Auf den Spuren von Michelangelo und Raffael im Rom und Umbrien der Renaissance


Vielen Dank, Angela.

Ihr seid doch im Oktober in Monti, da habt Ihr ja einen kurzen Weg nach San Clemente! :nod:​
 
Um sicher pünklich in Fidene zu sein, wähle ich den östlichen Weg.
Nach einem kurzen Stücken weges stehen plötzlich 2 Polizisten mit schutzsicherer Weste und MP vor mir!​


Es handelt sich um das Wohnhaus des amerikanischen Botschfters David Thorne.
Aber nein, ich bekomme keine Einladung zum Frühstück von ihm. :twisted:​

Hier auf dem Aventin würde es sich wohl gut wohnen lassen, ruhig und dennoch zentral liegen die Villen in der Morgensonne.​


Dann komme ich zum Denkmal von Skanderbeg.​


Er war ein albanischer Fürst, der zuerst zum Islam kovertiert ist und dann wieder zurück zum Christentum, um den Vormarsch der Osmanen nach Europa zu stoppen.
Er erhielt vom Papst die seltene Auszeichnung Athleta Christi.
Diese Auszeichnung wurde nur im 15. Jahrhundert verliehen und die Bezeichnung zeigt, wie sehr man hier zurück zur Antike strebte.​

Kurz danach bin ich auch schon bei der
Porta San Paolo.​


Früher hieß dieses Tor Porta Ostiense, denn in früheren Zeiten war man nach der Durchfahrt auf dem Wege nach Ostia Antica.
Das Tor wurde im 4. Jahrhundert etwas verstärkt.
Inzwischen wurde hier ein Teil der Aurelianischen Mauer zugunsten des Verkehrs entfernt.
Im Jahre 550 fielen die Goten unter Totila durch diese Tor in Rom ein. Totila war der letzte
, der Spiele im Circus Maximus veranstalten ließ.
Als Papst Hadrian VI. im August 1522 Osia erreicht hatte, begleiteten 5000 Menschen den Papst nach Rom und an der Porta San Paolo erwartete ihn Kardinal Farnese - der spätere Paul III. - und gab ihn ein Kreuz zum küssen.
Vom Senator der Stadt Rom bekam er die Schlüssel Roms.
In dem Turm befindet sich ein Museum zur Geschichte der Aurelianischen Mauer.​

Gleich neben dem Tor steht die
Pyramide des Caius Cestius.​


Spätesten bei dem Besuch Kleopatras 46 v. Chr. brach in Rom eine Ägyten-Leidenschaft aus. Als der römische Praetor im Jahre 12 v. Chr. starb, wurde ihm seinen Wunsch gemäß, dieses Bauwerk in nur 330 Tagen erbaut.
Die Seitenlänge beträgt 22 Meter, die Höhe 27 Meter und der die Ummantelung ist aus Carrara-Marmor. Im Inneren ist die Grabkammer mit 6x4 Metern groß und mit Malereien des 3. Stiles verziert, ist aber nicht begehbar.​

Die Pyramide hat viele Dichter begeister.
Am bekanntesten natürlich die Worte Goethes:
Cestius-Pyramide - Das Goethezeitportal

O, wie füh ich in Rom mich so froh!
Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später
Cestius`Mal vorbei, leise zum Orkus hinab.

Nunja, er ist nicht in Rom gestoren, sondern sein Sohn, der aus dem benachbarten Protestanischen Friedhof begraben ist.​

Auch der Franke August von Platen wurde zu einem Gedicht angeregt:
Platen, August von, Gedichte, Gedichte (Ausgabe 1834), Oden, 3. Die Pyramide des Cestius - Zeno.org

Pyramide des Cestius

[457] Öder Denkstein, riesig und ernst beschaust du
Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort,
Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich
Wendende Tiber!

[458] Stolze Prunksucht türmte dich einst, o Grabmal,
Als vor zwein Jahrtausenden hier Augustus
Sich der Welt aufdrang, der erschreckten durch die
Leiche des Cäsar.

Rom jedoch, kaum neigte dem Untergang sich's,
Als das Saatkorn neuer Gewalt gesät ward;
Denn es schuf hier jener Apostelfürst zum
Throne den Altar.

Aber Deutschlands rauhes Geschlecht, das ehmals
Deinen Kriegsruhm, herrschendes Rom, zerstörte,
Stürmt noch einmal, stürmt, o geweihtes Rom, dein
Heiliges Bollwerk!

Allzuschwer fast schwebte der Rachedämon
Über Roms Haupt, Rache, daß einst des frechen
Priesters Goldsteigbügel an Hohenstaufens
Eiserne Hand klang.

Aber Rom trotzt, doppelt besiegt und doppelt
Unbesiegbar scheint es, gewöhnt an Hoheit,
Seines Dreireichs blitzende Krone wankt zwar,
Aber sie bebt nicht.

Wehe, wer nicht spielend, ein Kind der Kirche,
Ihr im Schoß ruht! Wehe, denn jeden Tag droht
Priestermund ihm, Priestergemüt in Rom ihm
Stäte Verdammnis!

Aber huldreich gönnten sie doch des Irrtums
Söhnen gern hier eine geheime Ruhstatt,
Ja, es kühlt dein Schatten, o Bau des Cestius,
Nordische Gräber!

Möchten hier einst meine Gebeine friedlich
Ausgestreut ruhn, ferne der kalten Heimat,
Wo zu Reif einfriert an der Lippe jeder
Glühende Seufzer.

Gern vermißt sei, neben dem Heidengrabstein,
Was so streng Rom jedem Verirrten weigert:
Jenes Jenseits, das des Apostels goldner
Schlüssel nur auftut.

[459] Führt mich dorthin lieber, und sei's die Hölle,
Wo der Vorwelt würdigen Seelen Raum ward,
Wo Homer singt oder der lorbeermüde
Sophokles ausruht.

Aber schweigt jetzt, Sterbegedanken! Blüht nicht
Lebenslust rings unter dem Römervolk noch,
Einem Volk, dem zehrendes Feur die Lieb ist,
Liebe die Freundschaft?

Daure, Herz, ausdulde die Zeit des Schicksals,
Wenn auch einsam! Stimme geheim, o stimme
Deinen bergstromähnlichen, echoreichen,
Starken Gesang an!
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank, dass du uns wieder zu einem deiner schönen und informativen Spaziergänge mitnimmst:thumbup::thumbup::thumbup:
 
Pünklich um 8.30h treffe ich mich mit Ludovico und seinem Schwager und wir starten unseren Ausflug zunächst nach
Orvieto


Die Stadt hat etruskische Wurzeln, war vielleicht die Stadt Velzna aus dem Zwölfstädtebund.
264 v. Chr. vertrieben die Römer die Etrusker an den heutigen Bolsenasee und übernahmen die Stadt (urbs vetus=alte Stadt).
Später kamen noch die Goten und die Langobarden. Im Mittelalter war Orvieto eine politische Hochburg in der sich die Päpste gerne aufhielten, wenn der Streit mit dem Adel mal wieder eskalierte.
Die bekannteste Flucht eines Papstes nach Orvieto ist jene von Clemens VII., der sich zunächst beim Sacco di Roma in der Engelsburg verschanzt hatte.​

Orvieto besitzt eine wunderschöne Altstadt, die hoch auf einem riesigen Tuffstein-Block liegt.​

Es macht Spaß, durch die engen Gässchen zu schlendern.​



Dieses Gebäude ist der Sitz des Bischofs von Orvieto.​


Hier der Palazzo Solano, in dem sowohl das Museo Emilio Greco als auch das Museo dell`Opera del Duomo beheimatet sind.​

 
Zuletzt bearbeitet:
Kaum vom Urlaub zurückgekommen, erwartet mich ein neuer Reisebericht von dentaria - wie schön!

lg

Paganus
 
Dann hoffe ich mal, dass ich Deinen hohen Erwartungen gerecht werden kann! ;)

LG
dentaria​
 
Das interessanteste und schönste Gebäude in Orvieto ist der Dom​

Santa Maria Assunta



(Gesamtsicht Ludovico)

Der Name besagt, dass der Dom der Himmelfahrt Marias gewidmet ist.
Das Gebäude ist der höchste Punkt der Stadt und bereits von weitem zu erkennen.
Der Dom hat auch die - inoffizielle - Bezeichnung
La nuvola d`oro = Die Wolke aus Gold​

Geschichtlicher Hintergrund
Im Jahr 1263 hielt sich ein böhmischer Priester - auf dem Weg nach Rom - in Bolsena auf, um dort die Messe zu lesen.
Als er die Hostie brach, floß Blut heraus und tropfte auf das Altartuch.
Zur gleichen Zeit hielten sich Papst Urban IV., Thomas von Aquin und Bonaventura in Orvieto auf.
Der Papst hatte damals große Probleme mit den Glaubensbewegungen der Katharer und der Waldenser. Da kam so ein Wunder gerade zur rechten Zeit und wurde auch sofort als solches anerkannt. Bereits im Jahr danach sollte dafür ein Feiertag festgelegt werden.
Seither ist der 10. Tag nach Pfingsten der Feiertag des Blutwunders von Bolsena - Fronleichnam!
Nun brauchte das Altartuch eine neue Kirche zur Aufbewahrung. Da die Päpste schon lange eine gute Beziehung zu Orvieto pflegten, entschied der Papst gegen Bolsena als Standort.​

Baugeschichte
Bereits 1290 wurde der Grundstein von Papst Nikolaus IV. gelegt.
Im Laufe der Zeit arbeiteten am Dom:
:arrow: 33 Architekten
:arrow: 90 Mosaikkünstler
:arrow: 152 Bildhauer
:arrow: 68 Maler​

Der erste Baumeister war wohl Arnolfo di Cambio, dem mit Sicherheit Lorenzo Maitani von 1305 bis 1330 folgte. Danach war Andrea Pisano von 1347 bis 1349 der oberste Dombaumeister, dem wiederum sein Sohn Nino Pisano folgte.
Die letzte Änderung am Gebäude erfolgte erst 1970 durch Emilio Greco, welcher die neuen Bronzeportale schuf.​

Das Thema des Hauptportals ist die Barmherzigkeit.​

Durch komunalen Stolz und Konkurrenzkampf entstand ein Mega-Reliquiar und der wohl schönste Dom Italiens, wenn nicht der Welt.​

Fassade

Die Fassade des Doms sieht aus wie ein dreiteiliges Altarbild.
Die Bauart ist typisch umbrisch-toskanisch mit einem schwarz-weiß-gestreiften Mauerwerk.​


Die verwendeten Steine sind Travertin und Bagnoregio-Lava, allerdings wurde der Streifen nur teilweise gemauert, sondern auch aufgemalt.​

Die vielen Mosaike sind für die Zeit eigentlich ungewöhnlich und zeigen den Marienzyclus:
:arrow: Die Geburt Marias
:arrow: Die Hochzeit Marias
:arrow: Die Vorstellung im Tempel
:arrow: Die Verkündigung
und ganz oben
:arrow: Die Marienkrönung​




Lediglich der Teil über dem linken Portal ist der Taufe Jesu vorbehalten.​

Zur 500-Jahr-Feier wurden viele der Mosaike abgenommen und Papst Pius VI. geschenkt. Leider gingen bis auf "Maria Geburt" - heute im Londoner Victoria and Albert Museum - alle anderen Mosaike verloren.​

Typisch umbrisch am Dom sind die Torrioni, turmartige Säulen seitlich zur Begrenzung.
Dies ist auch ein wesentlicher Unterschied zum Dom von Siena, der etwas früher begonnen wurde und ebenfalls die schwarz-weiße Bänderung aufweist.​

Sehr schön die raffiniert gedrehten Säulen und der farbige Marmorschmuck.​



(einige Ergänzungen Ludovico, die die reichen Verzierungen an der Fassade verdeutlichen)

Ebenfalls Teil der Fassade sind 4 Bronzeskulpturen, welche die 4 Evangelisten darstellen sollen:
Den Matthäus-Engel, den Markus-Löwen, den Lukas-Stier und den Johannes-Adler.​

Wunderschön ist die Fensterrose, 1354 von Andrea Arcagno gestaltet.​



(Nahaufnahme der schönsten gotischen Rosette, die ich (Ludovico)kenne)

Beim Bau wurden Elemente der französischen Gotik übernommen, wie Wimperge, Türme und spitze Giebel. Aus der italienischen Bauweise stammen Kreise, Dreiecke und Rechtecke.
Insgesamt ist das Bauwerk eine seltene Mischung aus französischen und italienischen Elementen, zu denen sich auch noch die Flach-Reliefs im Stil der Trajanssäule gesellen.​

Diese Flachreliefs sind in den 4 Sockelreliefs übernommen, deren Themen sind.​

Leben von Moses

(Foto Ludovico)

Genesis
Besonders gut dargestellt ist die Operation, bei der Eva geschaffen wird.​



Das Leben von Maria und Jesus

Das Jüngste Gericht

Mit einer sehr drastischen Darstellung der Hölle​


und den Toten, die ihre Gräber verlassen​


Leider sind die schönsten Darstellungen hinter dem Schutzglas nicht so gut zu sehen.​
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo dentaria,
mit Interesse und Freude lese ich Deinen so schön bebilderten Bericht über Orvieto bzw. den Dom dieser Stadt. Da werden wieder einmal schöne und gute Erinnerungen wach an "längst vergangene Zeiten" ;)

Das interessanteste und schönste Gebäude in Orvieto ist der Dom​

Santa Maria Assunta

...
Wunderschön ist die Fensterrose ...

...

Gefällt mir sehr gut :nod: und hier:
Genesis
Besonders gut dargestellt ist die Operation, bei der Eva geschaffen wird.​
:lol: sehr schön und anschaulich, da konnte sich jeder etwas darunter vorstellen ;) :nod:

Zwei Anmerkungen habe ich noch. Einmal zum Fest Fronleichnam.

Im Jahr 1263 hielt sich ein böhmischer Priester - auf dem Weg nach Rom - in Bolsena auf, um dort die Messe zu lesen.
Als er die Hostie brach, floß Blut heraus und tropfte auf das Altartuch.
....
Seither ist der 10. Tag nach Pfingsten der Feiertag des Blutwunders von Bolsena - Fronleichnam!
Das Fest geht auf eine Vision von Juliana_von_Lüttich im Jahre 1209 zurück. (Auch wenn es amtlich dann 1264 für die ganze Kirche eingeführt wurde.) Auf was Du Dich beziehst mit dem Bolsena-Wunder hat mit dem "Zweifler" an der "Transsubstantiation" (= Wesensverwandlung) zu tun. - Aber letztendlich hat beides dazu geführt, dass wir noch heute das Fronleichnam-Fest feiern können.

Deine schönen Fotos von den Reliefs - trotz Glasscheibe sind sie gut zu erkennen :nod: - zeigen hier keine "drastische Darstellung der Hölle",
Mit einer sehr drastischen Darstellung der Hölle
sondern die Verstorbenen, die aus ihren Gräbern auferstehen und - da auf der rechten Seite des Erlösers (vom "Betrachter" aus links) - zu den Seligen gehören. Die "Hölle" - was immer das sein mag - mit den Verdammten kann man auf dem größeren Bild - auf der linken Seite (vom "Betrachter" nun rechts) - recht gut erkennen. - (Das Thema mit den Gräbern, die "aufbrechen" ist oft auch in der Ikonografie der Ostkirche im Zusammenhang mit der Ostergeschichte zu sehen.)

Ich freue mich auf Deine weiteren Spaziergänge - und werde auch den "Parallel-Tagesbericht" bei Ludovico verfolgen ;).
Liebe Grüße
Pasquetta
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Pasquetta,

vielen Dank für Deine Anmerkungen.

Das Foto mit der Hölle habe ich noch eingefügt. Die Fotos sind beim Einfügen so klein, dass es sehr schwer ist, die Motive zu unterscheiden. x(

Den Zusammenhang zwischen Fronleichnam und Bolsena hatte ich so sowohl im ADAC-Reiseführer, als auch im Internet gelesen. Da bin ich wohl einer Fehlinformation aufgesessen. :cry:
Das kommt davon, wenn der Blinde von der Farbe schreibt! :blush:

Liebe Grüße
dentaria
 
Zuletzt bearbeitet:
Überhaupt nicht und keinesfalls: :blush: - und das nachgereichte "Höllen:evil:bild" ist wirklich drastisch :uhoh:.
 
Liebe Ute,

auch von mir herzlichen Dank für die Fortsetzungen und die detailreiche Beschreibung des wunderbaren Doms von Orvieto. :thumbup:

Ich war schon länger nicht mehr dort, habe aber wieder große Lust bekommen. Auch haben wir eigentlich immer nur den Dom besucht und ich würde gerne einmal noch mehr von der Stadt sehen ... ;)

Liebe Grüße

Angela
 
Jetzt habe ich einige wenige Bilder in Dentarias Bericht zur Fassade ergänzt. Ich hoffe, dass sie die Schönheit und Harmonie der Schaufront des Domes weiter verdeutlichen. Viel konnte ich nicht mehr beisteuern. Dentaria hat ihre kunsthistorischen Erläuterungen ja schon sehr gut bebildert.

Wegen Netzwerkproblemen konnte ich die Ergänzungen leider nicht ganz zeitnah vornehmen. Scusi.

In meinem Bericht wird es weniger kunsthistorisch zugehen. Dafür reichen meine Kenntnisse einfach nicht. Ich hoffe, dass ich aber meine persönlichen Eindrücke vernünftig rüberbringen kann.

Danke Dentaria für den Unterricht ;), der hier noch weiter geht als bei unserer gemeinsamen Besichtigung.
 
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