Via Papalis: Auf dem Weg der Päpste vom Lateran zum Vatikan

Il Gesù

Der Weg führt mich weiter zur Piazza del Gesù.


Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts stand hier das kleine romanische Kirchlein
Santa Maria della Strada.
Bedeutend für die wesentlichen Änderungen diese Ortes war die Entstehung eines neuen Ordens.

Der Jesuitenorden
Die Ordensgemeinschaft wurde 1534 von Ignatius von Loyola und sechs seiner Gefährten in Paris gegründet. Eigentlich wollten sie anschließend im Heiligen Land missionieren, da dieses aber von den Türken besetzt war, zogen sie nach Rom. Dort erkannte Papst Paul III. Farnese den Orden an und gewährte ihnen Rechte an der Pfarrkirche Santa Maria della Strada. Als Ignatius 1556 starb, wurde er zunächst in dieser kleinen Kirche beigesetzt. Im Jahre 1561 fand sich ein prominenter Fürsprecher und Geldgeber des geplanten Kirchenneubaues.

Kardinal Alessandro Farnese
Der junge Alessandro wurde bereits mit 14 Jahren von seinem Großvater Paul III. zum Kardinal ernannt.
Paul III. wurde auch schon mit 26 Jahren Kardinal - seine Schwester war die Geliebte von Alexander VI.​

Als Mäzen der Bauarbeiten bestimmte er über wesentliche Details:
:arrow: Die Baukosten wurden auf 25 000 Scudi begrenzt
:arrow: Die Kirche sollte einschiffig sein
:arrow: Der Kirchenlangbau sollte überwölbt sein
:arrow: Die Fassade sollte nach Westen zeigen

Die Baukosten sollten sich zwar fast verdreifachen,
dafür wurde Kardinal Farnese aber auf der Fassade verewigt.


Santissimo Nome di Gesù
Im Jahre 1568 erfolgte die Grundsteinlegung der Mutterkirche der Jesuiten.
Der Michelangelo-Schüler Giacomo Barozzi da Vignola löste das Problem des Seitenschubs des Tonnengewölbes über dem breiten Mittelschiff mithilfe Seitenkapellen statt Seitenschiffen.
Il Gesù wurde zum Vorbild vieler Kirchen in der ganzen Welt.

Fassade


Als Vignola starb, wurde Giacomo della Porta sein Nachfolger.
Von ihm stammt die Fassade im Übergang von der Renaissance zum Barock.
Von den fünf Achsen der Fassade gehören drei zum Mittelschiff und die jeweils äußeren zu den Seitenkapellen. Das große Fenster sorgt an sonnigen Nachmittagen für eine gute Beleuchtung des Innenraumes.
Die Statuen stellen Ignatius von Loyola und seinen Gefährten Franz Xaver dar. Das untere Medaillon bildet das Abzeichen des Jesuitenordens IHS, das obere Medaillon stellt das Familienwappen der Farnese dar.
Die Inschrift weist auf Kardinal Farnese als Stifter der Kirche hin. Die eleganten Voluten kaschieren gut die Stützpfeiler.

Innenraum


Der hochbarocke Innenraum wurde u.a. von Pietro da Cortona , Giovanni Battista Gaulli und dem Jesuitenbruder Andrea Pozzo ausgestaltet.
Über dem Altar des Ordensgründers senkt sich täglich um 17.30h das Gemälde hinab und es erscheint eine Silberstatue von ihm.
YouTube - 26/04/2008 - Vatican City
Es handelt sich allerdings nicht mehr um die Originalstatue aus massivem Silber - die verschwand mit Napoleon nach Frankreich - sondern um eine versilberte Kopie aus der Werkstatt von Antonio Canova.
 
Liebe Ute,

vielen Dank für diese interessanten Details zu Il Gèsu!
Ich gestehe, dass mich diese Kirche immer wegen ihrer relativen Dunkelheit nicht so sehr angesprochen hat. :blush:
Aber sie ist natürlich eine der bedeutenden Barockkirchen Roms und Deine Ausführungen zur Geschichte habe ich mit Interesse gelesen! :nod:

Liebe Grüße

Angela
 

Ebenfalls an der Piazza del Gesù liegt der

Palazzo Altieri


Der Palast der Adelsfamilie der Altieri wurde Mitte des 17. Jahrhunderts anstelle mehrerer älterer Häuser der Familie erbaut. Als Emilio Altieri 1670 zum Papst Clemens X.gewählt wurde, wurde der Palazzo nochmals erweitert.

Clemens X. verdanken wir ein interessantes Kapitel in der Kirchengeschichte:

Am 29. April 1670 wurde Emilio Altieri nach viermonatigem Konklave zum Papst gewählt. Er war zu der Zeit bereits 80 Jahre alt, nahm den Namen Clemens X. an und sollte - wie so oft in der Papstgeschichte - nur ein Übergangspapst sein.
Doch - ebenfalls wie so oft - lebte er viel länger als geplant.
Zu seiner Unterstützung (die altersbedingt vonnöten war), adoptierte er den
Kardinal Paluzzo Paluzzi degli Albertoni als Kardinalnepoten.
Da der Papst der letzte männliche Nachkomme seiner Familie war, veranlaßte er die Ehe seiner Nichte mit dem Neffen des Kardinals. Bedingung war, daß der ganze Familienzweig den Namen Altieri annähme, um dessen Aussterben zu verhindern.
Wie so üblich ließ auch der Kardinal ein Kunstwerk erschaffen, welches seinen Ruhm mehren sollte.
Als Motiv bot sich die 1671 seliggesprochene Nonne aus dem Hause Albertoni an.
Er erreichte, daß Bernini 1673 die Figur für die Cappella Albertoni-Altieri in San Francesco a Ripa schuf.
( Durch Vermittlung Christinas von Schweden sogar kostenlos als Gegenleistung für die Aufhebung des Exils seines Bruders.)


Bemerkenswert an Kardinal Altieri degli Albertoni ist noch, daß 91% der römisch-katholischen Bischöfe in ihrer Sukzession auf ihn zurückführen. Auch Johannes Paul II und Benedikt XVI.
 
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Liebe Ute,

vielen Dank für diese interessanten Details zu Il Gèsu!
Ich gestehe, dass mich diese Kirche immer wegen ihrer relativen Dunkelheit nicht so sehr angesprochen hat. :blush:
Aber sie ist natürlich eine der bedeutenden Barockkirchen Roms und Deine Ausführungen zur Geschichte habe ich mit Interesse gelesen! :nod:

Liebe Grüße

Angela

Vielen Dank Angela,

es gäbe natürlich noch sehr viel mehr zu schreiben, aber interessant sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarkirche Sant`Andrea della Valle, die noch folgen.
Der günstigste Besichtigungszeitpunkt ist wohl wenn die Kirche um 16h wieder öffnet, dann kommt das meiste Licht durchs Fenster!
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzungen


In die Kirche di Gesu zieht mich manchmal ein Detail in der Cappella Sant'Ignazio
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Ute,

vielen Dank für diese interessanten Details zu Il Gèsu!
Ich gestehe, dass mich diese Kirche immer wegen ihrer relativen Dunkelheit nicht so sehr angesprochen hat. :blush:
Aber sie ist natürlich eine der bedeutenden Barockkirchen Roms und Deine Ausführungen zur Geschichte habe ich mit Interesse gelesen! :nod:

Liebe Grüße

Angela

Vielen Dank Angela,

es gäbe natürlich noch sehr viel mehr zu schreiben, aber interessant sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarkirche Sant`Andrea della Valle, die noch folgen.
Der günstigste Besichtigungszeitpunkt ist wohl wenn die Kirche um 16h wieder öffnet, dann kommt das meiste Licht durchs Fenster!

Danke für den Tipp! Werde ich mir merken! :nod:
 
Viele Dank für die Weiterführung Deines interessanten Berichtes.
Ein kleiner Hinweis noch: Die Weltkugel im Altar des Ignatius soll der größte Lapislazuli der Welt sein.
Obwohl ich die Barockausstattungen vieler Kirchen Roms sehr liebe, ist mir die Ausstattung in Il Gesú doch sehr überladen und die Atmosphäre der Kirche nach meinem Empfinden ganz anders - eher kälter - als in Kirchen, die auch mit barocker "Überladung" aufwarten, wie z.B. Santa Maria della Vittoria, in er die berühmte Hl. Theresia von Avila von Bernini zu sehen ist, oder auch wie Santa Maria Maggiore, deren Decke ja ebenfalls mit dem sog. Kolumbusgold ausgestattet wurde.

Grüße von
mystagogus
 
In die Kirche di Gesu zieht mich manchmal ein Detail in der Cappella Sant'Ignazio​

Welches denn?​

Ein kleiner Hinweis noch: Die Weltkugel im Altar des Ignatius soll der größte Lapislazuli der Welt sein.
Obwohl ich die Barockausstattungen vieler Kirchen Roms sehr liebe, ist mir die Ausstattung in Il Gesú doch sehr überladen und die Atmosphäre der Kirche nach meinem Empfinden ganz anders - eher kälter - als in Kirchen, die auch mit barocker "Überladung" aufwarten, wie z.B. Santa Maria della Vittoria, in er die berühmte Hl. Theresia von Avila von Bernini zu sehen ist, oder auch wie Santa Maria Maggiore, deren Decke ja ebenfalls mit dem sog. Kolumbusgold ausgestattet wurde.

Vielen Dank für Deine Ergänzung! :thumbup: :nod:​

Hier noch eine Anmerkung zum Palazzo Altieri:
Anna Magnani lebte fast 30 Jahre - bis zu ihrem Tod - in diesem Palazzo.
Federico Fellini hat sie in ihrem letzten Film an der Türe des Palazzo verewigt!​


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In die Kirche di Gesu zieht mich manchmal ein Detail in der Cappella Sant'Ignazio​

Welches denn?​


Am Grabmal des hl. Ignatius -> die rechte Marmorgruppe -> dort die Bücher ...

Leider war es meist so dunkel (wie Angela schon erwähnte) dass ich die beiden Schriftzüge MART.LUTHER und JOHANN. CALVIN nicht richtig entziffern konnte ...


http://www.wga.hu/art/l/le_gros/religion.jpg

-> mein eigenes Bild ist viel zu dunkel :thumbdown und blitzen tue ich halt in Kirchen nicht ;)
 
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In die Kirche di Gesu zieht mich manchmal ein Detail in der Cappella Sant'Ignazio​

Welches denn?​


Am Grabmal des hl. Ignatius -> die rechte Marmorgruppe -> dort die Bücher ...​

Leider war es meist so dunkel (wie Angela schon erwähnte) dass ich die beiden Schriftzüge MART.LUTHER und JOHANN. CALVIN nicht richtig entziffern konnte ...​

Vielen Dank, das werde ich mir ansehen! :thumbup:​
 
Largo di Torre Argentina

Nun laufe ich ein kleines Stück den Corso Vittorio Emanuele II. entlang, eine Prachtstraße, die erst im Jahre 1886 geschaffen wurde und die Piazza Venezia mit dem Tiber verbindet.
Der Name bezieht sich auf den ersten König des vereinigten Italiens. Den Zusatz "der Zweite" bekam er, da die Könige von Sardinien mitgezählt wurden, in deren Tradition Vittorio Emanuele II stand.

Largo di Torre Argentina


Diesen Platz sahen die Päpste beim Possesso genausowenig wie den Corso Vittorio Emanuele II., da die Ausgrabungen dieses Tempelareals erst im Jahre 1926 begannen. Heute ist es ein verkehrsumtoster Platz mit Bus- und Straßenbahnhaltestelle
sowie Taxi-Stand.

Wir sehen heute die Überreste von 4 Tempeln aus republikanischer Zeit, die man nach den ersten vier Buchstaben des Alphabets benannte.
Der älteste Bau ist der Tempel C, aus dem 3. oder 4. Jahrhundert v. Chr.
Man darf den Ausgrabungsbereich zwar nicht betreten,
hat aber von oben einen guten Blick.
Die Altersfolge der Tempel kann man gut an der Grabungstiefe erkennen -
je tiefer, desto älter.


Zur Zeit finden wieder Grabungen auf dem Gelände statt, das auch als römisches Katzenparadies Bekanntheit erlangt hat.

Der Name des Platzes bezieht sich auf ein Wohnhaus mit Turm - zum dem ich gleich komme - dessen Bauherr aus Straßburg kam, dem altrömischen Argentorate.

 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung


Am Largo Argentina sehe ich mir auch immer gerne die ungefähre "Ermordungsstelle" von Julius Cäsar an ...
 
Am Largo Argentina sehe ich mir auch immer gerne die ungefähre "Ermordungsstelle" von Julius Cäsar an ...​

Die ist wohl hier:

Unmittelbar westlich der Tempel ließ Pompeius Magnus eine Portikus errichten, die an das nach ihm benannte Theater anschloss. In sie integriert war eine für Senatsversammlungen geeignete Kurie (Curia Pompeia). In dieser Kurie wurde Gaius Iulius Caesar im Jahr 44 v. Chr. ermordet. Am westlichen Rand des Ausgrabungsareals, hinter den beiden mittleren Tempeln B und C, sind Teile dieser Struktur sichtbar (3).
 
San Giuliano dei Fiamminghi

Mein Weg verläuft nun parallel zum Corso Vittorio Emanuele II. in der kleinen Via del Sudario. Hier befindet sich die Nationalkirche der Belgier.

San Giuliano dei Fiamminghi


Geweiht ist die Kirche dem Flamen Julius Hospitator.
Seit 1994 ist sie Titeldiakonie und seit 2010 meines fränkischen Landsmannes
Walter Brandmüller.
Besichtigen kann man die Kirche Di,Mi,Do von 9h bis 12h nach Voranmeldung.
Koninklijke Belgische Kerk en Stichting Sint-Juliaan-der-Vlamingen - S. Giuliano dei Fiamminghi

 
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Der Name des Platzes bezieht sich auf ein Wohnhaus mit Turm - zum dem ich gleich komme - dessen Bauherr aus Straßburg kam, dem altrömischen Argentorate.

Das Haus dieses Mannes hat die Hausnummer 44 in der Via del Sudario,
es handelt sich um:

Johannes Burcardus
Geboren um 1450 im elsäßischen Niederhaslach erkaufte es sich 1483 das Amt des päpstlichen Zeremonienmeisters.
Berühmtheit erlangte er durch sein Notizbuch, das Liber notarum.
Durch seine Tätigkeit unter 5 Päpsten, Sixtus IV., Innozenz VIII., Alexander VI., Pius III. und Julius II. ermöglichte er Einblicke in das Hofgeschehen der Päpste.
Sein Buch prägt auch heute noch das Bild des Skandal-Papstes Alexander VI. Borgia, obwohl die Überlieferungen inzwischen kritischer gesehen werden, da er wohl oft nicht Augenzeuge war, sondern durchaus seine Phantasie spielen ließ.
Er hatte wohl großen Anteil an der Zeremonie zur Öffnung der Heiligen Pforte zu Beginn des Heiligen Jahres 1500, die auch heute noch so gehandhabt wird.

Palazzetto del Burcardo


Burcardus ließ für den Bau seines Hauses Handwerker aus Nord- bzw. Mitteleuropa kommen.
Daher erscheint es wie eine gotische Insel im Meer der Renaissance.
Die Gotik wurde in Rom zutiefst - als barbarisch - verachtet.

Der Palazzetto hatte früher einen Turm - in Anlehnung an die römischen Adelspaläste -
mit der Aufschrift "Argentina".
Der Turm ging leider verloren und seit 1932 enthält das Gebäude eine Sammlung von Theaterliteratur des Italienischen Schriftstellverbandes.
Biblioteca e Museo teatrale del Burcardo - Wikipedia


Burcardus starb am 15. Mai 1506 und wurde in Santa Maria del Popolo beigesetzt.

Er hatte auch großen Einfluß auf den Neubau der deutschen Nationalkirche ab 1500 -
Santa Maria dell`Anima.
 
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Palazzo Vidoni Caffarelli

Gegenüber des Palazzetto del Burcardo liegt der

Palazzo Vidoni Caffarelli


Dieser Palast der Hochrenaissance entstand ab 1524 - eventuell nach Plänen von Raffael.
Ab 1527 übernahm Lorenzo Lotti die Bauleitung.
Wohlgemerkt nicht Lorenzo Lotto, wie Wikipedia schreibt! :twisted:​

Vorbild dieses Bauwerks war Bramantes Palazzo Caprini, das ehemaligen Wohnhaus Raffaels, welches dem Bau der Via della Conciliazione weichen mußte.

Die Neuerung an diesen beiden Palazzi war eine Wiederaufstehung von antiken Bauten - eben Renaissance=Wiedergeburt pur!
Im Erdgeschoss befanden sich Geschäfte und gewohnt wurde im 1. Stock.
Später wurde der Bau verändert und aufgestockt.
Die Vorderfront zeigt zum Corso Vittorio Emanuele II.


Auch hier wieder die Rustikabauweise.
 
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