Auf den Spuren von Michelangelo und Raffael im Rom und Umbrien der Renaissance

Hallo Dentaria,

"spät liest er, doch er hat gelesen";)

vielen Dank für deinen wie immer, sehr ausführlichen, informativen, mit vielen Hintergrundinformationen gespickten Reisebericht und die schönen Fotos.
 
Danke, Ute, für die Fortsetzung Deines REiseberichts !

Für mich ist der Innenraum des Pantheon (besonders, wenn nicht allzuviele Besucher den Raum füllen) immer wieder ein besonderes Erlebnis [url='https://www.roma-antiqua.de/rom-forum/attachments/pano_25b.jpg.25460'[/URL] - und daher steht das Pantheon natürlich wieder auf der Agenda, wenn wir endlich im Januar in der ewigen Stadt sind !

Vielen Dank Friedrich, für die netten Worte.
Im Januar habt Ihr gute Chancen, ein fast leeres Pantheon zu sehen! :nod:

Hallo Dentaria,

"spät liest er, doch er hat gelesen";)

vielen Dank für deinen wie immer, sehr ausführlichen, informativen, mit vielen Hintergrundinformationen gespickten Reisebericht und die schönen Fotos.

Vielen Dank Ernst, für das Lob.
Für die nächste Kirche - mit Michelangelo - muß ich erst noch einige Bücher wälzen! ;)

Liebe Grüße
Ute
 
Gleich um die Ecke liegt die Kirche
Santa Maria sopra Minerva
Geschichte
Auf dem Gebiet der Kirche standen in der Antike 3 Tempel: Minerva-Tempel, Isis-Tempel und Serapion-Tempel.
Bereits im 8. Jahrhundert wurde auf dem Gelände eine kleine Kirche erbaut, die Papst Zacharias den aus dem Orient geflüchteten Basilianerinnen gab.
Weitere Besitzer waren die Benediktinerinnen und die Büßerinnen. Seit 1275 sind die Dominikaner Eigentümer der Kirche.
Unter Nikolaus III. wurde 1280 mit dem Bau der jetzigen dreischiffigen gotischen Kirche - die einzige in Rom- begonnen, der 1370 beendet. Baumeister waren wohl die Dominikanerbrüder Sisto Fiorentino und Ristoro da Campi, die bereits Santa Maria Novella in Florenz gebaut hatten.​

An der Kirche wurde - wie üblich - lange gebaut und verändert, so auch barockisiert, was allerdings teilweise im 19. Jahrhundert wieder rückgängig gemacht wurde. Santa Maria sopra Minerva ist eine
wahre Schatztruhe unter den eh an Kunstwerken reichen Kirchen Roms, denn fast jede der 20 Kapellen enthält schöne Gemälde, Fresken oder Statuen. Das liegt auch an der Tatsache, dass die
Dominikaner ein Bettelorden waren. Sie erbaten finanzielle Hilfe von reichen Familien, denen sie dann Grabkapellen zur Verfügung stellten.​

Fassade



Vom 15. bis 17. Jahrhundert sah die Fassade aus wie diejenige von Santa Maria in Aracoeli.​

Übriggeblieben von dieser Front ist nur das Hauptportal. An der äußersten rechten Seite sind Gedenktafeln an diverse Tiber-Hochwasser angebracht. Das letzte Hochwasser, das die Kirche erreicht hat, war 1870.
Besonders bemerkenswert ist die Rosette über dem Hauptportal.​

Kircheninneres
Cappella Carafa
Ein besonderes Highlight der Kirche ist die Cappella Carafa, ausgemalt von Filippino Lippi in den Jahren 1488 bis 1493 und geweiht der Jungfrau Maria und dem heiligen Thomas von Aquin.
Der Neapolitaner Oliviero Carafa war der Stifter dieser Kapelle für sein Grabmal, sie wurde dann Grablege seines Neffen, des Carafa Papstes Paul IV. Möglich wurden die Kunstwerke der Kapelle erst, als
Lorenzo de`Medici den Künstler von seinen Arbeiten in Florenz freistellte, dafür unterstütze Oliviero den Sohn des großen Medici - Giovanni, später Papst Leo X. - bei der Beschaffung des
Kardinalshutes (mit lediglich 13 Jahren!).
Familie Carafa
Die Familie Carafa gewan in Neapel ab dem 13. Jahrhundert zunehmende Bedeutung unter den Adelsfamilien. Die für Rom wichtigsten Familienmitglieder waren der Kardinal und Dominikaner Oliviero Carafa und sein Neffe Gian Pietro Carafa, der spätere Papst Paul IV. Oliviero berief sich auch auf eine Blutsverwandtschaft zu Thomas von Aquin.
Statue Oliviero Carafa im Dom von Neapel
Frontseite
Hier das Altarbild der Verkündigung, auf dem der heilige Thomas von Aquin den Kardinal Carafa der Maria zuführt. Das traurige Gesicht der Maria läßt erahnen, dass sie bereits um das Schicksal ihres
Sohnes weiß.​

Im Hintergrund die Himmelfahrt Marien.
Durch ein Banner wird das Bild in zwei Hälften geteilt: Himmel und Erde. Petrus und Paulus knieen zu beiden Seiten und schauen gen Himmel. Der Apostel Thomas hat soeben den Gürtel der Maria erhalten.​

Rechte Seitenwand
Zwei Fresken über das Leben des Thomas von Aquin, oben "Heiliger Thomas im Gebet".
Das untere, ist das Fresko "Thomas von Aquin verwirrt die Ketzer" auf dem angeblich die beiden Medici-Päpste Leo X. und Clemens VII. (auch ihre Grabmäler befinden sich in der Kirche) als Jünglinge
dargestellt sind.​

Linke Seitenwand
Hier mußten die Fresken des Filippino Lippi leider dem Gabmal von Paul IV. weichen!​

Gewölbe
Auch Filippino Lippi stellt hier Sibyllen dar, wie später auch Michelangelo und Raffael.​

Hauptaltar
Unter der Altarplatte befindet sich der gläserne Sarkophag der heiligen Katharina von Siena, der Schutzpatronin Italiens (sie müßte im Moment vielbeschäftigt sein!).

Chorkapelle oder Medici-Kapelle.
Grabmal von Clemens VII.
Ein Werk von Nanni di Baccio Bigio.​

Grabmal von Leo X.
Ein Werk von Raffaele da Montelupo.​

Grabplatte von Fra Angelico
Der berühmte dominikanische Maler und einer der Wegbereiter der Renaissance starb 1455 in Rom. Vasari schreibt über ihn, dass er nie ein Kruzifix malen konnte, ohne Tränen in den Augen zu haben.​

Am zweiten Pfeiler links das Reliefportrait der Maria Raggi

Ein Werk Berninis, der hier den Marmor zu einer flatternden Draperie um das von 2 Putten gehaltene Portrait der Verstorbenen gestaltete.​

In der 8. Kapelle links ein Fresko von Melozzo da Forli, Christus als Weltenrichter mit zwei musizierenden Engeln.

Der Christus des Michelangelo erhält natürlich ein eigenes Kapitel! ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Bravo liebe Ute, die Fortsetzung deines Berichtes gefällt mir sehr :nod::nod:

(Ich habe mir bei unserem Besuch der Basilica die S. Maria sopra Minerva eine Postkarte der Rosette kaufen müssen weil ich sie so schön fand.)
 
Hallo Dentaria,
beim Lesen Deines Berichtes zu SMsM erinnerte ich mich an meinen Besuch dieser Kirche im Juli. Deine Eindrücke sind eine gute Auffrischung meines Besuches. Herzlichen Dank.
Mal sehen, was Du zur Christusstatue ausgegraben hast.
 
Hallo dentaria,
Deine neuste Ergänzung habe nur überfliegen können. In den nächsten Tagen werde ich sie genauer lesen und genießen!


dentaria schrieb:
Unter der Altarplatte befindet sich der gläserne Sarkophag der heiligen Katharina von Siena, der Schutzpatronin Italiens (sie müßte im Moment vielbeschäftigt sein!)

Die heilige Katharina ist auch Kirchenlehrerin und eine der Schutzpatrone Europas! So hat sie noch viel mehr zu tun!

Lieben Gruß
Padre
 
Bravo liebe Ute, die Fortsetzung deines Berichtes gefällt mir sehr :nod::nod:​

Das freut mich sehr!

Hallo Dentaria,
beim Lesen Deines Berichtes zu SMsM erinnerte ich mich an meinen Besuch dieser Kirche im Juli. Deine Eindrücke sind eine gute Auffrischung meines Besuches.

Hier der Link zu Deinem Bericht mit den wunderschönen Fotos:
http://www.roma-antiqua.de/forum/posts/156463

Dem schließe ich mich gerne an und denke an meinen/unseren Besuch vom Oktober in dieser Kirche. Die Rosette scheint mir neugotisch zu sein, oder liege ich da falsch?

Darüber habe ich zwar nichts in den Büchern gefunden, gehe aber auch davon aus, das die Rosette im Rahmen der Regotisierung im 19. Jhd. angebracht wurde.

Die heilige Katharina ist auch Kirchenlehrerin und eine der Schutzpatrone Europas! So hat sie noch viel mehr zu tun!

Vielen Dank für den Hinweis! :thumbup:
 
Der Auferstandene Christus des Michelangelo


Obwohl Michelangelo einen Vertrag mit der Familie della Rovere geschlossen hatte, in dem er sich verpflichtete, bis zur Fertigstellung des Julius-Grabmals keine anderen Aufträge anzunehmen,
schloß er bereits am 14. Juni 1514 einen weiteren Vertrag ab. So sollte er für den römischen Adeligen Metello Vari de`Porcari einen "Auferstandenen Christus" zum Gedenken an seine Verwandte Marta
Porcari meißeln. Die Figur sollte lebensgroß, nackt und aufrecht stehend sein und ein Kreuz im Arm haben. Die Frist für die Fertigstellung wurde auf 4 Jahre festgelegt. Aufstellungsort sollte Santa Maria
sopra Minerva sein und der Lohn 200 Dukaten, von denen er 150 im voraus bekam. Ab dem Sommer 1514 arbeitete er also an den beiden Aufträgen parallel. Die Statue des Christus ließ er aber schon
bald unfertig liegen, da eine schwarze Marmorader im Gesicht auftauchte und er nach Florenz ging. Mit der zweiten Fassung begann er erst zwei Jahre später, nämlich 1516. Das - zwischen 1546 und
1588 angebrachte - Bronzetuch ist ein Verschandelung späterer Zensoren. Erneuert wurde der Lendenschurz 1735 und 1933 obwohl ein Mönch im 17. Jh. bereits das Geschlechtsteil abgeschlagen
hatte. Als Michelangelo die Skulptur fertigte, nahm niemand Anstoß an einem nackten Christus in der Kirche. Es ist der Körper eines reifen Mannes, mit mehr Bein- als Armmuskulatur. Lediglich der
verklärte Gesichtsausdruck weist auf ein göttliches Wesen hin. Ohne Bart und Kreuz könnte die Figur auch eine römische Gottheit darstellen. Ungewöhnlich ist die unversehrte Darstellung, also ohne
Wundmale - die heute zu sehenden wurden später zugefügt. Geradezu zärtlich umfassen die Arme Kreuz, Schwamm, Strick und Rohr, was auf die Freiwilligkeit des Todes hinweist.​

Auch der rechte Fuß war zeitweise mit einem Matallschuh versehen, da ein Kuß auf dieses Körperteil den jungen Frauen bei der Suche nach einem Mann helfen sollte und man verhindern wollte, dass der Fuß ebenso abgenutzt werde wie der des Petrus im Petersdom.​

Michelangelo überließ die Fertigstellung - leider - seinem Assistenten Pietro Urbano. Die Skulptur wurde im Sommer 1521 von Florenz nach Rom verschifft, nachdem der gedulige Auftraggeber schon so
lange auf sie gewartet hatte und ab Herbst 1517 nun doch zu drängen begann. An der Statue waren noch kleine Nacharbeiten nötig, die Urbano aber so massiv
mißlangen, dass selbst Michelangelo ein Problem hatte, sie wieder auszumerzen.
Sebastiano del Piombo schrieb: "Aber ich teile Euch hiermit mit, dass er alles, woran er sich zu schaffen gemacht, verhunzt hat, vor allem hat er den rechten Fuß verkürzt, was man deutlich an den
abgeschnittenen Zehen sieht; außerdem hat er noch die Finger und die Hände verkürzt, vor allem die rechte, die das Kreuz umfasst. Frizzi sagt, sie sähen aus wie von einem gemacht, der Brezeln
formt; sie sehen nicht aus wie aus Marmor gearbeitet, sondern als wären sie aus Teig, dermaßen kläglich sehen sie aus. (...) Auch bin ich mir sicher, dass es noch ein schlimmes Ende mit ihm nimmt,
denn ich habe gehört, dass er spielt und keine Hure auslassen will, und in Rom geht er als Nymphe in Samtschuhen umherund haut anscheinend so manches Geld auf den Kopf."
Dieser Brief und das Verhalten von Pietro Urbano konnten das Verhältnis zu Michelangelo aber nicht trüben. Die Schäden wieder in Ordnung zu bringen wurde dann die Aufgabe von Federico Frizzi, der
in obigem Brief bereits erwähnt ist.​

Enthüllung der Skulptur war am 27. Dezember 1521 und
sie erschien Michelangelo so schlecht, das er Ersatz anbot, was der Auftraggeber aber nicht annahm. Als Schadenersatz schenkte ihm Michelangelo aber die erste Fassung der Statue, die dieser dann
in seinem Garten aufstellte. Ursprünglich sollte der Christus im Hauptschiff aufgestellt werden, aber politische oder ästhetische Gründe sorgten füe den prominenten Ort neben dem Chor.​

Im 16. Jh. zählte die Figur zu den am meisten bewunderten Werken Michelangelos.
Die Kritik setzte erst ab dem 18. Jh. ein.​
 
Zuletzt bearbeitet:
Dentaria, wie erwartet, hast Du wieder einige mir bisher unbekannte, interessante Details ausgegraben. Auch ich finde dieses Werk nicht besonders gut gelungen, um es gelinde zu formulieren. Die kurzen Finger kann man natürlich gut sehen. Bei den unvorteilhaft proportionierten Füssen tue ich mir da schon etwas schwerer. Wahrscheinlich muss ich mir die Figur mit Deiner Beschreibung in der Hand nochmals kritisch ansehen.
Die Muskulatur finde ich aber ausgesprochen ausgeglichen. Soweit ich auf den Bildern erkennen kann, ist die Armmuskulatur sogar deutlich besser herausgearbeitet als die an den Beinen. Natürlich ist die Detailzeichnung absolut nicht vergleichbar mit der der Mosesstatue.

Danke auch für diese Arbeit.
 
Ludovico ROB schrieb:
Dentaria, wie erwartet, hast Du wieder einige mir bisher unbekannte, interessante Details ausgegraben. Auch ich finde dieses Werk nicht besonders gut gelungen, um es gelinde zu formulieren.

Ich kann mich Ludovico ROB nur anschließen. Liebe dentaria, vielen Dank die Fortsetzung!
 
Lieber Padre,

es freut mich sehr, dass Du mitliest - es kommt noch einiges,
schließlich waren Michelangelo und Raffael viele Jahre in Rom tätig! :nod:
 
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