Bericht: "Venedig ist ein Fisch"

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... in dem Kostümatelier wäre ich sehr gerne dabei gewesen

@ Asterixinchen
Schön, dass Du wieder mit dabei warst - und hoffentlich, viel später dann mal, ;) auch den Rest mitbummelst. Meister Nicolao war wirklich einen Besuch wert :nod:.

Obwohl im Herbst in Rom, könnte mich Dein Bericht "verführen", zwischenzeitlich kurz wieder in Venedig zu erscheinen.
Jedoch,... die Arbeit:(.

@ mystagogus
Das war Absicht :lol:, die "Sehnsucht" nach Venedig zu wecken, aber am besten wäre es natürlich, Venedig und Rom besuchen zu können :~... Ich freue mich über weitere Begleitung durch Venedig.

Oft schon stand ich vor verschiedenen Schaufenstern und habe die Handwerkskunst bewundert, ohne mich je in einen solchen Laden hineingetraut zu haben ... :~
Besonders beeindruckt haben mich Deine Fotos der Brokatweberei. Kann man die denn einfach so besichtigen und womöglich bei der Arbeit zuschauen?

@ Angela
Ich weiß, dass ich bei Dir auf "offene Ohren" treffe - und das freut mich :nod: -, wenn ich von Venedig schwärme, auch wenn ich es nicht im mindestens so gut kenne wie Du.
Und zu den schönen Stoffen: in den Laden der Bevilacquas in der Nähe von S. Maria del Giglio und in das Geschäft von Nicolao Stefano kann man ohne weiteres reinschauen (als wir dort waren, kamen auch Leute rein und haben sich umgeschaut).
Für die Weberei und das Atelier hatten wir eine bezahlte Führung über das Reisebüro, das unsere Reise nach Venedig organisiert hat.

Danke für den detailreichen und niveauvollen Bericht mit vielen herrlichen Fotos. Das reinste Vergnügen.

@ halmsen
:blush: (das geht runter wie gutes Olivenöl :lol:)
Danke für Dein Lob - und ich freue mich, wenn Du auch für den "Rest" unserer Venedig-Sinnes-Fahrt dabei bist :nod:

So, und nun sollte ich mich daran machen weitere Venedig-Fotos zu sichten - da der Tag heute aber etwas anstrengend war, wir es dazu heute nicht mehr kommen - und dann freue ich mich, wenn Ihr - und alle, die es noch interessiert - wieder dabei seid.
Pasquetta
 
Auf ein Neues: Venedig ;)

Dienstag, 05.04.2011

Heute morgen zur Einstimmung auf den Tag ein Blick über die Dächer Venedigs. Über den An- und Aufbauten – also den Altanen – und hinter den Fernsehantennen zeigt sich leichtes Morgenrot,


im Schatten ist es noch kühl, darum am besten sich auf den Weg machen und warm laufen.

Was entdecken wir an der Ecke einer der Calli in der Nähe des Hotels?



Überreste der Scuola dei calzolai tedeschi. :]
In Venedig findet man noch an so mancher Hausmauer oder -ecke Hinweise auf die berufsbezogenen Bruderschaften. Sie waren für die einfachen Handwerker von großer Bedeutung, da sie denen, die ihr angehörten Schutz boten, Witwen und Waisen wurden unterstützt, es wurde auf eine gute Berufsausbildung geachtet und Beistand geleistet bei Krankheit oder Bedürftigkeit. Natürlich gab es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten für die Mitglieder der Bruderschaft. Wer einer Scuola angehören wollte, musste ein anständiges Leben führen und im Beruf tüchtig sein. Die meisten Bruderschaften standen unter dem Schutz eines Heiligen, dessen Namenstag jeweils besonders gefeiert wurde. Dies alles galt sicher auch für die Bruderschaft der deutschen Schuhmacher.



In den engen Calli hinter dem Campo S.Stefano laden viele kleine Geschäfte jeder Art zum Schauen ein –


wir überqueren den Canal Grande dieses Mal mit einem Traghetto – Gondel-Feeling für einen Euro und mit zwei Gondolieri.



Wieder einmal die Eleganz der Venezianer bewundert, die aufrecht stehend in dieser Gondelfähre übersetzen, mit einer stoischen Ruhe die heftigen Wellenbewegungen verursacht durch das Kreuzen von Motorbooten oder Vaporettos, abfangen und sich dabei auch noch unterhalten können.

San Tomà – eine der vielen Schutzmantelmadonnen Venedigs, aber eine besonders schöne –


wir befinden uns im Sestiere San Polo,


hier ist die Casa Goldoni, Geburtshaus Carlo Goldonis und jetzt ein kleines Museum ihm zu Ehren –



die Frari-Kirche spiegelt sich im Wasser, fast schmucklos die Fassade, wie es dem Bettelorden der Franziskaner entspricht und trotzdem beeindruckend schön.





Wir laufen an der Scuola Grande di S. Giovanni Evangelista vorbei


und treten ein in den Vorhof, frühe Renaissance, mit dem schönen spätgotischen Relief, das Mitglieder der Bruderschaft kniend vor ihrem Schutzheiligen darstellt.


Die Räumlichkeiten sind normalerweise nur im Rahmen von Veranstaltungen zu besichtigen, aber schon der stimmungsvolle Vorhof vermittelt einen schönen Eindruck dieser Scuola.



Der Campo S. Giacomo dell'Orio lädt geradezu ein, eine Kaffeepause zu machen. Verträumt, wie zu dieser Vormittagsstunde, präsentiert sich dieser schöne Platz mit der Kirche, den Palazzi und den Bars ringsum, – hier gibt sich auch das popolino Venedigs ein Stelldichein und genießt wie wir auf den Bänken unter schattenspendenden Platanen den sonnigen Tag.




Auf dem Weg zum Ponte Bernardo treffen wir auf Straßenmusikanten, die sich mächtig anstrengen mit ihrem Ständchen für uns.




Und schon sind wir am Campo San Polo, - Denkaufgabe ;) - dem (flächenmäßig) zweitgrößten Platz und dem größten Campo Venedigs, und wieder ein wunderschöner.




Man ahnt noch, wo der Kanal zugeschüttet worden ist und so der Campo eine Rundung bekam. Der prächtige Palazzo Soranzo (einer der wenigen Palazzi in Venedig, in dem noch die Nachfahren der Namensgeber leben) stand ehemals an einem Kanal. Auch dieser Platz wird geprägt vom „venezianischen Volksleben“: hier spielen Kinder, hier trifft man sich zu einer chiacchierata und einem caffè, ruht sich von der Spesa aus oder macht eine Arbeitspause. So oder so ähnlich wird sich hier immer das Leben abgespielt haben, zuerst als der Campo noch ein richtiges „Feld“ war, eine Viehweide und Gärten, und später, als er gepflastert und mit einem Pozzo ausgestattet wurde. Bei offiziellen Veranstaltungen, Märkten und Volksfesten kamen das Glückspiel und unlautere Geschäfte vor der Kirche auf dem Platz nicht zu kurz und mussten durch Androhung von harten Strafen immer wieder verboten werden.


Von der Kirche San Polo fällt zuerst der Campanile mit seinem spitzen Turm auf.



Das Kircheninnere erscheint unauffällig und trotzdem finden wir im spärlichen Licht hier Kostbarkeiten vor: u.a. ein weiteres Abendmahl-Gemälde von Tintoretto und eine Vermählung Mariens von Veronese. Der Blick geht hinauf zur schönen alten Holzdecke und wir überlegen, ob im oberen Teil des Langhauses Skulpturen angebracht sind oder uns solche durch raffinierte Graumalerei vorgegaukelt werden.

Wir schauen auch in die Sakristei der Kirche, um dort den Kreuzweg zu bewundern, den Gian Domenico Tiepolo in eindrucksvollen Bildern geschaffen hat. Er hat Menschen seiner Zeit Jesus auf seinem Kreuzweg begleiten lassen, venezianische Frauen, Männer und Kinder in prächtigen Gewändern – kostbare Stoffe und schöner Faltenwurf, wie wir es gestern beim Kostümschneider gesehen haben (und hier leider nur sehr verschwommen zu erkennen :cry:)


Weiter auf unserem Weg durch Venedig – am Campiello Albrizzi stehen wir an der Platz-Seite des Palazzo Albrizzi und „wo Albrizzi drauf steht ist auch Albrizzi drin“: einer der ganz wenigen Paläste, der noch von der Familie bewohnt wird und der auf einem nach ihr benannten Campiello steht.




Mangels Platz für einen Garten direkt beim Palazzo haben die Albrizzis eine Brücke vom 1. Stock oder vielleicht vom Piano nobile aus auf die andere Seite des kleinen rio bauen lassen um so vom Palazzo aus direkt in den Garten gelangen zu können. Ideen muss man haben – und diese auch umsetzen können.


Richtung Rialto gibt es auch sonst noch so manche schöne Casa und beachtenswerte (aber geschlossene) Kirchen – wie S. Silvestro und S. Giovanni Elemosinario – zu sehen




und durch das Gewirr der kleinen Gassen kommen wir tatsächlich am Vorplatz des quirligen Rialto-Marktes heraus. Vor der vermutlich ältesten Kirche Venedigs, San Giacomo di Rialto, allerdings öfter umgebaut und erneuert, fällt die schöne Vorhalle mit den fünf Säulen und die große Uhr mit vierundzwanzig Stundenanzeige auf.



Hier auf dem Campo vor San Giacometto trafen sich die Händler und die Geldwechsler stellten in der Vorhalle ihre Tische - „banchi“ - auf. Die Inschrift „Dass in der Umgebung dieser Kirche das Gesetz des Kaufmanns recht sei, das Gewicht richtig und die Verträge ehrenhaft“ kam also nicht von ungefähr. Hier im Rialto-Viertel gab es schon im 12. Jh. Kredit- und Girobanken - „banco giro“ -, es wurde mit Schuldverschreibungen und Wechseln gehandelt und der bargeldlose Zahlungsverkehr von einer „Bank“ zur anderen getätigt. Hier auf dem Campo wurden Handelsgesetze und Steuerverordnungen verkündet und gegen eine kleine „Gazeta“-Münze – Gazetta, das kommt uns doch heute noch bekannt vor - konnten sich die Bürger aktuelle Nachrichten vorlesen lassen.

Fortsetzung folgt - nach einer Pause, die auch hier, in Venedig, stattfand ...

 
Vielen Dank für die Fortsetzung des Berichts mit den wunderschönen Bildern! :thumbup:

Und schon sind wir am Campo San Polo, - Denkaufgabe ;) - dem (flächenmäßig) zweitgrößten Platz und dem größten Campo Venedigs, und wieder ein wunderschöner.

Tja, der größte Platz heißt nicht Campo, sondern Piazza San Marco. ;)
 
Liebe Pasquetta,

vielen Dank für diesen wunderschönen Abschluss eines langen Arbeitstages! Das war eine wunderbare Überraschung eben beim Heimkommen! :thumbup:
Pasquetta aus meinem Venedigbericht! ;) schrieb:
Ich sehe, unsere Wege in Venedig haben sich mit etlichen von Euren gekreuzt ;)

Das habe ich nun des Öfteren gedacht beim Lesen Deines Berichtes!



Wieder einmal die Eleganz der Venezianer bewundert, die aufrecht stehend in dieser Gondelfähre übersetzen, mit einer stoischen Ruhe die heftigen Wellenbewegungen verursacht durch das Kreuzen von Motorbooten oder Vaporettos, abfangen und sich dabei auch noch unterhalten können.


Ja, das macht immer wieder Spaß, Traghetto zu fahren! :nod:

San Tomà – eine der vielen Schutzmantelmadonnen Venedigs, aber eine besonders schöne –


Diese Madonna liebe ich auch besonders, auch wir sahen sie bei so schöner Beleuchtung! :thumbup:
Im Geburtshaus Goldonis war ich noch nie, das ist eines der Dinge, die auf den nächsten Besuch warten. ;)


Und dann natürlich die Frari, so schön gespiegelt sahen wir sie beim vorletzten Besuch, die schöne Scuola von S. Giovanni und die gemütlichen Campi in San Polo! Schöne Erinnerungen werden da wach - und sind das nict die selben Kinder, die wir vor ein paar Jahren trafen? Ach nein, sie müssten ja nun größer sein! ;)




Ich freue mich immer in Venedig, zu beobachten, wie dieses Leben noch so ursprünglich ist, wie Du schreibst:

Auch dieser Platz wird geprägt vom „venezianischen Volksleben“: hier spielen Kinder, hier trifft man sich zu einer chiacchierata und einem caffè, ruht sich von der Spesa aus oder macht eine Arbeitspause. So oder so ähnlich wird sich hier immer das Leben abgespielt haben, zuerst als der Campo noch ein richtiges „Feld“ war, eine Viehweide und Gärten, und später, als er gepflastert und mit einem Pozzo ausgestattet wurde. Bei offiziellen Veranstaltungen, Märkten und Volksfesten kamen das Glückspiel und unlautere Geschäfte vor der Kirche auf dem Platz nicht zu kurz und mussten durch Androhung von harten Strafen immer wieder verboten werden.
Weiter auf unserem Weg durch Venedig – am Campiello Albrizzi stehen wir an der Platz-Seite des Palazzo Albrizzi und „wo Albrizzi drauf steht ist auch Albrizzi drin“: einer der ganz wenigen Paläste, der noch von der Familie bewohnt wird und der auf einem nach ihr benannten Campiello steht.




In diesem Palazzo haben wir letztes Jahr gewohnt, sehr nett!



Liebe Grüße

Angela
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die wundervoll bebilderte Fortsetzung

:!::!::!:
 
Hallo Ihr lieben Mitleserinnen,
vielen Dank für Eure freundliche Reaktion - und

@ dentaria

Tja, der größte Platz heißt nicht Campo, sondern Piazza San Marco. ;)

:thumbup: Stimmt natürlich und ebenfalls natürlich hatte ich keinerlei ernsthafte Zweifel, dass Ihr es trotz des Wortspiels Platz - Campo - Piazza wissen würdet ;) :nod: :]

@ Angela

... und sind das nict die selben Kinder, die wir vor ein paar Jahren trafen? Ach nein, sie müssten ja nun größer sein! ;)



Ja, auf dem Campo S. Polo scheinen immer liebe bambini sich zu vergnügen :], so dass man sie schon mal "verwechseln" könnte ;). Vielleicht finde ich noch das Foto von unserem Spaziergang über den Campo vor zwei Jahren: damals spielten auch Kinder dort und es war ein wunderschönes Karussell aufgebaut...


In diesem Palazzo haben wir letztes Jahr gewohnt, sehr nett!



:thumbup: Complimenti - sicher eine gute Wahl ;) (Vornehm' geht die Welt zugrunde) :] :~

Wenn Ihr wollt, dann gebe ich Euch jetzt noch ein paar Anregungen für das morgige Sonntagsmahl :~ :~ 8)

Saluti
Pasquetta
 
Fortsetzung - Dienstag, 05.04.11

Und dann treten wir ein, in das Marktgeschehen. Was gibt es Schöneres für alle Sinne, als ein solcher Markt wie der am Ponte Rialto! Hier wird in der Erberia die frischeste Ware lautstark angeboten und die Motorboote tuckern an die Riva um laufend neue Kisten mit Obst und Gemüse zu bringen und beim Putzen der Artischocken schwirrt die Unterhaltung von einem Stand zum anderen.





Hier wissen die Augen nicht, wohin sie zuerst schauen sollen, ob all der Farben und Formen von Obst, Gemüse – und natürlich dem vielfältigen Fischangebot und andere frutti di mare. Hier riecht es nach Erde, nach Meer und nach Arbeit – hier sollte man sich eindecken mit frischen Erdbeeren zum Sofortessen oder mit getrockneten Tomaten zum Mitheimnehmen – Fisch auf Eis ist wohl nicht so ratsam, den holen sich die Venezianer hier in der Pescheria für ihr Pranzo und lassen ihn gleich küchenfertig putzen -





selbst für Zaungäste, wie die frechen Möwen, bleibt etwas übrig, das sie sich behende zu holen wissen.



Hier muss man die Hände in Zaum halten, damit sie nicht über die prallen Carciofi streichen oder die Festigkeit der Früchte prüfen, wie glitschig ist wohl so ein roher Calamaretto



oder wie fühlt sich das silbrige Schuppenkleid einer Goldbrasse an...



Ganz abgesehen von den Absonderlichkeiten rund um die Moeche.



Diese kleinen Krebse, die während der Häutung ganz weich sind, werden illegaler Weise in Eigelb gelegt, damit sie sich – wenn man nicht aufpasst - nicht gegenseitig auffressen, sondern – weil sie so besonders delikat schmecken sollen - sich selbst mit Ei füllen, um dann in heißem Öl frittiert zu werden. Soviel zu diesen kleinen „eigefütterten“ Krebsen, die wir aber nicht verkosten werden.

(der Protest der Marktleute auf das Ansinnen der Stadtpolitiker, den Fischmarkt auf das Festland verlegen zu lassen)

Wie gut so einige Sachen zubereitet schmecken - wenn man weiß, wie es geht -, erfahren wir in der Cantina Do Spade in der gleichnamigen Calle,

„a due passi da Rialto“. In diesem Bacaro genießen wir zum „kleinen Wein“ fantastische Cicchetti – Baccalà mantecato (Stockfischmus) auf geröstetem Weißbrot, Polenta mit Sarde in saor (Sardinen süß-sauer), Polpette di carne, frisches, krosses Fritto misto und butterweiche, zarte Seppioline alla griglia - na, wer da nicht Appetit bekommt!


Nach einem Caffè in einer winzigen Bar am Rialto-Markt war die Kondition wieder hergestellt und wir waren fit genug, uns der Schar der Touristen zu stellen, die wie wir auch über die Rialto-Brücke spazieren wollten. Dieser Gang über den berühmten Ponte hielt den Vergleich mit unserem Nachtspaziergang vor zwei Jahren am gleichen Ort nicht stand. Damals konnten wir über die Brücke „schreiten“, haben die Kühle und Glätte der marmornen Brückenbalustrade gespürt und auf den ruhigen Canal Grande schauen können.


Heute werden wir geschoben und müssen uns ein Plätzchen an der Balustrade fast erdrängeln, werden von den überteuerten und oft kitschigen Auslagen der Geschäfte unter den überdachten Ladenreihen abgeschreckt und sind froh, auf der anderen Seite den vielen Menschen ausweichen und wieder in die kleinen Calli eintauchen zu können.



Bei der Kirche SS. Apostoli mit dem markanten Kirchturm, in der für kurze Zeit Michelangelo sein Grab hatte, bevor er nach Florenz „verlegt“ wurde,


kommen wir auf eine der beiden Straßen Venedigs, die Strada Nova. Am Campo S. Sofia treffen wir unsere Freunde wieder, sie sind vom Rialto mit dem Vaporetto gefahren und sitzen natürlich jetzt vor der Bar und trinken einen Sprizz.

Dabei wollen wir uns nun einen weiteren Glanzpunkt Venedigs ansehen: die Ca' d'Oro.

Fortsetzung folgt
 
Zuletzt bearbeitet:
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung mit in jeder Art appetitanregenden Bildern

:!::!::!:​
 
Nachtrag für Angela


und sind das nict die selben Kinder, die wir vor ein paar Jahren trafen? Ach nein, sie müssten ja nun größer sein! ;)


Ich freue mich immer in Venedig, zu beobachten, wie dieses Leben noch so ursprünglich ist,



Die spielenden Kinder 2009 :lol: waren doch nicht auf dem mit dem schönen Karussell bestückten Campo S. Polo,


sondern auf dem Campo vor der Kirche S. Giacomo dall'Orio vergnügten sich die kleinen Schulkinder :nod:

Liebe Grüße nach Regensburg
Pasquetta
 
Liebe Pasquetta,

das mscht keinen sooo großen Unterschied! ;)
Erstens sind beide Plätze sehr nah beieinander und gehören zweitens zu den besonders belebten Orten, wo auch wir immer sehr gerne auf einer Bank sitzen und dem Treiben zusehen.
Ich glaube wirklich, so wie in Venedig kann man das nirgendwo sonst tun! :nod:




Liebe Grüße

Angela
 
Fortsetzung (die wievielte? :roll:) Dienstag, 05.04.2011

Also einen weiteren Glanzpunkt Venedigs wollen wir uns nun ansehen: die Ca' d'Oro.

Was soll man dazu sagen? Die Ca' d'Oro ist wohl der bekannteste Palazzo am Canal Grande. Seinen Namen verdankt dieses „Haus“ neben der prächtigen Verkleidung mit verschieden farbigen Marmor seiner ehemaligen Bemalung mit Ultramarin und den vergoldeten Steinmetzarbeiten an der Schauseite zum Kanal. Das „Goldene Haus“ vereint spätgotische und orientalisch-byzantinische Bauelemente, die Fassade ist absichtlich asymmetrisch gebaut und hat nur einen sogenannten Torresello.


Die offene Säulenhalle mit dem schönen Mosaikfußboden, die Loggien im Obergeschoss, die Zierzinnen am Dachgesims – alles berechtigt, dieses „Haus“ Ca' d'Oro zu nennen.




Durch die offene Säulenhalle gelangt man in einen kleinen Innenhof in dem einer der wohl am schönsten gearbeiteten Pozzo steht, eine Freitreppe führt in das Obergeschoss.







1894 erwarb der Baron Franchetti die Ca' d'Oro, richtete seine reiche Kunstsammlung darin ein und vermachte einige Jahre vor seinem Tod das Ganze der Stadt Venedig, die nach etlichen langwierigen Restaurierungsarbeiten daraus – zu unserem Glück – die Galleria Franchetti machte.




Zu bewundern sind im Licht und Schatten-Spiel der abgedunkelten Butzenscheiben-Fenster in den weiten Räumen Gemälde u.a. von Bellini und Carpaccio, van Dyck bis hin zu einem kleinen Adam Elsheimer (geb. in Frankfurt, gest. in Rom), besonders herausragend sind
von Andrea Mantegna der "Hl. Sebastian"


und von Tizian die "Venus vor dem Spiegel" ,


Reliefs und Skulpturen

eine liebliche Mutter Maria

und eine schmerzhafte Mutter Maria
la Pietà

und von Bernini die Kardinäle
Pietro Valier
- mit Schnur- und Spitzbart -
und Agostino Valier
- mit Vollbart -

beide Kardinäle „nicht zugeknöpft“, sozusagen in „lässiger Toilette“,

"das junge Paar" von Tullio Lombardo


und kostbares Mobiliar und Holzarbeiten.

"Venedig ist ein Fisch"


Mit das Wertvollste, was die Galleria vorzuweisen hat, dürften wohl die Fragmente der abgelösten Fresken sein, die Giorgione und der junge Tizian für den Fondaco dei Tedeschi, dem Handelskontor der deutschen Kaufleute, an dessen Außenfassade gemalt hatten.




Das Spiel von Licht und Schatten, Luft und Stein prägt diesen Palazzo ganz besonders.



Und wenn man an der Brüstung der Loggia steht, auf den Canal Grande und die Palazzi auf der anderen Seite schaut und die Menschen in den Booten sieht, die bewundernd nach oben – auf die Ca' d'Oro und zu uns – sehen, dann fühlt man sich fast, als ob man hier „logieren“ würde...




... sogni d'oro in der Ca' d'oro.

Da fällt es schwer, wieder in die Realität zurück zu kommen, als wir an der Anlegestelle des Vaporettos stehen.


Was wollen wir mit dem angebrochenen Spätnachmittag noch anfangen? Ein Kontrastprogramm? Wir sind in die Linie 1 gestiegen, den Canal Grande hinabgefahren vorbei an S. Maria della Salute,



Venedig hören

- die Kirche mit den großen Ohren -

vorbei am Arsenale und den Giardini pubblici, bis zum Lido.

Der Lido di Venezia, eine der drei langgezogenen Inseln, zwischen denen schmale Durchbrüche den Schiffsverkehr – und leider auch den Kreuzschiffsverkehr – in die Lagune und nach Venedig ermöglichen, ist eine natürliche Barriere, ohne die Venedig vielleicht schon längst „im Meer“ versunken wäre.

Wir verlassen das Vaporetto am zentralen Piazzale. Der vom Reiseführer erwähnte „regelrechte Schock“, wenn man nach „tagelanger Abstinenz von Autos, Motorrädern und Bussen“ wieder im „lauten Zivilisationsgetöse“ ankommt, ist nicht so groß, dass uns der Spaziergang die Grand Viale hinab zum Strand nicht gefallen würde. Sie führt praktisch von der Lagune im Norden hin zum Sandstrand an der Adria im Süden der Insel und ist gesäumt von Hotels, Geschäften, Restaurants – und Fahrrädern und Vespas.



Wenig erinnert noch an das mondäne Seebad des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Eine Ahnung davon bekommen wir beim Hotel Ausonia & Hungaria.


Putten mit Blumengirlanden und Vasen und Körbe, aus denen Rosen quellen verzieren die Fassade des Grand Hotels, schönste Jugendstil-Arbeiten in mehrfarbiger Majolika ausgeführt.


Auch die Jugendstilvilla Mon Plaisir hat noch einen Hauch von Belle Époque mit den lapislazuliblauen und sonnengelben Keramikmustern und den schönen schmiedeeisenen Treppen- und Balkongeländern.


Wir machen noch einen Abstecher dahin, wo die Venezianer baden gehen und schon „Gustav von Aschenbach und der schöne Tadzio“ sich neben dem Grand Hotel Des Bains zu erholen suchten. Das Flair von „Der Tod in Venedig“ fanden wir zwar nicht, aber eine schöne Spätnachmittagstimmung am Strand, neben im Sand spielenden kleinen Kindern, die von ihren mamme oder bambinaie begleitet werden, und dem leisen Rauschen der Adria-Wellen nachspüren, die an den Strand rollen.




Auf der Grand Viale nutzen noch viele Menschen das schöne Wetter, flanieren auf den breiten Bürgersteigen, sitzen auf den Bänken und vor den Bars und Gelaterie und lassen es sich gut gehen in der Sonne.


Und auch wir machen es so wie viele andere auch: spazierenschauen und ein köstliches cremiges Eis genießen. Sogar ein kleiner Hund hat gerne von dieser Köstlichkeit geleckt.

Zurück gefahren nach Venedig bei wunderschöner Abendstimmung – auch wenn die riesigen Kreuzfahrtschiffe sich immer wieder vor die malerische Kulisse schieben –



und an Zaccaria noch ein paar Mitbringsel aus „unserem“ kleinen bewährten "negozino" (so klein ist es, dass es eine doppelte Verkleinerung vertragen kann ;)) in Form von Duftkissen-Stickereien mitgenommen. Gerade noch rechtzeitig dort gewesen, bevor der zurückhaltende Herr sein Lädchen, wahrscheinlich mangels Kundschaft, schon etwas früher schließen wollte.


Auch noch einen Blick in die Kirche San Zaccaria auf die

"Sacra Conversazione"



von Bellini geworfen. Aus Versehen den Blitz eingeschaltet gehabt :blush: und sofort einen richtigen Anpfiff vom Kirchendiener eingehandelt sowie auch gleich beschieden bekommen, dass geschlossen wird. Was soll es – wir haben dieses herrliche Altargemälde nochmal gesehen.


Die Abendsonne taucht Venedig in ein mildes Licht bevor auch dieser Tag zur Neige geht.




Auf dem gemächlichen Rückweg zum Hotel immer wieder Halt gemacht für dies und das. Noch ein wenig auf dem Campo dem bunten Treiben zugeschaut, der leisen Probenmusik durch die geschlossenen Türen von San Vital gelauscht, St. Stefano war nicht mehr zu besichtigen. „Chiuso, chiuso!“ gleich schießt der Kirchendiener auf mich zu, als ich es wage die Tür zu öffnen. Dann eben noch ein wenig nach den kleinen Geschäften geschaut, dem „Caccalibri“ Niccolò Tommaseo zugewinkt und dann reicht es für heute, etwas ermüdet verzichten wir auf einen Nachtspaziergang, wir müssen nicht jeden Tag bis spät nachts aktiv sein... Es waren der Eindrücke genug.

 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Pasquetta,

herzlichen Dank für wieder so viele schöne - teils bekannte, teils unbekannte, so war ich z.B. noch nie auf dem Lido! - Venedigimpressionen!

Dass die Ca´d´Oro ihren Namen zu Recht hat, finde ich auch immer wieder und das:

Das Spiel von Licht und Schatten, Luft und Stein prägt diesen Palazzo ganz besonders.




Und wenn man an der Brüstung der Loggia steht, auf den Canal Grande und die Palazzi auf der anderen Seite schaut und die Menschen in den Booten sieht, die bewundernd nach oben – auf die Ca' d'Oro und zu uns – sehen, dann fühlt man sich fast, als ob man hier „logieren“ würde...


(...)

Da fällt es schwer, wieder in die Realität zurück zu kommen, als wir an der Anlegestelle des Vaporettos stehen.

... kann ich so gut nachempfinden, genauso geht es mir dort immer wieder, ich kann mich kaum von der schönen Loggia dort oben trennen!


und an Zaccaria noch ein paar Mitbringsel aus „unserem“ kleinen bewährten "negozino" (so klein ist es, dass es eine doppelte Verkleinerung vertragen kann ;)) in Form von Duftkissen-Stickereien mitgenommen. Gerade noch rechtzeitig dort gewesen, bevor der zurückhaltende Herr sein Lädchen, wahrscheinlich mangels Kundschaft, schon etwas früher schließen wollte.
Es würde mich freuen, wenn Du mir vor meiner nächsten Venedigreise den Namen Deines kleinen "negozinos" nenne würdest, das klingt sehr nett!

Auch Euer Spaziergang im Abendlicht ist einfach wunderschön, Du hast meine Sehnsucht wieder geweckt! :nod: :thumbup:

Liebe Grüße

Angela



 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die wirklich wundervoll bebilderte Fortsetzung

:!::!::!:​
 
Nachtrag für Angela

und sind das nicht die selben Kinder, die wir vor ein paar Jahren trafen? Ach nein, sie müssten ja nun größer sein! ;)


Ich freue mich immer in Venedig, zu beobachten, wie dieses Leben noch so ursprünglich ist,


Die spielenden Kinder 2009 :lol: waren doch nicht auf dem mit dem schönen Karussell bestückten Campo S. Polo,



Um das Volkstümliche zu bestätigen: ich habe (von 2009) doch noch eine liebe Kleine- nein, es sind doch mehrere bambini - auf dem Campo S. Polo entdeckt :]



Es würde mich freuen, wenn Du mir vor meiner nächsten Venedigreise den Namen Deines kleinen "negozinos" nenne würdest, das klingt sehr nett!

Ja, die Ca' d'Oro ist wirklich ein "sogno d'oro" :nod:.

Der kleine "Handarbeiten-Laden" befindet sich auf dem Campo vor S. Zaccaria, am Ende dieses ehemaligen Nonnenkloster-Komplexes mit den hübschen Bögen und Fenstergittern,
gleich links gegenüber, der Eckladen. Der Herr, der uns jedes Mal bediente, war immer sehr reserviert (aber nicht unfreundlich) und der Laden ist "gerammelt" voll mit jeder Art von Stickereien und Handarbeiten und nennt sich "Scarpa Ricami", Scarpa Carlo, Castello 4683, Venezia

Noch ein bisschen was :~ habe ich über unsere Venedig-Eindrücke auf Lager, hoffe aber, doch bald den Abschluss zu schaffen ;).
Liebe Grüße - an alle, die mitgelesen haben -
Pasquetta
 
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Ein neuer Tag - ein neues Venedig-Glück ;) :)

Mittwoch, 06.04.2011

Ein neuer Tag in Venedig – die „rosenfingrige Eos“ streift den Morgenhimmel über den Dächern und Altanen Venedigs.


Heute wollen wir als erstes der Basilika San Marco einen Besuch abstatten. Morgenimpressionen auf dem Weg dorthin:
In der Calle delle Muneghe hieß es schon „und sehet den fleißigen Waschfrauen zu, sie waschen, sie waschen, ...“ schon am frühen Morgen hängt die Leine über der Calle voller Wäsche.


Darüber gerät sogar „Caccalibri“ Tommaseò auf dem morgendlichen Campo ins Grübeln.

Bevilacquas "Tessuti d'Arte" hat bereits seine Pforte geöffnet obwohl das Löwenpaar im Antiquariat nebenan noch schläft.



Dafür sind die Giapponesi schon putzmunter und unternehmungslustig – wie viele Gondolieri sie wohl zu dieser frühen Morgenstunde schon beschäftigen?





Und dann stehen wir vor San Marco, ehemals Hauskapelle des Dogen (der Bischof war weit ab vom Zentrum der Macht „untergebracht“, er hatte seinen Sitz draußen in der Lagune auf der Insel S. Pietro di Castello) und erst seit Anfang des 19. Jh. ist San Marco die Kathedrale des Patriarchen von Venedig.

Wir nutzen die Gunst der relativ frühen Stunde, um sogleich auf die Empore zu steigen und so noch etwas in Ruhe hinab, in den grandiosen Kirchenraum schauen zu können. Es wäre müßig, die Basilika San Marco beschreiben zu wollen – in vielen Kunstführern kann man darüber ausgezeichnet nachlesen. Wir wollen nur schauen und staunen in der „Goldenen Basilika“, 4.240 qm Mosaiken auf Goldgrund verhalfen ihr zu diesem Namen. Geschichten und Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, alles in winzig kleinen bunten Steinchen erzählt – ein goldener Bilderteppich.


aus der Offenbarung des Johannes
Kap. 12 Die Frau und der Drache

"Stammbaum" Jesu
Mt 1,1-17

Wenn wir den Blick aufwärts wenden, dann sehen wir mit die ältesten Mosaiken (2. Hälfte 12.Jh.) in der sogenannten Pfingstkuppel – der hl. Geist kommt in Strahlen über die zwölf Apostel und darunter, zwischen den Fensteröffnungen der Kuppel, stehen, jeweils in der typischen Bekleidung ihres Landes dargestellt, die Abgesandten aller in der Apostelgeschichte Kap. 2, 9-11, aufgeführten „frommen Männer aus allen Völkern unter dem Himmel“, die an diesem Pfingsttag in Jerusalem waren. Ein schönes symbolträchtiges Bild, das man von hier oben gut meditieren kann.
Um (laienhafte) Fotos zu machen ist das Licht nur bedingt gut. Aber der Goldglanz dieser Mosaiken strahlt in der Erinnerung weiter.


Schon vor fast dreißig Jahren wurden die berühmten bronzenen Pferde von San Marco über dem Hauptportal durch Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im hinteren Teil der Galleria, wo auch einige interessante Mosaikfragmente und andere Ausstellungsstücke zu sehen sind.


Die Pferde von San Marco
Sie sind ca. 2000 Jahre alt und das einzige antike Vierergespann, das erhalten geblieben ist. Sie waren erst Bestandteil einer römischen Quadriga auf einem Triumphbogen in Rom, dann schmückten sie, als Rom nicht mehr Hauptstadt war, das Hippodrom in Konstantinopel, um dann 1204 bei einem Kreuzzug, an dem auch die Republik Venedig beteiligt war, als Kriegsbeute dorthin mitgebracht zu werden. Am Arsenale warteten sie – zum Glück vergebens – auf das Eingeschmolzen werden. Besser platziert waren sie auf der Loggia von San Marco wo auch der Doge bei Staatsfeierlichkeiten schon mal Platz nahm. Auch Napoleon fand – wie so oft – an diesem fremden Kulturschatz Gefallen und ließ die Rosse nach Paris bringen, nach dem Wiener Kongreß kehrten sie 1815 an ihren Platz in Venedig zurück, um nach der Restaurierung „umweltschmutzgeschützt“ auf der Galleria von San Marco ihren Platz zu finden.


Auf einem Mosaik an der Porta di S. Alippio an der Fassade des Domes ist in einem wunderschönen (noch Original-) Mosaik die Überführung des Leichnams des hl. Markus dargestellt. Darauf kann man auch die detailgetreu abgebildete Markuskirche, wie sie Mitte des 12. Jh. war, sehen und dabei auch die vier Pferde auf der Loggia erkennen.


Viele kleine Geschichten gibt es um diese schönen Pferde: dass die Köpfe beim Beutezug abgenommen und dann vertauscht wieder aufgesetzt worden sind oder dass die Pferdekörper eingeritzt wurden, damit das Gold im Sonnenlicht nicht so blendet. Auch sollen sie nicht aus Bronze, sondern aus Kupfer sein, das schwieriger zu schmelzen ist und leichter zu vergolden. Ob es so ist oder nicht, spielt keine Rolle – die vier Pferde sind wunderschön.


Vom Torre dell'Orologio schlägt uns die Stunde zum Weitergehen, obwohl wir auch hier am Turm noch Schönes entdecken:


das mit Gold und Lapislazuli verzierte Zifferblatt der astronomischen Uhr mit den Mond- und Sonnenphasen und den Tierkreiszeichen,


die Nische mit der sitzenden Muttergottes,


der Markuslöwe auf blauem Grund mit Sternen übersät und ganz oben die beiden Mohren, die mit Hämmern auf einer Bronzeglocke die Stunden schlagen. Venedig zum Schauen und Hören...


Über die Massen von Touristen, die sich inzwischen vor und in San Marco angesammelt haben, schauen und hören wir hinweg.





Wir laufen durch kleine Calli und über kleine Brücken mit Aussicht,


kommen bei San Zaccaria vorbei,


bewundern am Rio S. Severo den schönen spätgotischen Palazzo Priuli, mit seiner eleganten Schaufassade zum Kanal hin mit den zierlichen Vierbogenfenstern und der originellen Eckfensterlösung.



Wieder ein paar Gässchen weiter mit schönen Blickpunkten


kommen wir zur stimmungsvoll in einem kleinen Hof mit Oleanderbüschen gelegenen Kirche S. Giorgio dei Greci, deren schiefer Turm sich bedenklich der Wasserseite zuneigt.

Die Gemeinde der Griechen hat hier seit ungefähr fünfhundert Jahren ihr Gotteshaus, das mit einem reichen Ikonenschmuck ausgestattet ist und geradezu einlädt, eine dieser typischen gertenschlanken Kerzen in einer guten Intention anzuzünden.



Unser nächstes Ziel hat mit „Carpaccio“ zu tun. Es geht zwar schon auf Mittag zu, aber wir haben nichts mit dem gleichnamigen Fleischgericht im Sinn, auch wenn es angeblich nach dem Maler Vittore Carpaccio, dem wir uns nun widmen wollen, benannt ist bzw. nach den Rottönen seiner Gemälde.



Die Scuola di S. Giorgio degli Schiavoni, wie die Bruderschaft der dalmatinischen Kaufleute genannt wurde, besteht seit dem 15. Jh. und wurde Anfang des 16. Jh. von Vittore Carpaccio mit Szenen aus dem Leben der Schutzpatrone der Bruderschaft, den heiligen Georg, Tryphon und Hieronymus, ausgemalt. Der freundliche Kirchendiener ließ uns viel Zeit, den Gemäldezyklus genau betrachten zu können und so konnten wir gut die lebhaften und zum Teil auch drastischen Schilderungen aus dem Leben der Heiligen betrachten: z.B.die Bändigung des Löwen durch den hl. Hieronymus, den man in Venedig eben wegen seiner Löwenvorliebe gerne verehrt, den Kampf des hl. Georg mit dem Drachen, der eine Spur von Leichenteilen über die Landschaft gelegt hat oder wie der hl. Tryphon noch als kleiner Gänsehirte die Tochter des römischen Kaisers Gordian von einem Dämon befreit. Carpaccio erzählt bewegende Geschichten mit seinen Bildern, ausgemalt mit vielen, nebensächlich erscheinenden, Details, da ein kleiner Spitz, dort eine wunderschöne Lilie, Teppiche über Balkonbrüstungen oder der schiefe Turm von S. Giorgio dei Greci... Je länger man schaut, umso mehr wunderbare Einzelheiten entdeckt man.

Die kurze Fahrt mit dem Vaporetto Richtung Accademia bietet wieder grandiose Ausblicke






und auf dem Rückweg zum Hotel, um dort eine kleine Pause einzulegen, machen wir noch einen kurzen Abstecher nach St. Stefano.

Ein kleines Kuriosum zu dieser spätgotischen Kirche:


vom Ponte Maurizio aus kann man sehen, dass der Kanal an der Apsisseite unter der Kirche durchfließt (man kann also mit dem Boot unter der Kirche durchfahren)


und dass es auch hier einen schiefen Turm gibt, kann man klar erkennen. Er neigt sich ja auch zwei Meter zur Seite.


Man betritt die geräumige Kirche durch das gotische Portal, mit schönem Spitzbogen und reichen Blätterschmuck verziert und gekrönt von Gottvater. Im Innern fällt sofort die hölzerne Schiffskieldecke auf und die in rot-weiß gehaltenen Wandmalereien erinnern wieder an die Farben des Dogenpalastes.


An „il Papa buono“ Papst Johannes XXIII., der Patriarch von Venedig gewesen war, erinnert die ansprechende moderne Büste im Eingangsbereich der Kirche.


Das frugale, aber gute Mittagsmahl „aus der Hand“, erstanden in den kleinen „alimentari“ im Gewirr der engen Calli, haben wir im schönen Innenhof des Hotels eingenommen, ein Päuschen gemacht und nach einem Caffè waren wir wieder gestärkt für neue, interessante Stadtspaziergänge.




Und nach der Pause geht es - hoffentlich - morgen weiter...

 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die wieder einmal richtig toll bebilderte Fortsetzung

:!::!::!:

Leider habe ich Euch eben nur sehr schnellen Schrittes begleiten können - aber ein "langsamer wiederholender Gang" wird folgen wenn ich wieder zu Hause bin ... und darauf freue ich mich schon -> genau wie auf die Fortsetzung ...
 
Und nach der Pause geht es - hoffentlich - morgen weiter...

Das war zwar eine leere Versprechung :blush:, aber nun geht es weiter - von einigen Spaziergängen kann ich noch berichten, um bei evtl. einigen Venedig-Liebhabern ;) ein bisschen Venedig-Sehnsucht zu wecken. :~


Fortsetzung: Mittwoch, 06.04.2011

Heute Nachmittag wollen wir ein wenig durch die abgelegeneren Calli Venedigs streifen, abseits von Trampelpfaden der Tagestouristen, die ja nichts dafür können, dass sie die "posti nascosti" nicht entdecken. ;)

Das Vaporetto nehmen wir am Anleger Sant'Angelo gegenüber des Palazzos Barbarigo della Terrazza –


nomen est omen, die Glücklichen des Deutschen Studienzentrums, die dort ihren Arbeits- und Wohnplatz haben. Auch „Brunettis“, bzw. das, was man davon in den TV-Filmen zu sehen bekommt, Familienleben spielt sich dort – wie manche meinen oder nach anderen Aussagen in der Nachbarschaft rechts von der großen Terrasse - ab. Die Lage ist auf jeden Fall grandios.
Weiter geht es entlang der Palazzi-Perlen –

hier die Ca' d'oro,
dort der Palazzo Vendramin-Calergi
mit dem Casino (Schauplatz eines der neueren Brunetti-Tatorte) – aber genau so sehenswert und wunderschön die kleinen „Hinterhöfe“


hinter San Marcuola auf unserem Weg zum Ghetto.


Die Juden in Venedig hatten ihr abgeschlossenes Wohngebiet auf einer Insel zugewiesen bekommen, auf der früher eine Gießerei war und die Eisengießer arbeiteten. Vermutlich stammt daher der Name Ghetto, der später allgemein auf die Wohnviertel der Juden übertragen wurde: aus „getto“ wurde „ghetto“. Bereits Anfang des 15. Jh. taucht dieser Begriff in Venedig auf. Die Tore des Ghettos wurden jeden Abend geschlossen und bewacht, die Kosten dafür mussten selbstverständlich die Bewohner tragen. Nur Ärzte, ein angesehener Berufsstand, durften – unter genauer Angabe zu welchem Patienten sie unterwegs waren – nachts das Ghetto verlassen.
Über 5000 Juden mussten auf engstem Raum zusammenleben. Das hieß hoch hinaus bauen – das Ghetto hatte durchweg mehrstöckige Häuser, zum Teil bis acht Stockwerke, die Zimmerhöhe soll jedoch denkbar niedrig gewesen sein. Auf dem weiten Campo di Ghetto Nuovo hat man davon noch einen guten Eindruck.
An die deportierten und ermordeten Juden während des Faschismus und unter deutscher Besatzung erinnern Bronzereliefs des litauischen Bildhauers Arbit Blatas.

Eindrucksvolle Bilder von Deportation, Zwangsarbeit, Hinrichtung und „Der letzte Zug“. Auch das ist Venedig zum Schauen und Fühlen.
Heute leben nur noch wenige Juden direkt im Ghetto-Bezirk, es gibt koschere Geschäfte, eine Bäckerei für die Matzenherstellung, ein kleines Museum und in einem Wohnhaus eine Synagoge sowie eine Casa israelitica di riposo, ein Altersheim.

Auf dem Campo di Ghetto Nuovo spielen Kinder und halten Alte ihre Siesta unter der Aufsicht von bewaffneten Polizisten. Eine eigene Welt, in der einem überall der Davidstern und hebräische Schriftzeichen begegnen.​


Auf unserem Spaziergang durch Cannaregio können wir auch an den kleineren Rii schöne, wenn auch einfachere, Palazzi sehen, an denen man gut ablesen kann, wie sie aufgebaut waren:


unten der Eingang vom Kanal aus mit der Halle und Lager- und Wirtschaftsräume, darüber im Zwischengeschoss die Büros, dann der Piano nobile mit Repräsentationssaal und Loggia oder Balkon zum Kanal hin, auf diesem und dem darüber liegendem Stockwerk waren die Privaträume der Kaufmannsfamilie, die Bediensteten waren im Dachgeschoss untergebracht wo sich oft auch die Küche befand. Lieber nicht darüber nachdenken, wie sich die Arbeitsbedingungen für die Bediensteten darstellten.

Auf dem Weg zum Campo dei Mori kommen wir am Haus mit den vier Männerstatuen vorbei, orientalische Kaufleute könnten sie darstellen, wahrscheinlich befand sich hier der Fondaco degli Arabi, das Handelshaus der Araber.


Die Vier sind orientalisch gekleidet mit Turban und wallenden Gewändern und von einem weiß man sogar noch den Namen: Sior Antonio Rioba,


ein levantinischer Händler mit einer Eisennase, an die anonyme Botschaften gegen die Obrigkeit angeheftet wurden – also eine sogenannte „sprechende Statue“ in Venedig.

Gleich um die Ecke befindet sich das Wohnhaus in dem Jacopo Robusti, Sohn eines Wollfärbers – also „das kleine Färberlein“, der große Tintoretto mit seiner Familie bis zu seinem Tode gelebt hat.


Gesehen haben wir sie schon beim Überqueren den Kanals: eine der schönsten gotischen Kirchenfassaden Venedigs - Madonna dell'Orto.




Dieses Juwel unter den Kirchen der Stadt ist benannt nach der Marienstatue, die im benachbarten Gemüsegarten gefunden wurde und hier ihre Verehrung findet.


Die Kirche Madonna dell'Orto beherbergt einen reichen Schatz an Gemälden. Sie war Tintorettos Pfarrkirche, in der er auch bestattet ist, und für sie malte er verschiedene großflächige Gemälde: das „Jüngste Gericht“ und den „Tanz um das Goldene Kalb“ und besonders anrührend "Marias Tempelgang".

Einen weiteren Schatz aus Madonna dell'Orto kann man nicht mehr bewundern: Bellinis "Madonna mit Kind" wurde in der Nacht zum 1. März 1993 bei einem Diebstahl brutal aus dem originalen Rahmen herausgebrochen und ist seitdem verschollen. Es ist fast leiccht makaber, an diesem Ort nur eine Fotokopie des Tafelbildes zu sehen.


Und noch einmal ein schönes Beispiel für einen Palazzo am Canale: der frühgotische Palazzo Mastelli,

mit hübschen Kamelfiguren geschmückt, was – bei der Nähe zum ehemaligen Fondaco degli arabi nicht verwunderlich – darauf schließen lässt, dass gute Handelsbeziehungen der Familie Mastelli in den Orient bestanden.


Wir laufen an der Sacca della Misericordia entlang, dort wo sie als Marina für kleinere Boote dient – der Blick geht hinüber zur Friedhofsinsel San Michele –

und kommen an die – wieder einmal verrammelte – Chiesa dell'Abbazia della Misericordia und die gleichnamige Scuola vecchia und nuova,


einst Sitz der Bruderschaft der „Barmherzigen“, in unseren Zeiten Sporthalle und Drehort für „The Tourist“ mit Johnny Deep und Angelina Jolie – die Stefano Nicolao, der Kostümschneider, bei der Arbeit am Set als „einfach nur zickig“ titulierte. Aber werfen wir noch einen Blick auf den schönen

Pozzo auf dem Campo dell'Abbazia
und das Hofpflaster im Fischgrätmuster, wie es auch vor Madonna dell'Orto zu finden und eines der seltenen Beispiele der noch alten venezianischen Pflasterung ist.

Und wieder enge Calli, kleine Rii mit Brücken


– wie hier die einzige der Stadt, die kein Geländer hat -, treppauf treppab – an Kanälen entlang, deren Wasserlauf abgetrennt worden ist und die ausgebaggert werden, um von Schlamm und Abfall gereinigt und gleichzeitig ausgebessert werden zu können. Wie auch die Fundamente der am Kanal liegenden Häuser kontrolliert und verstärkt werden. Arbeiten, die immer wieder an den Kanälen notwendig sind. Vorteil für uns: eine zusätzliche (hölzerne) Brücke über dem wasserlosen Kanal. Am Palazzo ist eine Überwachungsanlage angebracht worden, damit keiner über das Gerüst einsteigen kann. Und wie schön sind die unterschiedlichen – auch witzigen – Türklopfer.​



Streifzüge durch unbekanntes Venedig,



posti nascosti,



bis wir wieder in belebtere Gegenden kommen mit anderen Aussichten, auf Schönes und Teueres,



und wir bei einer Ruhepause im Hotel die vielen schönen Eindrücke – vor dem letzten Abendessen in Venedig – noch einmal Revue passieren lassen können.

Ein kleiner Nachtspaziergang an diesem letzten Abend in Venedig schließt dann den Tag ab:

San Trovaso liegt verlassen, die Boote sind an den Kanalmauern vertäut und schaukeln sachte,

die Palazzi spiegeln sich bis zum obersten Stockwerk, so ruhig ist das Wasser in den Kanälen, ausgebreitet wie ein nachtblaues Seidentuch

... Nachtstille – wir kommen an der Kirche I Carmini vorbei,

kaum ein anderer Nachtspaziergänger ist hier unterwegs. Abschiedsstimmung klingt an, auf der Rückfahrt mit dem Vaporetto, den Canal Grande hinab ...




 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die wieder sehr schöne Fortsetzung

:!::!::!:
 
Liebe Pasquetta,

Dein Vorsatz ...

... von einigen Spaziergängen kann ich noch berichten, um bei evtl. einigen Venedig-Liebhabern ;) ein bisschen Venedig-Sehnsucht zu wecken. :~

... ist absolut geglückt! ;) :nod: :thumbup:

Wenn man so schön die Besonderheiten der Lagunenstadt ins rechte Licht gerückt erhält, möchte man am liebsten sofort wieder los fahren! :nod:

Deine Art, Venedig zu erleben, ist wirklich sehr ähnlich der unseren, obwohl Du an diesem Tag doch einiges gezeigt hast, was ich noch nicht gesehen habe ... :~

Zum Beispiel die Galerie von San Marco, das muss dringend nachgeholt werden! :nod:

Eine Frage hätte ich:

Von wo aus sind diese Fotos gemacht:

Pasquetta schrieb:
Über die Massen von Touristen, die sich inzwischen vor und in San Marco angesammelt haben, schauen und hören wir hinweg.



Es sieht fast so aus, als seid Ihr auf dem Orologio?
Denn das wollten wir immer mal und fanden ihn immer verschlossen ...

Das Vaporetto nehmen wir am Anleger Sant'Angelo gegenüber des Palazzos Barbarigo della Terrazza –


nomen est omen, die Glücklichen des Deutschen Studienzentrums, die dort ihren Arbeits- und Wohnplatz haben.
In diesem Institut studierte vor ein paar Jahren für einige Monate ein Komponist, dessen Werke wir vor einiger Zeit aufführten und der sehr begeistert von seiner Zeit dort erzählte! :nod:

Gesehen haben wir sie schon beim Überqueren den Kanals: eine der schönsten gotischen Kirchenfassaden Venedigs - Madonna dell'Orto.





Diese Kirche gefällt auch uns besonders gut - beim letzten Besuch waren wir allerdings überhaupt nicht in Cannareggio! ;)

... und kommen an die – wieder einmal verrammelte – Chiesa dell'Abbazia della Misericordia und die gleichnamige Scuola vecchia und nuova,






Ja, das kenne ich auch! ;)

Und wie schön sind die unterschiedlichen – auch witzigen – Türklopfer.


Das ist etwas, das auch ich in Venedig sehr liebe - so schön und so sauber und gepflegt! :thumbup:

Vielen Dank, dass Du meine Venedigsehnsucht wieder angefacht hast mit Deinen wunderbaren Schilderungen! :nod:

Liebe Grüße

Angela
 
Hallo Angela,
das freut mich, dass ich Sehnsüchte wecken konnte :~ :twisted: "Lernziel erreicht" könnte ich da fast sagen ;)

Zum Beispiel die Galerie von San Marco, das muss dringend nachgeholt werden! :nod:

Eine Frage hätte ich:

Von wo aus sind diese Fotos gemacht:

Pasquetta schrieb:

Ja, die Galleria di San Marco lohnt sich, meiner Ansicht nach, zu besuchen und die beiden Fotos sind von der Loggia aus gemacht, dort, wo die Kopie-Pferde stehen und um die Ecke rum, zur Piazzetta hin.

Meine Antwort auf Deine Frage nach dem Spitzen-Lädchen :~ hast Du gesehen?

Auch allen anderen, die die Geduld hatten, mit mir durch diesen Tag in Venedig zu spaziert, ein Dankeschön :nod:.
Pasquetta
 
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