Auf den Spuren von Michelangelo und Raffael im Rom und Umbrien der Renaissance

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VIELEN DANK

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für die Fortsetzung
 
Nach dem Besuch der Sixtina gehe ich wieder in Richtung Eingang zurück. Mein nächstes Ziel ist die Vatikanische Pinakothek. Für mich eines der Highlights der Museen, aber sicherlich zu viel für einen
Erstbesuch. Mit meinen Bildern und den Beschreibungen möchte ich Lust auf einen Besuch machen.

Vatikanische Pinakothek
Geschichte
Die Päpste betätigten bereits ab der Renaissance als große Kunstsammler. Nach der Errichtung einer Skulpturensammlung durch Julius II. bekam der Vatikan unter Pius VI. auch eine Pinakothek. Leider
hatte der Vatikan keine lange Freude an den Bildern, da Napoleon schon bald in Rom einfiel und viele Kunstwerke geraubt wurden, beziehungsweise im Rahmen von "Friedensverträgen" an Paris
abgegeben werden mußten. Pius VII. ernannte Antonio Canova zum Generalinspekteur der Schönen Künste des Kirchenstaates und die jämmerlichen Reste wurden in den Qurinalspalast ausgelagert.
Erst im Rahmen des Wiener Kongresses wurde erreicht, dass Frankreich seine Beutestücke wieder herausgeben hätte sollen. Von 509 Beutewerken konnte Canova 249 nach Hause bringen, 248 behielt
Frankreich und 9 wurden als verschollen erklärt. Die erneuerte Sammlung mußte dann wegen schlechter Lichtverhältnissen immer wieder umziehen, bis schließlich 1932 das jetzige Gebäude von Pius XI.
eingeweiht werden konnte. Der Architekt Luca Feltrami orientierte sich dabei an der Bauweise der Renaissance. Heute findet man in 18 Sälen 463 Kunstwerke der italienischen und europäischen Kunst
ab dem 12. Jahrhundert. Benedikt XVI. leiht immer wieder Stücke - im Vorfeld seiner Reisen - an die Gastgeberstaaten aus.​

Rundgang
Im Eingangsbereich steht eine Kopie von Michelangelos Pietà.​


Stefaneschi-Triptychon von Giotto um 1320


Der Auftraggeber dieses Werkes war Kardinal Jacopo degli Stefaneschi, der sich gleich zweimal verewigen ließ. Das Triptychon wurde vom besten Maler seiner Zeit für den Hauptaltar des alten
Petersdoms ausgeführt. Entsprechend des Aufstellungsortes hat es 2 Seiten: Petrus schaut auf der Vorderseite zu den Gläubigen, Christus auf der Rückseite zu Papst und Klerus. Auf der Vorderseite
ebenfalls die Heiligen Jakobus, Paulus , Andreas und der Evangelist Johannes. Auf der Rückseite werden die Kreuzigung des Petrus und die Enthauptung des Paulus dargestellt. Entsprechend der
Betrachtenden wird der Stifter sehr unterschiedlich dargestellt:Zu Papst und Klerus als demütiger und frommer Mensch. Den Gläubigen zeigt er sich als stolzer und edler Stifter, der Petrus - als Bild im
Bild - eben jenes Triptychon überreicht. Im Mittelteil - vom Künstler selbst ausgeführt - sieht man sehr gut den Verdienst Giottos für die moderne Malerei, die Darstellung individueller und emotionaler
Gesichtsausdrücke. Der Papst neben dem Stifter stellt Cölestin V. dar, bereis mit Heiligenschein ausgestattet. Seinen Nachfolger Bonifaz VIII. hat Giotto im Lateran dargestellt.​

Kreuzigung von Masolino da Panicale


Grablegung Mariens von Masolino da Panicale


Szenen aus dem Leben des hl. Nikolaus von Beato Angelico 1437


Dargestellt sind Geburt und Berufung des Nikolaus sowie Geschenk an die 3 armen Mädchen.​

Rettung einer Getreideladung Beato Angelico 1437 oder 1447




Krönung Mariens von Filippino Lippi ca. 1460




Gürtelmadonna von Benozzo Gozzoli 1450-1452


Benozzo Gozzoli war Mitarbeiter Ghibertis bei den Türarbeiten am Baptisterium von Florenz und von Beato Angelico in Orvieto und Rom.
Die Gürtelmadonna malte er für die Kirche San Fortunato in Montefalco. Für die Ernennung zur Stadt schenkte sie die Gemeinde an Papst Pius IX. Dargestellt ist die Übergabe des Gürtels der Maria an den ungläubigen Thomas. In der Predella sieht man Szenen aus dem Leben der Maria.​

Sixtus IV. ernennt Palatina von Melozzo da Forli 1477



Papst Sixtus IV. ernennt den Humanisten Palatino in Anwesendheit seiner Neffen - darunter der sätere Papst Julius II. in der Mitte - zum päpstlichen Bibliothekar. Ursprünglich als Fresko in der Vatikanischen Bibliothek ausgeführt, wurde es später auf Leinwand übertragen.​


Musizierende Engel von Melozzo da Forli ca. 1480





Es handelt sich hier um Fragmente eines Himmelfahrtfreskos für die Kirche Santi Dodici Apostoli, die auf Leinwand aufgezogen wurden. Auftraggeber war der sätere Papst Julius II.​

Pietà von Lukas Cranach d. Ä.


Madonna mit Kind und Heiligen von Perugino 1483


Hieronymus auf dem Thron von Giovanni Santi


Eines der wenigen Werke des Vaters von Raffael, welches ihm eindeutig zugeschrieben werden kann.​

Il Redentore von Correggio


Der Heilige Hieronymus von Leonardo da Vinci ca 1480


Angelika Kauffmann erwarb das Gemälde 1788 von den Vatikanischen Museen und blieb bis zu ihrem Tod 1807 Eigentümerin dieses unvollendet gebliebenen Werkes von Leonardo da Vinci. Danach war
das Gemälde einige Zeit verschollen und erst - in 2 Teilen - 1820 von Kardinal Joseph Fesch wieder entdeckt. Den unteren Teil wohl bei einem Trödelhändler, den oberen Teil bei einem Schuhmacher,
der ihn als Sitzbrett benutzt hatte. Pius IX. erwarb das inzwischen restaurierte Bild aus dem Nachlass des Kardinals und ließ es wieder in der Vatikanischen Pinakothek ausstellen.​

Grablegung von Caravaggio



Caravaggios Grablegung wurde für die Chiesa Nuova gemalt, befindet sich nun aber in der Vatikanischen Pinakothek. Das Gemälde wurde von Napoleon geraubt und später dem Vatikan zurückgegeben. In der Kirche befindet sich nur noch eine Kopie.
Caravaggio malte die Grablegung in den Jahren 1603/04 für die Familienkapelle der Vittrici.
Auffällig bei diesem Gemälde sind die drei Marien mit ihrem unterschiedlichen Trauerverhalten.
:arrow: Maria Kleophas mit einem rituellen Klagegestus
:arrow: Gottesmutter Maria breitet still die Hand über ihrem Sohn aus
:arrow: Maria Magdalena legt in sich versunken ihre Hand an die Stirn​

Kreuzigung des Petrus von Guido Reni


La Fortuna von Guido Reni


Die Schlacht Gideons von Nicolas Poussin 1623


Engel von Bernini

 
Zuletzt bearbeitet:
Raffaels Gemälde in der Vatikanischen Pinakothek

Das beherrschende Bild im Raffael-Saal der Pinakothek ist die​

Verklärung Christi 1517-1520


Dieses letzte eigenhändige Gemälde Raffaels war lange Zeit das berühmteste Bild der Welt. Giulio de'Medici - ab 1527 Papst Clemens VII. - wurde 1515 das Erzbistum Narbonne übertragen, woraufhin er
der dortigen Kathedrale Saint-Just 2 Altarbilder stiften wollte. Das eine Bild sollte Raffael malen, das zweite Bild - die Erweckung des Lazarus - Sebastiano del Piombo ( heute National Gallery London).
Die beiden Künstler standen damals im harten Konkurruenzkampf, in dem Michelangelo auf der Seite Sebastianos stand und ihm für sein Werk Skizzen lieferte. Raffaels Aufgabe war es, die
Doppelnatur - menschlich und göttlich - Christi darzustellen. Nicht leicht, aber Raffael - angespornt durch den Wettstreit - löste das Problem, indem er 2 Bildebenen schuf, eben eine
menschliche und eine göttliche. In der menschlichen Szene wird die Geschichte der Heilung des mondsüchtigen Knaben erzähllt, die den Aposteln nicht gelang und daher von Jesus selbst durchgeführt
werden mußte.
Matthäus - Kapitel 17:14 Und als sie zum Volke kamen, trat ein Mensch zu ihm, fiel vor ihm auf die Knie 15 und sprach: Herr, erbarme dich meines Sohnes; denn er ist mondsüchtig und leidet schwer; denn er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser. 16 Und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, aber sie konnten ihn nicht heilen. 17 Da antwortete Jesus und sprach: O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringet ihn her zu mir! 18 Und Jesus bedrohte ihn, und der Dämon fuhr aus von ihm, und der Knabe war gesund von jener Stunde an. 19 Da traten die Jünger zu Jesus, beiseite, und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?20 Jesus aber sprach zu ihnen: Um eures Kleinglaubens willen! Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Berge sprechen: Hebe dich von hier weg dorthin! Und er würde sich hinwegheben, und nichts würde euch unmöglich sein.21 Aber diese Art fährt nicht aus, außer durch Gebet und Fasten.
Jesus tritt hier also als Arzt auf, da Medici aber Ärzte bedeutet, ist so die Verbindung Christi zum Auftraggeber hergestellt. Die Verbindung zur oberen Bildhälfte stellen der Junge und Paulus mit ihrem
Fingerzeig her. Ins Auge stechen sollte aber die Vision im oberen Teil des Bildes, der deshalb wesentlich heller dargestellt ist, als das gelungenen Licht-Schatten-Spiel im unteren Teil. Dargestellt ist die
Verklärung Christi auf dem Berg Tabor und damit die Ankündigung der Auferstehung.
Und nach sechs Tagen nahm Jesus den Petrus und Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich und führte sie beiseite auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde vor ihnen verklärt, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elia, die redeten mit ihm. 4 Da hob Petrus an und sprach zu Jesus: Herr, es ist gut, daß wir hier sind! Willst du, so baue ich hier drei Hütten, dir eine, Mose eine und Elia eine. 5 Als er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe; auf den sollt ihr hören! 6 Als die Jünger das hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. 7 Und Jesus trat herzu, rührte sie an und sprach: Stehet auf und fürchtet euch nicht! 8 Da sie aber ihre Augen erhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 9 Und als sie den Berg hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Sagt niemandem von dem Gesichte, bis des Menschen Sohn von den Toten auferstanden ist! 10 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, daß zuvor Elia kommen müsse? 11 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Elia kommt freilich und wird alles in den rechten Stand setzen; 12 ich sage euch aber, daß Elia schon gekommen ist; und sie haben ihn nicht anerkannt, sondern mit ihm gemacht, was sie wollten. Also wird auch des Menschen Sohn von ihnen leiden müssen.13 Da verstanden die Jünger, daß er zu ihnen von Johannes dem Täufer redete.
Hier wird die Ewigkeit des schwebenden Christus durch die Kreisdarstellung der Figuren versinnbildlicht.
Als Raffael 1520 starb, war das Gemälde fast fertiggestellt und wurde laut Vasari in seinem Sterbezimmer aufgestellt. Diese Inszenierung war wohl der Grund, weshalb das Bild als Vermächtnis Raffaels
angesehen wurde und doch in Rom bleiben sollte - es wurde der Kirche San Pietro in Montorio gestiftet. Auch dieses Bild fand seinen Weg in die Vatikanische Pinakothek durch den "Umweg" über Paris.​


Daneben die​

Madonna del Foligno 1512


Auftraggeber dieses Gemäldes war Sigismondo dei Conti, der vor dem heiligen Hieronymus dargestellt ist - allerdings ungewöhnlich groß für einen Stifter. Dieser starb jedoch, bevor er
Anweisung geben konnte, was auf der Tafel zu stehen habe, die der Engel in der Mitte hält. Sigismondo stammte aus Foligno und war sowohl päpstlicher Sekretär als auch Präfekt der Dombauhütte. Der Anlaß, dieses Bild malen zu lassen ist aber im Hintergrund dargestellt. Man sieht einen Meteoriten in ein Dorf einschlagen. Anscheinend fühlte Sigismondo sich bei diesem Ereignis von der Jungfrau Maria gerettet.
Auch hier wieder die Unterteilung in zwei Bildebenen:
-Oben Maria mit Kind auf einem Thron, umgeben von Engelscharen.
Maria soll der Legende nach durch die Tiburtinische Sibylle dem Kaiser Augustus an der Stelle erschienen sein, wo heute die Kirche steht, die erster Aufstellungsort des Bildes war.
-Darunter die Heiligen mit dem Stifter, im Hintergrund die Landschaft mit dem Meteoriten. Die Verbindung "nach oben" wird aber durch Blicke und Gesten hergestellt. Johannes der Täufer schaut zwar zum Betrachter - der damit auch einbezogen wird - zeigt aber zur Madonna. Der heilige Franziskus dagegen zeigt zum Betrachter und schaut zu mit seligem Blick zur Maria. Hieronymus dagegen zeigt auf das Ereignis im Hintergrund und empfiehlt dabei den Sigismondo der Madonna.
Das Gemälde war zunächst auf dem Hochaltar von Santa Maria in Aracoeli, dem Bestattungsort des Stifters, von 1565 bis 1797 dann in Foligno aufgestellt. Auch dieses Gemälde kam dann erstmal nach Paris.​

Ebenfalls hier das Gemälde der​

Marienkrönung 1502-1503


Auftraggeberin war Leandra Oddi aus Perugia und Vorbild war das gleichnamige Werk Pinturicchios.
Die Apostel stehen um den antiken Sarg und schauen wie gebannt in den Himmel, wo Maria zwischen Engeln und Cherubinen gerade gekrönt wird. Durch die perspektivische Darstellung des Sarges entsteht eine große räumliche Tiefe. Irdischer und himmlischer Bereich sind auch hier strikt getrennt, allerdings nur durch eine dünne Wolkendecke. Jeder Apostel ist sehr individuell ausgearbeitet und hat genügend Raum, besonders ausdrucksvoll sind deren Hände dargestellt. Der Sarg ist leer und zurück blieb nur der Gürtel in de Händen des Apostels Thomas. Da er bei der Himmelfahrt der Maria nicht anwesend war und sie deshalb nicht glauben wollte, erschien sie nochmals und überreichte ihm ihren Gürtel. Weiße Lilien und Rosen sind Zeichen der Reinheit Marias (verstärkt durch das weiße Gewand von Thomas), die rote Rose ist ein Symbol für das Leid und den Schmerz im Leben Marias. Raffael malte zunächst den oberen Teil des Bildes, deshalb sind hier die Gesichtsausdrücke auch noch starrer und nicht so individuell wie bei den Aposteln. Der Hintergrund hat hier keine Beziehung zum Dargestellten sondern dient nur zum Schmuck. Studien haben ergeben, dass der Jakobus zunächst ein Selbstbildnis werden sollte.
Die Perdellentafen zeigen die "Verkündigung", die "Anbetung der Könige" und die "Darbringung im Tempel".
Auch dieses Werk mußte den Weg nach Paris einschlagen.​
 
Vielen Dank für diese schöne Darstellung der vatikanische Pinakothek! :thumbup:
Beim letzten Besuch sahen wir ja leider die Foligno-Madonna nicht, da sie in Dresden weilte. ;)
Auch für uns gehört die Gemäldesammlung zu den Höhepunkten der Vat. Museen.

Liebe Grüße

Angela
 
Vielen Dank für diese schöne Darstellung der vatikanische Pinakothek! :thumbup:
Beim letzten Besuch sahen wir ja leider die Foligno-Madonna nicht, da sie in Dresden weilte. ;)
Auch für uns gehört die Gemäldesammlung zu den Höhepunkten der Vat. Museen.

Vielen Dank für das Lob!

Für mich ist auch die Pinakothek eines der Highlights der VM,
aber leider während der nächtlichen Öffnung der VM geschlossen. :cry:

Heute kommt noch ein Teil über die Wandteppiche in der Pinakothek.​
 
Mir ist leider die Thematik in der Pinakothek etwas schmalspurig. Trotzdem herzlichen Dank für den Bericht mit den aussagekräftigen Fotos.
 
Die Wandteppiche in der Vatikanischen Pinakothek

Auch der Nachfolger von Julius II., Leo X., wollte sich zu seinem Ruhm in der Sixtina verewigen lassen. Er erteilte Raffael wohl 1515 den Auftrag, Entwürfe für einige Wandteppiche zu gestalten, die an
hohen Feiertagen unter den ersten Fresken aufgehängt werden sollten - damit in Augenhöhe der Besucher. An Fronleichnam wurden sie früher vor der "Scala Regia" öffentlich ausgestellt. Unter den Geschichten über das Leben des Moses und des Jesus sollten nun Szenen der Viten des Paulus und des Petrus aus der Apostelgeschichte dargestellt werden. Sieben dieser Kartons wurden vom englischen König Karl rechtmäßig erworben und sind heute im Viktoria&Albert Museum in London ausgestellt. Mir gefallen sie besser als die gewebten Versionen.​


Die Wandteppiche wurden nach diesen Kartons in der Weberei der Brüder van Aelst in Brüssel gewebt. Der Auftrag wäre für Raffael eine wunderbare Gelegenheit gewesen, sich ausgerechnet in der
Sixtina - dem Ort des höchsten Triumpfes Michelangelos - mit seinem Konkurrenten zu messen. Natürlich konnte sich aber die eingeschränkte Farbigkeit der Wandteppiche nicht mit derjenigen der
Fresken messen, denn die Umsetzung der 10 Vorlagen erfolgte mit zarten Seiden-, Woll- und vergoldeten Silberfäden. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1519 wurden sie zum ersten Mal feierlich ausgestellt.
Da die Exponate hinter Glas ausgestellt sind, läßt die Qualität der Bilder leider zu wünschen, aber einen Einblick in das Werk können sie wohl dennoch bieten.​

Der wunderbare Fischfang
Das kleine Boot im Vordergrund soll die Kirche darstellen, die von Jesus gesteuert wird. Dadurch, dass Petrus und sein Bruder Andreas einsteigen, werden sie zu Jüngern Jesu. Die Kraniche im Vordergrund zeigen die Wachsamkeit der Kirche vor Bedrohungen - dargestellt von den schwarzen Raben im Hintergrund. Dieser Wandteppich hing früher an der Altarwand, die nun von Michelangelos "Jüngstem Gericht" geschmückt wird.​

Petrus heilt einen Gelähmten
Die beiden Säulen, die das Geschehen einrahmen, stammen der Legende nach aus den Tempel des Salomo und wurden in die alte Peterskirche gebracht. Seitlich davon bringen Frauen und Kinder Opfer dar, beziehungsweise haben sich Menschen versammelt, um dem Wunder beizuwohnen.​

Schlüsselübergabe

Christus tritt den Aposteln in einer ältrömischen Toga entgegen. Die weißen Schafe hinter Jesus sollen die Gläubigen darstellen, um die Petrus sich nun kümmern muß.​

Paulus im Gefängnis

Der Tod des Ananias

Das Opfer der Lystra
Hier ist es der rote Mantel des Paulus der eine Grenze zieht. Er soll ihn hervorheben und vor dem Ansturm der Menschenmassen schützen.​

Die Steinigung des heiligen Stephanus

Die Plünderungen
Während des "Sacco di ROma" wurden die Gobelins ein erstes Mal verschleppt, teilweise gar bis Konstantinopel, wo einer wegen seiner wertvollen Fäden zerstört wurde. Der Heerführer Anne de
Montmorency hat wohl die Wandteppiche stark beschädigt in Konstantinopel gefunden und gekauft. 1554 gab er sie restauriert an Papst Julius III. zurück. Andere wurden über ganz Europa verstreut und führten dazu, das Raffael weit über die Grenzen des Vatikan berühmt wurde.
Im Juni 1798 wurden die Gobelins von den Französischen Truppen erneut gestohlen und verkauft. Erst Pius VII. konnte die Wandteppiche von einem französischen Händler zurückkaufen - leider aber teilweise beschädigt.​

Ein Wandteppich zeigt das "Letzte Abendmal" nach Leonardo da Vinci.
 
Liebe dentaria,
auch ich möchte mich für Deine Fortsetzungen bedanken! Wenn ich die VM besucht habe, dann bin ich fast immer schnurstracks zur Sixtinischen Kapelle durchmarschiert und habe so vieles einfach linksliegen gelassen. Beim nächsten Besuch muss sich mein Verhalten wohl ändern :nod:.
 
Wenn ich die VM besucht habe, dann bin ich fast immer schnurstracks zur Sixtinischen Kapelle durchmarschiert und habe so vieles einfach linksliegen gelassen. Beim nächsten Besuch muss sich mein Verhalten wohl ändern :nod:.

Nein, nein, das mußt Du nicht ändern, denn so ist es optimal. :nod:
Allerdings dann nochmal zurück und in aller Ruhe eine zweite Runde (+ Pinakothek!).
Beim erneuten Besuch der Sixtina empfiehlt es sich aber deren Ausgang zu nehmen.
Man geht dann an Berninis Scala Regia - und einem Bücherstand - vorbei in Richtung Petersdom. Der Ausgang ist in etwa am Kuppelaufgang.​
 
Bisher dachte ich ein "zurückgehen" sei eher nicht erwünscht.
Danke für deinen Hinweiß!
 
Bisher dachte ich ein "zurückgehen" sei eher nicht erwünscht.
Danke für deinen Hinweiß!
Man muß ja nicht alle Wünsche der Obrigkeit erfüllen :~:~:~

der frühmorgendliche "Laufschritt-Trick" ist nun mal die einzige Chance, die Sistina nicht total überfüllt zu erleben

weiß

Friedrich
(der das 2007 genau so gemacht hat)
 
Bisher dachte ich ein "zurückgehen" sei eher nicht erwünscht.
Danke für deinen Hinweiß!

Naja, natürlich nicht gegen die Einbahnregelung zum Eingang,
sondern schon mit der Masse Richtung Ausgang, dann halt nicht raus, sondern nochmals von vorne.
Diese "Runde" könnte man beliebig oft drehen.

 
Zuletzt bearbeitet:
FestiNalente schrieb:
der frühmorgendliche "Laufschritt-Trick" ist nun mal die einzige Chance, die Sistina nicht total überfüllt zu erleben

Ja, das ist so! Und der "Laufschritt" lohnt sich ... Bestätigt
Padre
 
dentaria schrieb:
Naja, natürlich nicht gegen die Einbahnregelung zum Eingang, sondern schon mit der Masse Richtung Ausgang, dann halt nicht raus, sondern nochmals von vorne.
Diese "Runde" könnte man beliebig oft drehen

Danke für die Info! Beim nächsten Mal werde ich es ausprobieren!
 
Von der Pinakothek laufe ich nun in Richtung der Stanzen des Raffael.
Leider ist der Kunstgenuß durch die Menschenmassen doch stark beeinträchtigt.

Die Stanzen des Raffael
Auch für die Ausmalung dieser Räume vergab Julius II. den Auftrag. Es war ihm zutiefst zuwieder, in den Räumen des von ihm so verhassten Alexander VI. zu residieren. Daher ließ er Bramante Gemächer im 2. Stock wieder herrichten und beauftragte erfahrene Maler mit der Ausschmückung: Sodoma, Lorenzo Lotto, Peruzzi, Perugino, Luca Signorelli und andere. Inhalt der Fresken sollte sein,
den Papst und die Kirche zu feiern und dabei das Beste der antiken Philosophie mit dem christlichen Gedankengut zu verbinden. Julius II. hat als erster Papst der Moderne die Bedeutung der Bildpropaganda erkannt und genutzt. Die Künstler begannen Mitte des Jahres 1508 mit ihrer Arbeit, Ende des Jahres stieß auch noch Raffael dazu, während Michelangelo in der Sixtina tätig war. So begann in den Stanzen ein Wettbewerb, den Julius II. ganz bewußt als solchen geplant hatte, um jeden der Künstler zur Höchstleistung anzuspornen, wobei Raffael derjenige mit der geringsten Erfahrung in der Fresko-Technik war. Und doch war es Raffaels Werk "Disputa", welches mit Abstand den Vorstellung des Papstes am meisten entsprach und so ließ er die Werke der anderen Künstler wieder
zerstören - lediglich Teile der Gewölbe von Sodoma und Perugino blieben erhalten - und gab Raffael den Alleinauftrag für die Ausmalung der Stanzen. Oft ist natürlich der Auftraggeber dargestellt, gut zu erkennen an dem Bart, den er sich als erster Papst wachsen ließ - er wollte sich erst wieder rasieren, wenn die Franzosen den Kirchenstaat verlassen hätten. Nach dem Tod von Julius II. und der Wahl des Medici-Papstes Leo X. verlangte dieser von Raffael, ebenfalls in den Fresken der Stanzen verewigt zu werden.​

Sala di Costantino
Dieser größte Raum der Stanzen wurde für Empfänge und offizielle Zeremonien genutzt, hier traf der Papst auf die externe Welt. Die Fresken wurden unter Leo X. und Clemens VII. in Auftrag gegeben
und zeigen den Sieg des Christentums und die Ansiedelung der Kirche in Rom. Raffael erlebte nur noch das erste Jahr der Ausmalungen, dann ging der Auftrag an Giulio Romano und Francesco Penni aus Raffaels Werkstatt über. Das Gewölbe wurde erst deutlich später unter Papst Gregor XIII. ausgeführt.​

Die Taufe Konstantins

Das Ereignis wurde ins Baptisterium des Lateran verlegt und der Papst zeigt die Gesichtszüge des amtierenden Medici-Papstes Clemens VII.​

Die Schlacht an der Milvischen Brücke

Der Sieg von Konstantin dem Großen über Maxentius.​

Die Erscheinung des Kreuzes

Dem Kaiser erscheint das Kreuzeszeichen am Abend vor der großen Schlacht. Daher läßt er das Kreuzeszeichen auf die Schilde malen und gewinnt die Schlacht.​

Die Konstantinische Schenkung

Die Darstellung der Schenkung der weltlichen Macht von Konstantin an Papst Silverster. Diese Schenkungurkunde wurde allerdings bereits fast 100 Jahre vorher als Fälschung entlarvt.​

Stanza d`Eliodoro
Man nimmt an, dass Raffael mit diesen Fresken Ende 1511 begann und dabei durchaus auch Elemente der Formensprache Michelangelos übernommen hat. Dieser Audienzsaal hat das Thema der Verteidigung der Kirche durch Gott.​

Die Begegnung Leos des Großen mit Attila


Dieses Fresko wurde unter Julius II. begonnen, aber unter Leo X. fertiggestellt. Daher ist er doppelt dargestellt, als Papst und als Kardinal. Die Begegnung ist von Mantua nach Rom verlegt worden, was man an den Bauwerken im Hintergrund erkennen kann. Der Legende nach entschloß sich Attila wegen der Vision der bewaffneten Petrus und Paulus zur Umkehr, die schwebend über der Szene dargestellt sind. Parallelen sind hier im Abzug der Franzosen 1512 zu sehen. Fazit ist, die Kirche sorgt für Ordnung, egal ob unter Leo I. oder Leo X.​

Die Messe von Bolsena


Dieses Wunder - ein blutende Hostie - ereignete sich 1263 und war der Grund für den Dombau in Orvieto. Auch hier ist natürlich Julius II. als Augenzeuge dabei. Rechts unten sind Soldaten der Schweizer Garde mit stolzen und entschlossenen Mienen dargestellt.​

Die Vertreibung des Heliodor aus dem Tempel

Hier hält sich Raffael sehr genau an die Schilderungen im Buch der Makkabäer. Heliodor sollte den Tempelschatz in Jerusalem stehlen, wird aber überrascht und vertrieben. Die Anwesendheit des
Papstes soll eine Warnung an Plünderer des Kirchenstaates verbildlichen. Unterhalb des Freskos befindet sich eine Kritzelei aus der Zeit des Sacco di Roma - eine Antwort auf die Warnung? Das Pferd könnte den Skizzen Leonardos für die Schlacht von Anghiari nachempfunden sein.​

Die Befreiung Petri


Der lichtbringende Engel befreit Petrus und führt ihn aus dem Kerker. Dieses Freko wird beherrscht von einer wunderbaren Hell-Dunkel-Ausmalung, die später von Rembradt und Caravaggio perfektioniert
wird.​

Stanza della Segnatura
In diesem Raum begann Raffael im Spätsommer 1508 mit den Ausmalungen. Hier war die private Bibliothek von Julius II. geplant, mit Büchern zu den vier Themen, die der Papst für die Fresken vorgab: Theologie, Philosophie, Poesie und Recht. Diese vier Gebiete werden an der Decke als weibliche Personifikationen vorgestellt. Dazu korrespondieren die Fresken an den Wänden, in denen berühmte Menschen dargestellt werden, die im jeweiligen Fachbereich erfolgreich waren. Dieses Programm war Raffael vorgegeben.​

Disputa

Dieses Fresko war Raffaels erste Arbeit im Vatikan und soll den Glauben verdeutlichen, der nicht mit Vernunft begreifbar ist, sondern dem Menschen in Gestalt der Hostie erscheint. In der Mitte die
Dreifaltigkeit: Von oben nach unten zunächst Gott, darunter Jesus mit Maria und Johannes dem Täufer dann der Heilige Geist und darunter die Hostie als Hinweis auf die Fleischwerdung Christi. Über
den Wolken die triumphierende Kirche mit Heiligen und Erzvätern (z.B. Adam), darunter die kämpfende Kirche mit den Kirchenlehrern und weiteren Theologen (z.B. Savonarola und Dante).
Im Hintergrund erkannt man eine Baustelle, das ist ein Hinweis auf den neuen Petersdom.​

Die Schule von Athen



Die Botschaft des Freskos soll sein, dass Wissen die erste Pflicht des Menschen ist, also die irdische Wahrheit. Die großen Denker der Weltgeschichte sind hier versammelt, teilweise mit den
Gesichtszügen eines zeitgenössischen Malers. An seine Seite stellt Raffael den Maler Sodoma, dessen Fresken die Decke des Raumes zieren. Die Architektur, in der sich die Philosophen aufhalten ist, ist
wiederum eine Mischung aus Antike und den Entwürfen Bramantes für den neuen Petersdom (Julius II. sah sich ja gerne als Nachfolger der Römischen Kaiser). Im Zentrum stehen Platon - er hebt den
Arm nach oben, zum Universum der Ideen - und Aristoteles - er zeigt nach unten, um die Bestätigung der Ideen durch Experimente anzuzeigen. Als einsamer Denker die Figur des Heraklit,
wahrscheinlich mit den Zügen Michelangelos. Diese Figur wurde nachweislich später eingefügt - eine Hommage an den großen Meister der Sixtina?
Auf dem Karton zu dem Fresko fehlt die Figur des Michelangelo noch.

Der Parnaß


Um die Zeit auf Erden zu verbringen braucht der Mensch auch die Pracht, dargestellt durch den Berg Parnass des Apollon. Dieser spielt auf der Lyra, umgeben von den Musen und den großen Dichtern
(z.B. Dante und Homer). Hier soll vermittelt werden, dass die Kunst der Schatten Gottes auf der Erde ist.​

Die Gerechtigkeit

Der Mensch benötigt aber auch die Sicherheit der Gesetze, die allerdings von den drei Kardinaltugenden - Tapferkeit, Weisheit, Mäßigung - und den christlichen Tugenden - Glaube, Liebe, Hoffnun
geleitet sein müssen. Erstere werden von schönen Fauen, letztere von Amoretten dargestellt. Die Tapferkeit hält sich an der della-Rovere-Eiche fest, also an Papst Julius II. Darunter die Übergabe von bürgerlichem Recht an Kaiser Justitian und kanonischem Recht an Papst Gregor IX. ( natürlich wieder mit den Gesichtszügen von Julius II.). Ebenfalls dargestellt sind die späteren Päpste Leo X. und Paul III. als Kardinäle.​

Stanza dell´Incendio di Borgo
Dieser Raum wurde von Sommer 1514 bis März 1517 ausgemalt und diente unter Leo X. als Eßzimmer und zum Empfang. Davor war er Gerichtsitz, wovon die Deckenfresken von Perugino zeugen. Verherrlicht wird Leo X. durch Szenen aus dem Leben zweier Namensvorgänger: Leo III. und Leo IV. Die Ausführung erfolgte in erste Linie durch Raffaels Werkstatt.​

Die Krönung Karls des Großen


Dargestellt ist die Weihnachsnacht im Jahre 800, in der Leo III. (natürlich mit den Gesichtszügen Leos X.) den Kaiser krönt. Die Krönungsdarstellung verweist auf den Friedensschluß zwischen dem Vatikan und Frankreich 1515.​

Der Borgobrand


Der Legende nach hat Papst Leo IV. im Jahr 847 einen Brand im Borgo Santo Spirito nur durch das Kreuzeszeichen gelöscht. Er zeigt sich auf der Benediktionsloggia des alten Petersdoms, die zur Zeit der Entstehung des Freskos noch stand. Eingegliedert in das Geschehen ist auch Aeneas, der seinen Vater aus dem brennenden Troja rettet. Vermittelt soll werden, dass Leo X. als Papst die Feuer der Kriege löschen wird.​

Die Seeschlacht von Ostia

Im Jahr 849 gelang es den päpstlichen Truppen unter Papst Leo IV. einfallende Sarazenen an der Tibermündung zu besiegen. 1524 sollten die Türken vor Wien stehen, aber dies erlebten weder Leo X.
noch Raffael.​

Die Rechtfertigung Leos III.


Nur einen Tag vor der Krönung Karls des Großen legt Leo III. einen Eid ab, um Verleumdungen entgegen zu treten.​
 
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