Im Rom des Gian Lorenzo Bernini

Grabmal Urban VIII.

Herzlichen Dank an Padre für diese "Leihgabe"​

Geschichte
Bereits 1627 - in seinem 4. Regierungsjahr - beauftragte Urban VIII. seinen Lieblingskünstler mit der Gestaltung seines Grabmals. Erst 20 Jahre später sollte es vollendet sein. Als Bernini an seiner
Vierung arbeitete, musste Guglielmo della Portas Grabmal Pauls III. von dort in den Chor versetzt werden. Da das Grabmal Urbans VIII. gegenüber aufgestellt werden sollte, orientierte sich Bernini daran:
Der Papst in Bronze als Sitzfigur, zwei weitere Figuren in Marmor. Ursprünglich standen die beiden Werke vertauscht in den Nischen. Wahrscheinlich wegen der Segnungshand Urbans wurde dann 1629
der Tausch vorgenommen, auch der Blick des Papstes in Richtung Baldachin war erwünscht. Im Gegensatz zu Pauls Grabmal wollte Bernini hier noch einen Sarkophag - aus Bronze - in seine Komposition aufnehmen. Die Ausführung zeigt den Einfluss der Medici-Gräber Michelangelos. Die beiden Nischen wurden von 1628 bis 1631 mit mehrfarbigem Marmor ausgekleidet. Wesentlicher Unterschied der beiden Projekte ist das Fehlen von Papst Insignien bei Paul, während Urban im vollen Papstornat dargestellt ist. Zunächst ging die Arbeit flott voran - die Papstfigur war 1631 vollendet. Mit den Marmorfiguren begann Bernini aber erst 1637 und im Todesjahr Urbans - 1644 - war das Grabmal noch nicht fertig. Obwohl seine Nepoten nach Frankreich flüchten mussten, trieben sie aus dem Exil die Fertigstellung voran.​

Beschreibung des Bernini-Biographen Baldinucci von 1682 im Auftrag der schwedischen Königin Christina
"Doch was sollen wir zu dem großen Wunder der Kunst sagen, dem großartigen Grabmal Urbans VIII. das Bernini in Marmor und Bronze für Sankt Peter anfertigte. Dieses Monument ist wirklich so
originell, dass jeder, der nur nach Rom kam, um dieses Werk zu sehen, Zeit, Mühe und Kosten gut aufgewendet hatte. Es steht in einer riesigen Nische rechts der großen Kapelle der Cathedra Petri.
Zwischen 2 Säulen von glattem Marmor steigt eine rechteckige Basis vom Boden auf in 3 Stufen. Auf ihr steht der große, reich ornamentierte Sarkophag des Grabmals. Über dem Sarkophag erhebt sich eine große Plinthe mit der gewaltigen Bronzestatue Urbans, der thront und den Segen erteilt. Er ist so realistisch dargestellt, wie man es nicht besser wünschen könnte. Rechts ist die Gerechtigkeit
dargestellt, zwei Kinder neben sich, anderthalbmal lebensgroß, in feinstem, weißestem Marmor. An den Sarkophag gelehnt, hebt sie die Augen zur Figur des Papstes auf und scheint in tiefster
Trauerversunken. Links steht die Barmherzigkeit. Sie hat ein trinkendes Kind an der Brust und ein anderes, größeres Kind neben sich, das, untröstlich trauernd über den Verlust jenes großen Vaters,
nach oben blickt. Voll Mitgefühl schaut die Barmherzigkeit auf den Knaben hinab. Sie scheint ihre eigene Trauer zu bezeugen, indem sie ihren Kummer über die Tränen des Kindes zum Ausdruck bringt.
Über dem großen Sarkophag, direkt im Mittelpunkt der Komposition, sehen wir die Figur des Todes. Er ist zugleich schamhaft und stolz. Er trägt am Rücken Flügel und wendet sich von uns ab; sein Kopf
ist teilweise verschleiert und bedeckt, das Gesicht nach Innen gewandt. Das große Buch in seiner Hand ist poetisch als dasjenige gedacht, in das der Tod die Namen der Päpste einträgt, die seine Sense niedergemäht hat. Er schreibt gerade in goldenen Lettern die Worte: URBANUS. VIII. BARBERINUS PONT.MAX. Auf dem winzigen Stück der vorhergehende Seite, die Bernini in seiner Kunstfähigkeit
sichtbar macht, erkennen wir in goldenen Buchstabeneinen Teil des Namens von Gregor, Urbans Vorgänger. Das Grabmal ist wahrhaftig eine großartige Idee und erregte bei allen Bewunderung."


Bozzetti


Hier sieht man, wie Bernini seine Caritas ursprünglich geschaffen hat. An der Skulptur wurde später die Brust bedeckt, um der zunehmenden Keuschheit gerecht zu werden.​

Feierliche Enthüllung
Im Jahr 1647 war das Grabmal endlich fertig. Da Bernini ein Meister seines Fachs war, kannte er natürlich - als einer der Ersten - die Bedeutung der richtigen Beleuchtung für Skulpturen. Daher hatte er verfügt, dass die Enthüllung nur bei idealen Lichtverhältnissen erfolgen durfte. Selbst Urbans Nachfolger, Innozenz X., erschien schließlich am 1. März 1647 zur feierlichen Enthüllung. Er bestaunte das Werk lange, bevor er seinen Kommentar abgab: "Es ist schön. Es ist schön (gut) gelungen." Das war ein großer Erfolg, denn Bernini wurde bisher von Papst Innozenz X. nicht protegiert. Mit Kosten von 25 000 Scudi ist das Grabmal eines des teuersten in Rom. Kardinal Giangiacomo Panziroli widmete dem Grabmal gar diese Verse:
"So lebend hat Bernini den großen Urban ersonnen,
und so fest ist von ihm die Seele in Bronze eingeprägt,
dass, um ihm den Glauben zu nehmen, der Tod selbst
auf dem Grabmal sitzt, um ihn als Verstorbenen erkennen zu lassen."​
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Qing,

ganz herzlichen Dank für Deine netten Worte. Du hattest ja wirklich einen Traumplatz in der Vierung. Ich freue mich schon sehr auf Deinen Bericht.

LG
Ute
 

Grabmal Mathilde von Tuszien
Den Auftrag für das Grabmal erhielt Bernini 1633 ebenfalls von Papst Urban VIII., der ein großer Bewunderer der Markgräfin war und sie auch schon literarisch verewigt hatte. Es war das erste Grabmal
für eine Frau im Petersdom. Ihr folgten Christina von Schweden und die polnische Prinzessin Maria Clementina Sobieski.

Das Leben der Mathilde (1046-1115)
Sie beherrschte von ihrer Burg Canossa ganz Norditalien und damit den Weg nach Rom und war zeitlebens eine große Helferin der Päpste, sowohl finanziell und militärisch. Mit 11 Jahren wurde sie mit
ihrem Stiefbruder, dem Gottfried der Bucklige, verheiratet. Nach dem Tod ihres nur wenige Tage alten Sohns verließ sie ihren Mann und zug sich auf ihre Burg zurück. Als ihr Mann ermodet wurde, wäre
Mathilde gerne in ein Kloster gegangen, aber der Papst ließ das nicht zu, da sie im Kloster die Päpste nicht mehr so intensiv unterstützen könnte. 1079 setzte Mathilde den Vatikan als Erben ein.

Wer den Namen der Markgräfin liest, der denkt natürlich sofort an den
"Gang nach Canossa"
Im Jahr 1076 verhägte Papst Gregor VII. im Rahmen des Investiturstreits den Kirchenbann über Heinrich. Die deutschen Fürsten gaben ihm 1 Jahr Zeit, die Absolution zu erreichen.
Papst Gregor VII. war auf dem Weg nach Augsburg, zu den deutschen Fürsten und Bischöfen, als Heinrich barfuß im tiefsten Winter - angeblich war in diesem Jahr sogar der Tiber eingefroren - vor der Burg Canossa stand. Der Papst ließ ihn bis zum 4. Tag warten, bevor er ihn empfing und die Absolution erteilte.


Das Grabmal


Bernini mußte wegen des Standortes mit sehr wenig Licht auskommen. Auf dem Sarkophag ist der Moment festgehalten, in dem der Papst dem König Absolution erteilt. Der König - im Büßerhemd - küsst den Fuß des Papstes. Seine Krone und das Zepter hat er abgelegt und einem Jungen übergeben. Im Gegensatz dazu trägt der Papst seine Tiara zum Zeichen seiner Macht Mathilde ist nah am Papst dargestellt.
In der rechten Hand hält die Statue ein Zepter, in der linken Schlüssel und Tiara um die Nähe zu den Päpsten zu unterstreichen.
Im Jahr 1635 ließ der Papst die Gebeine Mathildes in den
Petersdom überführen. Die Nische in der Mathilde steht ist geschmückt mit Waffentrophäen. Über ihr halten zwei Engelchen ihr Wappen mit dem Leitspruch: " Schützen und einen". Für das Grabmal
bekam Bernini 3500 Skudi, obwohl er lediglich die vorbereitete Statue der Mathilde fertig stellte.

Geschichte nach Canossa
Ende 1082 stand Heinrich IV. vor den Toren Roms. Am 2. Juni 1083 eroberte er die Stadt, ernannte einen Gegenpapst - Clemens III. - und ließ sich von ihm im Lateran zum Kaiser krönen. Gregor VII.
hatte sich in der Engelsburg verschanzt und von dort die Normannen zu Hilfe gebeten. Am 24. Mai 1084 kommt Robert Guiscard mit 32 000 Mann und steckt einen Großteil der Stadt in Brand und befreit
Gregor. Dieser flüchtet mit Robert aus der Stadt und stirbt ein Jahr später in Salerno. Gregors Grabinschrift lautet: "Ich liebte die Gerechtigkeit und hasste das Unrecht, so sterbe ich in der
Verbannung.“
Auch die Kirchen Santi Quattro Coronati und San Clemente werden zerstört und später wieder aufgebaut.​
 
Wie immer hast Du hier sehr interessante Infos und Hintergründe zusammengestellt, vielen Dank dafür, Dentaria. :thumbup::)
 

Dankeschön für das Lob.

Gerade die eher unbekannten Details interessieren mich am meisten.​
 
Gerade die eher unbekannten Details interessieren mich am meisten.​

Ja, das kann ich gut verstehen, das geht mir auch so :nod:
Und diese Freude, wenn ich dann auf so ein Detail stoße... :thumbup:
Danke, dentaria, dass du so viele Details findest und mit uns teilst! :thumbup: :nod: :thumbup:
Das ist einer der Gründe, warum ich deine Beiträge so liebe!
 
Dankeschön!​

Ich habe gerade mal nachgezählt:​

Für diesen Bericht arbeite ich mit 47 Büchern. :roll:​

Daher brauche ich leider viel Zeit für den Bericht! :(

Zusatz:​

Nun, gerade kam die Nummer 48. ;)

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Zuletzt bearbeitet:
Dankeschön!​

Ich habe gerade mal nachgezählt:​

Für diesen Bericht arbeite ich mit 47 Büchern. :roll:​

Daher brauche ich leider viel Zeit für den Bericht! :(

Zusatz:​

Nun, gerade kam die Nummer 48. ;)



8O 8O 8O 8O 8O 8O
*da fehlen mir die Worte*


Kein Wunder, dass dein Bericht so fundiert und mit Liebe zum kleinsten Detail ist...
:nod: :thumbup: :thumbup: :thumbup: weiter so :thumbup: :thumbup: :thumbup: :nod:
 
Den Auftrag für das Grabmal erhielt Bernini 1633 ebenfalls von Papst Urban VIII.



Nun dachte ich, alle Werke Berninis in St. Peter zu kennen, aber ich bin wieder überrascht und bereichert worden. Herzlichen Dank, dass ich dieses Grabmal, wenn ich das nächste Mal daran vorbeigehe (und sicher daran länger verweilen werde) mit ganz anderen Augen sehen werde.

Lieben Gruß
Padre
 
Dankeschön


Kein Wunder, dass dein Bericht so fundiert und mit Liebe zum kleinsten Detail ist...
:nod: :thumbup: :thumbup: :thumbup: weiter so :thumbup: :thumbup: :thumbup: :nod:

Ja, die kleinen Details sind besonders interessant​

Nun dachte ich, alle Werke Berninis in St. Peter zu kennen, aber ich bin wieder überrascht und bereichert worden. Herzlichen Dank, dass ich dieses Grabmal, wenn ich das nächste Mal daran vorbeigehe (und sicher daran länger verweilen werde) mit ganz anderen Augen sehen werde.

Nun, mit dem Vatikan bin ich noch lange nicht fertig!
Im Moment geht leider die Gartenarbeit vor.
 
Nun, mit dem Vatikan bin ich noch lange nicht fertig!
Im Moment geht leider die Gartenarbeit vor.

Wie meinst Du das denn:?::twisted::)

Danke ebenfalls für die grundlegenden Informationen und viel Spaß bei der Gartenarbeit, der sich auch

mystagogus

unterziehen muss:nod:
 
Oh je, das klingt wirklich doppeldeutig! :blush:​

Natürlich meinte ich weitere Bernini-Highlights im Vatikan.​

Vorab mal eine Übersicht, was noch zu erwarten ist! ;)

 
Zuletzt bearbeitet:
Dankeschön!​


Ich habe gerade mal nachgezählt:​

Für diesen Bericht arbeite ich mit 47 Büchern. :roll:​


Nun, gerade kam die Nummer 48. ;)
Liebe Dentaria, vielen Dank für Deine Berichte:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:
Für meine Magisterarbeit habe ich 128 Bücher gebraucht, danacht habe ich zwei Jahre nicht mehr gelesen:uhoh:

Deine Berichte über Bernini liebe ich sehr,weiter so, vielen Dank!

LG

Qing
 
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