahrscheinlich vom Aufenthalt des Achilles auf Skyros, eine erzählt die Fabel von Salmakis und Hermaphroditos, eine ist nicht identifiziert, es könnte sich um die Lustbarkeiten eines Bacchanals handeln.​

Lünettenfresko auf der Talseite der Loggia


Es handelt sich hier um ein Werk von Giulio Romano, den Zyklopen Polyphem darstellend. Von Odysseus und seinen Gefährten geblendet liegt der geschlagene Riese in seiner finsteren Höhle, während sich um ihn herum und am Höhleneingang furchtlos kleine Satyrn vergnügen.​

Das Fresko ist in schlechtem Zustand und entspricht teilweise nicht mehr dem Original. Es wurde bereits 1527 beim Brand der Villa schwer in Mitleidenschaft gezogen. Von Vasari wissen wir, dass die Zeitgenossen Romanos das Fresko mit dem ungewöhnlichen Sujet sehr lobten.​

Im Vergleich zu Sebastiano del Piombos früherem Polyphem in der Villa Farnesina wirkt diese Darstellung tragischer.​

Polyphem ist noch einmal Thema in der dem Fresko benachbarten nordöstlichen Wandexedra der Loggia. Dazu später noch mehr. Werfen wir zuerst einen Blick auf die​

Exedra an der Hangseite der Loggia




Schön und auffallend ist vor allem die muschelförmige Kalotte. Sie wird von einem Löwenkopf bekrönt, der von Viktorien umgeben ist und von dem Strahlen ausgehen. Es handelt sich hier wohl um eine Anspielung auf Papst Leo X. Der Kardinalshut unter dem Löwenkopf erinnert hingegen an den Papstneffen Giulio de Medici.​

Die Halbkuppel der daneben liegenden​

südwestlichen Wandexedra


zeigt in ihrem unteren Bereich Stuckaturen vor blauem und grünem Hintergrund.​


Nordwestliche Wandexedra



Der überwiegende Teil der Stuckaturen in der Halbkuppel zeigen noch einmal Szenen aus dem Leben Polyphems. Dargestellt sind u.a. seine Bemühungen der geliebten Galatea zu gefallen. Auf eine dieser Szenen wird später an anderer Stelle en détail eingegangen werden. :nod: ;) :~

Doch Galatea wies Polyphem wegen ihrer Liebe zu dem Jüngling Acis zurück. Die Geschichte endete tragisch: Acis wurde von dem eifersüchtigen Zyklopen erschlagen.

Eines der verblassten Bildfelder in der Wandexedra zeigt Symbole der Familie Medici, den Falken und den Diamantring. (Vgl. Diamond Rings: Medici Emblem)


Die Loggia diente auch der Verherrlichung des Hauses Medici und seines Mäzenatentums.

Wir setzten unseren Weg fort durch die weiteren Räume des Erdgeschosses und gelangten durch diese beiden Salons​




in einen grossen Festsaal mit prächtiger von Giulio Romano ausgemalter Decke:​







Mittelpunkt der Decke ist ein grosses von einer Früchte-Girlande umgebene Wappen der Medici. Links und rechts davon erkennen wir die Himmelswagen der Götter Apoll und Diana, Sinnbilder für Tag und Nacht.

Umgeben ist diese Szene von altrömischen Szenen mit Priestern und Vestalinnen sowie den heraldischen Symbolen der Medici. Auch den Falken mit Diamantring finden wir hier wieder.

Die Tiere sind vor allem Exemplare aus der Menagerie Leos X. Dazu gehören Pfau, Papagei, Strauss, Truthahn, Jaguar und Löwe als Referenz auf Leo X.

Nun gelangen wir in den letzten Raum des Erdgeschosses mit Kamin und Büsten:



Wir hatten Glück und wurden auch ins piano nobile der Villa Madama geführt. Wir erreichten es über eine prächtige Wendeltreppe. Sie liess mich sofort an Borrominis Treppenhaus im Palazzo Barberini denken, ist aber viel jünger. Marcello Piacentini errichtete sie in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Auftrag der di Frassos.​




Diese Räume sind noch nicht sehr lange zu besichtigen, erst Ex-Premierminister Mario Monti öffnete sie dem Publikum.​



Folgendes Detail fand natürlich die besondere Aufmerksamkeit einer der Tre a Roma:​



:thumbup: :thumbup:​

Besonders prächtig ist das Esszimmer mit Wandteppichen im Stil der Chinoiserie. Zwischen den goldenen Ranken der Decke tummeln sich wie am Himmel Schmetterlinge und exotische Vögel, welche dem Raum eine wunderbare Leichtigkeit verleihen. Man glaubt das Gezwitscher förmlich zu hören. ;)





Von der Terrasse aus geniesst man einen prachtvollen Blick auf das Olympiastadion und das Foro Italico, Mussolinis monumentalen zwischen 1928 und 1938 errichteten Sportkomplex. Weiter hinten erkennt man Ponte Milvio und Ponte Flaminio. Beugt man sich weit vor, erkennt man auf der Höhe des Monte Mario ebenfalls die vergoldete Madonna di Monte Mario.





Auch Schlafgemächer und das feudale Marmorbad der Contessa bekamen wir hier zu sehen:​


Nach dem Rundgang durch das piano nobile kehrten wir ins Erdgeschoss zurück. Nun hörte man wirklich Vögel zwitschern, denn einladend stand die Tür zum Garten für uns offen.​


Seit unserem Eintreten in die Villa Madama hatte er mich magisch angezogen und aus den Fenstern im Erdgeschoss hatten sich schon ein paar schöne Blicke u. a. auf die grün schimmernde peschiera, den Fischteich geboten.​


Die Gartenterrassse

Die Pläne Raffaels hatten Terrassen bis hinunter zum Tiber vorgesehen. Heute finden wir hier Buchsbaumhecken, efeubewachsene Mauern an der Hangseite und eine Balustrade mit Büsten Caesars und römischer Kaiser. Ein kleiner Brunnen mit der Farnese-Lilie befindet sich in der Nähe der Balustrade. Ein Pfad führt von der Loggia zu einem von zwei steinernen Riesen bewachten Tor. Die Giganten sind ein Werk von Baccio Bandinelli aus dem Jahr 1521.​








Julius Caesar​

Eine doppelte Treppenanlage führt zum Fischteich hinunter:​


Hinter dem Tor mit den beiden Giganten, die früher Lanzen hielten, liegt der leider verschlossene "wilde" Garten. An der Hangseite dieses naturbelassenen Gartens gibt es wie im vorderen Bereich Nischen, die früher Statuen und Brunnen enthielten und eine Art Garten-Museum wie in den Villen römischer Kaiser bildeten. In einem Tälchen am Ende dieses Garten befindet sich ein mit sechs Putten geschmückter Brunnen.​



Schöne Blicke boten sich auch zurück auf die Gartenfassade der Villa Madama:​



Ein letzter Höhepunkt stand uns noch bevor, der Elefantenbrunnen in einer der Nischen der Gartenterrasse:​





Der Brunnen ist ein Werk von Giovanni da Udine und zeigt das Marmorporträt des berühmten und beliebten Elefanten Annone (Hanno). Dieser indische Elephant wurde Papst Leo X. 1514 vom portugiesischen König Manuel I. geschenkt. Das Tier war die grösste Attraktion der päpstlichen Menagerie. Seine Geschichte lasse ich euch hier selbst lesen: Hanno (Elefant)

Die Rückwand der Nische mit dem Brunnen war früher mit Muscheln ausgelegt und erinnert an ein antikes Neptunheiligtum. Die Nischen und Brunnen der Villa Madama wurden zum Vorbild für viele jüngere Villen, u.a. die Villa d'Este in Tivoli.





Venus-Statue in einer Nische der Gartenterrasse​



Abschied von einem zauberhaften Ort​

S
 
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Ein neuer Tag – ein neuer Blick durch das mische Kaleidoskop


Nach dem Blick auf die besonders prächtig glitzernden und funkelnden Steinchen der Madama fahren wir ins Centro storico um dort jeder nach seinem Gusto das Römische Kaleidoskop weiter zu drehen.


Die Kirche Sant'Ivo alla Sapienza mit dem originellen spiralförmigen Turmaufsatz, am Corso Rinascimento gelegen, ist zu dieser Stunde zwar nicht geöffnet, aber den Hof können wir betreten und einfach mal schauen.


Sant'Ivo war als Kapelle für die ehemals päpstliche Universität La Sapienza geplant. Die Kirche sollte sich in den bereits bestehenden Gebäudekomplex der Università einfügen und wurde als Abschluss des länglichen Hofes an dessen Ostseite gebaut. Die Arkadenreihe der den Hof umgebenden Paläste wurde in der Kirchenfassade fortgeführt. Papst Urban VIII., der Borromini zum Architekten und Baumeister der Universitätskapelle ausersehen hatte, war aus der Familie Barberini und trug so die Bienen – Symbol der göttlichen Weisheit - im Papstwappen, die man im Innenhof unter der Dachtraufe als Schmuck am Bau findet.


Apropos Biene: ich habe gelesen, dass auch der Grundriss der Kirche Sant'Ivo als Form einer Biene gedeutet wird. Schon zu Lebzeiten Borrominis legte man ihn so aus, noch dazu, nachdem er im Grundriss eine Biene eingezeichnet hatte.


Vorbei geht es – nicht ohne am Nasone die Wasserflaschen gefüllt zu haben – am Bücherbrunnen mit dem Hirschkopf, Zeichen für das Viertel Sant'Eustachio in dem wir uns gerade befinden,


und an dem riesigen Rund (Durchmesser 5,30 Meter, Gewicht 25 t) des Brunnens an der nächsten Piazzetta.


Dieses Prachtstück von Brunnenschale aus ägyptischem Granit stammt vermutlich aus den Thermen des Nero, die sich in der Antike in dieser Gegend befanden. Noch im Mittelalter kannte man die Concha Sancti Eustachii bevor sie vollkommen verschüttet war und erst Mitte der 1980er Jahre bei Grabungsarbeiten in der Nähe des Palazzo Madama gefunden wurde. Die zum Teil mehrere Tonnen schweren Fundstücke wurden in aufwändiger Restaurationsarbeit wieder zusammengesetzt und vom Senat der Stadt Rom geschenkt. Die wunderschöne Schale ist noch antik, während das achteckige Auffangbecken neueren Datums ist. Leider haben sich in der Schale Risse gebildet, durch die das Wasser wegsickert, so dass den schönen Granit Roststellen überziehen und nicht mehr zutrifft, dass der „Schale Rund, … , sich verschleiernd, überfließt in einer zweiten Schale Grund“.


Dafür „fließen“ die Piazza Rotonda und das Pantheon über von Menschen, die sich auf ersterer tummeln und zweites besichtigen. Da „steppt der Bär“ ;)

rund um den Brunnen von Giacomo della Porta an dem Delphine und Gruselmasken ihr Wasser spucken.


Und wir „flüchten“ erst einmal zu Giolitti. Da diese Gelateria aber noch nie ein „Geheimtipp“ war, tummeln sich auch hier nicht weniger Menschen. Aber an einem Tischchen sitzend kann man dem Treiben um und im Giolitti gut zusehen und während u.a. das köstliche Opera italiana oder Champagnereis (Feigeneis war wieder einmal aus) genossen wird, das römische Erinnerungskaleidoskop drehen lassen.


Das waren noch Zeiten, als man/frau/ich ohne Anstehen an die Theke des Giolitti gehen, sich neben die signori diputati aus dem Palazzo Montecitorio stellen und einen Caffè trinken oder ein Gelato misto bestellen konnte. Der Geräuschpegel war gedämpft, die Minen wichtig und der Gruß lässig, bevor i signori vom nahen Parlament sich wieder zurück in ihre Büros begaben. Was wohl alles bei so einer Espresso-Pause besprochen oder ausgehandelt wurde? Vielleicht erschöpften sich die gestenreichen Gespräche auch in Prognosen, wie das Wetter morgen wird...

Ein weiteres buntes Kaleidoskopmuster tut sich auf im Tazza d'oro, wo es nach dem Eis von Giolitti noch einen Caffè braucht.


Die Säcke voll Kaffeebohnen gibt es noch, aber die Waage in der Ecke nicht mehr. Umso besser: ich gerate nicht in Versuchung mich darauf zu stellen. Der Vergleich mit früher wäre nicht so lustig. Dafür gibt es aber auch im Tazza d'oro nun mehr Touristen als früher, jedoch der Caffè schmeckt wieder und immer noch sehr gut: „Heiß wie die Hölle, süß wie die Liebe und schwarz wie die Nacht“ – so soll er sein, der Espresso.


Auf den weiteren altbekannten Wegen durch das Viertel Pigna gelangen wir zur Kirche S. Maria sopra Minerva, der wir natürlich einen, wenn auch kurzen Besuch abstatten, grüßen „Beli“, Berninis kleinen aber starken Elefanten, der den kleinsten Obelisken Roms (wenn man das noch kleinere Bruchstück eines Obelisken in der Villa Celimontana nicht zählt) auf seinem, mit einer schönen Troddeldecke geschützten Rücken trägt.


Papst Alexander VII., der Bernini den Auftrag für den „Pulcino della Minerva “ erteilte, besaß das Buch Hypnerotomachia Poliphili, in dem eine Vielzahl von Holzschnitten abgebildet waren u.a. eine "elephantina machina", ein Elefant der einen Obelisken trägt. Alexander VII. war ein Bewunderer der „Weisheit Ägyptens“ und inspiriert von der Symbolik, die im alten Ägypten der Obelisk („Strahl der göttlichen Sonne“) und der Elefant (die Erde, die mit dem vom Himmel fallenden Wasser genährt wird, das der Elefant mit seinem Rüssel aufnimmt) hatten, sollte auch „sein Elefant“ so symbolträchtig sein: durch den „göttlichen Sonnenstrahl“ und die „himmlische Nahrung“ kann in der Erde (repräsentiert durch den starken Elefanten) Leben entstehen. So habe ich es gelesen in "Roma insolita e segreta" - aber bis jetzt den „Pulcino“ nicht unter diesem Aspekt betrachtet. Selbst der Kosename „Pulcino“ (Küken), den ihm das römische popolino verpasst hat, ist eine Verballhornung und geht auf „Porcino“ (kleines Schwein) zurück. „Il porcino della Minerva“ sollen die Leute gerufen haben, als er am 11. Juli 1667 aufgestellt worden war. War es, weil man noch keine Elefanten zu Gesicht bekommen hatte oder weil „Beli“ - warum heißt er eigentlich hier im Forum so? - an ein Schweinchen denken ließ (siehe sein Hinterteil, das er dem Dominikanerkonvent zuwendet). Die Dominikaner sind die Hausherren in S. Maria sopra Minerva und die Ansichten, wie der kleine Elefant mit dem Obelisken auszusehen habe, scheinen nicht immer klar gewesen zu sein, zwischen dem zuständigen Dominikaner-Padre und dem Künstler. So könnte man die Inschrift auf dem Sockel „Sapientis Aegypti/ insculptas obelisco figuras/ ab elephanto/ belluarum fortissima/ gestari quisquis hic vides/ documentum intellige/ robustae mentis esse/ solidam sapientiam sustinere“ über die ganzen favole des kleinen Elefanten mit dem Obelisken stellen: es bedarf eines starken Geistes um eine solide Wahrheit zu ertragen.


Weiter führt unser Weg ins Viertel Parione zur Piazza Navona – immer wieder schön, auch wenn sie übervölkert ist mit Touristen, Straßenkünstlern, Verkäufern dieser Kunst und ;) Gauklern -, wo ich mein Erinnerungskaleidoskop nur schnell und nur für mich drehe,


weiter über den Campo de' Fiori – hier werden gerade die letzten Marktstände abgebaut, aber wir wollen uns dort sowieso nicht aufhalten – und wir wechseln in den Rione Regola zur Piazza Farnese. Hier halten wir inne: das Platzensemble ist schön wie immer, der grandiose Palazzo Farnese, die beiden Badewannen aus den Caracalla-Thermen auf Veranlassung der Familie Farnese hier aufgestellt und zu Brunnen umfunktioniert.

Wir betreten die Kirche Santa Brigida, die Nationalkirche der Schweden, die vielleicht kunsthistorisch nicht so interessant ist, auf die ich aber neugierig bin. Die Nonnen des Brigittenorden in ihrer etwas seltsamen Tracht („grauen Habit mit schwarzem Schleier, darüber eine Leinenkrone aus drei weißen Leinenbinden mit fünf roten Punkten, die die fünf Wundmale Christi symbolisieren“) beten gerade ihr Stundengebet. Um nicht zu stören setzen wir uns in die letzte Stuhlreihe und halten kurz inne. Der Bezug zu dieser Kirche ist Altomünster im Landkreis Dachau, wo es noch das einzige Kloster des seit dem Mittelalter bestehenden alten Zweiges des Brigittenordens in Deutschland gibt. Jedoch auch dort gibt es nur noch wenige und an Lebensjahren alte Schwestern dieses Ordens.

Fresko (ca. 1709) des Langhauses der Kirche Santa Brigida:
"Glorie der hl. Brigitta"

Aber nun möchte ich doch noch ein wenig das Erinnerungskaleidoskop drehen und mich an den aufblitzenden bunten Farben erfreuen.


Die Via Giulia, die parallel zum Tiber verläuft, war für mich immer eine besondere Straße. Papst Julius II. - der kunstsinnige und zugleich auch als il papa terribile gefürchtete Pontifex, der alle namhaften Künstler seiner Zeit nach Rom berief - wollte diese ehemalige Prachtstraße und auf sein Geheiß hin wurde sie von Bramante geplant. Die schnurgerade, einen Kilometer lange Straße ist zum größten Teil von schönen Renaissancepalästen gesäumt und lädt ein zu einem ruhigen Spaziergang gerade mal einen Steinwurf von der Hektik des römischen Verkehrs entfernt. Geschwungene Kirchenfassaden, Antiquitätengeschäfte und Werkstätten von Möbelrestauratoren wechseln sich ab mit den noblen Palazzi, in deren Innenhöfe sich – wo es erlaubt ist - ein Blick lohnt.

Wir gehen zuerst ganz an den Anfang der Via Giulia, um die Kirche zu finden, in der Vinzenz Pallaotti bestattet ist. Vinzenz Pallotti wurde 1795 in Rom in der Nähe des Campo de'Fiori geboren und hat die Altstadt sein Leben lang nicht verlassen. Sein pastoraler Einsatz galt den Armen und Schwachen in seiner Nachbarschaft. Er wurde auch mit dem Dienst in Spirito Santo dei Napoletani in der Via Giulia betraut und war ein gefragter Spiritual, auch beim römischen Adel. Er starb am 22. Januar 1850 im Haus neben der Kirche San Salvatore in Onda. Papst Johannes XXIII. sprach ihn während des Zweiten Vatikanischen Konzils am 20. Januar 1963 heilig.


Die kleine, versteckt in einer Seitenstraße liegende Kirche San Salvatore in Onda muss man sicherlich nicht unbedingt gesehen haben, aber ich wollte sie aufsuchen, um hier am Erinnerungskaleidoskop zu drehen und an einen lieben Menschen bei den Pallottinerinnen zu denken. Und siehe da: Ein alter Pallottiner-Pater tat still an seinem Platz „Kirchendiener-Dienst“, begrüßte uns nach einer Weile sehr freundlich und erleichtert, sich mit uns in deutsch unterhalten zu können. Der gebürtige Unterfranke, der über 30 Jahre in Brasilien war und nach einer „Sabbat“-Zeit hier im umtriebigen (chaotischen) Rom nächstes Jahr wieder – sehr gerne 8O – zurückgeht, kannte auch Sr. H.aus L.! Und wir haben zusammen herzlich gelacht über die Anekdote, die sie uns einmal erzählt hatte, als Elisabeth Kübler-Ross die „Gesellschaft des Katholischen Apostolates“, deren Abkürzung SAC lautet, als „Schweizer Alpen Club“ deutete.

Ende Oktober setzt die Dämmerung früh ein, die passeggiata durch die Via Giulia wird zum Abendspaziergang und so streifen wir nur ein paar der Sehenswürdigkeiten.


Der als Fotomotiv beliebte Brückenbogen wird Michelangelo zugeschrieben und könnte der einzige fertiggestellte Abschnitt eines Brückenprojekts sein, der angeblich den Palazzo Farnese diesseits des Tibers mit der jenseits gelegenen Farnesina verbinden sollte. Der gewaltige Plan ist in den Anfängen stecken geblieben.


Ein Blick „über den Zaun“ in den Garten und auf die von der Abendsonne angeleuchtete Gartenfassade des Palazzo Farnese.

An der gegenüberliegenden Straßenseite die Fontana del Mascherone – eine große Brunnenwanne, darüber ein zierliches Becken und ein steinernes Fratzengesicht, aus dessen Mundöffnung bei prächtigen Straßenfesten, die in der Via Giulia auch stattfanden, auf Veranlassung der Familie Farnese schon mal Wein statt Wasser gesprudelt sein soll.


Die Hausnummern in der Via Giulia laufen bunt durcheinander, gerade und ungerade, rauf und runter auf jeder Straßenseite – und so befinden wir uns jetzt mitten im Straßenverlauf bei Nr. 1. Der dazugehörige Palazzo Falconieri aus dem 17. Jhdt., Fassade von Borromini, hat einen kleinen idyllischen Hofgarten zur Tiberseite hin.


Heute ist der Palazzo Sitz der Ungarischen Akademie, worauf auch die „Patrona Hungariae“ mit dem Kind auf dem Mosaik im Eingangsbereich hinweist,


während auf dem Schlussstein des Portals der Falke zu sehen ist, das Emblem der Falconieri.

Vor den „neuen Gefängnissen“ in Nr. 52 (sie entstanden auf Anweisung von Papst Innozenz X. und waren Mitte des 17. Jhdt. die ersten einigermaßen humanen Gefängnisse der Welt), in denen die Direzione Nazionale Antimafia untergebracht ist, ist ein großer Auflauf von Polizei und schwarzen Limousinen mit gelangweilt davor wartenden Fahrern – ob hier wohl Wichtiges in Sachen Antimafia besprochen, beraten und beschlossen wird? - Ein Foto zu schießen erschien nicht angebracht ...


Die nächste Seitenstraße links - Moment mal - hier biegen wir ab - Via del Gonfalone – am Ende der kleinen Straße zum Tiber hinab befindet sich das Oratorio del Gonfalone.
Ehemals eine Kirche ist es jetzt ein Ort, an dem Konzerte stattfinden. Der Kirchenraum ist ausgestattet mit beeindruckenden Fresken, die Szenen aus dem Leben und der Passion Christi darstellen, ausgeführt von Zuccari u.a. Künstlern, die Mitte des 16. Jhdt. in Rom tätig waren. Eine Besichtigung ist nur möglich nach Anmeldung oder bei einem Konzertbesuch. - Und hier dreht sich wieder mein Erinnerungskaleidoskop und bringt glitzernde Farbsplitter hervor.


Ich hatte das Glück im Oratorio del Gonfalone so manches Konzert hören zu dürfen – das jedoch in einer Zeit, in der ich den Kunstgenuss des Raumes noch nicht so richtig zu würdigen wusste. :blush: :uhoh: 8O

Über dem Eingangsportal erkennt man ein kleines Relief, das die Madonna della Misericordia – also eine Schutzmantelmadonna – darstellt. Sie war Patronin der Bruderschaft der Gonfalone.


Diese Bruderschaft kümmerte sich um die Freilassung und Wiedereingliederung von Inhaftierten und hatte das Privileg in einer Kapelle beim Kolosseum eine Art Passionsspiele aufzuführen, die jedoch von Papst Paul III. 1539 verboten werden mussten, da die Zuschauer sich so sehr vom Schauspiel hinreißen ließen, dass sie gegen die Peiniger Christi gewalttätig wurden. Vielleicht deswegen die Ausmalung des Oratoriums mit starken Darstellungen der Passion Christi...

Zurück auf der Via Giulia würden die (steinernen) Sofas zur Rast einladen, wenn die Plätze daneben nicht schon von Gästen des Hotels im dazu gehörenden Palazzo besetzt wären. Die ausladenden Quadersteinblöcke sind Überbleibsel eines geplanten, aber nicht ausgeführten Bauprojektes von Julius II. Angeblich sollte hier die Curia Iulia entstehen, ein riesiger Palast, in dem alle römischen Gerichte untergebracht werden sollten.


Die Nr. 66 der Via Giulia, der Palazzo Sacchetti: ein mächtiger Palast mit einer langen Baugeschichte. Hatte ihn wirklich Antonio da Sangallo nach seiner Vermählung mit der florentinischen Patrizierin Isabella Deti für seine Familie geplant, wie eine Inschrift an der Fassade andeutet? - bis er endlich 1649 an die aus Florenz stammenden Marchesi Sacchetti kam, deren Nachfahren den Palast noch heute bewohnen, auch wenn Teile davon anderweitig vermietet sind.
Emile Zola hat diesen Palazzo, in dem ein Großteil seines Romanes „Rom“ spielt, so beschrieben: „Das regelmäßige, vom Alter geschwärzte, kahle und massive Haus machte ihn etwas beklommen (…) Die Fassade, gegen die Straße zu ungeheuer breit und viereckig, bestand aus drei Stockwerken; das erste Stockwerk war sehr hoch, sehr vornehm. Statt jeden Schmucks ruhten die hohen, wohl aus Furcht vor einer Belagerung mit ungeheuren, vorspringenden Gittern versehenen Fenster des Erdgeschosses auf großen Konsolen...“



Wenn ich mein Erinnerungskaleidoskop drehe, dann tauchen Farbsplitter auf, dunklere als leichte Beklommenheit, wenn wir abends vorsichtig und leise die breite Herrschaftstreppe hochgeschlichen sind – schon Ingeborg Bachmann hatte sie geschätzt („ Ich habe mir immer ein Haus wie dieses hier gewünscht, gegen das kein Sturm ankommt,“ sagte sie … „das Treppenhaus ist besonders schön. Die Stufen sind so gemauert, dass man bequeme Schritte machen kann.“ aus „Über Ingeborg Bachmann II - Porträts, Aufsätze, Besprechungen 1952 - 1992“, Hg. von Michael Schardt) - und bunte helle Glitzersteinchen, wenn wir im „Dachstübchen“ mit einer lieben Freundin bei einem oder zwei Glas gutem Rotwein saßen... - Aber ich erinnere mich nicht, die herrlichen Fresken, die die Salons des Palazzo zieren, gesehen zu haben.

In jüngerer Vergangenheit gelangte der Palazzo Sacchetti noch anders in den Blick der Öffentlichkeit. Ingeborg Bachmann, die österreichische Schriftstellerin, die bereits Jahre zuvor mit Max Frisch im Palazzo Nr. 101 schräg gegenüber gewohnt hatte, erlitt im Palazzo Sacchetti, in dem sie seit 1971 ein Appartement bewohnte, in der Nacht vom 25. auf den 26. September 1973 den furchtbaren Brandunfall, an dessen Folgen sie dann am 17. Oktober 73 im römischen Krankenhaus Sant'Eugenio starb.



Ein kurzer Blick in den Innenhof – der Portiere kam aus dem schönen Gärtchen, das zur Tiberseite hin gelegen ist, zu seiner Portiersloge zurück und verwehrte weiteres „Eintreten“ mit einem freundlichen aber entschiedenen Kopfschütteln. Und so ist es also auch hier beim Palazzo Sacchetti so wie bei meisten anderen Renaissancepalazzi der Via Giulia:

die schönen Innenhöfe und Gärten dazu sind selten einsehbar oder zugänglich. Auf der anderen Seite verständlich: ich möchte auch nicht, dass jeder in meinen Vorgarten kommt und Fotos macht.

Den Abschluss unseres Spaziergangs durch die Via Giulia bildet ein Besuch in der Kirche San Giovanni dei Fiorentini. Sie war (und ist) die Nationalkirche der Florentiner in Rom, die wohlhabend und einflussreich waren und so prädestiniert um vor allem im Bankgewerbe und hier für die Päpste tätig zu sein.


Am Bau der prächtigen Kirche waren bedeutende Architekten und Baumeister beteiligt, von Sangallo bis della Porta und Maderno. Fast hundert Jahre, von 1518 bis 1614, wurde an der Kirche gebaut, die Fassade wurde sogar erst 1733/34 fertiggestellt.
Auch die Ausgestaltung des Kircheninneren wurde von etlichen Mitgliedern der damaligen römischen „Künstlerelite“ vorgenommen. Leider sehen wir davon nicht mehr so viel. Der Innenraum ist in Dämmerlicht getaucht, die schönen Altäre, Grab- und anderen Denkmälern nur noch bedingt zu sehen. (Apropos: Diese Kirche ist auch die Grablege der Sacchettis, die bereits von Dante in der „Göttlichen Komödie“ erwähnt wurden. Der zuletzt verstorbene Nachfahre, Giulio Sacchetti, fand ebenfalls hier seine letzte Ruhestätte.) Entdeckt haben wir die Gedenktafel für den ewig mit Bernini in Wettstreit liegenden, an sich zweifelnden und depressiv gewordenen Francesco Borromini, der sich das Leben nahm und im Grab von Carlo Maderno, dem Erbauer der Kuppel von San Giovanni dei Fiorentini, beigesetzt wurde. Selbsttötung war seinerzeit geächtet, vielleicht wurde Francesco Borromini, dieser großartige Baumeister, deshalb ohne viel Prunk zu seinem Onkel ins Grab gelegt.

In der Kirche ist es dämmrig und sehr ruhig. Ein paar stille Beter knien vor den Altären und der Kirchendiener ist dabei, die vielen Kerzenständer von den Wachsresten zu befreien. Leise um nicht zu stören schlüpfen wir hinter den Hauptaltar und steigen die Treppe zur Krypta hinab.





Dieser klare ovale Raum, der von Borromini entworfen und ausgeführt wurde und Gräber der Familie Falconieri – ihren Palazzo haben wir in der Via Giulia gesehen – enthält, strahlt eine feine, anmutige Leichtigkeit aus und gilt mit Recht als „kleines Meisterwerk Borrominis“.


Zufrieden verlassen wir die Kirche der Florentiner.

Den Rückweg auf den Grünen Berg bewältigten wir mit dem gut gefüllten 870er Bus. Am Kinderhospital Bambino Gesù sind die meisten Fahrgäste ausgestiegen (auch die kleine indische Familie, die Frau im Sari mit Rollkoffer und Kinderwagen und der Papa mit kunstvoll gewickelten Turban auf dem Kopf und dem weinenden Kleinkind auf dem Arm) – und man sah auch warum: welcher Andrang dort oben an den verschiedenen Eingängen zum Kinderkrankenhaus. Wie viele kranke Kinder wollen jeden Abend besucht und getröstet werden... Der Bus fuhr über den abendlichen Gianicolo und es bot sich uns zum Abschluss des Tages ein wunderschöner Blick auf das Lichtermeer von Rom.

P
 
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Von S. Maria sopra Minerva
zum Chiostro del Bramante

Den ersten Teil des nachmittäglichen Programms an diesem 28.10.2013 hat Pasquetta bereits sehr schön beschrieben. Ich begnüge mich mit ein paar zusätzlichen Bildern:


S. Ivo alla Sapienza


Giolitti und Tazza d'oro


Piazza della Minerva

Santa Maria sopra Minerva

habe ich schon ungezählte Male besucht. Heute steuerte ich zielsicher dieses auf eine Holztafel gemalte Gemälde von Antoniazzo Romano, eigentlich Antonio di Benedetto Aquilio degli Aquili (1430 bis 1508 oder 1512) an:​


Verkündigung​

Ungewöhnlich an diesem Spätwerk A. Romanos ist, dass man zwischen dem Erzengel Gabriel und der Muttergottes auf goldfarbenem Grund Kardinal Juan de Torquemada (1388 bis 1468 ) erkennt, der Maria drei Mädchen zuführt. Er war Mitglied einer Gemeinschaft, die armen Mädchen eine Mitgift zur Verfügung stellte. Torquemada, der Onkel des Grossinquisitors Tomás de Torquemada, ist in Santa Maria sopra Minerva beerdigt.​

Zu meinem grossen Leidwesen war mir nicht das Glück beschieden, die grosse Antoniazzo Romano Pictor Urbis-Ausstellung im Palazzo Barberini besuchen zu können. Sie begann erst drei Tage später am Morgen meiner Abreise aus Rom.

Claude hat die Ausstellung besucht und kann sich nicht daran erinnern die Verkündigung aus S. Maria sopra Minerva dort gesehen zu haben, also gehe ich davon aus, dass wir das Original gesehen haben.

Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste ist, dass sich hinter der Sakristei von Santa Maria sopra Minerva die sogenannte Camera di S. Caterina di Siena befindet. 1630 liess Kardinal Antonio Barberini auf seine Kosten grosse Teile des Sterbezimmers der Heiligen Katharina von Siena nach Santa Maria sopra Minerva transferieren. An den Wänden Fresken von Antoniazzo Romano, darunter eine schlichtere aber sehr ähnliche Verkündigungsszene. Siehe hier. Auch eine Kreuzigungsszene gehört zu diesen Werken. Siehe hier. Diese Fresken wurden aus Anlass der Ausstellung restauriert und sind dort zu sehen.​

Bekannt hingegen war mir seit Juni 2012 die wunderschöne Verkündigungszene A. Romanos in S. Onofrio:​


Wir verliessen S. Maria sopra Minerva nicht ohne dem Christus von Michelangelo einen Besuch abgestattet zu haben.​




Vor S. Maria sopra Minerva trennten sich die Wege der Tre a Roma für den Rest des Nachmittags. Claude und ich gingen zur Piazza della Rotonda,​


weiter zur Piazza Navona und Santa Maria della Pace. Unser Ziel war der​

Chiostro del Bramante

Dort hatten wir vor die Kleopatra-Ausstellung anzuschauen.


Der zur Kirche Santa Maria della Pace gehörende Kreuzgang war das erste Werk des aus Mailand kommenden Donato Bramante in Rom. Er gilt als Begründer der Hochrenaissance in der Ewigen Stadt.

In Neapel knüpfte er Kontakt zu Kardinal Oliviero Carafa, einem Freund des Mailänder Erzbischofs. Dieser beauftragte ihn 1500 mit dem Entwurf und dem Bau eines Kreuzganges für die Kirche Sta. Maria della Pace in Rom. Bramante arbeitete bis 1503/04 an diesem zweigeschossigen Kreuzgang; im unteren Stockwerk tragen mächtige Pfeiler, denen ionische Pilaster vorgeblendet sind, Rundbögen, so dass eine Arkadenarchitektur nach dem Vorbild antiker römischer Bauten entstand. Im Obergeschoss erheben sich abwechselnd Pfeiler und schlanke Säulen, über denen in gerader Linie das Gebälk ruht. Die Säulen des Obergeschosses stehen jeweils über der Mitte eines Arkadenbogens vom Untergeschoss und halbieren ihn damit. Die Anlage in der Formensprache der Antike wirkt ruhig und strahlt Würde aus.

Kardinal Oliviero Carafa hatten wir eben erst in Santa Maria sopra Minerva im wunderschönen Freskenzyklus von Filippino Lippi in der Cappella Carafa getroffen. ;)


In dieser weiteren Verkündigungsszene erkennen wir rechts Thomas von Aquin und den knienden Kardinal Carafa.

Rings um den Chiostro del Bramante verläuft die Inschrift

DEO OPT MAX ET DIVE MARIE VIRGINI GLORIOSE DEIPARE
CANONICIS QZ REGVLARIBVS CONGREGATIONIS LATERANENSIS
OLIVIERVS CARRAPHA EPS HOSTIENSIS CARD NEAPOLITAN
PIE A FVNDAMENTIS EREXIT ANNO SALVTIS CRISTIANE MDIIII

Dem besten und grössten Gott und der seligen Jungfrau Maria, der glorreichen Muttergottes
für die Lateranensischen Chorherren errichtete dies
Oliviero Carafa, Bischof von Neapel,
von Grund auf im Jahre des Heils 1504



Oft und gerne habe ich hier bereits Ausstellungen besucht und in der ersten Etage im Caffè del Chiostro oder auf den steinernen Sitzen Platz genommen und die schöne Atmosphäre genossen. Seit einiger Zeit gibt es nun auch die Sala delle Sibille, von der aus man auf das Sibyllen-Fresko Raffaels in Santa Maria della Pace hinunterblicken kann. Siehe: Römisches Mai-Wochenende mit "Cortili aperti" - Seite 14


Diesmal hatte ich mir vorgenommen endlich den Fresken im Kreuzgang mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Da ich als erste die Ausstellungsräume verliess hatte ich schon einige Photos gemacht als Claude kam. Gemeinsam hatten wir unsere Freude daran weitere Szenen zu indentifizieren.

Drei der vier Flügel des Innenhofs oder Kreuzgangs sind mit Szenen aus dem Leben Mariens dekoriert. Im vierten, dem Westflügel, finden sich Szenen aus der Geschichte des alten Muttergottesbildes welches über dem Hauptaltar von Santa Maria della Pace zu sehen ist. Siehe hier und hier in der Galerie der Foristi tre grazie ed un patta. 8) :thumbup:

Die Vorstellung der einzelnen Fresken folgt gleich anschliessend im nächsten Berichtsteil.

S
 
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Fresken im Chiostro del Bramante

Szenen aus dem Leben Mariens

Im Nordflügel:​

Geburt Mariens​



Darstellung im Tempel​



Muttergottes mit Heiligen​



Vermählung der Jungfrau Maria​



Im Ostflügel:​

Mariä Heimsuchung​



Die Geburt Jesu​



Darstellung Jesu im Tempel​



Anbetung der Heiligen drei Könige​



Zweite Darstellung im Tempel​


Der zwölfjährige Jesus im Tempel​



Im Südflügel:​

Die Hochzeit zu Kana​



Die Beweinung Jesu​



Die Tröstung​



Der Tod Mariens​



Die Himmelfahrt Mariens​



Die Krönung Mariens​



Im Westflügel:​

Ereignisse um das Gnadenbild von S. Maria della Pace

Zur Zeit von Papst Sixtus IV., um 1480, begann das Bild Wunder zu wirken. Es befand sich damals im Portikus des Vorgängerbaues von Santa Maria della Pace, einer kleinen Kirche namens Sant’Andrea de Acquarenariis, einer dem Heiligen Andreas geweihten Kirche der Wasserträger und –verkäufer. Ein erboster Ballspieler verkraftete seine Niederlage nicht und warf einen Stein nach dem Gemälde.

Das von Steinen getroffene Muttergottesbild blutet​



Nach der Pazzi-Verschwörung 1478, herrschte Kriegsgefahr und eine gespannte Situation zwischen Rom und Florenz. Papst Sixtus IV. flehte die Madonna um Hilfe in dieser politischen Angelegenheit an und legte ein Gelübde ab, demzufolge er versprach eine neue Kirche zu erbauen wenn er erhört und der Frieden gewahrt bleiben würde.​

Papst Sixtus IV. betet vor dem Marienbild und erfleht den Frieden​



Im Dezember 1482 schlossen Mailand, Neapel, Florenz und der Papst Frieden. Einen Tag später zog eine Prozession zur Kirche und der Papst benannte die Kirche in Santa Maria della Pace um. Bald darauf begann der Neubau der Kirche.

Sixtus IV. legt den Grundstein für die neue Kirche S. Maria della Pace​



Die Kanoniker nehmen Besitz vom Kloster​



Beim Kirchenneubau war das wundertätige Madonnenbild zunächst an seiner ursprünglichen Stelle in der alten Aussenwand geblieben. Diese wurde in der neuen Kirche zur Innenwand. Etwas später, wahrscheinlich 1486, wurde das Bild auf den Altar unter der Kuppel von S. Maria della Pace übertragen. Dafür sorgte Papst Innozenz VIII., welcher dem Madonnenbild ebenfalls die Erhörung eines Gebetes zu verdanken hatte.​

Das wundertätige Bild wird von Papst Innozenz VIII. auf den Altar von S. Maria della Pace übertragen​



Der Autor dieser mit viel Liebe zum Detail gemalten Fresken ist unbekannt geblieben.​

Nachdem wir die Fresken so ausführlich betrachtet hatten brach die Dunkelheit herein:​


Am Caffè della Pace entlang​


gingen wir zur Piazza Navona und kehrten vom Largo Argentina mit Tram und Bus zu unserem Quartier auf dem Gianicolo zurück.​




S
 
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Achter Hügel

und

Aurelianische Mauer


Morgensonne über dem Gianicolo.





Die Aurelianische Mauer säumt den Weg.​




Ein Schmuckstein des achten Hügels, stets von Neuem gerne anzuschauen: die Fontana dell'Acqua Paola.​









Gleiches gilt für die vielfältigen Impressionen und Ausblicke entlang der Passeggiata del Gianicolo.​


Hier im Vordergrund das Gefängnis Regina Coeli.​












Gegenwärtig überall am Wegesrand: die Patrioten des Risorgimento.​


Besonders gedacht hat man ihrer - und zugleich ihre Büsten restauriert - vor zwei Jahren: zum 150. Jubiläum der italienischen Einheit. Auch deren Vordenker und Vorkämpfer rückten dabei erneut in den Blickpunkt: die römische Republik von 1849 unter dem Triumvirat Giuseppe Mazzini, Carlo Armellini, Aurelio Saffi sowie Giuseppe Garibaldi samt seinen Kombattanten. Sie unterlagen der französischen Streitmacht nach monatelangen blutigen Schlachten, namentlich am Gianicolo.​



An diesem Ort, dem sogenannten Colle del Pino, von der Acqua Paola nur wenige Schritte entfernt, ruhen vereint die sterblichen Überreste der Gefallenen von 1849 wie auch aus den Kämpfen von 1870. Architekt war Giovanni Jacobucci (1895-1970); die Einweihung erfolgte am 3. November 1941.


Ein zweifaches weiteres Denkmal gesetzt hat man im Jubiläums-Jahr 2011 den Ereignissen von 1849: das Museo della Repubblica Romana sowie die Mauer (bereits auf obigem Photo der Patrioten im Hintergrund zu erkennen) mit dem Text der Verfassung.​








Mit Gleichmut toleriert Patriot Melchiorre Cartoni unser übermütiges Treiben in der Morgensonne:​




Mag sie wohl geschienen haben ebenso strahlend - und gleichmütig - an jenem Tage, als während der Kämpfe am Gianicolo 1849 Righetto zu Tode kam?



Unerheblich, ob ein Junge dieses Namens historische Figur wäre oder Legende. Denn dermaßen dicht, dermaßen real ist der "wahre Kern", dass der Name kaum mehr als Schall und Rauch bedeutet ... sit venia verbo, sollte ich diesem leider nur allzu treffenden Ausdruck wohl anfügen.​

Righettos Schicksal war das nicht weniger seiner römischen Zeit- wie auch Altersgenossen: Während der Belagerung durch General Nicolas Oudinot im Sommer 1849 sammelten sie unter Lebensgefahr noch nicht detonierte französische Bomben, wofür sie ein Entgelt erhielten. Das Kriegsmininisterium, chronisch knapp an Munition, setzte diese bocce (so der römische Dialektausdruck) dann wiederum gegen den Feind ein.​

Die Bomben jener Zeit detonierten nicht sofort, wenn sie auf dem Boden auftrafen, sondern erst nach Herunterbrennen der Zündschnur. Darum trugen die Bombensammler große nasse Lappen mit sich herum, mittels derer sie die Glut löschten. Wie oft, wie vielen das nicht rechtzeitig gelang ... niemand vermag es zu sagen. So auch nicht dem 12-jährigen Righetto, eines Morgens am Tiberufer beim Ponte Sisto: Das Geschoss, das ihm soeben in die Hände gefallen ist, tötet ihn und zerfetzt seinen Hund Sgrullarella.


Bereits 1851 setzte man Righetto in Mailand ein Denkmal, das ihn betitelt als L'Audace: der Wagemutige. 2005 folgte eine Replik an der Passeggiata del Gianicolo. Righetto blickt in Richtung auf die Denkmäler Garibaldis sowie - etwas weiter unterhalb, in Richtung Vatikan - von dessen Frau Anita. Zu seinen Füßen liegen sein Hund und seine Trompete.​



In unserem Kaleidoskop wahrlich ein schwarzes, ein schweres Glassteinchen ...​



Das nächste hingegen funkelt wiederum bunt und lebensfroh! Und längst nicht mehr zum ersten Mal lassen wir es seinen Glanz hier im Forum verbreiten:​


S. Onofrio - die Geburt der römischen Renaissance




Die Geschichte der Kirche, vatikanseitig am Fuß des Gianicolo gelegen, könnte wohl niemand schöner und profunder erzählen als diese beiden: einerseits Romeartlover ;) - mehr aber noch Signora Emiliana. Sie freute sich gleichermaßen über das Wiedersehen wie über die Bekanntschaft mit neuen Bewunderern der kleinen Kirche, welche ihr so sehr am Herzen liegt. Warum das so ist, das verstand sie in ihrer kompetenten und interessanten Führung :thumbup: auch unseren fünf Frischlingen ;) nahezubringen.

Da jedoch dies alles in früheren Berichten bereits gesagt ist (vgl. außer dem Link in der Überschrift auch hier: S. Onofrio al Gianicolo), sollen für diesmal nur Bilder sprechen.​















Flucht nach Ägypten​

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Von der Aurelianischen Mauer sind wir am Morgen ausgegangen - zu ihr kehren wir nun am Mittag zurück, in weitem Bogen:​




Bekanntlich löste die Mauer, welche den Namen Kaiser Aurelians (270-275) trägt, den unter Kaiser Servius Tullius (578–534 v. Chr.) errichteten Verteidigungswall ab, über den Rom längst hinausgewachsen war. Noch heute ist sie auf nahezu ihrer gesamten Länge von 19 km erhalten. Allerdings war diese Ausdehnung stets zugleich auch ihr Schwachpunkt. Denn Rom hatte im Grunde niemals genügend Soldaten, um den ganzen Mauerring zu bemannen. Seine insgesamt 18 größeren Tore sind teilweise ausgebaut zu veritablen Festungstürmen; auch eine Reihe damals bereits (bzw. damals noch) bestehender Bauten wurde integriert: die Cestius-Pyramide, das Amphitheatrum Castrense, die Castra prätoria, Teile der Wasserleitung Aqua Claudia sowie später auch das Hadrians-Mausoleum. Die meisten heutigen Rom-Besucher kennen es nur unter seinem modernen Namen: Castel Sant’Angelo.​

Von den feindlichen Einfällen, welche die Aurelianische Mauer nicht verhindern konnte, ist wohl am bekanntesten diese Trias: die Völkerwanderung des 5. Jh. (Westgoten 410, Vandalen 455); der Durchbruch der Bersaglieri an der Porta Pia, 20. September 1870; und die Niederlage Garibaldis im Juni 1849. Nahe dem westlichen Eingang der Villa Sciarra brachen die französischen Truppen durch die Mauer; anders als an der Porta Pia wurde diese Bresche später wieder geschlossen:​




Das Museo delle Mura zeigt diverse Relikte und zwei Modelle der Stadtbefestigung. Begehbar ist ein Teilstück Arkadengang; hingegen die dortigen Treppenaufgänge zur Mauerkrone sind gesperrt. Jedoch genießt der Museumsbesucher einen wunderbaren Ausblick vom Westturm der Porta S. Sebastiano sowie von der Plattform zwischen beiden Türmen aus.​






































Der Drusus-Bogen, gelegen unmittelbar hinter der Porta San Sebastiano (stadteinwärts), war Teil der Aqua Marcia.​









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Edit: Seit dem 27.8.2014 kostenloser Eintritt im Museo delle Mura. :idea:​
 
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Unser römisches Kaleidoskop setzt sich erneut in Bewegung und führt uns jetzt zur Grablege der Scipionen.


Es war im Jahre 2006, als ich zum ersten Mal vor dem Eingang stand. Aber keine Chance: Das Grab der Scipionen war in restauro und nicht zugänglich. Die Reisegefährtinnen hatten bereits das Vergnügen, diese einzige erhaltene Grabstätte einer bedeutenden Senatorenfamilie aus republikanischer Zeit anzusehen.

Römische Zeitenwende

Für mich sollte es ein Programmpunkt meines nächsten Rombesuchs sein. Deswegen ging es nach der Besichtigung des Museo della Mura in Begleitung eines netten Römers, der für die Führung zuständig war, zu dem bislang stets verschlossenen Eingang. Der Rundgang erfordert nicht nur die Beaufsichtigung der Besucher, sondern auch Sicherheitsvorkehrungen und deswegen darf man nur in Begleitung in die archäologische Stätte. Wir wurden sofort mit einem Haarnetz und äußerst kleidsamen gelben Sturzhelmen ausgestattet. Sozusagen capite velato betraten wir die Anlage. Wir sollten doch nicht durch eventuell herabfallende Steine zu Schaden kommen.
Obwohl ich das örtliche Idiom nicht beherrsche, kann ich sagen, dass ich der Führung durch unseren kundigen Begleiter durchaus zu folgen vermochte.


Der auf das 3. Jh. zurückgehende antike Grabbezirk lag nicht an einer öffentlichen Straße, sondern an einer Abzweigung zwischen der Via Appia und der Via Latina, vor der heutigen Porta San Sebastiano. Damals lag diese Stelle - wie es vorgeschrieben war – außerhalb des Stadtgebietes. Als man die aurelianische Mauer baute und der Ort dann innerhalb der Stadtmauern lag, wurde die Grablege schon längst nicht mehr genutzt. Die Wahl dieser Stelle bei der Via Appia ist sicher kein Zufall: wie unser „Cicerone“ hervorhob, sollte damit die Zuneigung zur griechischen Kultur zum Ausdruck gebracht werden. Appius Claudius Caecus, Censor des Jahres 312 v. Chr. und „Bauherr“ dieser bedeutenden Straße ist die erste genauer fassbare Persönlichkeit, die deutliche Neigungen zur griechischen Kultur hatte. „Seine“ Straße führte nach Süden geradewegs in Richtung der Magna Graecia. Das ursprüngliche Grabmonument war ebenso schmucklos wie die Sarkophage: von dem Gräberluxus der späten Republik sind wir noch weit entfernt. Damals waren die Grabstätten weniger protzig. Die repräsentative Selbstdarstellung des Verstorbenen und seiner Familie spiegelte sich eher in den eindrucksvollen Zeremonien der Beisetzungsfeierlichkeiten, die wir aus einer Beschreibung des Polybios kennen. Konkurrenz beim Bau der Grabmäler ist erst aus spätrepublikanischer Zeit bekannt – als Beispiele mögen die Gräber des Cestius, der Caecilia Metella und des Eurysakes dienen.


Das Grab selbst ist in den Cappellaccio-Tuff getrieben (dass hier ein die Stollen eines Steinbruchs genutzt wurden, ist eher unwahrscheinlich) und verfügt über einen quadratischen Grundriss, der durch 4 große Pfeiler in Räume gegliedert wurde, in denen entlang den Wänden die Sarkophage der Familie aufgestellt wurden.


Rechts des Kerns wurde später ein weiteres Hypogäum angebaut, weil es keinen Platz mehr für die Aufstellung weiterer Sarkophage gab. Nach Coarelli gehen die Baumaßnahmen auf Scipio Aemilianus zurück. Er dürfte auch für die Monumentalisierung der Fassade verantwortlich gewesen sein, durch die der Ruhm der Familie für alle sichtbar werden sollte.


Diese Fassade bot in Nischen Platz für drei Statuen, ist aber leider nur teilweise erhalten. Einen Rekonstruktionsvorschlag findet man bei Coarelli. Über einem Podium befand sich eine Front mit ionischen und korinthischen Säulen, zwischen denen Statuen der prominentesten Mitglieder der Familie (Scipio Africanus und Scipio Asiaticus) und des Dichters Ennius standen. Ein eindrucksvolles Denkmal, das einen Besucher empfing, der von der Via Appia in die Urbs reiste. Hier sind auch Spuren der Fresken aus der Zeit des Scipio Aemilianus erhalten, die jedoch nur flüchtig ausgeführt wurden. Angesichts mehrerer übereinander liegender Schichten kann man davon ausgehen, dass die Malereien von vornherein nicht für eine lange Dauer gedacht waren, sondern regelmäßig erneuert wurden, wenn erneu die Beisetzung einer bedeutenden Persönlichkeit der gens erfolgte. Die Malereien der beiden unteren Schichten ähnelten dem, was die Römer von den Triumphzügen her kannten, auf denen tabulae triumphales mitgeführt wurden, die die Erfolge der römischen Generäle illustrierten. Die obere Schicht zeigt demgegenüber nur Ornamente in rot.



Die älteste Bestattung des Hypogäums befindet sich gegenüber dem Eingang am Mittelgang. Der Sarkophag des Scipio Barbatus (Consul 298 v. Chr.), dessen Original sich heute in den vatikanischen Museen befindet. Er hat die Form eines mit Rosetten und Triglyphen geschmückten Altars mit Voluten am Deckel.



Derartige Altäre waren in Großgriechenland und Sizilien gebräuchlich – was gut zu dem für die Grablege gewählten Ort passt, der ja bereits auf Griechenland verweist. Form und Dekor sind deswegen auffällig, weil alle anderen in der Gruft gefundenen Sarkophage schlicht und lediglich mit einer Inschrift versehen sind. Offenbar war eine Heroisierung des Grabinhabers beabsichtigt, zumal der Sarkophag auch wie ein tatsächlicher Altar der Vollziehung von Opfern an Tagen wie den parentalia gedient haben wird. Auch diese Heroisierung verweist auf Griechenland und die Zeit der Diadochen.
Die heute lesbare Inschrift ersetzte einen Text, der überschrieben wurde. Scipio Africanus ließ den ursprünglichen Text durch ein Zitat aus der die Taten des Verstorbenen preisenden Grabrede auf den „Barbatus“ ersetzen, die sich im Familienarchiv befand. Auch hier ist griechischer Einfluss spürbar: es kommen Wertvorstellungen zum Ausdruck, die über den römischen Wertekanon des mos maiorum hinausgehen: neben der virtus wird die „forma“, die physische Schönheit des Verstorbenen, gepriesen – ein Verweis auf die in Griechenland verhaftete Vorstellung der Kalogagathia.

Die Inschriften dürften in Zukunft auch ohne Streiflicht erheblich besser lesbar sein, denn man ist gerade dabei, sie mit roter Farbe nachzuziehen. Weshalb die so eifrig Tätigen allerdings eine so eindrucksvolle Schutzkleidung tragen, erschloss sich mir nicht so ganz - sind es doch nur Kopien. Vor roter Farbe kann man sich auch mit erheblich einfacheren Mitteln schützen.​



Die Fundgeschichte ist komplex: 1614 kamen eine Inschrift und zwei Skulpturen zum Vorschein – letztere befinden sich heute in München und in Kopenhagen. Aber dann geriet die Anlage wieder in Vergessenheit, bis sie 1780 erneut entdeckt wurde. Damals inspirierte der Fund den Schriftsteller Alessandro Verri zu seiner Erzählung „ le notti romane al sepolcro de’Scipioni“. Bis 1926 musste man warten, bis das Grab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Indem Kopien der Inschriften und Sarkophage (die längst an anderen Orten aufbewahrt wurden) angefertigt wurden, sollte der Originalzustand für den Besucher nachvollziehbar gemacht werden. Insgesamt sind etwa 30 Bestattungen in dem Hypogäum erfolgt, hinzu kommen 5-6 weitere im jüngeren Annex. Auffallend ist, dass die Scipionen an der Praxis der Körperbestattung festhielten, obwohl die Feuerbestattung längst allgemein üblich geworden war.​

Auch wenn immer noch Arbeiten noch immer in Gange sind (wie man oben sieht), kann man das Scipionengrab dank des Einsatzes der Ehrenamtler vom italienischen Touringclub nun wieder besichtigen. Hier möchte ich dem wirklich kompetenten Herrn ein herzliches „Mille grazie“ sagen, denn ohne seinen Einsatz (und den der beiden anderen Signori) wäre das Tor immer noch verschlossen. Leider war es schon zu spät, um auch das Columbarium des Pomponius Hylas zu entdecken, für das die „raggazzi“ ebenfalls die Schlüsselgewalt haben. Einen Eindruck vermittelte aber das Columbarium, welches sich neben der Grabanlage der Scipionen befindet.


Der Knochen ist nicht antik, aber es ist sicher auch auszuschließen, dass die Fremdenführer einen Besucher eingeschlossen haben.​


Columbarien sind eine Bestattungsform, die sich nur in Rom und in Campanien nachweisen lässt – es fehlen Vorbilder aus Etrurien oder Griechenland. Sie sind wohl durch die dichte Besiedlung und den Wunsch nach einer angemessenen Grablege erklären, denn sie konnten, wie die Bilder zeigen, zahlreiche Bestattungen aufnehmen. Auftraggeber waren in der Regel reiche Familien für ihre Sklaven, Berufsgenossenschaften oder andere Gruppen, die den Angehörigen eine dauerhafte Pflege ihrer Grablege ermöglichen wollten. In den Pfeilern und Wänden waren in fünf Reihen übereinander Nischen angebracht, in denen jeweils zwei Urnen Platz fanden. Die farbig gefassten Felder boten Platz für die Namen der dort Bestatteten. Etwa 500 Urnen dürften hier beigesetzt gewesen sein.


Nach diesem Ausflug in die Unterwelt betrachteten wir noch das Gebäude, welches über dem Grabmal errichtet wurde.​


Hier im Schnitt sieht man, wie sich die Konstruktionen übereinander befinden:​




Wir verließen die interessante Stätte durch dieses Portal, um einen - nach so eindrucksvollen Besichtigungen - entspannten Nachmittag zu genießen.​

Auf dem Weg in die Stadt kamen wir am Lateran vorbei. Das Tricliniumsmosaik ist zwar nur eine moderne Kopie, aber im Karlsjahr 2014 möchte ich den geschätzten Lesern diese Bilder nicht vorenthalten.​





Das Empfangskomitee in der Innenstadt wartete sicher nicht auf uns, aber wer der offizielle Gast war, war leider nicht zu ergründen:​



Bei Tazza d'oro gab es die längst fällige Stärkung: Leopoldine erfreute sich an dem Herzchen aus Milchschaum.​




Nach dem Boxenstopp flanierten wir noch in aller Gemächlichkeit durch das im Herbst noch sommerliche centro storico. Allen Lesern, die uns bis hierher gefolgt sind, herzlichen Dank! Und: à suivre ...​

C.
 
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Im Schatten der Pyramide:

Cimitero acattolico mit Grabstätte Lello Scorzellis


In der via Caio Cestio, zwischen dem Viertel Testaccio und der ägyptisch wirkenden Cestius-Pyramide, ziehen windgepeitschte Zypressen die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich. Ihre schaukelnde Bewegung scheint die Inschrift "Resurrecturis", die über dem weiten, wuchtigen Eingangsportal steht, noch betonen zu wollen. Wenn man durch dieses Portal geht, betritt man das, was auch heute noch wie "eine Oase der Romantik inmitten der Stadt des Barocks und der Klassik" wirkt; "ein ländlicher Friedhof in Miniatur". Mit diesen Worten beschrieb der französische Historiker und Philosoph Philippe Ariès den "Cimitero acattolico" in Rom, der auch als englischer oder protestantischer Friedhof bekannt ist und neuerdings oft als der Friedhof der Künstler und Dichter bezeichnet wird.
Quelle: Ein grüner, blühender Garten im Stadtverkehr von Rom | ZENIT - Die Welt von Rom aus gesehen

An diesem friedvollen Ort hat einer der besten italienischen Bildhauer des 20. Jahrhunderts, Lello Scorzelli, seine letzte Ruhestätte gefunden.

Den Cimitero acattolico kannten wir bereits, die Grabstätte hingegen noch nicht. Nachdem wir von ihrer Existenz erfahren und uns intensiv mit dem Leben und vor allem mit dem Werk Scorzellis beschäftigt hatten, war es uns ein Bedürfnis, im Zuge dieser Romreise das Grab Scorzellis aufzusuchen. Wir fanden es in der Nähe der erwähnten Zypressen.






Während wir hier eine Weile im Gedenken an den Künstler verweilten, riefen wir uns einige der Informationen ins Gedächtnis, die wir in Erfahrung gebracht haben, seit der Name Lello Scorzelli hier im Forum erstmals von unserem Nutzer Padre genannt worden ist. Siehe hier.



Lello Scorzelli

Raffaele (Lello) Scorzelli wurde am 7.11.1921 in Neapel geboren. Sein Vater Eugenio war Maler und auch Lello bewies früh künstlerisches Talent. Dem Wunsch seiner Familie entsprechend schrieb sich Scorzelli für ein Medizinstudium ein; ein Jahr später an der neapoltanische Kunstakademie. Diese besuchte er allerdings nicht, sondern zog es vor, als Autodidakt Malerei und Bildhauerei zu studieren. Zwischen 1938 und 1942 nahm er an Gemeinschaftsausstellungen teil, u.a. an der XXIII. Biennale von Venedig.

Im zweiten Weltkrieg geriet er in national-sozialistische Gefangenschaft und kam in ein Konzentrationslager nach Deutschland. Unter dramatischen Umständen gelang ihm die Flucht und er kehrte nach Neapel zurück.

Er nahm seine künstlerische Laufbahn wieder auf, nahm in den vierziger Jahren an diversen Ausstellungen teil. Voller Begeisterung für die Kunst der Renaissance unternahm er 1946 eine Studienreise nach Florenz.

1947 zog er von Neapel nach Mailand. Dort unterrichtete sein Vater an der Akademie der Brera. Die Mailänder Galerie Ranzini organisierte die erste persönliche Ausstellung des Künstlers und stellte Werke Scorzellis aus den Jahren 1940 bis 1946 aus, darunter zahlreiche Porträts und Szenen des täglichen Familienlebens.

Ende der 40er und während der 50er Jahre folgten Auszeichnungen für seine bildhauerischen Werke und weitere persönliche Ausstellungen in Rom (1948 und 1952), Mailand, Florenz und Neapel. Auch an Gemeinschaftsausstellungen nahm er teil z.B. an der VII. Quadriennale von Rom. In Mailand stellte er 1958 sechzehn kleinformatige Bronzeskulpturen aus und erfuhr den definitiven Durchbruch bei der Kritik. Mit Beginn der 60er Jahre erwachte sein Interesse für die sakrale Skulptur, die fortan sein Hauptthema blieb.

1959 lernte Scorzelli den Kardinal-Erzbischof von Mailand Giovanni Battista Montini kennen. Als Papst holte dieser Scorzelli 1963 nach Rom und richtete ihm ein Studio im Vatikan ein.
Scorzelli fertigte im Auftrag des Vatikan Skulpturen und Goldschmiedearbeiten an. Bekannt wurde vor allem sein Kreuzstab für Paul VI., den dieser erstmals 1965 zum Abschluss des 2. Vatikanischen Konzils trug. Eine Vorstellung dieses und weiterer Werke Scorzellis findet der interessierte Leser in folgendem Thread Lello Scorzelli (1921-1997)

Der Künstler befand sich nun auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Die Anfertigung seiner expressiven monumentalen Werke nahm im Schnitt drei Jahre in Anspruch.

Seine letzten Werke für die Kathedrale von Bologna beendete er, bereits seit mehreren Jahren an Parkinson erkrankt, 1997. Lello Scorzelli verstarb in Rom im Alter von 76 Jahren.

Seine Ehefrau Edvige Rasore Biglione konnte es leider nicht erreichen, dass den Werken ihres verstorbenen Mannes eine Ausstellung gewidmet wurde. Der 2012 von Benedikt XVI. zum Kardinal erhobene Pater Prosper Grech schreibt dazu in einem Artikel über seinen Freund:
Purtroppo, tutti gli sforzi di Edvige per organizzare una mostra complessiva delle opere di Lello risultarono vani. Quando una tale mostra si farà, e spero di visitarla anche io con Edvige e sua figlia Olga, il pubblico italiano potrà finalmente convincersi che Scorzelli è stato uno dei più grandi scultori del ventesimo secolo.
Quelle

Gaukler hat den Text für uns übersetzt.
Leider sind alle Anstrengungen Edviges, eine umfassende Ausstellung von Lellos Werk zu organisieren, ergebnislos geblieben. Wenn eine solche Ausstellung stattfinden wird - und ich hoffe, dass auch ich sie werde besuchen können, zusammen mit Edvige und ihrer Tochter Olga -, dann wird die italienische Öffentlichkeit sich endlich davon überzeugen können, dass Scorzelli einer der größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts war.
Weshalb Lello Scorzelli als katholischer Italiener seine letzte Ruhestätte auf dem Cimitero acattolico fand, wissen wir nicht, aber es könnte in Zusammenhang mit dieser Aussage der Leiterin des Friedhofs stehen:
Auch wenn der "cimitero acattolico" als historische Stätte gilt, finden hier immer noch Beerdigungen statt. "Etwa 18 bis 20 pro Jahr", erklärt uns die Leiterin. "Um die Genehmigung zu bekommen, muss der Verstorbene eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, mit letztem Wohnsitz in Italien gemeldet gewesen sein und nicht-katholisch sein." Unter den etwa 4000 Gräbern sind aber auch die einiger Italiener, weil die Regelung erlaubt, dass nahe Verwandte eines Verstorbenen in seiner Nähe beigesetzt werden dürfen. Deshalb sind auch "katholische Italiener, wenn sie zum Beispiel mit einem Ausländer anderen Glaubens verheiratet waren, hier beigesetzt worden."
Quelle

S
 
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Im Schatten der Pyramide:



Museo Ferroviario Porta S. Paolo



Kathedralen der Moderne: Als solche erbaute das fortschritts- und technikgläubige 19. Jahrhundert seine Großstadtbahnhöfe. Die Architekten des frühen 20. Jh. taten es ihm nach - so auch Marcello Piacentini 1924 am Piazzale Ostiense, im Schatten der Cestius-Pyramide:



Welcher Romreisende noch niemals dieses elegante Gebäude der "Roma - Ostia - Lido" betrat, dem sei angeraten, dies baldigst nachzuholen ... und sich gut darin umzuschauen. Denn nicht nur wird er dann sich an der Jugendstil-Architektur erfreuen können - sondern bald auch den Zugang entdecken, nämlich am westlichen Bahnsteig, zum Museo Ferroviario an der Porta S. Paolo.

Hingegen für Besucher normalerweise geschlossen ist der Eingang an der postalischen Adresse des Museums, in der Via Bartolomeo Bossi - hier von außen wie auch von innen gesehen:




Die ausgestellten Fahrzeuge changieren zwischen stilvoll (insofern besonders passend zur Eleganz der Bahnhofshalle) einer- und urig-robust andererseits.





Präsentiert werden außer dem rollenden Material und anderen historischen Objekten des Bahnbetriebs auch graphische Darstellungen zur Entwicklung der Bahngesellschaften, d.h. den Wurzeln des heutigen Verkehrsverbundes Metrebus; ferner eine alte Biglietteria.



Lok 5, Baujahr 1922 (rekonstruiert 1947), Einsatz auf der Eisenbahnstrecke Rom–Ostia:








1967/68 eingesetzt auf der Strecke Roma – Civitacastellana – Viterbo: Motorwagen mit Piaggio-Motor aus der „Ape“ (dahinter Graphik- sowie weiteres Material, wie oben erläutert):







Gespann aus Motor- und Flachwagen, Baujahr 1951:






Eingeschoben an dieser Stelle ein kleiner Exkurs:
Die im Herbst 2013 temporär vor den Fahrzeugen aufgestellten "Stelen" präsentierten eine Ausstellung historischer Photos, zum Gedenken vor allem an das Kriegsjahr 1943 mit den schweren Bombardierungen der Stadt - und natürlich auch ihrer Bahnanlagen, ihrer Fahrzeuge und ihrer Menschen.


Juli 1943: Depot Porta Maggiore, „die bizarre Situation der Tram- und Straßenbahnwagen, die sich um einen Krater mit Sprengstoff herum bewegen“.






Juli 1943: Durch Luftangriffe beschädigte Werkstätten in Prenestina







Rom 1955: Gedenkandacht für die Gefallenen der ATAC infolge Bombardierung der Anlagen von Prenestina und Portonaccio.





Juli 1943, Werkstatt Portonaggio: „Die Splitter der Gebäude-Verkleidung - es handelt sich um den ehemaligen Dachstuhl der alten Stazione Termini - wurden hunderte Meter weit geschleudert".






Rom, 1941: „Am 20 Dezember erweitert ein erstes modernes Straßenbahnfahrzeug den Fuhrpark“. Photo von einer Probefahrt.






Juli 1943: „Viele Gebäude der ATAC liegen zu nahe an militärischen Zielen der Anglo-Amerikanischer und werden von der vollen Wucht der Bombardements getroffen“.





Juli 1943, Werkstatt Prenestina: „Arbeiter und Techniker machen sich wieder an die Arbeit – nachdem sie zuvor geholfen haben, die Leichen ihrer Kollegen aus den Trümmern zu bergen“.





Rom, 1943: Hilfstruppen der Regierung nutzen „die Busse der alten Linie Roma – Tivoli, welche stehengeblieben waren an der Endhaltestelle in der Via Gaeta in dem Augenblick, als die Sirenen zu heulen begannen“.



Nahe dem ETW von 1921 (s. unten) eine alte Hebevorrichtung; dazu Blick auf die Gleise der Roma - Ostia - Lido samt modernem Gleisbauzug (der Firma Plasser & Theurer, selbstverständlich 8)):






Elektrotriebwagen ECD 21, Baujahr 1931, Società Romana Ferrovie del Nord (SRFN), 3. Wagenklasse und Gepäck- bzw. Postabteil; verkehrte zwischen Flaminio/Piazza del Popolo und Viterbo:






Tram 404, Baujahr 1937 (außer Dienst gestellt 1980), befuhr die Strecke Termini – Cinecittà – Capannelle:






Lok 1, Baujahr 1915, Eisenbahnstrecke Roma – Fiuggi – Alatri - Frosinone:






Tram 70, Baujahr 1911 (außer Dienst gestellt 1980), verkehrte zwischen Rom und den Albaner Bergen, auf der Strecke zu den Castelli Romani.





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Einige technisch-organisatorische Hinweise für den Besucher:

  • Geöffnet montags bis donnerstags 9.00-16.00 h, freitags bis 13.00 h.
  • Der Eintritt ist gratis. Zwar muss man die Zugangsschranke zu den Bahnsteigen passieren, was normalerweise nur mit gültigem Fahrschein geht - jedoch braucht man kein BIT dafür einzusetzen (sofern man nicht ohnehin eine Netzfahrkarte besitzt), sondern kann sich einfach an der Biglietteria melden; dann wird man eingelassen.
  • Auf freundliches Klopfen hin darf man die Tür des kleinen Verwaltungsgebäudes (mit den getönten Scheiben) am Tor öffnen: Darin sitzen freundliche Menschen, die auf höfliche Bitte hin freundlicherweise auch einige Fahrzeuge sowie die alte Biglietteria von innen zu zeigen bereit sind - sofern ihr interner Betriebsablauf es gerade zulässt, einen Mitarbeiter dafür abzustellen.


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Das römische Kaleidoskop ist erneut in Bewegung!

Heute standen die Priscilla-Katakomben auf dem Programm. Die Wartezeit verkürzten wir uns mit einem kleinen Rundgang rund um die Anlage. Es ist doch erstaunlich, was man da so alles entdecken kann. Die Carabinieri haben sogar eine eigene "Benimmschule":





Um 200 begannen die Christen, für die es ein Gebot der caritas war, auch den Armen eine würdige Stätte für ihre Grablege zur Verfügung zu stellen, Gemeinschaftsfriedhöfe einzurichten. Die spezifisch römische Form des Coemeteriums war die Katakombe. Allerdings waren Katakomben nicht spezifisch christlich, wie heidnische Bestattungen darin belegen. Dass man größere Friedhöfe benötigte, ergab sich schon aus der Tatsache, dass im 2. Jh. die Brandbestattung zugunsten der Körperbestattung aufgegeben wurde. Damit kamen auch die Columbarien außer Gebrauch: angesichts des Mehrbedarfs an Platz und der enormen Grundstückspreise legte man unterirdische Grabstätten an. Die Änderung der Bestattungsform war keineswegs christlicher Einfluss, sondern ein allgemein zu beobachtendes Phänomen im Laufe des 2. Jh., das nicht mit veränderten religiösen Vorstellungen zusammenhing. In diese Zeit fällt dann auch die große Serie der römischen Sarkophage mit Mythenbildern oder Schlachtdarstellungen, weil man eben keine Urnen mehr für die Beisetzung verwendete.

Bei den Christen hingegen spielte auch der Glaube eine wichtige Rolle: da man die Auferstehung des Fleisches erwartete, zog man die Inhumation vor. An der Tatsache, dass Friedhöfe grundsätzlich außerhalb der Stadt zu liegen hatten, hielt man fest: erst als man begann, die Reliquien der Martyrer in die Kirchen der Stadt zu holen, sollte sich das ändern. In Rom befanden sich die Grabstätten vor allem an den wichtigsten Ausfallstraßen im Süden und Osten der Stadt. Da aber die Anlage von Katakomben auch von den geologischen Rahmenbedingungen (leicht auszuhöhlender Tuffstein) abhing, war man nicht mehr so streng am Straßenverlauf orientiert.

Unsere kleine Reisegruppe hatte das unerhörte Glück, eine Führung durch einen ausgewiesenen Spezialisten erleben zu dürfen. Ich möchte auf diesem Wege Herrn Monsignore Prof. Dr. Stefan Heid herzlich im Namen aller Teilnehmer danken, dass er sich die Zeit genommen hat und uns eine anspruchsvolle, hochinteressante Führung erleben ließ. Mille grazie, merci beaucoup!

Der kurze Bericht muss ohne reiche Bebilderung auskommen, denn in den Katakomben darf nicht fotografiert werden und da gab es auch für unsere so privilegierte Runde selbstverständlich keine Ausnahme. Privilegiert waren wir wirklich: das sahen wir an dem Gänsemarsch einer größeren Gruppe, die an uns vorbeizog – nicht ohne sich darüber zu wundern, dass wir eine Führung in deutscher Sprache hatten und zudem nur 9 Personen waren.

Das Gelände der Katakomben wurde – wie auch die meisten anderen Katakomben Roms - nach 1870 vom Vatikan aufgekauft, um zu verhindern, dass sie profaniert und überbaut werden. Ein äußerst weitsichtiger Entschluss der Kirche. Damals befand sich hier an der Peripherie Roms noch unbebautes Land, das landwirtschaftlich genutzt wurde. Heute dagegen liegen die Katakomben mitten in der Stadt, die längst in diese Randbezirke hinausgewachsen ist, wobei die Bausünden bei dieser Expansion, ähnlich wie bei der Beseitigung der mittelalterlichen Bebauung in der Innenstadt, nur zu deutlich auf der Hand liegen. Im 2. Weltkrieg dienten die Katakomben als Zufluchtsorte jüdischer Mitbürger, die sich dort vor Razzien in Sicherheit brachten – leider ist kaum zu rekonstruieren, wie viele Menschen auf diese Weise vor ihren Verfolgern gerettet werden konnten, weil es verständlicherweise keine Verzeichnisse gibt (diese hätten ja auch in unbefugte Hände fallen können). Leider sind diese Fakten nur zu wenig bekannt.

Derzeit sind die Priscilla-Katakomben in der Obhut von Benediktinerinnen. Ob der Konvent allerdings noch lange an diesem Ort bestehen bleiben kann, ist ungewiss: das Durchschnittsalter ist beträchtlich und Nachwuchs gibt es auch in Rom kaum. Ebenso ungewiss ist die Antwort auf die Frage, wer sich dann um die Katakomben kümmern wird. Leider waren wir ein paar Tage zu früh dran, um die Neurestaurierung in Gänze würdigen zu können. So gab es auch noch ein paar Absperrungen. Über diese Neugestaltung wurde bereits an anderer Stelle im Forum berichtet.

Priscilla-Katakombe: Neues Museum und mehr zu sehen

Die Priscilla-Katakomben liegen an der antiken Via Salaria. Schon in der Antike nutzte man den porösen Tuffstein zur Gewinnung von Sand und auch nach Auflassung der Katakomben in späterer Zeit besann man sich auf diese Funktion.

Angelegt wurde die Priscilla-Katakombe, wie andere Katakomben auch, von oben nach unten. Der zugehörige oberirdische Grabbezirk ist heute verloren. In den langen Gängen – Monsignore Heid wies ausdrücklich darauf hin, dass wir zusammenbleiben sollten, denn die Gefahr, sich in den Gängen zu verlieren, ist durchaus gegeben und ein Mobiltelefon für einen Notruf angesichts des Ortes kaum zu gebrauchen – sind am häufigsten die „loculi“, also flache Wandgräber zu sehen. Ursprünglich waren alle Gräber in der Katakombe gleich: die Gleichheit aller im und nach dem Tode gehörte zur christlichen Auffassung. Deswegen wurde auch zunächst darauf verzichtet, die Gräber prächtig auszustatten, was bei paganen Grabstätten üblich war. Angesichts der Tatsache, dass bald aber auch Personen aus sozial höher stehenden Schichten zur Christengemeinde stießen, war diese Praxis nicht durchzuhalten. So findet man auch „arcosolia“ (Bogengräber) und Familiengräber („cubicula“), die mit Fresken versehen waren. Auf den ersten Gräbern steht auf der Verschlussplatte lediglich der Vorname: durch den Übertritt zum Christentum, das ja eine nicht erlaubte Religion war, wurden die Familienbande zerrissen und es machte keinen Sinn, die Zugehörigkeit zu einer gens zu erwähnen oder gar eine Würdigung des Lebens des Verstorbenen zu ergänzen. Römische Grabinschriften weisen den Geburtstag des Verstorbenen an. Für die Christen dagegen ist der Todestag der Geburtstag in ein neues Leben und so nennen die Inschriften diesen. Aber auch hier mag ein praktischer Grund vorliegen: wegen der Lösung aus der Familie waren auch die Geburtstage unbekannt, jedenfalls werden die Gemeindemitglieder sie nicht gewusst haben.

Beeindruckend sind die erhaltenen Wandmalereien, die Herr Heid ausführlich kommentierte und deutete.

Vgl. diese Abbildungen auf der Homepage der Priscilla Katakomben.

Eine virtuelle Tour gibt es neuerdings auf google-maps. Und hier.


Die erste Wandmalerei aus einem cubiculum zeigt Szenen aus dem Leben einer jungen Frau – Joseph Wilpert, der sich intensiv mit der Katakombenmalerei beschäftigt hatte, deutete diese Bilder noch auf Maria, was sich jedoch inzwischen als Fehldeutung herausgestellt hat.

Im Zentrum der Darstellung findet sich eine junge Frau in Orantenhaltung mit nach oben gerichtetem Blick, der sich zum ebenfalls auf die Wandgemalten Schafträger Christus wendet. Es handelt sich hier um die jung Verstorbene, die durch den Schleier als verheiratete Frau gekennzeichnet ist. Links von ihr ist eine Gruppe von drei Personen abgebildet, in der Wilpert die Übergabe eines Jungfrauenschleiers sehen wollte. Eher ist hier die Eheschließung dargestellt, wobei die sitzende Person sicher als ein Bischof zu interpretieren ist. Auf der rechten Seite sieht man eine Mutter mit ihrem Kind, von Wilpert als Darstellung der Maria gesehen. Aber das ist wenig wahrscheinlich, denn Maria würde der Platz im Zentrum gebühren. Auch hier handelt es sich um die Verstorbene, deren Leben bei oder kurz nach der Geburt sein Ende fand. Die Gesamtkomposition wäre demnach der Ausdruck der Trauer des Gatten um seine jung verstorbene Ehefrau.

Monsignore Heid lenkte unsere Aufmerksamkeit besonders auf die Orantenhaltung: in der frühen Kirche war sie für alle Gottesdienstteilnehmer die übliche beim Gebet einzunehmende Haltung. Heute ist es meist nur noch der Priester am Altar, der die Arme ausbreitet und den Blick nach oben wendet. Diese Körperhaltung ist ein Symbol für die Reinheit: eine Person, die in dieser Haltung vor Gott tritt, drückt aus, dass sie weder einen Mord, noch Ehebruch oder eine andere schwere Sünde auf dem Gewissen hat. Letztere waren nämlich per se vom Gebet ausgeschlossen. Das passte gut zum Evangelium des vorhergehenden Sonntags, das wir in S. Passera gehört hatten. Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner (Lk 18,9-14) erzählt wie der Pharisäer aufrecht stehend betont, dass er sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Der Zöllner dagegen bleibt im Hintergrund und traut sich nicht einmal, den Blick zu heben: als Sünder darf er eigentlich gar nicht beten. Den Pharisäer müssen wir uns in der Orantenhaltung vorstellen. In französischen Gemeinden ist es üblich, beim Vaterunser im Gottesdienst die Hände geöffnet vor sich zu halten – der tiefere Sinn der Orantenhaltung ist damit verfehlt: der Blick sollte nach oben gerichtet sein, die Hände weit ausgestreckt.


Auf einem unserer Wege durch die unterirdische Welt der Toten ist ein Fresko zu sehen, in dem man das älteste Marienbild sehen möchte, das jemals angefertigt worden ist.

Das zentrale Fresko an der Decke der sog. Cappella greca zeigt die Darstellung eines Mahles, das häufig als Eucharistie oder als die Brotvermehrung gedeutet wird. Dieses cubiculum ist reich mit Fresken und Stuck ausgestattet, enthält Platz für in Nischen aufgestellte Sarkophage und sogar eine Sitzbank. Die Tatsache, dass auf dem Fresko nur sieben Personen abgebildet sind, spricht gegen die Lesart als Eucharistie. Es dürfte sich jedoch eher um die Abhaltung eines Totenmahles gehandelt haben, das die Einladung des Grabinhabers an ärmere Gemeindemitglieder darstellt. Er wollte den Akt der caritas herausstellen. Die Totenmähler fanden in der Regel in den oberirdischen Bereichen des Coemeteriums statt: nur wenige Grabstätten verfügten über den entsprechenden Platz. Die Katakomben als Orte für den Gottesdienst in der Verfolgungszeit ist ein weit verbreiterter Irrtum: es fehlte schon allein an Platz, von der Geruchsentwicklung möchte ich lieber gar nicht reden. Deswegen sind in der Katakombe auch Belüftungsschächte zu sehen.
Bei der Beisetzung wurden die sterblichen Überreste in Tücher gewickelt, Kalk diente der Beschleunigung des Verwesungsprozesses, anschließend wurde der loculus verschlossen. Sozial besser Gestellte konnten es sich leisten, einen Sarkophag (Fleischfresser) zu benutzen: in dem Falle dienten die Luftschächte, um den Sarkophag hinunterzulassen: durch die engen Gänge hätte man ihn kaum transportieren können.

Für den Rest des Tages ging ich meiner eigenen Wege – ich hatte mich am Marcellustheater verabredet.


Auf dem Spaziergang kam ich am Rundtempel am Tiber vorbei:


Hier der Portunus-Tempel.



Immer wieder gut gefällt mir das, was vom Apollo-Sosianus-Tempel übrig geblieben ist.




Bei der Gelegenheit fand ich auch Sant Omobono. Leider ist die Kirche anscheinend ständig geschlossen - lediglich am ersten Sonntag im Monat findet dort eine Messe statt. Die daneben liegenden Ausgrabungen sind alles andere als selbsterklärend und meinen Coarelli hatte ich leider daheim gelassen …




Eine interessante Entdeckung war auch der Palazzo Mattei, der gelegentlich noch einer Vertiefung bedarf. Beeindruckend, wie all die antiken Marmorfragmente aus der Sammlung Mattei (Sarkophagfronten, Inschriften, Büsten und Reliefs) in diesem von Maderno geplanten ersten Hof in die Mauern integriert wurden. Vielleicht bietet sich auch mir einmal die Gelegenheit, von den cortili aperti zu profitieren!





Zu gern hätte ich Genaueres über diese Relieftafel gewusst:



Mehr Bilder und Informationen zum Palazzo Mattei hat Simone hier zusammengetragen:
Erinnerungen und Entdeckungen im weihnachtlichen Rom
Römisches Mai-Wochenende mit "Cortili aperti" - Seite 13

Ein letzter Abstecher führte mich noch einmal in die französische Kirche San Luigi. Die herrlichen Bilder von Caravaggio schaue ich mir immer wieder gern an. Interessant, dass die Hand Christi im Gemälde der Berufung des Matthäus ein Zitat der Hand Adams aus der Sixtina ist.

Nach so vielen Eindrücken war das Abendessen auf dem grünen Hügel eine willkommene Entspannnung!
Viele Grüße an die Mitreisenden und an die geduldigen Leser

C.
 
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Auf der anderen Seite des Monteverde vecchio:
der Gianicolo mit der


Fontana dell'Acqua Paola

Das mische Kaleidoskop hat sich schon beträchtlich weiter gedreht – etliches Neue konnte ich für mich dabei entdecken:

Sant'Onofrio - Der Blick vom Brunnen über die Stadt ist bezaubernd; wer tat nochmal den Ausspruch: "ein Platz zum Sterben schön"? - Ach ja, Stendhal, der gerne bei zu viel Kunstgenuss in Ekstase geriet ... :~:D


das Scipionen-Grab, das – wie schon öfters erwähnt – uns gut erklärt wurde durch einen Ehrenamtlichen des TCI, der uns an seiner Begeisterung für die Ausgrabungen teilhaben ließ.








Auch der Gang „auf“, besser „entlang“ der Mauer hatte seinen Reiz.






Und auch mein misches Erinnerungskaleidoskop wurde entgegen meiner Erwartungen bei den diversen Unternehmungen kräftig in Schwung gesetzt:

Gianicolo:



Giuseppe Garibaldi und seine Frau Anita

Es gibt viele Bronzekavaliere auf der Welt, aber nur selten ein Standbild einer Reiterin. Folgen Sie dem Weg bis zu einer Dame hoch zu Ross, die Pistole in der Hand, ihr Söhnchen im Arm. Die Statue zeigt die Brasilianerin Anita Garibaldi Ribeiro, die an der Seite des italienischen Freiheitskämpfers durch die Lande zog, Kinder gebar und wieder verlor... (aus: SZ Rom-Stadtspaziergänge)


– vorbei am Faro – hier erinnere ich mich an eine Beobachtung, die schon viele Jahre zurückliegt: eine in Schwarz gekleidete, nicht mehr ganz junge Frau steht weinend beim Leuchtturm an der Mauer und winkt mit einem weißen Tuch zum Gefängnis Regina Coeli hinab... :(


- und der Tasso-Eiche – hier saß ich in lauer Sommernacht :~und hörte so manche „Dichterlesung“ :twisted:, die Eiche scheint mir in ihrem Alter noch verkümmerter geworden zu sein...



- den ganzen Lungotevere entlang gefahren – wie früher mit der grünen Straßenbahn, die damals noch "Circolare" hieß (wenn ich mich recht erinnere: "destra" rechts herum oder "sinistra" links herum, je nach dem, wohin man es näher hatte ;)) über die Via Marmorata bis nahe der Pyramide.


Altstadtbummel vom Largo Torre di Argentina durch die Gassen zu San Luigi dei Francesi, diese Caravaggios müssen sein, und weiter nach Sant'Agostino um dort das Gegenstück zu heute morgen von Annibale Carracci in S. Onofrio anzuschauen: Caravaggios Madonna di Loreto. (Ob die Ausstellung "Roma al tempo di Caravaggio 1600-1630" vor einigen Jahre dazu anregte, sich besonders dieses Motivs, “Madonna di Loreto“, im Kontext mit diesen beiden Malern anzunehmen?) Unterschiedlicher könnte man – zur gleichen Zeit – dieses Thema nicht darstellen:


Carracci zeigt klassisch streng die Legende vom volo, bei dem Marias Haus von Nazareth nach Loreto versetzt wurde,


während Caravaggio das Haus nur durch die Schwelle andeutet und die Personen ganz natürlich/menschlich im Hier und Jetzt wiedergibt.
Mein Erinnerungskaleidoskop zeigt mir, dass „früher“ beide Kirchen „Geheimtipps“ waren – vor den Caravaggio-Gemälden waren kaum Bewunderer anzutreffen... Caravaggio – wer? fragte man noch Mitte des letzten Jahrhunderts, bevor in den letzten Jahrzehnten der große Caravaggio-Boom einsetzte...


Priscilla-Katakombe an der Via Salaria: besser beschreiben und erklären als C. könnte es höchstens noch Herr Heid vom PIAC.

Ich war der Annahme, dass mir auch diese Katakombe in der „Sammlung der bereits besichtigten“ noch fehlen würde. Ein leichtes Déjà-vu erfaßte mich beim Betreten des Innenhofes durch die kleine Tür und spätestens beim Anblick der Velata war ich mir sicher, schon einmal hier gewesen zu sein, allerdings in „grauer Vorzeit“. Umso interessanter war es, nun noch einmal durch die unterirdischen verwinkelten Gänge zu den Grabkammern geführt zu werden, die faszinierenden Freskenreste zu sehen und alles unter fachkundigsten Erklärungen.


Auf der Rückfahrt ins centro trennten sich an der Piazza Buenes Aires am Eingang zum Coppedè-Viertel die gemeinsamen Wege. Wir fuhren weiter um die Galleria Nazionale d'Arte Antica im Palazzo Barberini zu besuchen.

Der Bus fährt die Via Veneto hinab Richtung Piazza Barberini. In den sechziger und Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war diese von schönen alten Bäumen gesäumte Via die Straße, auf der sich die „Szene“ der Prominenten und was sich dafür hielt abspielte: Stars und Sternchen immer ge- und verfolgt von den Paparazzi ob mit oder ohne fahrbaren Untersatz, das Café de Paris war seinerzeit eleganter und Tag und Nacht gut besucht, in den Luxushotels stieg die Prominenz – mit ihrer auch weniger berühmten Begleitung - aus Kultur und Politik ab... Na ja, die Erinnerungskaleidoskop-Steinchen glitzern farbenprächtiger, als die Via Veneto heute ist - der Glamour von früher ist etwas verblasst.

Die Zeit in der Gemäldegalerie im


Palazzo Barberini

verging wie im Flug, bei der Ansammlung von Meisterwerken kein Wunder.

Durch die lockere Hängung der Gemälde wirken die Räume nicht überladen und die Aufteilung nach Epochen erleichtert die Einordnung. Wie gerne würde mal bei vielen Gemälden länger verweilen, aber nicht nur die Zeit, auch die Aufnahmefähigkeit ist begrenzt. Wir wandern vorbei an Werken von Lippi, Raffael, Tintoretto, Holbein, Caravaggio, und und und … Und wen entdecken wir oben im 2. Stock auch noch? „Unseren“ Anton Raphael Mengs mit seinem „antiken Fresko“ Jupiter küsst Ganymed (das wir bereits vor einiger Zeit in der Ausstellung Schönheit und Revolutionhttp://www.staedelmuseum.de/sm/index.php?StoryID=1717 Klassizismus 1770 – 1820“ bewundern konnten) , der damit Winkelmann an der Nase herumgeführt hatte. Dieser war voll des Lobes und hatte „Jupiter küsst Ganymed“ in seiner Pompeij-Verliebtheit als „antikes Original“ eingestuft. Erst auf dem Totenbett gab Mengs bekannt, dass er das Bild gemalt hatte. Winkelmann hat seine Blamage dem Freund nie verziehen. - Mengs werden wir später an anderer Stelle noch einmal begegnen.





Für den Rest des Nachmittags wird nicht "geschlummert", es stehen noch ein paar Kirchen auf unserem Plan.

Da es vom Palazzo Barberini nicht weit ist bis zur vom Verkehr umtosten Straßenkreuzung mit den vier Brunnen, bietet sich ein Besuch von S. Carlo alle Quattro Fontane an.


San Carlino – heiliges Karlchen – wie die Barockkirche von den Römern liebevoll genannt wird, ist ein dem hl. Karl Borromäus geweihtes kleines, aber sehr feines Gotteshaus, erbaut von Francesco Borromini. Es war so etwas wie sein Lebenswerk – über 30 Jahre wurde daran gebaut. Borromini hat sogar auf Honorar verzichtet, um ja nach seinen Vorstellungen planen und arbeiten zu können und trotzdem musste wegen fehlender finanzieller Mittel der Bau immer wieder unterbrochen werden. Als letztes wurde die anmutig geschwungene Fassade errichtet. In diese Zeit fällt der Selbstmord Borrominis, so dass die letzten Bauarbeiten an der Fassade und der Glockenturm unter anderer Bauleitung zu Ende gebracht wurden.



Mit dem in Weiß gehaltenen Innenraum schuf Borromini ein kompliziertes architektonisches Bauwerk: ein achteckiger länglicher Raum mit halbkreisförmigen und halbovalen Apsiden, winzige Seitenkapellen, mächtige Säulen an den Wandnischen, die ovale Kuppel mit der kleinen achteckigen Laterne, in der Kuppelschale eine verwirrende und doch geordnete Vielfalt an geometrischen Formen, die wie auch die weiteren zierenden Stuckarbeiten von höchster Qualität sind. - Und dieses phantasievolle Kleinod passt angeblich spielend in einen der großen Vierungspfeiler des Petersdoms...


Neben der Kirche befindet sich der Kreuzgang, der eigentlich schon zum angrenzenden Kloster der Trinitarier gehört, die seinerzeit Auftraggeber waren und deren Konvent della Santissima Trinità ebenfalls Borromini errichtete. Der überaus feine, zweigeschossige Kreuzgang mutet wie ein weiterer Kirchenraum unter freien Himmel an.

Wir lassen uns treiben, steigen in den Bus 63 und fahren einfach mal dorthin, wo er uns bringen wird. Zu sehen gibt es überall etwas. Flott sind wir unten am Lungotevere angelangt. Vor einiger Zeit habe ich den (Unterhaltungs-) Roman "Venuswurf" :~ gelesen. (Einschub im Hinblick auf die Besprechung des Buches hier im Forum: Würfelspiele
"Einzig der höchste Wurf wurde nach einer Gottheit benannt und trug nach der Liebesgöttin den Namen Venus, ... Das Bewertungssystem scheint aber kompliziert und nicht allgemein gültig gewesen zu sein, wie Ovid durchblicken lässt. Eine besondere Rolle spielte der Venus-Wurf in einer anscheinend von Kaiser Augustus persönlich erfundenen Spielregel. Jeder Spieler würfelt mit vier Astragalen. Für jede 1 oder 6 musste ein Denar in eine gemeinsame Kasse gezahlt werden, die derjenige gewann, der den Venuswurf erzielte.) :~ ;) :twisted:

Und nun befinden wir uns dort, wo die Handlung dieses Rom-Romans beginnt: hier war der Tiberhafen – die kleine Tertia aus dem Roman kam hier an und sollte als Sklavin verkauft werden, dieser Einschub zum Roman sei mir noch genehmigt, - und der Umschlagplatz für die Waren, die für das Forum Holitorium, den Gemüsemarkt, und das etwas weiter tiberaufwärts gelegene Forum Boarium, den Viehmarkt, bestimmt waren. Neben dem Teatro di Marcello gab es am Foro Olitorio drei kleine Tempel, die dem doppelköpfigen Janus, der Hoffnungsgöttin (für eine gute Ernte) Spes und Juno, der wichtigsten römischen Göttin, geweiht waren. (s. hier, wo alles viel besser erklärt ist :!:)

Was aus dem „Recycling“ von Tempelresten entstehen kann sehen wir nun an der Kirche S. Nicola in Carcere mit der „antiken“ Säulen-Mauer und der schönen Fassade von Giacomo della Porta.


Der Namenszusatz „ in Carcere“ geht auf den Kerker zurück, den es im 8. Jh. im Janus-Tempel gab und steht auch in Zusammenhang mit dem hl. Nikolaus, dem die Kirche geweiht ist und der u.a. der Patron der Gefangen ist.


Als um 1932 in Folge des Anspruchs „Rom solle in 50 Jahren groß, geordnet und mächtig“ sein, die großen „Wegräumaktionen“ stattfanden, wurden in den Außenmauern der Kirche die antiken Säulen entdeckt und freigelegt.




Auch im Innern der Kirche stammen die verschiedenen Säulen aus den Tempeln, so dass man nun mit den Ausgrabungen unter der Kirche ein eindrucksvolles Nebeneinander von den Überresten der drei Tempel hat.


:thumbup: :D :thumbup:

Mit dem Star-Trek am Himmel über uns ziehen auch wir ein Eckchen weiter – zum Foro Boario, das nahe am Pons Aemilius (jetzt Ponte Rotto), der ersten Steinbrücke über den römischen Tiber, liegt. Das Foro Boario war bereits Jahrhunderte v.Chr. ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt Roms. So treffen wir auch hier auf antike Tempel:


den rechteckigen Tempel des Portunus, der - passend am antiken Stadthafen von Rom, der Portus Tiberinus, gelegen - dem Hafengott Portunus geweiht war. Und auf den wegen seiner Rundform fälschlicherweise Vestatempel genannten

Tempel des Hercules Victor,
den ältesten noch erhaltenen Marmortempel Roms, den die wohlhabenden römischen Kaufleute für ihren Schutzgott, den siegreichen Herkules, erbauen ließen. Hier an seinem Tempel gelobten sie ihm vor Antritt ihrer Geschäftsreisen den Zehnten ihres Gewinnes .​
Die beiden Tempel am Forum Boarium sind so gut erhalten geblieben , weil sie im Mittelalter in Kirchen umgewandelt worden waren.

Auf dem Gebiet des Forum Boarium gab es noch weitere, dem Hercules geweihte, Tempel und eine Säulenhalle, in der an die Bevölkerung Getreide ausgegeben wurde.
Jahrhunderte später wurde dort eine Kirche errichtet, Reste der römischen Gebäude sind noch zu erkennen. S. Maria in Cosmedin - ursprünglich Santa Maria in Schola Graeca - hat ihren Namen von den im Viertel ansässigen griechischen Kaufleuten. „in Cosmedin“ wird vom griechischen „schmücken, Schmuck“ abgeleitet und diese Bezeichnung steht der Marien-Kirche mit der markanten Vorhalle und ihrem angeblich schönsten Campanile Roms sehr gut.


Der Innenraum präsentiert sich sehr beeindruckend mit u.a. den antiken korinthischen Säulen, der Schola Cantorum mit kunstvoll verzierten Chorschranken, dem gotischen Ziborium, das sich über dem Altar erhebt, der aus einer antiken roten Granitwanne besteht, und dem wunderschönen Fußboden, der an einen Teppich aus bunter Kosmatenarbeit denken lässt.



Hier könnten wir noch länger verweilen, wenn nicht der – vor allem fernöstlich klingende - Geräuschpegel so sehr anschwellen würde. Diese, sich nicht der Würde des Ortes bewusst seienden Rombesucher wären vielleicht doch besser draußen, bei denen in einer langen Schlange vor dem grimmigen Gesicht der Bocca della Verità Anstehenden aufgehoben. Dort könnten sie beim alten Kanaldeckel der hier verlaufenen Cloaca Maxima den Wahrheitsgehalt ihres lauten Redens überprüfen lassen.


Bei einbrechender Dämmerung gehen wir doch noch vorbei am Janus-Bogen, der eine wichtige Straßenkreuzung zwischen dem Forum Boarium und der Gegend des Velabrum überspannte und den Händlern Gelegenheit bot, sich dort sozusagen bei jeder Witterung für ihre Geschäfte zu verabreden. Solche Straßenkreuzungen im Zentrum römischer Städte waren in der Antike gerne mit einem Quadrifronsüberbaut – und wie früher auch der Janus-Bogen reich geschmückt mit Reliefs und Statuen.


In dieser sumpfigen Gegend – dem Velabrum – sollen der Sage nach die Zwillinge Romulus und Remus gefunden worden sein. Der Korb, in dem sie in den Tiber ausgesetzt worden waren, verfing sich in den Wurzeln eines Feigenbaumes und der Hirte des Königs, Faustulus, der sie fand, nahm sie mit zu sich und seiner Frau. Von dort aus war es nach weiteren „Verstrickungen“ nicht mehr weit bis zur Gründung der Stadt Rom – ein Schelm, wer bei dieser Auslegung des Mythos um Romulus und Remus nicht an den kleinen Moses im Weidenkörbchen, den Nil hinunter treibend, denkt...


Heute steht im Velabrum die Kirche S. Giorgio in Velabro (im Sumpf) deren Fassade in der Nacht zum 28. Juli 1993 durch eine Autobombe schwer zerstört wurde, aber wieder rekonstruiert ist. Einige Minuten nach diesem Attentat (bei dem zum Glück kein Mensch zu Schaden kam) explodierte vor der Lateranbasilika eine weitere Autobombe (die vierzehn Verletzte forderte). „Für wen war diese Bombe?“ lauteten damals die großen Schlagzeilen. Waren sie die Antwort auf eine unmissverständliche Rede gegen das organisierte Verbrechen, die Papst Joh. Paul II. während seiner Sizilienreise einige Wochen vorher gehalten hatte? Die Attentate wurden nie aufgeklärt. - Auf der Homepage der Kirche wird dazu in etwa folgendes geschrieben, das man auch auf den Anschlag vor S. Giovanni in Laterano (hier im Hinblick auf die „Mutter der Kirche“) anwenden könnte:
„[FONT=Times New Roman, serif]La chiesa di S.Giorgio in Velabro sorge nell'area che la tradizione assegna al ritrovamento di Romolo e Remo da parte della "lupa". In questo luogo ha inizio simbolicamente la storia di Roma: averlo violato con un atto di violenza ha significato quindi ferire l'intera città, la sua storia, la sua cultura.“[/FONT]
„Die Kirche S. Giorgio in Velabro steht dort, wo der Tradition nach Romulus und Remus gefunden wurden. An diesem Ort hat symbolisch die Geschichte Roms ihren Anfang: ihn hier mit einem Akt der Gewalt zu treffen, heißt die ganze Stadt, ihre Geschichte und ihre Kultur zu verletzten.“


Zum Kircheninneren finden sich hier im Forum bereits sehr informative und schön bebilderte Erklärungen, denen ich nur zustimmen kann. H. Rosendorfer schreibt in seinem „Kirchenführer Rom“, dass S. Giorgio in Velabro ein „Musterbeispiel schlampigen Bauens“ sei, „alles ist buckelig und krumm“, ein Sammelsurium die antiken Säulen. Vielleicht ist gerade das so anrührend, wenn man sieht, was verschiedene Epochen hervorgebracht haben und wie es wiederverwendet und -verwertet wurde.


Das stark erneuerte Apsisfresko mit Christus auf der Weltkugel (zu seiner Rechten Maria und auf dem Pferd der Kirchenpatron, der hl. Georg und zur Linken die hl. Petrus und Sebastian (dieser mit seinem Marterwerkzeug, dem Pfeil) wird Pietro Cavallini zugeschrieben, den wir in S. Cecilia noch einmal begegnen werden.

Wie wohltuend die ruhige Atmosphäre und die Stille in der Kirche, nur einen Steinwurf entfernt von der Hektik und dem lauten Verkehrslärm am Lungotevere. Bevor auch wir wieder davon eingeholt werden, noch ein Blick auf den


Arco degli Argentari,

der z. T. in die Vorhalle von S. Giorgio in Velabro integriert ist. Der sogenannte Bogen der Münzwechsler war vielleicht ein Zugang zum Viehmarkt oder wahrscheinlicher – da die Rückseite nicht dekoriert ist - der Eingang zu einem Gebäude. Er wurde von den Kaufleuten und Händlern des Forum Boarium zu Ehren des Kaisers Septimius Severus und seiner Familie gestiftet, die man auch auf dem Bogen abgebildet sieht.


Wunderschön die Darstellung von Septimius Severus und seiner Frau Julia Domna.​


Darstellung von zwei gefangenen Barbaren, die von Soldaten abgeführt werden,


ein geschmückter Stier wird zum Opferaltar geleitet,


vier Jünglinge mit einem Räuchergefäß (Thymiaterion),


Hercules, einer der Schutzgötter des Forum Boarium.




In der Abenddämmerung über dem Lungotevere und drum herum fahren wir zurück auf den Grünen Berg, zufrieden über die vielen schönen Eindrücke die unsere Spaziergänge durch Rom uns wieder beschert haben. Das alles rundet ein rundum gelungenes Abendessen ab, das wir in netter Gesellschaft ;-) im „Lo scarpone“ nahe der Porta Pancrazio genießen konnten. Che bella giornata!


Ich hoffe, dass Euch allen dieser Blick durch das mische Kaleidoskop gefallen hat.




P




 
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Von Pozzo zu Caravaggio und Capa


Nach dem Besuch der Priscilla-Katakomben und einem Mittagsimbiss an der Piazza Buenos Aires ging es zurück ins centro storico.


An der Piazza Sant'Ignazio mit ihren zauberhaften Rokoko-Häusern statteten wir der Kirche Sant'Ignazio, neben Il Gesù der zweiten wichtigen Kirche der Jesuiten in Rom, einen Besuch ab.


Immer wieder Erstaunen rufen die Werke des Jesuiten Andrea Pozzo hervor, der die berühmten Trompe l'oeil-Fresken in der Kirche konzipiert und gemalt hat.​

An der Decke ist nicht nur die Himmelfahrt des Heiligen Ignatius von Loyola dargestellt sondern es wird auch auf eine wichtige Tätigkeit der Jesuiten, die Mission im Zuge des Kolonialismus, angespielt.​



Allegorische Darstellung des Kontinentes Europa​


Im Einzelnen beschreibt Pozzo den Inhalt des Freskos folgendermaßen: Seinen Ursprung hat alles himmlische Licht und Feuer in Gott; daher geht das Licht in einem Strahl von der zentralen Christusfigur aus. Der Betrachter steht auf der im Kirchenboden eingelassenen Marmorplatte exakt unter der Christusgestalt - es entsteht so mit dem Erlöser eine direkte Beziehung. Der Strahl Christi trifft Ignatius genau im Herzen (das Zeichen der Jesuiten). Dort wird der göttliche Lichtstrahl fünffach gespaltet.

Vier Strahlen verlaufen vom Herzen des Ignatius zu den allegorischen Frauengestalten, welche die vier Erdteile darstellen. Diese vier Erdteile haben sich dank des göttlichen Lichtes von den Lastern der Häresie befreit und diese besiegt. Von den vier Kontinenten erheben sich Gruppen von Heiligen, die von Engeln geleitet werden und die Ignatius und die Trinität in der Mitte lobpreisen. In jedem Erdteil wird die Gruppe angeführt vom jeweiligen Jesuiten-Heiligen, der dort den Glauben verbreitet hat. Der fünfte vom Herzen des Ignatius ausgehende Strahl trifft einen von einem Engel gehaltenen Spiegel mit dem Monogramm IHS.​

Gründe warum die Kuppel nicht gebaut wurde, werden je nach Quelle verschiedene angeführt. Mal heisst es, das Geld sei ausgegangen, mal sie wäre zu gross geworden und hätte der Kuppel des Petersdoms Konkurrenz gemacht. Dann wieder sollen die Einwohner des Viertels gegen die Errichtung der Kuppel gewesen sein da sie ihnen die Sonne genommen hätte ...​

Tatsache ist, dass Pozzo eine riesige bemalte Leinwand schuf, die eine Kuppel mit Tambour, Säulen, Fenstern, kassetierter Halbkugel und Laterne vortäuscht.​


Gut gefallen mir in S. Ignazio auch immer diese vier grossen Engel:​



Auf den Kirchenbesuch folgte ein Besuch bei Bartolucci an der Via dei Pastini 96-98-99. Einige dieser Magneten mit Rom-Motiven habe ich als Souvenir für Daheimgebliebene erstanden.​


Kurze Zeit später setzte ich meinen weiteren Weg durchs centro storico alleine fort. Nach einem leckeren Eis bei Giolitti lenkte ich meine Schritte Richtung Affenturm (Torre della Scimmia).​




Nach der Restaurierung der Fassade schreiten die Arbeiten im Innenhof auch gut voran aber der hübsche Brunnen ist noch nicht wieder sichtbar.​

Weiter ging es nach Sant'Agostino:​


Am Eingang stösst man schnell auf die Madonna del Parto (Madonna der Geburt). Die Madonna mit dem Jesuskind ist ein Werk von Jacopo Sansovino. Seit mehreren hundert Jahren statten schwangere Römerinnen ihr einen Besuch ab und beten für eine Geburt ohne Komplikationen.​

Der Legende nach hat Sansovino kein völlig neues Werk geschaffen sondern ein Bildnis der Kaiserin Agrippina mit dem kleinen Nero verändert. Tatsache ist, dass Sansovino die "Madonna mit Kind" 1518 im Auftrag der Familie Martelli geschaffen hat.​


Den weiteren berühmten Kunstwerken der Kirche schenkte ich an diesem Tag nur wenig Beachtung​


denn wie bei Pasquetta einen Tag früher, galt mein Besuch in S. Agostino dem bereits von ihr beschriebenen Zweck:​

(...) weiter nach Sant'Agostino um dort das Gegenstück (...) von Annibale Carracci in S. Onofrio anzuschauen: Caravaggios Madonna di Loreto.

(...) Unterschiedlicher könnte man – zur gleichen Zeit – dieses Thema nicht darstellen:​


Carracci zeigt klassisch streng die Legende vom volo, bei dem Marias Haus von Nazareth nach Loreto versetzt wurde,​


während Caravaggio das Haus nur durch die Schwelle andeutet und die Personen ganz natürlich/menschlich im Hier und Jetzt wiedergibt.​


Madonna di Loreto von Annibale Carracci in S. Onofrio​

Mein Ziel war die Cavalletti-Kapelle mit Caravaggios zeitgleich entstandener Madonna di Loreto oder Madonna dei Pellegrini:



Die Cavalletti-Kapelle wurde von den Erben des Ermete Cavalletti nach dessen Tod 1603 in Auftrag gegeben. Caravaggio hat ihn und seine bereits früher verstorbene Mutter als Pilger dargestellt, ähnlich denen, die im Heiligen Jahr 1600 in die Stadt geströmt waren und denen sogar fromme römische Adlige die Füsse gewaschen hatten. Cavalletti war Mitglied der Erzbruderschaft SS. Trinita dei Pellegrini, die sich um Pilger kümmerte.

Bevor Cavalletti seine letzte Ruhe in S. Agostino gefunden hat lebte er an der Piazza Campitelli. Der im 16. Jahrhundert errichtete und im 17. Jahrhundert veränderte Palazzo Cavalletti wird dem Architekten Giacomo della Porta zugeschrieben. So sah der Palazzo noch 2011 aus:​


Inzwischen ist die Fassade in einer helleren Farbe renoviert worden:​


Nach dem Besuch von S. Agostino spazierte ich zur Piazza Navona.​




Im Museo di Roma besuchte ich eine sehr interessante Ausstellung mit brillianten und berührenden Fotos von Robert Capa.​


Das folgende Video berichtet kurz: The end of World War II shown in photo exhibit

In der Ausstellung herrschte leider Fotografierverbot. Nicht so im übrigen Museum aus dessen Räumen ich Euch ein paar schöne Rom-Ansichten mitgebracht habe:​












S.
 
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