Als Tourist zuhause in Rom?

Auch von mir herzlichen Dank für diese Berichte.
Sie stimmen so richtig auf meinen nächsten Besuch in der ersten Adventswoche ein.


... Schon der Blick vom Platz über den Brunnen auf die mittelalterliche Kirchenfassade, auf der das bekannte Mosaik mit Maria und zehn weiblichen Heiligen zu sehen ist, ist wirklich schön. ...

Ich dachte immer, dass es sich hier - wegen der (nicht) brennenden Öllämpchen -

um die klugen und törichten Jungfrauen handelt. Liege ich da wohl falsch?

lg Siegfried
 
Ich kenne beide Interpretationen. Ich persönlich neige auch eher zu letzterer Interpretation wegen der Lämpchen. Ein Kompromiss wäre:

Es sind Heilige, die die klugen und törichten Jungfrauen darstellen :~.

LG Ludovico
 
Hallo Ludovico,

habe gerade Deinen Bericht gelesen und bin begeistert von Deinen fantastischen Fotos :thumbup::thumbup::thumbup:

Ich war bisher noch nicht in Rom und bin überrascht, dass ihr so viele Sehenswürdigkeiten pro Tag schafft. Ist das nur ohne Stress möglich, wenn man Rom schon mehrmals besucht hat oder ist das auch für einen Neuling empfehlenswert:?:

Viele Grüße
Plinius
 
Man sollte gut zu Fuß sein und sich schon gut auskennen. Das ist natürlich auch micht sehr guter Vorbereitung möglich. Man sollte sich aber nicht übernehmen und vom Plan abweichen, wenn man merkt dass es zu viel wird oder man müde wird oder Füße bzw. Rücken schmerzen.

Ich versuche auch nicht alles aufzunehmen, sondern konzentriere mich auf bestimmte Punkte, nehme den Rest wie im Vorbeifahren wahr. Natürlich sollte man sich auch überraschen lassen. Die nächsten Tage wird das Pensum schon noch kleiner.

LG Ludovico
 
Sonntag, 17. Oktober

Auch heute starteten wir wieder nach dem Frühstück mit dem PKW. Nach der gemeinsamen Messe im Campo Santo wollten wir noch etwas durch den Borgo flanieren und gegen Mittag zum Petersplatz zurückkehren, um mit dem Papst den Angelus zu beten. Unsere Begleiter wollten schließlich den Papst auch mal live erleben.
Durch die noch leeren Straßen kamen wir flott bis zur Via della Concilazione. Vor uns waren auf dem Petersplatz schon relativ viele Menschen. An der Fassade von Sankt Peter hingen große Fahnen mit Bildern sehr gläubig aussehender Menschen. Mein Schwager meinte, dass heute einige Seligsprechungen stattfinden würden. Der Papst würde aber wohl nicht teilnehmen.
Im Campo Santo besuchten wir die Gräber der Schwiegereltern. Als wir in die Kirche kamen, konnten wir nur noch Sitzplätze ganz hinten an der Rückwand ergattern. Die Messe wurde vom Exbischof von München zelebriert, der auch die Predigt hielt. Der "Noch Rektor" bot wieder seine bekannte kurze Führung zum Campo Santo an. Wir mussten grinsen, da wir wissen, dass dies normalerweise ganz einfach eine Verkaufsveranstaltung für sein Buch über Römische Kirchen ist.


Natürlich betrachtete ich auch die neuen Säulen mit den Wappen der Bruderschaft und des Papstes.​


Wir hörten vom Petersplatz laute Gesänge. Nach kurzer Diskussion ließen wir den kurzen Sicherheitscheck über uns ergehen, um neugierig nachzusehen, was nun konkret los sei. Der Platz war proppevoll und das Papamobil fuhr gerade vor dem Altar vor. Wie bei den Generalaudienzen sahen wir wieder Leute aus aller Herren Länder.

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Wir stellten schließlich fest, dass sechs Personen vom Papst heilig gesprochen wurden. Nach zwanzig Minuten klopfte ich einmal die Stimmung ab. Wir waren uns einig, dass wir bleiben sollten, um dieses Ereignis spontan mitzufeiern. Neben mir stand ein junger Priester oder Priesteranwärter, der die lateinischischen Lieder kräftig mitsang. Obwohl ich kein Textheft hatte, war ich so in der Lage die meisten Lieder, im Gegensatz zu gestern, mitzusingen. Ich beobachtete das Geschehen vor dem Petersdom genauso wachsam wie die Personen um mich herum. Berninis Säulenreihen hielten ein buntes Volkchen fest in der Hand. Es ist schon ein besonderes Erlebnis diesen riesigen Platz zu erleben, wenn er seinen Zweck erfüllt, nämlich, vielen Pilgern / Gläubigen Platz zur gemeinsamen Feier zu bieten.
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Heute war auch der Friedensgruß wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Es ist schon ein Riesenunterschied, ob man seiner Frau oder einem Nachbarn den Frieden wünscht oder einem Wildfremden einer nicht bekannten Nation.
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Petrus stand erhaben über einer Leinwand, den Himmelschlüssel fest in seiner kräftigen Fischerhand und den langen Zeigefinger ausgestreckt. Ich habe mich schon häufig gefragt, auf wen er denn nun zeigt und auf was er hinweisen will. Heute sah ich, dass er genau auf uns, auf die riesige Menschenmenge zeigte. Wollte er fragen, was habt ihr alle, auch die Hochwürden unter mir auf dem Bildschirm, aus der Lehre uneres Meisters gemacht? Vielleicht ist er aber gar nicht so streng. Er war ja schließlich auch ein kleines Sünderlein.

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Die Messfeier nahm den gewohnten Gang, allerdings in ungewohnten Dimensionen. Menschen aus verschiedenen Nationen brachten die Gaben zum Altar. Einige erhielten die Gelegenheit einige Worte mit Bene zu wechseln. Beifall erhielt ein alter Mann mit Stock in mir unbekannter Volkstracht. Ihm gefiel offensichtlich die Anordnung der Gestecke nicht. Jedenfalls rückte er eines mit seinem Stock an die seiner Meinung richtige Stelle.
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Eine große Zahl an Priestern in Schwarz und Weiß zog aus, um auf dem Platz die Kommunion auszuteilen. Begleiter mit Gelb-Weißem-Schirm zeigten die Stellen an, wo ein Kommunionempfang möglich war.

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Wie bei der Generalaudienz wurden verschiedene Nationen in ihrer Sprache vom Papst begrüßt. Es setzte darauf jeweils ein fröhliches Klatschen und Fahnenschwenken ein.

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Nach der Messe, um 12.30 Uhr, strebten wir rasch durch die linken Kolonnaden der von Gaukler heiß empfohlenen Verpflegungsstelle zu, Pane e Dolci. Pina belegte uns wie gewünscht, knusprige Rosette mit Porchetta und Salat. Für 4€ hatten wir einen leckeren und reichhaltigen Mittagssnack. Da wir sehr schnell waren, ergatterten wir sogar noch einen Sitzplatz draußen. An uns zog eine muntere Schar Kanadier vorbei in das Nachbarlokal. Sie waren bester Laune und feierten wohl ihren neuen Heiligen.?
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Zurück auf dem Petersplatz fanden wir eine recht überschaubare Warteschlange vor dem Sicherheitcheck für den Einlass in Sankt Peter. Wir stellten uns also an und standen nach etwas 15 Minuten vor der Fassade. Wir beschlossen erst mal die Kuppel zu erklimmen. Der Blick aus nächster Nähe in die Kuppel ist immer wieder fantastisch. Die Dimension dieses majestätischen Werkes Michelangelos ist überwältigend. Für mich wird das immer am deutlichsten, wenn ich mir die Größe der einzelnen Mosaiksteine aus der Nähe ansehe und dann vergleiche wie sie ganz oben an der Kuppel wirken. Die Einzelheiten haben sich aufgelöst und gehen über in ein riesiges "Gemälde". Winzig sind auch die Menschen unten im Dom.

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Da das Flachdach noch nicht für Besucher geöffnet ist, machen wir uns sofort auf den Weg ganz nach oben. Langsam merke ich doch das Alter und Gewicht. Ich komme deutlich mehr außer Atem als früher mit der kleinen Tochter auf dem Rücken. Oben herrscht ein ziemliches Gedränge. Ich fühle mich heute wie auf einer Bergtour des Deutschen Alpenvereins. Während meine Frau unsere Begleiter an die Hand nimmt, um ihnen Rom aus der Vogelperspektive zu zeigen, erkämpfe ich mir nach einer Übersichtsrunde einige Plätze an der Reling, um ein paar Fotos zu schießen. Inzwischen ist die Schlange unten auf dem Platz schon ganz schön lang geworden.
An einer Stelle habe ich ein Bild für das Tele vor Augen. Es will sich aber nicht das richtige Licht einstellen. Die Wolken lassen alles grau erscheinen, wandern schließlich weiter. Aber bevor der Lichtstreifen die Stelle erreicht, schiebt sich wieder eine neue Wolke dazwischen. Nach 20 Minuten gebe ich entnervt auf.
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Meine drei Mitstreiter erwarten mich schon mitleidig lächelnd auf dem Zwischendeck. Nun gehen wir noch zwischen den Kuppeln nach vorn bis zu den Aposteln. Leider kann man ja schon seit Jahren nicht mehr ganz nach vorn bis zu den Aposteln gehen. Aber auch so ergeben sich hübsche Perspektiven bei dem Spaziergang über das Sonnendeck des Petersdomes.

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Im Petersdom selbst herrscht wieder einmal ein mächtiges Geschiebe und Gedränge. Da wir morgen ja wieder hier sein werden, gibt es für unsere Begleiter heute nur einen vierzigminütigen Schnelldurchgang, die Pieta, das riesige Mittelschiff mit den Markierungen einiger großer anderer Kirchen, die Petrusstatue, Johannes XXIII, den Altarraum, der leider in ganzer Breite für eine bevorstehende Messe ganz abgesperrt war, mit Papstaltar, Kuppel von unten, einige Papstgrabmale und die Kathedra. Die Messe wollten wir nicht mitfeiern, um uns erst gar nicht der Gefahr auszusetzen für die nächste Heiligsprechung nominiert zu werden. Am Grabmal von Johannes dem XXIII gab ich wieder Tante Friedas Interpretation zum Besten, der besten Kennerin des Vatikans, die ich bisher persönlich kennengelernt habe. Sie hat als Deutsche Jahrzehnte in unmittelbarer Nachbarschaft zum Vatikan gewohnt und den Dom viele hundertmal besucht. Sie kannte so ziemlich jeden Schweizer Gardisten persönlich.


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Auf dem Weg zur Engelsburg schleckten wir noch am Borgo Pio ein Eis. Von den vielen Eindrücken müde geworden, ließen sich meine drei Begleiter auf der Engelsbrücke nieder, um ein ausgiebiges Sonnenbad zu genießen. Da ich mich nicht nur von einer Seite braten lassen wollte, spazierte ich noch gemütlich über die Engelsbrücke, um einige Szenen mit der Kamera einzufangen.



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Dem "Säulenengel" hatte man sogar einige "Liebesschlösser " zu Füßen gelegt.

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Nichtstun macht besonders müde und hungrig. Also nahmen wir an der Engelsburg den 40 und dann am Bahnhof den 92 um noch einen schönen, gemeinsamen Abend bei Pizza und Wein zu verbringen.
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für Deinen wieder sehr schönen Tagesbericht mit den tollen Bildern

:!::!::!:


Magst Du etwas von "Tante Friedas Interpretation" berichten

:?:
 
Na gut. Tante Frieda war eine alleinstehende Schwäbin, sehr sparsam (nicht zu verwechseln mit dem sprichwörtlichen Geiz der Schotten), sehr religiös, mit engem Anschluss an die Familie meiner Frau. Obwohl nicht verwandt, war sie von Anfang an für meine Frau und ihren Bruder Tante Frieda. Auch ich durfte sie so nennen.

Tante Frieda fristete, materialistisch gesehen, ein spärliches Dasein als Fremdenführerin. Sie kannte in Sankt Peter wirklich jeden Stein. Mit Aufsehern und Schweizer Gardisten hielt sie gerne ein Schwätzchen. Nun aber zur Sache.

Nachdem wir uns einige Jahre kannten, bot sie mir eines Tages eine Einzelführung in Sankt Peter an. Was mir vor allem in Erinnerung blieb, ist die lange Erläuterung am Grabmal von Johannes XXIII auf der linken Seite des Domes. Hier eine Kurzform. Man sieht ganz groß den segnenden Papst mit weitem Gewand. Sein gütiges Gesicht wendet er den Schwachen zu, den Kindern, Alten und Gefangenen. Zu ihnen beugt er sich mitfühlend herunter. Hinter ihm steht eine Schar von Kardinälen mit versteinerten Gesichtern. Der Papst hat keinen Blick für sie übrig, sondern zeigt ihnen nur seinen breiten Rücken. Das ist das Bild des gutmütigen, von manchem Kardinal belächelten Johannes XXIII, wie ihn auch die italienische Volksseele heute noch liebt.

Dieses Grabmal ist in seiner schlichten Form, Flachrelief in Bronze gegossen, ein echter Kontrast zu vielen anderen Grabmalen im Dom. Dort verkörpert häufig nicht der Papst selbst die christlichen Tugenden, sondern diese werden von um ihn gruppierten Gestalten verkörpert. Tugenden wie Liebe, Gerechtigkeit, Wahrheit, Charitas. (meine Persönliche Anmerkung).

Anmerkung zu Tante Frieda: von Anfang an fiel mir der sehr schwäbische Akzent ihres Italienisch auf. Die Zahl sechs sprach sie z.B. "sai".

Soviel zu Tante Frieda, die mir besonders den Vatikan nahe gebracht hat.

Gruß Ludovico
 
Auch von mir:

VIELEN DANK

für die Erläuterungen zu Tante Frieda

:!: :nod: :!:​

und deren Erläuterung zum Grabdenkmal für Johannnes XXIII., die mir gut gefallen. Auch ich kann es immer wieder neu lange betrachten. Einmal aus Verehrung vor Johannes XXIII. und auch weil ich Giacomo Manzùs künstlerischen Ausdruck sehr schätze (siehe auch die Porta della Morte am Petersdom, mit der er ja auch sehr "angeeckt" ist und die er nur auf Drängen/Bitten Joh. XXIII. fertig stellen konnte).
Ich nehme an, dass man Tante Frieda leider nicht mehr befragen kann. Denn mich würde interessieren, ob sie auch etwas zur Interpretation der "Porta del bene e del male" von Luciano Minguzzi sagen könnte, bzw. über die "Hintergrundgeschichte" dazu (irgendwie habe ich einmal etwas gehört, dass das Abbild Kardinal Döpfners darauf sehr umstritten war, kann aber nichts Nähreres dazu finden :().
Aber auf jeden Fall: vielen Dank für Deine Rom-Eindrücke und ich freue mich auf die Fortsetzung.
Pasquetta
 
Nein, Tante Frida liegt längst in der Heimaterde. Ihr Wunsch im Campo Santo, direkt beim Petersdom, die letzte Ruhe zu finden, ließ sich leider nicht verwirklichen.

Gruß Ludovico
 
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Lieber Ludwig,

heute endlich konnte ich deinen Reisebericht weiter verfolgen und habe ihn sehr genossen. Deine Fotos sind eine Augenweide:thumbup::nod:. Ich liebe die geschulten Blicke auf Details und erfreue mich an der Leistung deines Zooms, das in sehr schöner Klarheit Kuppeln, Mosaiken und Stadtansichten näher zum Betrachter rückt.

Deine Kennerschaft der Stadt lässt den Spaziergang trotz der vielen Anlaufpunkte immer zu einem entspannten Bummel werden, auch für den Leser. Und (nicht nur) ich finde, so sollte ein Rombesuch sein.

Vielen Dank. Ich freue mich auf die Fortsetzungen

gengarde
 
Gengarde,
vielleicht ist das etwas viel der Ehre. Es freut mich aber sehr, wenn Dir das Lesen und Betrachten Spaß gemacht hat.

LG Ludovico
 
Montag, 18.10.2010

Heute mussten unsere Aktivitäten auf den Scavi Besuch um 12 Uhr ausgerichtet werden. So fuhren wir, heute zu dritt, direkt zur Piazza Venezia, um uns von dort langsam Richtung St. Peter vorzutasten. Nach wenigen Schritten erreichten wir den Barock-Prototyp Il Gesù. Leider durften wir die Kirche nicht betreten, da drinnen eine Messe gefeiert wurde. Auf der rechten Seite stand eine Türe offen, die zum Jesuiten-Konvent führt. In einem Vorraum war eine Wachsmaske des Ordensgründers Ignazio von Loyola und andere Gegenstände, wohl aus der Geschichte des Ordens, ausgestellt.


Hinter dem Largo di Torre Argentina bogen wir links ab, um durch einige Seitenstraßen zum Campo dei Fiori zu gelangen, den ich auch mal am Vormittag mit dem Marktgeschehen zeigen wollte.


Auch ohne feste Kaufabsichten schlendere ich gerne mit offenen Augen, Ohren und Nase über den Markt. So auch heute. Die Farben, die mannigfaltigen Gerüche aufnehmen, die Menschen beobachten und ab und zu einem lebhaften Verkaufsgespräch folgen, macht schon Spaß.



Wir hatten uns um eine bestimmte Zeit am Blumenstand verabredet. Im Gegensatz zu mir hatten meine beiden Begleiter etwas Obst gekauft. Die saftige Birne, die sie mir anboten, schmeckte köstlich. Weiter ging es zu San Andrea della Valle. Meinem Begleiter wollte ich doch die Kirche seines Namenspatrons zeigen. An der eingerüsteten Fassade vorbei ging es in die voll besetzte Kirche.

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Es stellte sich heraus, dass die Kanadier ihren neuen Hl. Andrè , verständlicherweise hier, in einer Messe feierten. Uns wurde sofort ein Text- und Liederheft in Französisch und Englisch in die Hand gedrückt. Wir feierten eine Viertelstunde mit. Natürlich war heute nur ein Blick von hinten aber keine Besichtigung möglich.

Inzwischen war es Zeit langsam einen Bus zu suchen, der uns zum Vatikan brachte. Dort angekommen, bummelten wir über den Petersplatz und versuchten 20 vor zwölf an der Schweizer Garde vorbei zum Scavi Büro zu gehen. Wir wurden freundlich aber konsequent aufgefordert bis zur auf unserer Reservierung aufgedruckten Einlasszeit zu warten. Wir mussten uns erst mal in eine Schlange einreihen. Das Gespräch mit den vor uns Stehenden brachte die Erkenntnis, dass jetzt wohl auch der Zugang zum Campo Santo stark reglementiert ist. Es wurden immer nur kleine Gruppen losgeschickt, wenn eine andere Gruppe zurück kam.

Schließlich war für uns die Zeit gekommen. Im Büro erhielten wir die Karten. Als wir vor dem Büro auf unseren Führer warteten, wurden wir plötzlich aufgefordert uns ins Büro zu begeben. Nach wenigen Minuten fuhr ein dicker Daimler mit abgedunkelten Scheiben vorbei. Ich erinnere mich noch gerne an die ersten Amtsjahre des letzten Papstes. Zu jener Zeit hätte der Papst seinen Fahrer aufgefordert das Verdeck zu öffnen um mit uns Kontakt aufzunehmen. Jetzt ist man im Vatikan sehr vorsichtig geworden.

Die Führung durch den antiken Friedhof zum Petrusgrab war für uns wieder sehr beeindruckend, natürlich ganz besonders für meine "Frischlinge. Auch diesmal führte uns wieder ein Germaniker. Er war aber Theologe und kein Historiker. Den Unterschied merkte manan kleinen Nuancen der Erläuterungen.
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Nach der Führung konnten wir noch durch die Unterkirche an den Papstgräbern vorbeilaufen. Vor dem Grab von Johannes Paul II stand wieder eine Schlange. Die vorne Vorbeiziehenden wurden von den Wärtern angehalten relativ zügig weiterzugehen. Wir konnten hinten an der Wand etwas verweilen und dann ohne weitere Kontrolle in den Petersdom gehen, um einen zweiten Durchgang zu starten.
Auch heute herrschte wieder großer Andrang. Wir erkundeten heute vor allem den vorderen Bereich der Kirche, der gestern gesperrt war. Um die Bronzestatue des Petrus drängten sich die Touris ebenso wie um den Papstaltar. Da es kaum Möglichkeiten gab eine Kamera aufzulegen und ich den Fotorucksack mit meiner Großen nicht durch die Scavi Kontrolle gebracht hätte, fotografierte ich hier wenig. Beim Gang Richtung Sakristei betrachteten wir auch die Liste der Papste, die dort angebracht wird. Sie soll die Päpste zeigen, die im Petersdom beigesetzt sind. Weiß jemand, wo die Päpste zwischen 199 und 461 geblieben sind?

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Wenn es diese Skulptur nicht gäbe, würde ich wohl, wenn ich nicht gerade jemanden begleite, den Petersdom meiden. Aber sie fasziniert mich immer wieder neu. Vielleicht bin ich sogar süchtig. Nach dem Studium von Irving Stones Michelangelo schaute ich mir die Pieta wieder mit etwas anderen Augen an. Die junge Madonna wirkt ganz so, als hätte sie einen Zeitsprung zurück zur Empfängnis gemacht. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass ihre Augen nicht auf dem toten Jesus ruhen, sondern leer in die Ferne blicken. So als versuche sie immer noch zu begreifen, warum gerade sie Gott zur Welt bringen soll. Auch Jesus ist nicht hier auf der Erde. Der Körper wirkt vollkommen entspannt. Es gibt keine Spur von Leichenstarre oder -blässe. Des Gesicht ist in der Horizontalen. Die toten Augen sind senkrecht nach oben gerichtet, Richtung, wie wir sagen, Himmel.

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Draußen auf dem Petersplatz hatten sich die Wartenden inzwischen zu einer Riesenschlange gestaut, wie ich sie bisher noch nicht gesehen hatte. Das bedeutete, dass es in der nächsten Stunde im Dom noch voller werden würde. An der linken Kolonnade wurde gerade gearbeitet.


Wir zogen in die andere Richtung, am Tiarabrunnen vorbei, heute mit Blumen, zur U-Bahnstation Ottaviano. Dort nahmen wir noch in der 365 Tage pro Jahr geöffneten Bäckerei eine Zwischenmahlzeit zu uns. Mit Umsteigen in Termini kamen wir zügig nach Sankt Paul vor den Mauern.

Wir nahmen Platz, um die fünfschiffige Kirche auf uns wirken zu lassen. Natürlich macht die künstliche Beleuchtung viel von der mystischen Stimmung kaputt, die diese Kirche ausstrahlt, wenn nur Licht durch die Alabasterfenster in die Kirche fällt.
Der Papstaltar, der Osterleuchter (hier nur ein Detail daraus) und die Mosaike der Apsis sind sehr beachtenswert. Die Reihe der Pastbilder weckt Interesse. Geschockt war ich vom enormen Anstieg des Eintrittspreises zum Kreuzgang. Den einen Euro hier, auch noch die zwei Euro in San Giovanni habe ich ja noch verstanden. Die vier Euro jetzt aber halte ich für Nepp, den ich nicht mehr mitmache. Wir begnügten uns also mit einem Blick durch die Glastüre.



Wir verließen nun die Kirche und sahen uns das Bronzeportal mit den Szenen aus dem Leben von Petrus und Paulus an. Glücklicherweise kam gerade eine kleine Gruppe Amerikaner vorbei. Der Führer ging intensiv auf dieses Portal ein, so dass uns die Deutung doch sehr erleichtert wurde.


In der Vorhalle kann man noch Kerzen erwerben und vor der Statue des Paulus aufstellen. Das sind noch Reste vom Paulusjahr 2009. Natürlich betrachteten wir auch noch den Vorhof und die markante Fassade.


Während Petrus ja oft mit dem Himmelsschlüssel dargestellt wird, sieht man Paulus meist mit dem Schwert. Obwohl ich weiß, dass das Schwert als Sinnbild für seinen Glaubenseifer und Einsatz steht, befällt mich doch bei diesem Bild oft ein flaues Gefühl. Diese Darstellung erinnert mich an Glaubenskriege ähnlich wie die Worte vom Heiligen Krieg.
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Die Fahrt nach Hause verlief heute etwas abenteuerlich. Zunächst nahm ich am Bahnhof Nuovo Salario im Einbahnstraßenverkehr den 92 in die falsche Richtung, dann erwischten wir bei der Rückfahrt einen Bus, der mit Getriebeschaden an einer Ampel liegen blieb. Danach mussten wir noch fast eine halbe Stunde auf den Anschluss warten. Trotzdem wurde es anschließend ein schöner, letzter gemeinsamer Abend, bei Pizza, Supli, Salat und einigen Gläschen Wein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Dentaria. Du bist wirklich eine unserer Recherche-Profis :nod:
Wenn Deine Fundstätte richtig ist, zumindest scheint sie mir logischer als die Liste in St. Peter, da die ersten Päpste sich wohl nicht als Päpste empfunden haben, dann wird in Sankt Peter mal wieder etwas gemogelt. Unser Scavi-Führer hat uns jedenfalls versichert, dass die Liste die in St. Peter bestatteten Päpste enthalte.

LG Ludovico
 
Danke Dentaria. Du bist wirklich eine unserer Recherche-Profis :nod:

Vielen Dank für das Lob :blush: :blush: :blush:
Wenn Deine Fundstätte richtig ist, zumindest scheint sie mir logischer als die Liste in St. Peter, da die ersten Päpste sich wohl nicht als Päpste empfunden haben, dann wird in Sankt Peter mal wieder etwas gemogelt. Unser Scavi-Führer hat uns jedenfalls versichert, dass die Liste die in St. Peter bestatteten Päpste enthalte.

LG Ludovico

Der Kirche wird es wohl peinlich sein,
daß nur ein einziges Grab von Alt-St. Peter in den neuen Petersdom umgebettet wurde - Innozenz VIII.
Alle anderen gelten als vernichtet!​
 
Hallo Ludovico,

zwar habe ich Deine letzten Tagesberichte bisher nur überflogen, diesen hier habe ich mir eben zum Frühstück ganz gegönnt und sage herzlichen Dank dafür!

In diesem Café:


haben wir letzte Woche den ersten gemeinsamen Cappuccino getrunken - leider noch ohne Gauki, sie reiste da gerade an - bei herrlichem Sonnenschein:

Simone-Clio schrieb:
Wir schlenderten die Via dei Giubbonari entlang und und genossen am Largo dei Librari mit Blick auf das Kirchlein der Hl. Barbara einen leckeren Cappuccino:​




Wenn es diese Skulptur nicht gäbe, würde ich wohl, wenn ich nicht gerade jemanden begleite, den Petersdom meiden.

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Da geht es mir ähnlich und deshalb fand ich es schade, den Petersdom dieses Mal nicht gesehen zu haben.

Vielen Dank für das tolle Foto und die Erläuterungen!
Das Buch von Irving Stone steht auch seit einiger Zeit hier - leider noch ungelesen!

Liebe Grüße

Angela
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, wir scheinen im zeitlichen Abstand viele gleiche Wege gegangen zu sein. Deshalb ist es für mich besonders interessant Eure Eindrücke aus der "Über den Dächern von Rom" Sicht zu lesen.
 
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